Mahnwache vom 11.07.2015

Von 17-19 Uhr vor dem „My Zeil“. Vielen Dank an die Frankfurter Polizei für die freundliche Betreuung.

Vor Beginn hatten sich die Aktivisten von LIES! vor dem „My Zeil“ aufgebaut. Etwa 6 Personen waren anwesend, inkl. des Herrn Gümüs.

 

Die Polizei war eine Viertelstunde vor Beginn noch nicht präsent, Mitstreiter auch noch nicht, so dass ich alleine der kleinen Gruppe gegenüber stand. Alle recht klein, bis auf Gümüs auch schmächtige Gestalten, fast einen Kopf kleiner als ich. Nachdem ich die Utensilien abgelegt hatte, ging ich die 5 Meter zu der Sack-Karre und der Gruppe rüber und machte Gümüs darauf aufmerksam, dass er noch 15 Minuten Zeit habe, Material und Leute an einen anderen Ort zu expedieren. Er murrte, bekam aber meinen Namen nicht zusammen und verwies auf den „Paragraphen im Grundgesetz“ mit der Religionsfreiheit. Ich hätte nichts zu sagen. Ich wies darauf hin, dass ich angemeldet hatte, er jedoch nicht und dass wir das sehr gerne auch durch die Polizei klären lassen könnten. Es kamen noch einige Verwünschungen, auch der Hinweis, ich würde „Abou Nagie beleidigen“. Ich fragte nach, worin denn die Beleidigung bestünde und auch, warum er denn mich als Person auf seiner Seite mit Adresse und Bild platziert hätte. Man begann zusammenzupacken – unter Missbilligung seiner Mitstreiter, die das „Nachgeben“ offensichtlich nicht gut hießen. Er fragte, wo denn heute meine Unterstützer blieben. Ich meinte „und wenn ich die letzte und einzige Person hier bin, mich schüchtern sie nicht ein. Sie müssen trotzdem gehen“. Dann traf die Polizei ein und klärte die Sache abschließend. Gümüs und Kumpane zogen ab.

Man kann hier sehr schön sehen, wie man sich absichtlich so in den Passantenstrom stellt, dass kaum einer vorbeikommt:

 

Eine Gruppe jüngerer Buben, vielleicht 12 Jahre alt, suchte gezielt die Konfrontation. Was Islamisten wären. Es folgte die Erklärung. Ob die Koranverteiler welche wären. Ja, weitere Erläuterung. Ob ich denn gesehen hätte, dass für Syrien angeworben würde. Noch weitere Ausführungen. Von ihrer Seite höhnisches Lachen beim Verweis auf den HR (Doku „Sterben für Allah“, von mir gerne zur Herleitung empfohlen). Ob ich denn selber mit angeblichen Islamisten wie den Koranverteilern gesprochen hätte? Ja, immer wieder in den drei Jahren meiner Strassenaktionen. Ob ich Geworbene kennen würde. Auch ja, es erfolgte mein Hinweis auf u.a. Hassan Massood, mit dem ich einige Male in Offenbach aneinander geriet und der jetzt – nachdem er auf ein Report Mainz Team losgegangen war – sich wohl in Syrien aufhält. Ob ich das selber gehört hätte? Und wieder der Rückschlenker: Woher überhaupt der Islamismus käme? Zur Vereinfachung erzählte ich kurz von den Muslimbrüdern und 1928. Wieder hatten sie nichts wahrgenommen vom Inhalt. Ob ich denn 1928 dabei gewesen wäre?
Ich fragte nach, ob er an Mohammed glaube. Der eine Junge bejahte. Ich fragte, ob er ihn selber gesehen habe? Daraufhin meinte der Junge, ob ich schon mein Gehirn gesehen habe usw. Einer aus der Gruppe versuchte später, mir mein Schild herunterzuschlagen. Er erhielt eine Kurzansprache der Polizei. Nach einigen Minuten ging er dann zu mir in Begleitung und entschuldigte sich mit Handschlag. Ich nahm an und er sagte dann, das sei halt, weil ich seine Religion beleidigt habe und da könne er sich nicht bremsen. Ich meinte, hab ich nicht, Du hast alles, alles vorhin nicht verstanden. Ich riet ihm dringend an, sich beherrschen zu lernen, wenn er das noch nicht begriffen habe.

 

Mahnwache 150711

 

Etliche Passanten machten Mut und sprachen gut zu. Das war zwischendurch in der aufgeheizten Atmosphäre wohltuend.

Zwei explizite Reaktionen auch auf mein Aktions-Shirt. Aufschrift hinten: „Freiheit, Gleichheit, Mitmenschlichkeit  – das Grundgesetz ist größer“, Vorderseite: „Die Menschenrechte sind stärker“. Ein junger Mann meinte, er könne gar nicht glauben, dass ich in der SPD sei, weil ich gegen Islamismus sei. Ich versuchte zu erläutern. Zwecklos. Er behauptete dann, in die SPD habe eintreten zu wollen (die Wahrheit ist eine sehr strapazierte Sache da auf der Strasse…), das tue er aber nun nicht, weil ich mit diesem Shirt und mit diesem Schild da stünde. Ein anderer meinte, nachdem er bei der Polizei nicht hatte punkten können, dass mein Schild „den Islam beleidige“, mein Shirt in Verbindung mit dem Schild mache das aber: Dadurch, dass beides kombiniert werde, werde ausgesagt, dass der Islam nicht frei, nicht für gleiche Rechte und nicht mitmenschlich sei. Die Polizisten lächelten müde. Da muss man erst einmal drauf kommen.

Die üblichen Provokationen von kleinen Jungstrupps: Ob ich nichts zu tun hätte, keine Kinder, keinen Mann hätte, warum ich überhaupt lebe… Ganz sicher werden die Typen von LIES das niemals gefragt. Niemals.

Eine Gruppe kleiner Mädchen, optisch so allenfalls 10, nach eigenem Bekunden aber schon 13 (wers glaubt), trat recht bestimmt auf und versuchte sich über fast zwei Stunden an wechselnden Mitstreitern. Sie ließen sich immer alles erklären und fingen dann von vorne an. Sie fragten auch provokant, was „wir“ denn davon halten würden, wenn sie sich mit einem Schild „alle Christen sind schlecht“ hinstellen würden. Ich fragte gegen, warum sie das nach drei Erklärungen immer noch nicht verstanden hätten und dass ich nicht zwischen „ihr“ und „wir“ unterscheide, verwies auch auf das Schild, das ich gerade trug: „Friedliche und säkulare Muslime, schließt euch an!“. Ich fragte: Wer ist denn „wir“ und „ihr“? „Wir sind Muslime und ihr seid die Christen“, war die Antwort. Meine Entgegnung, wonach ich Atheistin sei, wurde mit einem „noch schlimmer“ quittiert. Dass ich sagen würde, sie hätte das mit dem Islamismus nicht verstanden, das hiesse, sie sei dumm („nein“) und das wäre rassistisch. Ich verneinte wiederum, sie wanden sich dann aber einer Mitstreiterin zu, weil ich abgelenkt wurde.

Man kann sich die Diskussionen in der Schule lebhaft vorstellen. Großer Dank an alle Lehrer, die das täglich hören. Wenn schon kleine Mädchen so strukturiert sind, schon kleine Jungs sich darauf berufen (können), dass sie sich einfach nicht beherrschen können, wenn angeblich oder real ihre Religion beleidigt wird, dann ist das Problem real an den Schulen. Es kommt aus den Elternhäusern, in denen Religion überbewertet wird und in denen Jungen nicht zur Selbstdisziplin erzogen werden. Man muss sich auch fragen, was derart viele junge Kinder nachmittags (17-19 Uhr!) ohne erwachsene Begleitung auf der Zeil machen. Lässt man die Kinder einfach raus, ohne zu wissen, was sie tun? Sollten die nicht zu Hause sein, lesen, lernen, Kind sein und nicht auf der Strasse einen Mob bilden, der andere Meinungen aggressiv zu unterdrücken versucht? Einen Mob, der „Kuffar“ als eine Art Freiwild sieht, an dem man sich beleidigend und herablassend austoben kann?

Was läuft in diesen Elternhäusern ab? An den Kindern kann man auf jeden Fall erkennen, dass da vieles schief läuft. Diese Kinder werden nicht gefördert, man geht nicht mit ihnen in Museen, lehrt sie nichts über den Gang der Dinge in rationaler Weise. Man schafft es nicht einmal, die Jungen zu bändigen, wenn es um Unbeherrschtheit geht. Was dann bei diesen Kindern dort imponiert, das erinnert durchaus an schlimme Zeiten, in denen Erwachsene von ideologisierten und fanatisierten Kindern abgewertet wurden.

Relativ lange standen neben mir zwei junge Männer und lauschten nur. Sie konnten das alles kaum glauben, was da ablief, fragten zwischendurch, wie wir das nur aushielten. Wir halten es aus, weil es die Moscheegemeinden in Frankfurt NICHT machen, und weil es notwendig ist. Wir als Gesellschaft brauchen diese Diskussion. Offen, frei und so friedlich wie möglich. Die jungen Männer verstanden: Die Zeit drängt.