Ruprecht Polenz ist ein bekannterer deutscher CDU-Politiker. Er hat einen Wikipedia-Eintrag, aus dem seine Vita hervorgeht:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ruprecht_Polenz
Polenz war 19 Jahre lang Bundestagsabgeordneter. Aktuell ist er noch Vorsitzender des ZDF-Fernsehrats.
Vor 3 Tagen waren hier die Übergriffe auf Frauen in der Gießener Erstaufnahmeeinrichtung thematisiert worden. Das sind Vorgänge, die u.a. vom Landesfrauenrat und der örtlichen ASF aufgegriffen wurden und über die es verschiedene Medienberichte gab. Auch die Hessenschau griff das auf. Herr Polenz hat nun nichts besseres zu tun, als den Überbringer der schlechten Botschaft – in diesem Falle mich auf meiner fb-Seite – herabzusetzen und durch die Blume als „Depp“ zu bezeichnen, der Halbwahrheiten verbreitet. Zur Dokumentation hier den Gesprächsverlauf:
An der weiteren Debatte scheint er nicht interessiert. Auch nicht an Belegen, dass das, was er Gerüchte und Halbwahrheiten zu nennen beliebte, nicht nur in Gießen an der Tagesordnung ist.
Diese Dinge finden statt, passen aber nicht ins Weltbild von Herrn Polenz.
Er imaginiert so sehr einen „edlen Wilden“, dass er den Opfern dieser „edlen Wilden“ ins Gesicht spuckt, indem er sich weigert, diese böse Realität, die TEIL der Realität ist, wahrzunehmen.
Das ist um so fataler, da er Vorsitzender des ZDF Fernsehrates ist, der durchaus Einfluss hat.
Das ZDF hat nämlich flankierend aktuell leider anscheinend auch gewisse Darstellungsprobleme.
Es ist sicher nett und anständig, über Flüchtlinge positiv und mit einem Vertrauensvorschuss zu berichten. Das aber kann nicht alles sein. Der journalistische Auftrag ist die Abbildung der Realität – nicht die Visualisierung einer Ideologie oder der selbstverliebten Rührung ob der eigenen Haltung.
Zur Realität gehört leider auch so einiges, das auch ins Bild manches Journalisten oder mancher Redaktion nicht so recht passen mag. Sicher muss man auch im Blick haben, welche Wirkung erzielt wird. Das darf aber nicht dazu führen, dass wichtige Realitätsaspekte nicht berichtet oder nicht in der Weise dargestellt werden, wie dies üblich ist. Flüchtlinge sind ganz normale Menschen ihres Kulturkreises mit der landestypischen Verteilung an Haltungen, Bildungsgraden und Schichtmerkmalen. Eher die Bessergestellten kommen hier an, denn die wirklich Armen können sich die Reise oft nicht leisten.
In der Bevölkerung kommt diese schlichte Wahrheit zunehmend ins Augenmerk. Das zeigt sich an verschiedenen Umfragen. Nämlich zum Beispiel, dass der Herr Bosbach, ein konservativer CDU-Politiker, die Frau Merkel in der Beliebtheit überholt hat. Die heute-Sendung von gestern:
Ab 4:50
Das wäre zu jedem anderen Zeitpunkt und bei jeder anderen Person wohl ein Umstand gewesen, der herausgehoben worden wäre. Der Herr Bosbach vertritt in der Flüchtlingsfrage eine weniger ideologische und realitätsnähere Einstellung, die von der Bevölkerung zunehmend anerkennend wahrgenommen wird. Es wird zwar darauf verwiesen, dass die Flüchtlingskrise „voll auf ihre Beliebtheitswerte durchschlägt“. Das aktuelle Politbarometer ist noch nicht hochgeladen (obwohl darauf verwiesen wurde). Man kann die Werte dann wohl bald sehen ist zu hoffen:
Welche Politiker Merkel allerdings überholt haben, bleibt im Dunklen.
Aus der Art und Weise, wie „Flüchtlingsthemen“ bearbeitet werden, wenn es weniger schöne Dinge zu berichten gibt, kann man aktuell einiges lernen. Die Nachrichtenschwelle ändert sich nahezu täglich (gut – ist auch dem sonstigen Tagesgeschäft geschuldet).
Zwischen die Mühlräder von Ideologie, Feigheit und Paternalismus kamen jedoch auch andernorts schon Menschen. Aus dem Fall der britischen Stadt Rotherham, in der über Jahre vertuschte Übergriffe auf junge Frauen stattfanden, sind ebenfalls viele Lehren zu ziehen. Auch und gerade von Politik und Medien. Eine freundliche Grundhaltung darf nicht den Blick verstellen auf weniger schöne Aspekte und sie darf auch nicht verhindern, dass Täter Täter genannt werden. Sonst lässt man die Opfer ein weiteres Mal alleine und die angeblich so schöne Haltung entpuppt sich wie beim Bild des Dorian Grey als Zerrbild, als Feigheit, sich der Realität zu stellen. Wer sich dazu belesen will, kann dies hier tun:
https://de.wikipedia.org/wiki/Missbrauchsskandal_von_Rotherham
Nur eine realitätsnahe Wahrnehmung wird Tätern und Opfern gerecht. Nur eine realitätsnahe Darstellung wird helfen, dass aus der anfänglichen Euphorie nicht Mißstimmung und Wut werden. Eine Wut, unter der dann vielleicht auch Unschuldige zu leiden haben. Daran müssen wir mit aller Kraft arbeiten: Täter müssen dingfest gemacht werden, einem rechtsstaatlichen Verfahren zugeführt und Opfer maximal geschützt werden.
Der Herr Polenz ist da aktuell nicht hilfreich. Verkennungen wie seine haben Rotherham möglich gemacht. Er sollte einmal darüber nachdenken, was er Opfern ins Gesicht erzählen würde und nicht einem fb-Publikum. Und er sollte sich zu Rotherham belesen. Er könnte etwas lernen.