Gestern wieder vor „MyZeil“. Unser Dank gilt der Frankfurter Polizei für umsichtigen Schutz.
Ein älterer iranischstämmiger Mitbürger schloss sich wieder über die ganze Zeit von 15:00 bis 17:30 Uhr an. Auf seinem Schild stand „Gegen Rassismus! Gegen politischen Islam!“. Den Gruppen von muslimischen Diskutanden hielt er tapfer stand, obwohl sie ihn bedrängten.
Ein Mädchen und seine Freundin, vielleicht 14, fragten, warum wir wieder hier seien. Sie hätten das letzte Mal (ich erkannte sie wieder) gesehen, dass wir stark bedrängt worden seien. Sie verstanden nicht, dass wir trotzdem wiedergekommen seien. Ich erklärte ihr, dass das Problem weiterhin bestünde und deshalb ein wenig Ausdauer erforderlich sei. Aufgeben, weil man nicht gleich das Gewünschte erreiche, sei keine gute Option. Sie gingen nachdenklich.
Eine Gruppe Jungen, vielleicht 12-14, die sich nach und nach zusammenfand und erst als sie zu sechst waren, sich zu mir trauten, war besonders kreativ im Aneinanderreihen von Beleidigungen. Weitere gesellten sich hinzu. Man hielt sich nicht mit irgendwelchen Fragen auf. Das volle Programm menschlicher Abwertung wurde abgespult. Man war bemüht, mich erst gar nicht zu Wort kommen zu lassen, sondern setzte sofort nach. Die Jungen zogen, wie es schien, Befriedigung aus ihrem Tun, fühlten sich auf eine sehr fremdartige Weise gut dabei, mit einem anderen Menschen im Schutz der Menge und der Anonymität derart umgehen zu können. Man duzte ungehemmt und aggressiv*:
„Du bist Hartz IV.“
„Putz deine Zähne, ist ja alles ganz gelb, iiih. Zahnbürste kostet doch nicht so viel. Kannst dir wohl nicht mal das leisten.“
„Du stinkst, wasch dich mal.“
„Wir machen dich fertig.“
„Du hast wohl kein Leben, dass du hier stehst.“
„Du hast gelbe Zähne und hast Haarausfall und bist hässlich.“
„Du hast keinen Mann, keiner liebt dich.“
„Du Fotze.“
„Du hast nichts zu tun, du bist dumm, dass du hier stehst. Du hast keinen Mann und keine Kinder, um die du dich kümmern musst.“
„Wenn die Polizei nicht hier wäre, würden wir dich köpfen. Mit einem stumpfen Messer.“ [Man sieht, Dennis Cusperts Video hatte vollen Erfolg.]
Als ich dann doch mal sagte, jetzt reicht´s aber, redet ihr auch so mit euren Lehrern? Geht doch einfach weiter“, wurde mir vorgehalten: „Du hast wohl keine Eier… Eierstöcke, nein, hast du doch.“, „Wir bleiben hier, Meinungsfreiheit“.
Zwei junge muslimische Frauen um die 18, offen gekleidet, wollten nachfragen und sich unterhalten und traten zu der Gruppe hinzu. Sie sahen die Interaktion und versuchten, mit mir trotzdem zu reden, indem sie zu der Gruppe Jungen hin wiederholt „Jetzt seid doch mal ruhig“ und „Ihr seid asozial.“ sagten. Ich versuchte, nun noch weniger auf die Jungen zu reagieren und stattdessen mit den jungen Frauen zu sprechen. Die Jungen trollten sich nach einiger Zeit. Die Mädchen ließen sich das Anliegen erklären und wurden sehr nachdenklich. Sie sahen die Probleme, hatten ja gerade auch erlebt, wie aggressiv diese Jungen auftraten. Sie konnten sich vorstellen, dass so vorstrukturierte Jungen mit geringerer Wahrscheinlichkeit freundliche, selbstbeherrschte und sanftmütige Männer werden würden. Ich konnte vermitteln, dass gerade wir als Frauen darauf angewiesen sind, dass die Mehrheit der Männer zivilisiert ist und auf das „Recht des physisch Stärkeren“ persönlich und gesellschaftlich verzichtet. Und auch, dass das *auch* Erziehungssache ist.
Ein chinesischer Atheist blieb länger und stellte die vielfachen religiösen Problematiken in Relation zu denen in seiner ehemaligen Heimat. Man stelle mit 1,4 Mrd. Menschen einen großen Anteil der Weltbevölkerung, aber religiöse Konflikte sah er dort als nicht zentral an. Man habe politische Probleme, ja, aber diese seien nicht religiös fundiert.
Ein junges Pärchen bestehend aus einem offenkundig unter Drogen stehenden großen Mann und seiner englischsprachigen Freundin, versuchte, Abfälliges anzubringen. Dies ging von dem jungen Mann aus, der optisch der alternativen Szene zuzuordnen war. Die junge Frau fragte etwas auf englisch. Ich antwortete ebenso, woraufhin ich von dem jungen Mann aggressiv angemacht wurde, warum ich denn hier englisch sprechen würde. Ich antwortete nun auf deutsch, woraufhin sie wiederholte, nichts zu verstehen. Ein ebenso bizarres wie perfides Spielchen, dass darauf angelegt war, dass ich es nicht richtig machen konnte. Die beiden verschwanden unzufrieden, nachdem ich das nicht mehr mitspielte.
Eine Mitstreiterin hatte ein Plakat „Lasst euren Glauben nicht in den Dreck ziehen! Schließt Euch an, Muslime!“ mitgebracht. Sie zog andere Mitdiskutanden an als ich mit meinem „Frankfurt zeigt Gesicht gegen Islamismus!“-Plakat. Auch dort wurde heftig diskutiert.
Ein junger Mann, ein Jahr vorm Abi und Muslim, blieb trotz des stillen Protests seiner Freundin länger zum Gespräch. Er wollte wissen, was es mit dem „Islamismus“ auf sich habe. Er bezeichnete sich als Islamist bis ich ihm den Unterschied erklärte, da er dies für ein Synonym für Muslim hielt. Er bezeichnete sich auch als Salafist (unter Bezug auf die ersten drei Generationen), der er aber im üblichen Sinne nicht war. Ich versuchte die Bedeutung bzw. die aktuelle Nutzung des Wortes zu erläutern. Bessere Wortvorschläge für den politischen Islam und die Radikalisierung hatte aber auch er nicht, denn der Bezug zum Islam (was ihm nicht gefiel, er aber irgendwie einsah) müsste ja erhalten bleiben. Wir sprachen dann noch über seinen Studienwunsch, zu dem ich ihm noch ein paar Tipps geben konnte.
Ein marokkanischstämmiger Muslim liess sich auch alles erläutern. Er sah die Problematik, hatte jedoch Schwierigkeiten mit dem Wort Islamismus. Er bemerkte, dass ich immer, auch während unseres Gesprächs, die Bewegungen und Aktionen der Personen um uns herum beobachtete und mich häufiger umsah, auch um die Mitstreiter im Auge zu behalten. Er meinte dann mehrfach, er wäre sehr für die zivilisierte Diskussion des Dissenses, ich solle keine Angst haben, er würde sich vor mich stellen, käme es hart auf hart. Wir haben dann länger geredet und kamen zu dem Zwischenstand, dass die Kinder besser erzogen werden müssten.
Eine Mädchengruppe, in der ich etliche bekannte Gesichter sah, versuchte die übliche Islamismus-Nachfrage, indem sie eine, auf die ich noch nicht getroffen war, als Redeführerin vorschob. Auf meine Anmerkung, ich hätte es doch schon den Freundinnen erklärt, diese könnten es doch weitersagen, wurde aggressiv geantwortet, ich hätte wohl keine Antworten. Auch hier war wieder die Genugtuung zu spüren, in der Menge eine seltsame Form von Macht ausüben zu können.
Gegen Ende hatte sich um eine Frau, die schon mehrere Male zu uns hinzugekommen war und auch größeren Ansammlungen standhielt, eine Gruppe aggressiver Männer gebildet, in der auch Akhis* waren. Ein großer Mann, vielleicht 1,90 und 120 kg und um die 50, gefiel sich darin, diese Frau eine ganze zeitlang niederzubrüllen zu versuchen. Diese ganze Gruppe war sehr nahe um die Mitstreiterin und ich versuchte, sie da heraus zu holen. Auf meinen Hinweis, dass man zivilisiert reden könne, aber dann in normalem Ton, brüllte er, er sei ein großer Mann von 1,90, er habe halt eine laute Stimme (das war natürlich Mumpitz, mit 95 db redet keiner in normalen Gesprächen, auch er nicht) und ich müsse seine Meinung schon ertragen. Er brüllte ungehemmt weiter, befeuert von den umstehenden Kumpanen, alle kleiner als ich, die sich offensichtlich daran erfreuten, eine solch laute, große und verbal aggressive Person vorschicken zu können. Autoritär Strukturierte in aggressiver Mission.
Als wir abbauten (es war die angemeldete Zeit des Endes und das wussten sie auch), wurde es von eben dieser Gruppe wieder als „Sieg“ gefeiert, „allahu akbar, jetzt ziehen sie ab“.
Einigen Menschen ist nichts zu blöde, wenn es nur das eigene Selbstbewusstsein unterstreicht.
* Man stelle sich diese Jungengruppe auf dem Schulhof vor, wie sie dort mit anders denkenden, andersgläubigen Schulkameraden umgehen mögen. Also Personen, die dieser Aggression nicht ausweichen können, in der Unterzahl sind und vielleicht noch annehmen müssen, dass Lehrer ihnen nicht helfen können oder wollen. Oder die mit Lehrern gleichartig umgehen. Ich habe mittlerweile Hinweise darauf, dass mit Lehrern geleg. ähnlich verfahren wird, wenn auch nicht in dieser Ungehemmtheit (man ist nicht anonym).
Ich habe diese Beleidigungen einmal ohne Anspruch auf Vollständigkeit, was mir von der Kanonade in Erinnerung blieb, aufgelistet, um zu zeigen, wie man auch als FRAU angegangen wird. Das waren ja weitgehend auch Beleidigungen, die in den Bereich der Geschlechtsehre, das heßt juristisch so, hineingingen. Man mag sich kaum vorstellen, wie diese Jungen im weitgehend weiblich dominierten Grundschulbereich agieren.