In Frankfurt gibt es seit 2009 einen „Rat der Religionen“.
In diesem Rat sitzen etliche Vertreter der in Frankfurt vorhandenen Religionsgemeinschaften zusammen. So finden sich neben evangelischen und katholischen u.v.a. auch muslimische, jüdische, buddhistische und Bahai-Vertreter. Nach Eigendarstellung möchte man „Verbindendes suchen“ und „Differenzen akzeptieren und tragen“. Nun wird an anderer Stelle von eben diesem Rat darauf verwiesen, dass für Grund- und Menschenrechte als gemeinsame Werte eingetreten werden soll.
Im letzten Jahr wurde nun offenkundig, dass mehrere der muslimischen Vertreter sich in ihrer Israelkritik einer deutlich unangemessenen Sprache bedienen und auch Haltungen aufscheinen liessen, die der israelischen Regierung z.B. „Staatsterrorismus“ und bewußten Kindermord vorwerfen. Die Jüdische Gemeinde (JG) liess daraufhin, als die Probleme aus dem gemeinsamen Rat in den Dialog der Betroffenen ausgelagert, also eine notwendige Positionierung des Gesamtrates verweigert wurde, ihre Mitgliedschaft ruhen:
http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt-protest-der-juedischen-gemeinde-13077300.html
Erste Gespräche:
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/20992
Eine Klärung scheint weiter auszustehen, denn die Mitgliedschaft ruht bis heute.
Es erscheint auch fraglich, inwiefern sich die JG mit der DITIB bzw. ihrem Vertreter überhaupt einigen kann. Immerhin vertritt die DITIB die Haltung des türkischen Religionsministeriums. In der Türkei nehmen, staatlich befördert, judenfeindliche Haltungen zu:
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/18388
In Deutschland kann man das nicht bzw. nicht so derb machen. Das ist auch generell gut so und wäre für andere Länder wünschenswert. Antisemitismus ist ja ein länderübergreifendes Problem. Es wird da vielleicht eher subtil mitschwingen und nicht in öffentlichen Positionierungen auftauchen. Persönliche Schönwetter-Aussagen und sogar persönliche Entschuldigungen führen da allerdings kaum weiter, denn hinter der Person steht eine Struktur. Insofern: Der DITIB muss man die DITIB-Haltungen zurechnen und auch die der Diyanet. Damit muss man sich auch hierzulande auseinandersetzen, denn die Haltungen der Diyanat werden von den türkischen Imamen verbreitet.
Doch die problematischen Sichten betreffen nicht nur Religionsvertreter türkischer Abstammung. Ein Ratsmitglied, unter verschiedenen Namen im Rat (u.a. für die I.I.S., also einen Muslimbruder-nahen Verein) und in den sozialen Medien präsent, postet beispielsweise dieses auf facebook:
Vielleicht hat man bei Gründung des Rates nicht bedacht, dass aufscheinende Differenzen nicht immer nur für das Diesseits im Grunde irrelevante Ritual-, Gottesbild- oder Traditionsdifferenzen sein müssen, sondern auch Bereiche betroffen sein können, die unterschiedliche Gewichtungen hinsichtlich der Grundrechte oder geschichtlicher Bewertungen aufzeigen. Solche Differenzen kann man nicht einfach (er)“tragen“, sondern muss sich da klar positionieren. Antisemitismus ist keine Privatangelegenheit und diese Positionierung zu verweigern, heißt, die Jüdische Gemeinde mit dem Problem alleine zu lassen, sich im Grunde gemein zu machen mit denen, die solche antisemitischen Haltungen ungeniert verbreiten.
Wenn diese Differenzen nicht im Rat ausgetragen werden können und keine gemeinsame Haltung (was spricht gegen die gute demokratische Sitte der Abstimmung?) möglich ist bei so klaren Differenzen und so klarer Sachlage, dann muss man sich fragen, wofür dieser Rat gut ist. Nur gemeinsam Osterbrot oder Baklavas essen kann man auch privat.
Man muss sich auch fragen, wie christlich es ist von den christlichen Vertretern, die Jüdische Gemeinde dabei wohl alleine zu lassen. Ich zumindest würde das fragen.
Aber ich bin ja auch nur Atheistin.