Wie kommt das? Erklärlich wird das, wenn man um den baden-württembergischen Umgang mit der Gülen-Sekte weiß. Da liegt einiges im Argen und auch manches im Dunklen.
Die Gülen-Bewegung hat einige prominente Befürworter in der Landespolitik. Bei Kritik wollen sie so zwar nicht gerne genannt werden. Da findet man Formulierungen wie „es stünde dem irgendwie nichts entgegen, auch dort hinzugehen“ geschmeidiger. Die klingen so unschuldig, so als ob jeder einen klagbaren Anspruch auf Besuch und Fürsprache hätte.
Baden-Württemberg hat einige Probleme mit Sekten. Seit etlichen Jahren schon wird dort Scientology beobachtet. Unter den aktuellen rechtlichen Bedingungen wäre zwar fraglich, ob die Initiierung der Beobachtung heute noch so stattfinden würde, aber die Betätigungen erfordern – das weiß man durch die Beobachtung – immer wieder die Fortsetzung dieser Beobachtung.
Nun kann man nur Dinge protokollieren und – banal – beobachten, wenn man sie beobachtet. Es muss einen hinreichend schwerwiegenden Anfangsverdacht geben, der eine Beobachtung rechtfertigt. Es gab im letzten Jahr einen Bericht des Verfassungsschutzes zur Gülen-Bewegung, in dem im Grunde festgestellt wird, man habe wenig beobachtungswürdiges beobachtet – man ahnt es – weil man nicht strukturiert beobachtet hatte. So beschränkt sich dieser Bericht denn auch auf die Auflistung gülen-naher Strukturen und ein wenig Fleißarbeit beim Zusammentragen von Informationen, die Journalisten und Wissenschaftler zusammengetragen oder erhoben haben.
Bild: https://im.baden-wuerttemberg.de/de/sicherheit/verfassungsschutz/
Journalisten recherchieren jedoch nicht monothematisch und Wissenschaftler gehen eher seltener vor Ort. Ihre Einsichten sind somit zeitlich, inhaltlich und räumlich eingeschränkt. Eine Anfrage im Landtag an die Integrationsministerin Bilkay Öney bestand im Wesentlichen aus Inhalten, die von Internetseiten gülen-Naher Firmen und Organisationen kopiert waren, d.h. frei verfügbare Eigenauskünfte. Mehrfach taucht die Wendung auf, zum abgefragten Gegenstand lägen keine Erkenntnisse vor. Allzu große Mühe beim Recherchieren gab man sich mithin nicht, das konnte jeder Abgeordnete in wenigen Minuten selber mit Google herausfinden.
Solche Antworten auf ernst gemeinte Anfragen bzw. die Entgegnung auf berechtigte Nachfragen erscheinen unzureichend. Um sachgerechte Entscheidungen treffen zu können, ist ein wenig mehr erforderlich, als das Eigenmarketing einer Gruppierung zu beleuchten oder auf Recherche Dritter zurückzugreifen. Es wäre wünschenswert, dass da auch die öffentlich Stellung beziehen, die eigentlich prädestiniert sind, solche Inhalte und Strukturen aufzuklären. Das geschieht meist nicht oder nicht klar genug und so kommt es dann, dass, wie aktuell in Stuttgart, Kitas und Schulen mit öffentlichen Geldern unterstützt werden, deren Bewilligung im Grunde problematisch ist. Ein paar Lippenbekenntnisse und öffentliche Bedenkenträgerei genügen nicht. Da könnte man schon einmal zu einem anderen politischen Willen kommen und sei es nur symbolisch.
Öffentliche Gelder sollten eigentlich nicht für Organisationen verwandt werden, deren Ziel die Abschaffung dieser öffentlichen Hand ist bzw. erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue bestehen. Diesen Mangel an Verfassungstreue muss man jedoch so ausreichend belegen, so dass auch die ängstlicheren unter den politisch Aktiven dies verstehen. Der politische Wille alleine genügt vielen ja nicht (mehr). Obwohl – eigentlich nur bei dem Thema Integration. Denn in anderen Bereichen ist man wesentlich beherzter, selbst wenn es um banalere Dinge geht als Kinder mit einer potentiell problematischen Ideologie zu Personen formen zu wollen, bei der Menschen ein unterschiedlicher Wert und unterschiedliche Rechte zugeordnet werden und das AGG nur mühsam befolgt, aber nicht inhaltlich mitgetragen wird.
Diese Gelder sind eigentlich – wenn sie Organisationen gewährt werden, die von Migranten gegründet werden – Gelder, die der Integration dienen sollen. Sie sollen nicht der Segregation oder der Ausbildung von Kadern dienen oder gar einer einem Guru unterworfenen Gruppierung. Das wäre bei Scientology undenkbar. Bei Bhagwan auch. Bei der Gülen-Bewegung ist das nicht anders zu betrachten. Es ist an der Zeit, dass sich politische Entscheider ausreichend informieren, denn die Gülen-Bewegung ist auf ihrem Marsch durch die Institutionen nunmehr an den Fleischtöpfen der öffentlichen Förderung angelangt. In einigen anderen Kommunen haben sie bereits die Entscheiderebene erreicht und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Gülen-Protagonisten öffentliche Gelder selber sozusagen vergeben und Einrichtungen für Gülen-Zwecke verwenden. Der Selbstbedienungsladen ist dann offen. Der Blick in die Türkei ist da hilfreich.
Es eilt.