Starkes Stück – das Kopftuch als Hebel

Die junge Rechtsreferendarin Betül Ulusoy ist in den letzten zwei Wochen häufig in den Medien. Sie trägt Kopftuch und hat sich für eine juristische Ausbildungsstation bei anscheinend verschiedenen Berliner Behörden um die Durchführung bemüht. Wurde ihr zugesagt, kümmerte sie sich nicht weiter darum, die Stelle auch tatsächlich anzutreten. Wurde ihr nicht gleich zugesagt, trug sie dies als Diskriminierung in verschiedene soziale Medien:
Zentral ist dabei, dass sie auch dann wahrheitswidrig eine Benachteiligung reklamierte, wenn sie das gar nicht herleiten konnte oder die Vorgehensweise dem üblichen Verfahren entsprach. Wenn sie also behandelt wurde wie alle anderen. Sie schuf erst die Situation, in der sie Diskriminierung behaupten kann und wenn dann dem normalen Verfahren gefolgt wird, so verkauft sie das „ihrer“ Community als Sieg. Diesen Eindruck muss man zumindest gewinnen, denn Ulusoy ließ sich die Tage dahingehend ein, dass sich das Bezirksamt NUNMEHR rechtstreu verhalte:
Für einen „Rechtsmissbrauch“, den sie zunächst behauptet hatte, finden sich keine Belege bei ihrem Fall. Dann schwenkte sie um, wonach man sich vorher nicht statthaft verhalten habe. Auch dafür bleibt sie den Beleg schuldig. Nunmehr wird es klar: Es geht um reine Meinung und die Herabsetzung alleine schon der freien Rede oder des politischen Statements. Benachteiligung muss also nicht real nachzuweisen sein, es reicht, wenn sich jemand politisch positioniert, der an anderer Stelle Verantwortung trägt.
Ulusoy wirft dem Amt vor, Frauen mit Kopftuch grundsätzlich zu benachteiligen. Der ehemalige Bürgermeister Buschkowski und auch Frau Giffey haben sich ja sehr deutlich gegen das Kopftuch ausgesprochen.
Drehte man dies um, so wäre alleine ihr politisches Kopftuch schon ohne Handlungen Grund an ihrer Verfassungstreue zu zweifeln, denn an anderer Stelle bekennt Ulusoy, das Kopftuch sei für sie kein religiöses Symbol.
Alle gleich zu behandeln ist ihr denn auch „skurrile Weltsicht“, sofern es Musliminnen betrifft.
Da bleibt nicht mehr viel Interpretationsspielraum.
All dies zeigt:
Es geht nicht um das Kopftuch. Es geht nicht um diese Stellen. Die einzige, die hier Rechte im Grunde missbraucht, ist Frau Ulusoy. Sie benutzt ihren Anspruch auf Bewerbung für eine Ausbildungsstation, um politische Propaganda zu machen. Und parallel missbraucht sie die Gutmütigkeit und den guten Willen ihr gegenüber, sie genau so zu behandeln wie alle anderen auch gemäß der Gesetze. Wer ein so freizügiges Verständnis von Recht und Gesetz hat, nämlich Recht ist, was mir nützt, der ist tatsächlich ungeeignet für den Staatsdienst, denn er ordnet Recht und Gesetz den eigenen Vorstellungen und nur eigenen Nützlichkeiten unter. Fast möchte man sagen: Da fehlt es auch an Anstand, wenigstens die politische Debatte mit offenem Visier zu führen und nicht zu lügen, dass man zum einen diskriminiert werde und zum anderen, dass dies zufällige und typische Gegebenheiten seien. Das wäre schon eine problematische Haltung, wenn man nur Bürger ist. Als Staatsdiener ist das untragbar, denn man will diesem Staat nicht dienen, sondern nur sich und einer Community, die nicht deckungsgleich mit der demokratischen Gesellschaft scheint. Das Gemeinwesen will man offenkundig vorführen. Und zwar mit starrem Blick auf die „eigene Community“, die hier Gegengesellschaft organisieren will. Das ist nichts mehr, was mit Integration zu tun hätte. Man lehnt die Integration ab, denn gleich ist nicht gut genug. Das ist durchaus eine Art Kampfansage und die Gesellschaft täte gut daran, das zu realisieren. Denn wenn angehende Juristen im Staatsdienst sogar diese Funktion schon dafür nutzen, diesen auszuhebeln, dann hat das nichts mehr mit Erlangung gleichberechtigter Teilhabe zu tun. Es wird getestet, wie weit man gehen kann und an welchen Stellen.
Das geht mit dem Kopftuch, mit „halal für alle“ oder auch mit den schulischen Belangen. Überall, wo die unterschiedlichen Gesellschaftsentwürfe notwendigerweise zusammenprallen, muss man sich auf solche Auseinandersetzungen gefasst machen. Und darauf, dass hinter der einen netten jungen Frau die DITIB steht, hinter einer anderen die Muslimbrüder, bei anderen ist es salafistisch inspiriert, hinter weiteren mögen Gülen, Milli Görus oder Ahmadiyya stehen. Das ist der weibliche Marsch durch die Institutionen. Man wird die Frauen vorschicken, denn Frauen können im Rechtsstaat genau so gut „kämpfen“ wie Männer, nur dass sie länger unauffällig bleiben und man immer das Problem hat, von der unorganisierten, nicht politisch agierenden Muslima abzutrennen. Frauen werden ja gemeinhin unterschätzt. Das ist hier von Vorteil.
Frau Ulusoy sollte man trotzdem für die Zukunft alles Gute wünschen.
Aber nicht in Tätigkeit für unser Gemeinwesen. Es gibt keine ABM für trojanische Pferde.
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P.S.: All denjenigen, die das Kopftuch tatsächlich als religiöses Symbol tragen und dies nur aus eigener, privater Frömmigkeit auch außen zeigen wollen, hat Ulusoy einen Bärendienst erwiesen. Ihr ist es neben weiteren Protagonistinnen wie ihr zuzuschreiben, dass Vorbehalte, selbst wenn sie sonst gar nicht da waren, entstehen. Aber vielleicht ist auch das Teil des Kalküls: Trennen, anheizen, aufwiegeln. Das ist traurig, das ist schade und irgendwie sehr braun statt bunt auf eine eigene Weise.