Das Schweigen der Muslime

Seit nunmehr über 4 Jahren wird in Deutschland offensiv Strassen-Missionierung betrieben. Von den Gruppierungen

LIES-GmbH (Abou Nagie)

Siegel des Propheten (Erol Selmani)

Jesus im Islam (Marcel Krass)

Die Aktivitäten sind also teilweise offen sichtbar (andere haben das weniger stringent und offen schon vorher gemacht). Sichtbar nicht nur für Insider, sondern auch für die Bürgergesellschaft, deren Teil die Muslime sein sollen und wollen, glaubt man z.B. Aiman Mazyek vom Zentralverband der Muslime. In den Fußgängerzonen flanieren nachweislich auch viele Muslime.

Die salafistischen Grundhaltungen der jeweiligen Begründer sind bekannt und unbestritten jenseits der eigenen Angaben der jeweiligen Gruppierungen („wir sind nur Muslime“). Letztere Eigeneinschätzung wird von vielen Personen auf der Strasse geteilt. Eine strukturierte Erfassung dazu fehlt jedoch, wäre aber interessant und aufschlußreich.

Das Radikalisierungspotential ist ebenso seit Jahren bekannt. In einer Auswertung des Gemeinsamen Terror-Abwehrzentrums (GTAZ) und der Hessischen Kompetenz-Zentrums Extremismus (HKE) werden 23 % der Ausgereisten als Personen bezeichnet, die mit der Straßen-Missionierung in Verbindung standen. Da die Rohdaten nur auf der Einschätzung der beobachtenden Beamten beruhen, können das unbemerkt noch mehr sein, nur zur Hälfte der Ausgereisten konnten diese Angaben gemacht werden. Etliche Ausgereiste fielen ja vorher strafrechtlich nicht oder kaum auf, werden von ihren Verwandten gar nicht als vermisst gemeldet oder haben sich so schnell im Umfeld der Stände überzeugen lassen, dass kaum Wahrnehmungsmöglichkeit bestand. Bei der Vielzahl der Aktivitäten und der behördlichen Personaldecke muss man sich fast wundern, dass es zu immerhin der Hälfte diese Informationen gab.

 

Bild Petition Salafisten

 

Die Gefährdung ist also bekannt. Zudem wird geschätzt, dass es etwa zu 80 % Personen aus dem muslimischen Kontext betrifft. Die muslimischen Verbände und Vereine wären alleine schon aus Fürsorgepflicht, so man sie denn empfindet, gefordert.

Von den großen muslimischen Verbänden ist jedoch dazu wenig Gehaltvolles zu finden. Aus 2012:

http://www.derwesten.de/politik/islamverbaende-fuerchten-dass-der-koran-der-salafisten-im-altpapier-landet-id6551940.html

Daraus, von dem Sprecher des Koordinationsrats der Muslime Ali Kizilkaya:

Vom Staat erwartet Kizilkaya nun rechtsstaatliches Handeln. „Ich würde die Aktion nicht als Grund zur Beunruhigung betrachten“, sagte er.“

Ebenda, von dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek:

Vor diesem Hintergrund ist die millionenfache Verteilung des Korans an beliebige Haushalte umstritten, denn das Wort Gottes ist kein PR-Flyer oder Flugblatt, den man als Massenware verteilt. Mazyek äußerte die Sorge, der Koran werde im schlimmsten Fall als Altpapier weggeworfen.

Von der DITIB ist bei kurzer Recherche wenig zu finden.

Von Herrn Mazyek finde ich nichts Gehaltvolleres, habe allerdings auch seine vielfachen Show-Auftritte in Funk und Fernsehen nicht allesamt gesehen und geprüft. Man könnte fast annehmen, dass, weil er den Begriff Islamisten ablehnt und nur „Terroristen“ gelten lassen will, alle Personen unter seiner „Terrorschwelle“ normale Muslime sind. Für die Salafisten und die Grauen Wölfe oder die Muslimbrüder fehlte da schlicht der Oberbegriff. Konkreter wird er erst recht nicht, er nennt nicht Roß und Reiter nach meiner Kenntnis. Terroristen sind die LIES-Unterstützer ja nun noch nicht. Da muss man also nix machen. Wegdefiniert. So einfach kann das Leben sein. Ich bin für Korrekturen offen (und sollte ich da was übersehen haben, tut mir das leid).

Doch auch andere scheitern am offen bekundeten Bürgersinn.

Nicht öffentlich scheint etwas mehr zu gehen. Nicht von Mazyek, aber immerhin ZDM Hessen, bei einer Anhörung im Hessischen Landtag zu Beginn dieses Jahres:

Auch Abdassamad El-Yazidi, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Hessen, forderte bei einer Lantagsanhörung: „Wir müssen diesen Lies!-Aktionen den Nährboden entziehen.“ Die Koranbücher in deutscher Sprache würden in erster Linie von Saudi-Arabien finanziert, darin werde „eine ganz bestimmte Ideologie“ des wahabitischen und damit strenggläubigen Koran vermittelt. „Wir müssen dazu einen Gegenpol schaffen“, betonte El-Yazidi.

Die Ahmadiyya wollen bei den gleichen Anlass – das passt zu ihrem Langsfrist-Plan – lieber selber übernehmen.

Abdullah Uwe Wagishauser, Vorsitzender der Ahmadiyya Gemeinden Deutschland, forderte: „Wir friedlichen Muslime müssen uns die Deutungshoheit zurückerobern.

Da sind allerdings schon Jahre ins Land gegangen.

Allgemeine, öffentliche Aufrufe an Eltern und junge Menschen: Fehlanzeige (ich kenne zumindest nichts).

Die vielen, vielen kleineren Gemeinden, die nicht in den großen Verbänden organisiert sind, bringen da ebenfalls wenig:

Keine Aktionen in der Öffentlichkeit im Umfeld der Stände

Keine öffentlichen Aufrufe an die Muslime, auf die Kinder zu achten

Keine ehrenamtliche muslimische Sozialarbeit um die Stände herum, die, v.a. wenn mehrere Vereine sich zusammen täten, leicht zu organisieren wäre

Frankfurt hat 46 grob als muslimisch einzustufende Vereinigungen. All diese schaffen es nicht aus eigener Kraft oder Willen. Woran liegt das?

Schon hunderte Male bekam ich von normalen muslimischen Passanten auf Vorhalt zu hören, das seien doch nur besonders fromme Brüder. Was wir denn gegen diese Koranverteilungen hätten und ob ICH SELBER bei so einer Radikalisierung und einer Ausreiseanregung dabei gewesen wäre? Der Verweis auf die Dokumentationen hilft nicht, denn das wird als Verschwörung der Massenmedien , auch der öffentlich-rechtlichen Sender bezeichnet. Allesamt muslimfeindlich. Die Berichte seien nur geeignet, um das Ansehen der Muslime (die LIES-Protagonisten werden auch da nicht „exkommuniziert“) herabzusetzen. Erwähnt man Eltern, mit denen man sprach und erwähnt ihre Verzweiflung, dann ist das wahlweise die freie Entscheidung des Gotteskriegers in spe oder die Eltern sind halt schlechte Eltern. Man lässt die Belege einfach nicht gelten. Die „besonders frommen Brüder“ kommen sehr häufig mit ganz reiner Weste aus der Debatte.

Das selbe Bild bei den Auftritten von Pierre Vogel und Co.
Wo bleibt die offene muslimische Gegenhaltung und öffentliche Aktionen?

Vereinzelt gab es Aktionen, die sich aber mehr an die Mehrheitsgesellschaft richteten.
Es gibt wenige liberale Vereinigungen, die sich klar positionieren, aber die vertreten nur eine Handvoll Muslime. Auf der Strasse, so mal als Zeichen, waren die aber auch noch nicht. Es sind einzelne Personen, die sich positionieren oder sich auch mal – bei unserer Mahnwache haben wir häufiger solche Personen dabei (meist Exil-Iraner) – zu einem Straßenprotest bekennen.

Derweil postet der Herr Abou Nagie, wie viele „Geschwister“ ihn mit „Spenden“ unterstützten.
„Free Gaza“-Demos finden großen Zulauf. Da geht was. Bei den Salafisten wohl nicht.

Die muslimischen Organisationen haben so noch einen weiten Weg, um in der Bürgergesellschaft anzukommen. Da heißt es Verantwortung zu übernehmen aus sich selbst heraus und nicht nach dem Staat zu rufen, öffentlichen Geldern oder nach Gott. Das muss man schon selber tun.

Ihr Aufschlag, Aiman Mazyek.

Mahnwache vom 28.11.2015

Von 14-16 Uhr vor dem Brockhaus-Brunnen auf der Zeil. Herzlichen Dank an die Frankfurter Polizei für die Betreuung.

Mit einzelnen muslimischen Passanten waren gestern ganz passable Aufklärungsgespräche möglich. Mehrere junge Frauen konnten zu Nachdenken bewegt werden, nachdem sie zunächst den Begriff Islamismus erläutert haben wollten. Passanten diskutierten intensiv miteinander, wobei viele auch nur von der Ferne zusahen oder die Plakate nur mit der Begleitung besprachen. Die Resonanz war gemischt. Paris war nur insoweit Thema, als dass das Paris-Plakat einigen muslimischen Passanten Anlass bot, über die mangelnde Berücksichtigung der als eigen empfundenen Opfer Klage zu führen. Zumindest ich habe gestern auch wieder kein Wort des Bedauerns gehört. Also nicht: Paris – das ist traurig und furchtbar und dann vielleicht, dass man an die anderen denken müsse, sondern gleich: Paris – warum wird für xy kein Schild aufgestellt oder gar xy ist schlimmer. Ein Mitstreiter regte ein Schild an. Statt „Wir müssen über Paris reden“ „Wir sollten über Paris reden, bevor wir über Frankfurt reden müssen.“

Mehrere Passanten verstanden das Anliegen nicht und warfen nur böse Worte hin, ohne sich erklären lassen zu wollen. Gestriges Highlight: „Hurentochter“. Es ist teilweise erschütternd, wie sehr die Lesefähigkeit bei manchen zurückgegangen scheint. Das Plakat wird gesehen, „irgendwas mit Islam“ wahrgenommen und dann wird gar nicht mehr überlegt, sondern in die eine oder andere Richtung geflucht, polemisiert und teilweise beleidigt im Vorbeigehen. Bedenklich auch die Protagonisten, die plötzlich einen Ort sehen, undifferenziert auf Flüchtlinge zu schimpfen. Aber die schicke ich mit einer deutlichen Ermahnung weiter, sich zu belesen und nachzudenken, wie sich das mit Pauschalisierungen so verhielte. Meist sind sie dann einsichtig.

Zwei wohl nichtmuslimische Autochthone beschwerten sich – obwohl sie erkennbar den Sinn der Veranstaltung nicht erkannten, aber auch weder von mir noch einer Mitstreiterin erklärt haben wollten – zunächst einzeln lautstark und ziemlich aggressiv. Sie fanden dann in der Menge zueinander und beschwerten sich dann gemeinsam bei der Polizei. Der geduldige Beamte erläuterte es ihnen bestimmt eine Viertelstunde lang. Sie schienen nicht zufrieden. So einfach ist es denn doch nicht, sich durch einfache Beschimpfung mal als aufrechter Bürger zu fühlen.

Eine junge Frau baute sich vor einer Mitstreiterin und mir auf und wollte uns fotografieren, damit „meine Kumpels heute abend was zu lachen haben“. Wir fragten nach, ob sie denn die Strassenradikalisierung lustig fände, ob sie überhaupt verstünde, worum es geht? Sie verstünde völlig, meinte sie. Genau daran hatte ich erhebliche Zweifel. Ich empfahl wie so häufig die Bundeszentrale politische Bildung. Oh, meinte die junge Frau, sie studiere Politik und wisse daher sehr wohl Bescheid… Die Mitstreiterin konnte sie dann doch ins Gespräch ziehen. Nach 10 Minuten entschuldigte sie sich für ihre Fehleinschätzung. Das ist ok.

In einer der Passanten-Diskussionsgruppen outete sich eine junge Frau als Religionswissenschaftlerin, die die Aktion interessant und ausbaufähig fand. Sie diskutierte mit einigen weiteren Frauen, ich stieg dann ins Gespräch ein, erläuterte ein wenig. Wir vereinbarten weiteren Austausch, denn diese Erhebung der Reaktionen auf der Strasse sind auch eine Art teilnehmende Beobachtung, im Prinzip auch als Feldforschung zu betrachten.

Die Akhi-Szene war wiederholt nicht vor Ort, auch die weiblichen Unterstützer fehlten.

Vor dem „My Zeil“ hatte sich eine Gruppe „Kultur verstehen“ angemeldet. Ein Mitstreiter meldete, dass dort nach seiner Meinung auf der Strasse sehr üble Anti-Israel-Propaganda betrieben werde. Er ging zur weiteren Informationssammlung noch mal hin und brachte einen Flyer und die Beobachtung mit, dass großflächig Ständer mit großformatigen Plakaten aufgebaut würden, die die Passanten behinderten. In der Mitte sei auf etwa 15 m kein Durchkommen mehr. Einige „Anti-Imps“ (linksextreme Gruppierung) seien wohl auch dabei. Ich sah mir den Flyer an: Ja, genug Anhaltspunkte für eine staatsanwaltliche Prüfung auf den Paragraphen 130 StGB. Von mir als hetzerisch eingestufte, bluttriefende  Darstellungen, Schmähungen von Netanjahu, Obama, Merkel und sogar Peter Feldmann (dem ich wegen der Tatsachenbehauptung: „Peter Feldmann … unterstützt die israelischen Kriegsverbrechen.“ zu einer eigenen Anzeige raten werde):

 

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Als Namensangabe ein „Mostafa Elhady (Politikwissenschaftler)“ mit Mobilnummer.
Selbstbeschreibung: „Wer wir sind: Wir sind Menschen arabischer, deutscher und anderer Herkunft, die die Sachen mutig beim Namen nennen möchten und sich für Gerechtigkeit einsetzen.“

Nachdem ich Anzeige zwecks einer juristischen Prüfung erstattete und den Mitstreiter auch zur Polizei schickte, um auf die nicht statthaften bzw. so sicher nicht angemeldeten Bauten hinzuweisen, fand dort eine Überprüfung statt. Die Bauten waren natürlich – gemäß der Voreinschätzung – nicht angemeldet und mussten entfernt werden.

Man wird sehen, welches rechtliche Nachspiel der verteilte Flyer bzw. die getätigten Darstellungen noch werden haben.

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Nachtrag: Auch am 21.11. gab es eine Mahnwache, wenn auch unter sehr erschwerten Bedingungen: die erste Stunde fast durchgehend Nieselregen, auch danach kam nur schleppend etwas in Gang. Ein „freundlicher“ muslimischer Mitbürger wünschte mir im Vorbeigehen, dass ich „noch heute abend sterben“ solle. Besonders interessant war das Gespräch mit einem Ahmadi, der sich vor einer Menge Passanten sehr laut gerierte und die Menge offensichtlich gegen mich aufzuwiegeln trachtete. Das war u.a. daran zu erkennen, dass er, als ich laut meinte, dass seine Haltungen wenig freundlich seien und er als Person recht aggressiv, dass das so gar nicht zur gewünschten bzw. als verbindlich gesehen Aussendarstellung der Ahmadiyya passt, er meinte, ich würde wohl die Menge gegen ihn aufbringen wollte. Projektionen sind manchmal so primitiv. Nein. ich wollte nur den Gegensatz zwischen dem Motto „Liebe für alle und Hass für keinen“ und seinen Ausführungen verdeutlichen. Also den Passanten klar machen, dass das Marketing und die realen Haltungen mitnichten kongruent sein müssten.

Ummahgenese II

Hinsichtlich der Integration gibt es verschiedene Vorstellungen und Modelle. Im Allgemeinen wird darunter aber verstanden, dass sich mit der Zeit immer weniger sozioökonomische Unterschiede bei den betrachteten Gruppen feststellen lassen und – bei Migranten – sich auch die individuellen Eigenarten der aufnehmenden Gruppe anpassen und manchmal auch umgekehrt. Gruppe und Neumitglieder verändern sich in dem Maße, wie die Mengenverhältnisse und damit oft auch die Machtverhältnisse sind.

Das ist bei sehr vielen Bevölkerungsgruppen so und auch in vielen Gesellschaften nachvollziehbar. Nach ein paar Generationen sind oftmals die Unterschiede völlig verwischt: Die Integration hat zu einer neuen Gruppe geführt, in der die Herkunft nicht mehr die Rolle spielt und alle sozioökonomischen Schichten gleichermaßen durchsetzt sind.

Etwas anders liegen die Dinge, wenn in den Gruppen Integrationshindernisse bestehen, etwa Heiratsschranken. Dann bleiben die Unterschiede lange bzw. länger bestehen und der Übergang ist auf einzelne Individuen beschränkt.

Hindernisse können nun auf einer oder beiden Seiten bestehen. Manchmal lösen sich Individuen auch wieder aus den Zielgruppen und wechseln in die Ursprungsgruppe zurück, es findet also eine persönliche Desintegration aus der Mehrheits- in die Minderheitsgruppe statt.

Je ausgeprägter die Unterschiede sind, desto schwerer wird die Überwindung und damit die Integration. Steht im Hintergrund ein nicht nur sozioökonomischer, sondern auch weltanschaulicher Unterschied, wird es doppelt schwer.

Gegenwärtig ist zu beobachten, dass manche Maßnahme, die als Integrationshandlung betrachtet wird, faktisch nach meiner Einschätzung genau das Gegenteil bewirken wird.

Die gesonderten Angebote, die von den konservativen muslimischen Verbänden eingefordert werden, werden dazu führen, dass auch diejenigen, denen Religion eigentlich zweitrangig und eher herzlich egal ist, nun ständig damit konfrontiert sind. Es wird eine soziale Kontrolle aufgebaut, sogar schon dann, wenn das Angebot nicht im Kulturverein offeriert wird (dort aber erst recht). Da dies in Bereichen, die multikulturell angelegt sind, aber vom miteinander wechselwirkenden Kreis her überschaubar, wie der Schule, Jugendarbeit oder in Gefängnissen, besonders intensiv erfolgt, wird dies dort besonders wirksam werden. Dort wird sie auch zuerst sichtbar werden: „Es gibt doch jetzt halal-Essen, warum isst Du Schwein, du bist doch auch Muslim…“, „deine Tochter läuft ohne Kopftuch herum, was sollen die anderen denken…“, „du bist nicht beim Freitagsgebet dabei gewesen, bist dir wohl zu fein dafür, wirst schon sehen, was du davon hast…“, „du hältst das Fasten nicht ein, was soll das, du bist doch auch Muslim…“, „warum gehst du nicht in den Religionsunterricht…“. Es entsteht eine ständige Rechtfertigungshaltung desjenigen, der Muslim ist, aber keine Lust auf die Einhaltung aller Regeln hat. Der vielleicht mehr Neigung zu anderen Gewohnheiten hatte, aber die Herkunftsweltanschauung oft genug nur noch auf dem Papier teilt. Seine persönliche Lebensführung geht niemanden etwas an, aber diejenigen, die sich an Regeln halten, werden es oft nicht auf der eigenen Zuordnung beruhen lassen. Auch der andere muss sich bekennen, wenn es denn diese Wahlmöglichkeit gibt. Die Person muss sich entscheiden, wird zur Entscheidung getrieben. So funktionieren Gruppen und so funktioniert Gruppendruck. Und so wird aus dem bosnischen Kind und dem türkischstämmigen Kind und dem pakistanischstämmigen Kind, die vielleicht sonst in der Chemie-Ag wären als vorrangiges gemeinsames Merkmal, eine Gruppe junger Muslime, die der Verzicht auf bestimmte Dinge eint und das nicht nur in der Freizeit. Deswegen ist es ja eigentlich so wichtig, dass es Räume gibt, in der nicht nur die Herkunft, sondern auch die Weltanschauung keine Rolle spielt: Damit jedes Kind die Chance hat, sich als Individuum zu erfahren in einem geschützten Raum, auch und gerade, wenn es aus einer eher kollektivistischen Kultur stammt.

So schafft die Gesellschaft, indem sie den Wünschen konservativer Verbände nachgibt, erst den Raum, in dem die Ummah (in ihrer unguten Form) wächst und ein Binnendruck entsteht. Anstatt das vielleicht vorhandene Selbstbild „vorrangig Muslim“ aufzulösen in „vorrangig Mensch“, indem alle Kinder gleich behandelt werden, wird durch die Summe der separaten Angebote und durch die Formung der gesellschaftlichen Wahrnehmung das Fremdbild erst befestigt oder gar geschaffen. Die Lehrerin, die vorher nur Schüler verschiedenen Geschlechts sah, vielleicht auch die ethnische Zuordnung wahrnahm, sortiert nun plötzlich auch nach Religionszugehörigkeit, auch wenn sie das bewußt gar nicht wollte. Das schlägt beim Selbstbild dann in dieselbe Kerbe, die bei manchen durch eine Diskriminierungserfahrung geschlagen ist. Auch persönlich positive Integration ist mit solcher Exklusion nicht voran zu bringen, sondern wirft zurück. Wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, Separation wirke Segregation entgegen, muss erst mal hergeleitet werden. Das wird nur so hingenommen, weil Wunscherfüllung mittlerweile bei manchen höher im Kurs steht als Weitsicht oder auch nur ein wenig Rückgrat. Nein sagen ist erst mal unschön, aber langfristig notwendig und es kostet wahrscheinlich weniger Wähler als man so denkt.

Wenn als Ziel nicht die Integration, sondern die Prävention von Radikalisierung anvisiert ist, so ist auch dieses zumindest fragwürdig. Es fehlt nämlich bei all den Sondermaßnahmen an einer Erfolgskontrolle. Man vermutet nur, dass sie wirken könnten. Oder glaubt den Eigenbekundungen der konservativen muslimischen Verbände, die zwar nur Personen im niedrigen Prozentbereich vertreten, aber das Gespräch mit der Politik sehr offensiv führen. Einen Erfolg überhaupt zu definieren, schon das mag schwer fallen. Rückzug aus dem salafistischen Milieu? In welchem Zeitraum? Weniger radikale Schüler/Studenten/Häftlinge als in der Vergleichsgruppe? Die persönliche Entscheidung ist so individuell, die Standortfaktoren und auch Zufälle so unterschiedlich, dass schon die Formulierung einer Zielerfüllung schwer fällt und all das schlecht vergleichbar macht.

Natürlich wollen die konservativen Verbände und auch einzelne Akteure ihre Interessen voran treiben. Die des Gemeinwesens müssen das nicht sein und sind sie auch oft nicht. Gegen win-win wäre ja nichts einzuwenden, das ist aber nicht sicher. Sicher ist jedoch: Die öffentlichen Töpfe und die Köpfe der Menschen sind Begehrlichkeiten ausgesetzt.

Die konservativen Verbände sollten nicht die Marschrichtung vorgeben dürfen, der sich dann auch die weniger strengen Glaubensgeschwister beugen müssen durch schlichte Gruppendynamik. Denn dann hätten wir unseren Teil – nolens volens – mit geleistet. Ob aus gutem Willen oder aus Unkenntnis bleibt in der Zukunft unerheblich. Dann hätten wir aus falsch verstandener Toleranz der Segregation Vorschub geleistet. Das aber schadet uns allen.

Die richtigen Fragen – und die falschen

Ein Wort zu den kursierenden Zahlen hinsichtlich des Verhältnisses von Bürgern muslimischen Glaubens zur Demokratie

Islamismus als der politische Islam steht nicht monolithisch da: Es gibt verschiedene Strömungen. Unterschiedlich agierend, unterschiedlich gefährlich und mal mehr, mal weniger jenseitig. Man muss also nicht nur fragen, über welchen Islam man spricht, sondern auch über welchen Islamismus.

Islamismus ist nach Definition die Richtung, die einen gesellschaftlichen Gestaltungsanspruch (auch für Nichtmuslime) hat, eine Richtung, die die FDGO in Frage stellt. All das also, was über die private Frömmigkeit, den privaten Rahmen hinausgeht UND die FDGO in Frage stellt, in naher Zukunft oder in fernerer.

Dazu bzw. zum Einstieg:

https://vunv1863.wordpress.com/2015/11/09/islamismus-substrat-und-frucht/

Sogenannte legalistische Gruppierungen machen das innerhalb des Rechtssystems. Die anderen versuchen das auch mit Methoden und Strukturbildungen, die an der Grenze zur Legalität oder darüber sind.

 

Mahnwache 150523 1

 

 

 

Aber was ist Islamismus in einzelnen Haltungen? Man kann diese einzelnen Haltungen abfragen und kann das in Untersuchungen strukturiert erfassen. Die Art, wie man die Frage stellt, wie man sie formuliert, hat jedoch einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis. Interessant ist die in dem Zusammenhang Muslime und Demokratie gern zitierte Bertelsmann-Erhebung aus dem Januar dieses Jahres (deren Rohdaten aber aus 13 und 14 stammen):

„Der Aussage, dass die Demokratie eine gute Regierungsform ist, stimmen 90 % der hochreligiösen sunnitischen Muslime zu. Dies entspricht auch dem Zustimmungsgrad der mittel- und weniger religiösen Sunniten. Die Zustimmung zu dem Satz, man sollte allen Religionen gegenüber offen sein, stimmen 93 % der hochreligiösen sunnitischen Muslime. Mit 85 % sind nahezu ebenso viele der Meinung, jede Religion habe einen wahren Kern. Die zunehmende religiöse Vielfalt in unserer Gesellschaft empfinden 68 % der hochreligiösen, 71 % der mittel- und 75 % der wenig religiösen Sunniten in Deutschland als Bereicherung. 90 % der Muslime haben regelmäßig Freizeitkontakte zu Menschen anderer Religionszugehörigkeit. Rund 60 % verfügen über mehr Freizeitkontakte außerhalb als innerhalb ihrer Religion. Nur 8 % der befragten Muslime bewegen sich in einem rein muslimischen Freizeitnetzwerk. Dabei besteht kein Zusammenhang zwischen der Heterogenität des Freizeitnetzwerks und der Intensität der Religionsausübung (Zentralitätsindex).“

Ja, es wird nach dem Verhältnis zur Demokratie gefragt. Aber doch (vorbehaltlich einer Betrachtung des Volltextes) ohne die entscheidenden Fragen zu stellen. Zumindest geht das aus der „Sonderauswertung Islam 2015: Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick“ des Religionsmonitors so hervor:

Klicke, um auf Zusammenfassung_der_Sonderauswertung.pdf zuzugreifen

Auch hier, in einer öffentlichen Präsentation der Ergebnisse, wird nur darauf abgestellt, ob man Demokratie gut fände:

Klicke, um auf Vortrag_Yasemin_El_Menouar.pdf zuzugreifen

Zitat eines hochrangigen Funktionärs eines islamistischen Vereins, der nach innen wie eine Sekte agiert, nach außen aber als ernst genommener Partner der Politik gilt:

„Unter dem Islam sind verschiedene Staatsformen denkbar.“

Das ist exemplarisch dafür, wie es von vielen gesehen wird.

Die Kernfrage ist also nicht, ob man Demokratie gut findet oder nicht, also die eigene Wertung dieser Staatsform, sondern wie Demokratie in der Relation zur eigenen Religiosität steht.

In der Studie von 2007 des BMI geht man dem aber nach und auch in der Erhebung von Koopmans, 2013, die Rohdaten sind entsprechend älter. Beide sind offen einsehbar im Internet. Zu finden sind sie auch in obigem link zum Einstieg oder in der Literatursammlung.

Antisemitische Haltungen: 45 % (SCIICS : D, FR, GB, NL, S, A; 2013)
Antiwestliche Haltung: 45 % (SCIICS)
Verschwörungstheorie zu 9/11: ~ 50 % (PEW: D, FR, GB)

Religiosität eher oder sehr wichtig: ~ 82 % (BMI, 2007)

Koran wahres Wort Gottes: ~ 80 % (BMI)

„Ungläubige von Gott verflucht“: ~ 15 % (BMI)

Islam ist die einzig wahre Religion: ~ 50% (BMI)

Und die Kernfrage:

Religion steht über demokratischen Gesetzen: ~ 47 % (BMI)

Die Bedrohung des Islam durch die westliche Welt rechtfertigt, dass Muslime sich mit Gewalt verteidigen. Stimme eher zu oder stimme völlig zu: 20.4% bzw. 17.9% (BMI)

Gewalt ist gerechtfertigt, wenn es um die Verbreitung und Durchsetzung des Islam geht. Stimme eher zu oder stimme völlig zu: 3.3% bzw. 2.2% (BMI)

Wenn es der islamischen Gemeinschaft dient, bin ich bereit, körperliche Gewalt gegen Ungläubige anzuwenden. Stimme eher zu oder stimme völlig zu: 4.2% bzw. 3.4% (BMI)

Die Verschwörungstheorien und der Antisemitismus sind Bestandteil eines von manchen gepflegten Opferdiskurses (ungeachtet dessen, dass die meisten Personen, die dem IS zum Opfer fallen, Muslime sind; aber auch da geht die VT, dass der IS nicht eigenverantwortlich agiere). Auch die Pariser Attentate werden von relevanten Anteilen nach meiner Einschätzung so eingeordnet.

Mal etwas überspitzt:
So wie die Fragen in der Sonderauswertung dargestellt sind, schwimmen selbst LIES-Aktivisten mit im Bertelsmann-Strom:

„Ist die Demokratie eine gute Regierungsform?“
Fingierter LIES-Aktivist: Ja (denn hier können wir uns auf Art. 4 GG berufen und agieren)

Haben sie regelmäßig Freizeitkontakte zu Menschen anderer Religionszugehörigkeit?
Fingierter LIES-Aktivist: Ja

Diese Art Fragen sind also zur Unterscheidung wenig geeignet. Man muss auch darauf hinweisen, dass einige Auswertungen auf 200 Befragten basieren, die einen dt-türk. Doppelpass haben und sunnitischen Glaubens sind. Da fragt man sich hinsichtlich der Repräsentativität schon das eine oder andere. Auch die Unterteilung dieser Gruppe noch einmal macht dann die Gruppen so klein, dass da statistisch sehr viel passieren kann. Da die Bertelsmann-Zahlen ziemlich anders sind als viele andere, bräuchte man da mehr Forschung, mehr Befragte und repräsentative Auswahl um da sicherer behaupten zu können.

Es gibt mittlerweile – das muss man leider so sagen – eine Gruppe als Wissenschaftler angestellter Personen, die manches Mal mehr dem Marketing verpflichtet scheinen denn dem Erkenntnisgewinn. Vielleicht merken sie auch nur gar nicht mehr selber, dass sie ihrerseits Stereotype produzieren, nutzen und damit perpetuieren. Sie produzieren das politisch nicht verunsichernde. Dabei sind Soziologen üblicherweise sehr fit in Statistik, das ist ein wichtiges Handwerkszeug. Es wird auch nicht sauber zwischen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und der Ablehnung einer Religion oder gar einer Ideologie unterschieden. An der Freundlichkeit von vielen Personen zweifelt doch niemand und auch nicht daran, dass viele Menschen sich näher kommen, alleine DURCH den Dialog. Man überschätzt dieses „Instrument“ allerdings gewaltig, wenn man meint, durch freundliches Parlieren mit denjenigen, die klare Überzeugungen haben und die auch nicht zu revidieren bereit sind, voran kommt. Man kann sie nicht einmal in der Menge ausmachen, wenn man mit allen gleichermaßen nur grillt oder die Gemeinsamkeiten sucht. Das ist ehrenwert, aber nicht zielführend, wenn genau das Trennende problematisch ist. Auf die Spitze getrieben: So mancher Terrorist war guter Nachbar. Vorher. Es hilft wenig, mit ihm über die Hausordnung geredet zu haben und da überein gekommen zu sein, einmal wöchentlich die Treppe zu putzen sei Konsens.

Nicht das Verbindende muss also diskutiert werden, sondern das Problematische (umgekehrt gibt es dabei nebenbei wenig Vorbehalte: man spricht an, was einen stört). Nicht das persönliche, die menschliche Ebene ist bei so einigen hinterfragenswert, sondern die politische Haltung. So manche Nettigkeit mag sich auch in Luft auflösen, wenn kritische Punkte angesprochen werden. Das mag sein. Aber das muss die Person, das muss unsere Gesellschaft aushalten. Man klärt das nicht durch Schweigen. Für eine sachliche Debatte braucht man aber Zahlen, die ordentlich erhoben wurden mit den Fragen, die relevant sind.

So mancher Entscheider mag das, was für ihn produziert wurde, für ein Abbild der Realität halten. Das mag es sein – aber auch nur ein Teil davon und nicht der relevanteste. An sich zieht die Entscheiderebene ja wissenschaftlichen Sachverstand eben bei, um neutral beraten zu werden, eine fundierte Einschätzung und Bewertung von Spezialisten zu erhalten. An dieser Neutralität ist bei manchem zu zweifeln.

Es geht kein Weg daran vorbei: Wir müssen diese Fragen richtig stellen. Man kann nicht die falschen Fragen stellen und dann die erhaltenen Antworten so behandeln und verkaufen, als seien sie die Antworten auf die richtigen Fragen.

Eine Neuauflage der BMI-Erhebung scheint dringend geboten.

Hassprediger: Man muss auch wollen

Am Beispiel des Frankfurter Hasspredigers Said Khobaib Sadat, über den report mainz wiederholt und zuletzt gestern berichtete, zeigt sich exemplarisch, wie schwer sich unser Gemeinwesen tut, auch öffentlich agierende Islamisten in die rechtlichen Grenzen zu weisen oder sie des Landes zu verweisen. Den bereits bestehenden und sich ausweitenden Gegengesellschaften setzt man so zu wenig entgegen. Man sollte durchaus von Molenbeek/Belgien lernen.

Der genannte Herr Sadat gibt auch video-Unterrichtungen, die durchaus Publikum finden:

 

Im einzelnen ist der Nachweis manchmal schwierig, weil problematische Inhalte dann vermittelt werden, wenn die Kamera aus ist, die Vermittlung in arabisch oder Sprache des Herkunftslandes erfolgt oder sogar Video-Material in der allgemeinen Flut untergeht. Bei Sadat lag sogar einiges an Mitschnitten mit mindestens im rechtlichen Graubereich befindlichen Aussagen vor. Er wand sich jedoch oft heraus, indem er Übersetzungsfehler behauptete, s. auch Entscheidungsbegründung VGH.

Eigentlich steht bei Volksverhetzung nach § 130 StGB ein Strafrahmen bis zu 5 Jahren zur Verfügung:

http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__130.html

Eine Ausweisung ist ab einer verhängten Freiheitsstrafe oberhalb 3 Jahren möglich:

http://dejure.org/gesetze/AufenthG/53.html

Es bestehen also Möglichkeiten. Man muss das aber auch anwenden wollen bzw. den Strafrahmen ausschöpfen. Daran mangelt es manches Mal, wie es scheint. Zum Teil auch, weil die religiösen Muster der Aufforderung in Gleichnissen nicht verstanden wird und die Bildersprache aus europäischer Sicht zu unkonkret ist. Der in diesen Dingen ungeschulte Jurist versteht nicht, dass Gruppenbenennung, Handlungsschilderung plus Schilderung z.B. der Schlacht von Badr ungefähr dieselbe Bedeutung für die Zuhörer hat wie für ihn die Berufung auf ein BGH-Urteil bei einem vergleichbaren Fall. Das ist eher verbindlicher. Das ist die von Gott vorgesehene Handlungsweise. Wie der Religionsgründer das vorgebliche Wort Gottes anwandte, das ist vorbildlich, verbindlich und damit gottgefällig. Um bei den juristischen Metaphern zu bleiben: Neben dem Korantext gibt es auch noch die Sunna, die Gewohnheit des Propheten, die Sammlung seiner überlieferten Handlungen. Das ist so ähnlich wie Gesetzestext und Kommentar. Muslim und Bukhari sind allgemein anerkannte Hadithsammlungen. Was da drin steht, ist unbedingt einzubeziehen, sofern es sich anbietet oder genannt wird. Mohammed ist der perfekte Mensch nach Binnenkonsens. Das ist eine Sprache in Vorbildern und Gleichnissen, die muss man verstehen.

Die Richter können die Verbindlichkeit des Vorbildes meist nicht nachvollziehen (ich würde mir da Schulungen für Juristen wünschen). Volksverhetzung wird oft sogar eingestellt, auch bei Vorgängen, die die Relevanzschwelle erheblich überschreiten wegen dieser Übersetzungsschwäche. Da scheint aber auch die sonstige Arbeitsbelastung der befassten Staatsanwaltschaft eine Rolle zu spielen. Nach meiner überschaubaren Fallübersicht durchaus auch einmal mit einer nicht ganz so blinden Justizia, wie es sein sollte. Mir scheint, dass Taten von Volksverhetzung durch Autochthone manches Mal dezent anders gewichtet werden als bei Personen, bei denen man zu ihrem Vorteil annimmt, sie seien über die Gesetze nicht hinreichend informiert oder der Sprache nicht ausreichend mächtig. So mancher mag da Kultursensibilität mit Kulturrelativismus verwechseln.

Dass eine stringente Anwendung des § 130 StGB zu erheblichen (und in begründeten) Fällen zu empfindlichen Haftstrafen führen kann, zeigt sich z.B. an Horst Mahler:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/volksverhetzung-rechtsextremist-mahler-muss-sechs-jahre-in-haft-a-609893.html

Mahler und Sadat sind sicher nicht völlig vergleichbar; exemplarisch zeigt das jedoch möglicherweise einen differenten Strafwillen und die unterschiedliche Ahndung auf. Mahlers Anhänger, so widerwärtig man ihre Haltungen im Allgemeinen finden mag, sind jedoch wahrscheinlich weniger gefährlich und neigen weniger zum Massenmord, auch wenn man solche Taten wie die durch den NSU entfernt so werten könne. Immerhin soll Sadat Kontakte zur Sauerlandgruppe gehabt haben.

Wie sehr er durch seine Erziehung auch seine Kinder beeinflusst, von denen 4 in Deutschland geboren sind, zeigte sich u.a. an einem seiner Söhne. Dieser – dem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten – ist hier, trotzdem er hier aufwuchs, offenkundig nie in der deutschen Gesellschaft angekommen. Er war, so wie ich ihn kennenlernte, in äußerst radikaler Weise gegen diesen Staat und v.a. auch seine nichtmuslimischen Mitbürger eigestellt. Er reiste wohl 2012 aus (ob er wieder da ist, ist mir unbekannt). Er flanierte 2012 häufiger mit seinem kleinen Kumpel, dem in den Medien bekannt gewordenen hessischen „Fussfessel-Islamisten“, durch die Offenbacher Fußgängerzone. In Paschtunen-Kleidung aber mit H&M-Dutt.

Da formiert sich also Gegengesellschaft. Feindschaft über Generationen, Blutfehde. Wie gut, dass wir aus der eigentlich schlechten alten Zeit, aus den Zeiten der Kriege gegen Frankreich, noch Worte für so etwas haben: Erzfeind. Sadat lebt also unter uns, seinen Erzfeinden, und nutzt die Verwaltungsgerichte rauf und runter. Völlig skrupellos in seiner Vorteilsnahme nach meiner Meinung.

Wir täten gut daran, diese Erzfeindschaft, auch wenn sie völlig fremd, bizarr und unbegründet erscheint, als genau das wahrzunehmen. Der Mann bzw. sein Sohn sehen uns als von Gott verfluchte Geschöpfe, minderwertig, bestenfalls lästig, als Tiere (aus dem Gedächtnis zitiert aus Dialogen mit dem Sohn). So jemanden kann man nicht integrieren, er will das gar nicht, denn er will sich nicht durch unsere Gesellschaft beschmutzen. ER will sich nicht integrieren, er unterwirft sich nur der Repression und auch das nur temporär. Wehe, wenn dieser Mensch Macht erhielte. Auch Richter werden so gesehen. Juristen sollten in der Breite begreifen, nicht auf Respekt und Dankbarkeit zu hoffen, wenn sie bei solchen Fanatikern Milde zeigen. Das wird als Schwäche und Bestätigung ausgelegt, als gelungene Kriegslist.

Das ist notwendig, auch wenn es nicht gefallen kann, damit aus Offenbach nicht Klein-Molenbeek wird. Die Grundsteine dafür sind auf jeden Fall schon gelegt.

 

Bericht:

http://www.swr.de/report/woran-die-ausweisung-islamistischer-hetzer-scheitert-hilflos-gegen-hassprediger/-/id=233454/did=16300598/nid=233454/19emt1h/index.html

Entscheidung des VGH mit Details:

http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/default/hessenrecht_lareda.html#docid:4757375

Rapp mir das Lied vom Tod

Rapp ist Teil einer Jugendkultur: Man hört diesen Singsang und er spiegelt, wenn er erfolgreich ist, die Gefühle und Bedürfnisse seiner Hörer und Käufer wieder. Ein Teil der Anziehungkraft der Szene mag durch die meist bekundete grobe Virilität, die äußeren Merkmale des Wohlstands und die vorwiegende Anspruchslosigkeit der inhaltlichen Aufarbeitung zustande kommen. Rapp versteht (fast) jeder. Rapp ist eher nichts für Feingeister und die artikulierten Wünsche sind auch eher undifferenziert und archaisch. Die erzählten Geschichten sind einfach. Es ist wenig musikalisches und stimmliches Können beim Erschaffen notwendig, auch das mag manchen locken: Jeder Hörer sagt sich, Mensch, also eigentlich könnte ich das auch. So mancher versucht denn auch, sich seinen Wunsch nach Ruhm und Reichtum über eine imaginierte oder echte „Musik-Karriere“ zu erfüllen.

Schrödingers Denis* Der Rapper Denis Cuspert ist so eine Person, die für eine Karriere in unserer Gesellschaft zu viele Chancen ausschlug. Er wid nicht alle gehabt haben, ja. Aber von seiner Seite mag eine Neigung zu einfachen Lösungen, wenig differenziertes Denken und ein Hang zur körperlichen „Lösung“ von Problemen hinzugetreten sein. Er versuchte sich dann als Rapper, wurde schließlich Islamist und zuletzt klinkte er sich aus dieser Gesellschaft ganz aus und ging nach Syrien. Er stieg zu einem international bekannten Top-Terroristen auf, zum weltweit bekannten und gefürchteten Mörder, der lachend anderen den Tod brachte. Ob er aktuell noch lebt, ist fraglich. Mal wird er tot gemeldet, dann wieder lebendig. Da wird man erst sicherere Todeszeichen abwarten müssen als mündliche Meldungen.

Andere Personen aus der Musikszene kokettieren ebenfalls mit dem Salafismus. Der Berliner Musikmanager Ashraf Rammo, der von den Medien häufiger in dem Zusammenhang mit organisierter Kriminalität genannt wird, trifft sich mit LIES-Aktivisten und lässt seinen Schützling „Massiv“ einen tränenreichen Rapp über den Frankfurter LIES-Aktivisten Bilal Gümüs singen. Der ist inhaltlich fragwürdig, stellt aber den musikgewordenen Opferdiskurs dar: alle schuld außer Bilal:

 

 

Frankfurt hat ebenfalls einen Rapper, der sich weniger durch seine Musik auszeichnet denn seine Kontakte:

Auch der Frankfurter Rapper Sadiq, der mit seiner Nähe etwa zu den Salafisten der Koran-Aktion „Lies!“ kokettiert, macht auf Facebook regelmäßig Werbung für das Andalus.

http://www.fr-online.de/frankfurt/andalus-grillhaus-grill-imbiss-bleibt-geschlossen,1472798,32439826.html

Man ist eine große Familie, auch in Berlin bei Rammo war Sadiq schon dabei.

All diese Rapps werden hundertausendfach angesehen und angehört. Sie spiegeln das Gefühl einer bestimmten Klientel und sie verstärken über die Inhalte Haltungen oder rufen sie hervor. Die zur Mehrheitsgesellschaft hin sind das nicht. Traurigerweise werden v.a. junge Männer dann über falsche Informationen bei ihrem Schutz- und Gemeinschaftstrieb instrumentalisiert und über ein diffuses Gerechtigkeitsgefühl auf die Gedanken gebracht, selber „helfen“ zu wollen. Das treibt sie zu fragwürdigen Hilfsvereinen und in den Irrglauben, ihre Ummah in einem Kampf verteidigen zu müssen. Die Musik dazu ist erst der Rapp:

Der Song über Märtyrer:

 

 

Und später dann der Nasheed, der islamistische Kampfgesang, beispielhaft:

 

 

Musik spielt bei manchen auch eine Rolle in der Radikalisierung. Sie spricht die Emotion an und der Rapp ist so manchem seine persönliche Marschmusik in den Tod.

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  • Der Witz erschließt sich eher den Naturwissenschaftlern unter meinen Lesern. Für alle anderen: https://de.wikipedia.org/wiki/Schr%C3%B6dingers_Katze

Do(o)msday

Aus dem sogenannten Islamischen Staat einen echten machen – kann das funktionieren? Diese Frage stellten die Deutsche Friedensgesellschaft und Pax Christi bei einer Veranstaltung im Frankfurter „Haus am Dom“. Das Interesse war nicht nur wegen der Pariser Attentate enorm, die kleine Giebelsaal nebst Empore brechend voll, Menschen sassen auf dem Boden.

Klicke, um auf Buchvorstellung_Islamischer_Staat_18.11.15.pdf zuzugreifen

Die Erwartungen wurden gleich zu Beginn das erste Mal enttäuscht: Die Hauptrednerin des Abends, Loretta Napoleoni, hatte den Freitag zuvor abgesagt. Zu stressig sei die Deutschlandtournee dann doch und die Medienaufmerksamkeit zu gering trotz Nachfragen von einigen Medienvertretern. Andreas Zumach, der eigentlich die Gegenrede hätte halten sollen, musste so die Standpunkte aus Napoleonis Buch kurz referieren und flocht eigene Sichten gleich mit ein.

 

skull peace sign

Napoleonis Buch „Die Rückkehr des Kalifats: Der Islamische Staat und die Neuordnung des Nahen Ostens“  beginne nach dem Tod Mohammeds und spanne den Bogen bis hin zum September letzten Jahres.

Zunächst versuchte Zumach das nach seiner Sicht unvollständige Bild vom IS in den europäischen Medien zu korrigieren. Das sei meist schlecht recherchiert, meinte er, und verwies auf wieder aufgebaute Infrastruktur und die oftmals wiederhergestellte Versorgung der Bevölkerung. Die wiederaufgebaute Bäckerei fand ebenso würdigende Erwähnung wie die Medikamentenversorgung, die „besser als sonst in der Region“ sei. Menschen würden mehrheitlich vor Assads Fassbomben fliehen, viele Sunniten zögen die relative Ordnung nach dem Sieg des IS dem vorherigen Zustand vor.

Man habe also ein komplexes Staatswesen aufgebaut, bei dem man darüber nachdenken könne, ob man es nun in die internationale Staatengemeinschaft nehmen könne. Dadurch könne man es dazu bringen (wörtlich war von Zwang die Rede), Völkerrecht anzuerkennen. Die Binnenstruktur bestünde, erklärte Zumach, in der Führungsebene aus 27 Männern, von denen mindestens ein Drittel aus kriegserprobten Personen bestünde. Darunter gäbe es 4 Departments, Waffenbeschaffung, Finanzierung, Medien und Rekrutierung.

Im Grunde ist nach Zumach der Westen schuld an IS. Die Kolonisierung, der Abzug der Kolonialherren, all das habe die Region destabilisiert. So lange hinsichtlich Israel „Doppelmoral herrsche“, werde es darüber hinaus keinen Frieden in der Region geben. Einen Zuhörer hielt es nicht mehr auf dem Stuhl: „Hier werden Nazis verteidigt!“ Er wurde des Raumes verwiesen. Auch habe der Westen seine Demokratien nur wegen des Umstandes aufbauen können, dass die Ressourcen hier mehr verteilt würden, jeder habe hier ein Dach über dem Kopf.

Zumach wunderte sich öffentlich, dass der IS noch keine Gebietsansprüche angemeldet habe. Immer in der Vergangenheit hätten Terrorgruppen auch Forderungen gestellt. Das sein nun anders. Da war wohl entgangen, dass das Khalifat die Weltherrschaft will.

Den Einsatz von Militär hält Zumach für aussichtslos; auch reiße sich niemand darum, Bodentruppen zu entsenden. Er hingegen möchte diesen „Konflikt austrocknen“, das sei der einzig mögliche Weg. Dazu müsse die Bombardierung eingestellt werden und die Waffenlieferungen an alle Unterstützerstaten. Dann könne man mit dem IS an den Verhandlungstisch, könne „mit viel Geld“ Bildung etc. bieten. Zumach ist wohl entgangen, dass die Führungsriege aus durchaus formal gebildeten Personen besteht und man keine Bildung westlichen Zuschnitts will.

In diesen Betrachtungen hatten demnach der Totalitarismus und die religiöse Verblendung wenig Raum. Alles war irgendwie politisch oder ressourcenbedingt, so das der religiöse Fanatismus kaum noch eine Rolle spielte. Eine religiöse Agenda wurde nicht aufgegriffen. Die Möglichkeit, dass nach einer Phase der Konsolidierung mit Verhandlungen das Spiel von neuem beginne, wurde nicht erwogen.

Ein irritierender Abend. Zumachs „Strategie“ besteht zusammengefasst schlicht in: „Da müssen halt die Kämpfe aufhören“ plus Sanktionen. Mit westlicher Vorleistung. Play it again, Sam.

So blieben trotz reger Zuschauerbeteiliguung viele Fragen offen.

Schade, dass Frau Napoleni nicht anwesend war. Ich hätte ihr – bei einem „Staat“, der Entwicklungshelfer und Journalisten köpft – gerne mal die Frage gestellt, ob sie sich bereit erklärt, als Diplomatin da den ersten Schritt zu tun und persönlich zu verhandeln. Es könnte ja sein, dass dem „Verhandlungspartner“ die gegnerischen Angebote nicht gefallen. Es wäre nicht das erste mal in der Geschichte, dass es dann den Boten träfe.

Belgischer Hassprediger Tarik ibn Ali soll Bataclan-Attentäter radikalisiert haben

 

Die belgische Szene hat seit Jahren intensive und auch persönlich mehrfach im Jahr durch Besuche gepflegte Kontakte. Tarik Chadlioui oder besser bekannt als “Tarik ibn Ali” reist mehrfach im Jahr durch Europa. In Deutschland ist der Belgier nahezu unbekannt, obwohl er seit Jahren feste Stationen z.B. auch im Rhein-Main-Gebiet aufsucht. Der marokkanischstämmige Prediger, der in in Antwerpen residierte, hat beste Kontakte zu den islamistischen Szenen in verschiedenen europäischen Ländern. Paris war auch auf seiner Route. Doch im Rhein-Main-Gebiet sucht ibn Ali ungehindert und kaum beachtet von der Mehrheitsgesellschaft immer wieder Vereine auf:

https://vunv1863.wordpress.com/2015/05/07/tarik-ibn-ali-dossier/

https://vunv1863.wordpress.com/category/tarik-ibn-ali/

Die Vernetzung erfolgt mehrheitlich über die marokkanische bzw. berberische Community. Die Predigtsprache ist tamazight, was Übersetzungen zusätzlich erschwert, da weniger Übersetzer zur Verfügung stehen.

 

Tarik-Iban-Ali Bild

Tarik ibn Ali Bild: Telegraaf

 

Auch in Mainz-Kostheim war er dieses Jahr zu Gast:

https://vunv1863.wordpress.com/2015/07/05/tarik-ibn-ali-in-mainz-kostheim/

Es wird nicht nur Geld gesammelt, sondern – der Zweck dürfte den Spendern bekannt sein – ideologische Unterstützung geboten.

Aktuell, spekuliert die Daylimail, könne Tarik ibn Ali einen der Bataclan-Attentäter radikalisiert haben:

„A Muslim hate preacher suspected of radicalising one of the Bataclan theatre gunmen urged his followers to wage jihad against ‚infidels‘ and promised ‚martyrs‘ would go to paradise.

Tarik Chadlioui preached hate-filled sermons at a Paris mosque attended by terrorist Omar Mostefai, who blew himself up after the bloody Batacalan theatre siege which claimed 89 lives.“

http://www.dailymail.co.uk/news/article-3320770/Preacher-terror-Revealed-hate-filled-Belgian-Muslim-cleric-radicalised-Bataclan-suicide-bomber-Omar-Mostefai.html#ixzz3rqv1gkog

In der aktuellen Lage, in der massiv in Frankreich und Belgien gegen Terrorunterstützer vorgegangen wird, kann man sich vorstellen, dass diese Kontakte, vermittelt durch Vernetzer wie ibn Ali, nun genutzt werden, um Unterschlupf zu suchen. Die aus Belgien in das Rhein-Main-Gebiet führenden Autobahnen werden vielleicht deshalb verstärkt kontrolliert. Solche Personen werden jedoch kaum die Autobahnen nehmen oder sich abholen lassen. Eine bessere Kontrolle wäre nur an den Grenzen möglich.

Was das nun konkret für die Sicherheitslage in Hessen bedeutet, ist schwer zu beurteilen, zumal man natürlich „unsere“ home grown terrorists“ in spe parallel betrachten muss. Leider wurden – sollten sich genau die letzten Hinweise verdichten – seit langem getätigte Warnungen hinsichtlich dieses „Wanderpredigers“ nicht ausreichend ernst genommen.

Molenbeek – eine Enklave?

In dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek gab es in den vergangenen Tagen erhöhte Aktivität. Razzien, Festnahmen, weil Spuren und Verbindungen der Pariser Täter dorthin führten. Molenbeek hat etwa 100.000 Einwohner. Seit Jahren gibt es dort eine verfestigte islamistische Szene.

Der belgische Innenminister gab zu, den Stadtteil nicht unter Kontrolle zu haben:

„Speaking to public broadcaster VRT Sunday, Interior Minister Jan Jambon said that the authorities had lost control over this area of the EU capital, which culprits in several recent terrorist attacks in Europe, including Friday’s carnage in Paris, have called home.“

http://www.politico.com/tipsheets/morning-money/2015/11/pro-morning-money-211281

 

Zwar gibt es auch andere Stimmen, die jedoch mehr mit persönlichen Eindrücken und weniger mit der konkreten Sicherheitslage zu tun haben. Immer wieder liest man, dass auch Terroristen im täglichen Umgang höflich gewesen seien. Sogar der eine Bruder von zwei Pariser Attentätern verkündete aktuell vor der Presse, seine zwei Brüder seien „ganz normale Brüder gewesen. Das mag bei ihm Schutzbehauptung sein oder sein wirkliches Empfinden, es könnte auch seine Definition von „Normalität“ fragwürdig machen. Aber manchmal wird es tatsächlich nicht bemerkt.

Normal nach deutschen Maßstäben ist der Stadtteil sicher nicht:

„Allerdings ist bekannt, dass aus Molenbeek rund 40 Menschen nach Syrien gereist sind, um sich dem „Islamischen Staat“ anzuschließen. In Molenbeek leben 100.000 Menschen. Das muss man in Relation setzen. Außerdem gibt es in Belgien problematischere Orte. Vor allem in Flandern ist es viel schlimmer.“

http://www.tagesspiegel.de/politik/islamismus-in-belgien-molenbeek-ist-harmlos-im-vergleich-zu-anderen-orten/12598546.html

Übertragen auf hessische Verhältnisse mit 6 Mio. Einwohnern wären das 2400 Personen und nicht die 120, die letzten veröffentlichten Zahlen von Juli entsprechen. Diese sind sicher zu gering, aber auch bei der belgischen Angabe mag es eine Dunkelziffer geben. Das Verhältnis macht klar, wie sehr der Stadtteil betroffen ist. Andernorts ist man aber auch kaum geringere Probleme:

„In Antwerpen – und die Stadt ist viel kleiner als das sowieso kleine Brüssel – hat 100 Dschihadisten hervorgebracht.“

Antwerpen hat nicht nur diese Jihadisten hervorgebracht, sondern auch das Netzwerk shariah4belgium. In Belgien werden aktuell empfindliche Strafen verhängt. Der Haupttäter Mohammed Belcasem – angeklagt war Bildung einer kriminellen Vereinigung – wurde im Frühjahr zu 12 Jahren Haft verurteilt.

http://www.tijd.be/politiek_economie/belgie_algemeen/12_jaar_cel_voor_Sharia4Belgium_leider_Belkacem.9599209-4002.art?ckc=1&ts=1447854568

Bei Rückkehrern sind die Strafen ebenfalls hoch, angeklagt war Terrorismus:

http://brf.be/national/906011/

Auch bei Frauen sind die Strafen deutlich:

http://deredactie.be/cm/vrtnieuws.deutsch/nachrichten/1.2343261

Solche Enklaven gibt es in Deutschland auch, oft grob nach Ethnie bzw. Herkunftsland strukturiert. Nicht ganz so groß, nicht ganz so sichtbar. Man wird da in Zukunft sicher genauer hinschauen müssen, auch wenn einige Randbedingungen anders sind..

Mahnwache vom 14.11.2015

Von 16-18 Uhr vor dem „My Zeil“. Herzlichen Dank der Frankfurter Polizei für den umsichtigen Schutz.

Frankfurt Zeil, der Tag danach. Es ist kalt, windig und es nieselt. Kein Wetter, um stehen zu bleiben und zu reden. Wir sind heute nur ganz wenige. Verschiedene Mitstreiter laufen ohne Plakate herum und versuchen, die Menschen ins Gespräch zu ziehen.

Zwei kleine Jungen, vielleicht 7,8 Jahre alt, kommen auf mich zu und erzählen mir, es sei nicht gut, was ich da mache. Offenkundig wurden sie ausgeschickt. Warum ich denn da stünde? Ich will es einfach machen und sage, weil in Paris was Schlimmes passiert sei. Nein, meinen sie, Paris wäre nicht schlimm, sondern gut. Das macht mich einen Moment sprachlos, in dem sie weglaufen.

Mehrere junge Frauen, die schon vergangene Samstage da waren, sind wieder zugegen. Sie fangen wieder von vorne an mit der Frage nach Islamismus. Auf die Entgegnung, das hätte ich nun doch schon erklärt, verneinten sie vehement. Offenkundig weiden sie sich darin, dass ich das natürlich nicht nachweisen kann. Mehrere fordern aggressiv eine Erklärung, rücken immer näher. Ich weise auf Paris hin. Das interessiere sie nicht, sie hätten was gefragt und ich hätte noch nicht geantwortet. Sie formierten sich und rückten ständig näher. Wollte man Platz schaffen, kreischten sie hysterisch, man solle ihnen nicht zu nahe kommen. Bizarr und theatralisch.

Einer Mitstreiterin, die doch mal auf das Thema Paris bringen konnte, wurde aggressiv vorgehalten, SIE sei schuld an Paris.

Besuch bekamen wir heute von einem jungen Mann, der für LIES aktiv ist:

 

Rechts im Standbild.

Der junge Mann schien bemüht, mit Unterstellungen so zu arbeiten, dass ich nachfolgend meinerseits falsche Behauptungen aufstellen sollte. Er schien ständig die Behauptung rausholen zu wollen, dass ich selber eine Anwerbung am LIES-Stand mitbekommen hätte. Im Nachhinein habe ich den Verdacht, dass vielleicht ein Tonmitschnitt lief. Nun denn.

Zwei junge armenische Christen erkundigten sich. Sie hatten die Szenen eine Zeit lang beobachtet und waren bestürzt. Zwei Mal wurde zwischendrin „allahu akbar“ gerufen. Dabei blieb es glücklicherweise. Es war gespenstisch genug.

Mehrere junge Männer versammelten sich hinter meinem Rücken und sprachen bestimmt 20 Minuten halblaut Abfälliges über mich als Person. Sie besprachen nicht mal die Inhalte der Plakate, sondern äußerten rein persönlich Herabsetzendes. Jede Äußerlichkeit von mir wurde durchgehechelt. Die Masche sollte mich offenkundig reizen und aus der Fassung bringen. Kurz danach machten sich mehrere 13 Jährige den „Spaß“, so zu tun, als brächten sie einen Sprenggürtel zur Explosion. Die Gesten sollten leider genau das heißen.*bumm* machten sie, lachten und liefen weg.

Zwischendrin stürmte eine junge Frau an mir vorbei und es gab einen kleinen Schlag gegen mein Plakat. Als ich nachsah, bemerkte ich einen Aufkleber der „Antifaschistischen Aktion“. Aufkleben ist natürlich einfacher als Diskutieren und verstehen, wobei man das auch wollen muss. Es gab schon verschiedene ähnlich kenntnislose Antifa-Aktionen, bei denen auch die Erläuterung nichts brachte, da man nicht zuhörte oder verstand.

Als ich einmal zu einer stark umdrängten Mitstreiterin wollte, die in 4er Reihe umringt war und mein Plakat – es ist unhandlich – versehentlich die Schulter einer LIES-Unterstützerin streifte, machte sie keifend eine Riesengeschichte daraus. Das Plakat hatte ihr sicher nicht weh getan, aber sie beschwerte sich die ganze Zeit danach, lief mir nach. Auch dieses Verhalten ist aus anderen Ländern bekannt. Es ist bitter, dass man einige Stereotype aus Israel-Videos auch auf der Zeil erleben kann.

Mehrere junge Frauen, alle „westlich“ gekleidet, wollten mich „nach Hause schicken, damit ich dort was Sinnvolles tue“. Da lernt man doch gleich, dass „westliche“ Kleidung nichts über die Sichten aussagen muss.

Ein Mann Mitte 40, der sich später als Mitglied einer marokkanischen Gemeinde outete, stand mit seiner Frau und Tochter nahe und machte sehr abfällige Bemerkungen über mich als Frau. Was ich denn gegen den Märtyrertod hätte? Männer würden dann viele Jungfrauen bekommen. Ich solle doch auch übertreten, dann würde ich wenigstens nach dem Tod einen Mann kriegen, das wäre doch gut. Oder ob er mich heiraten solle? In diesem Tenor setzte er vor einer Runde feixender muslimischer Passanten verschiedenen Alters fort. Nachdem ich mit meinem eigentlichen Gesprächspartner geendet hatte, drängte er sich vor. Seine sehr unverschämte Art war auf diese Weise neu: Er kam sehr nah und lächelte dabei auf eine böse Art. Es wurde offenkundig, dass er beschäftigen wollte. Immer wenn ich mich abwandte, versuchte er – vor der Gruppe – erneut zu provozieren: Er hätte gewonnen. Er sei gut und ich nichts. Der marokkanischstämmige Mann versuchte somit etliche Minuten lang, in Nonsense-Gespräche zu ziehen. Der Umstand, dass man trotz seiner unverschämten Gesprächsführung ruhig blieb, schien ihn zu ermutigen. Er machte dann das selbe bei einem Mitstreiter. Seine Frau schob sich dann vor und hielt mir ein Bild eines Fötus unter die Nase. Der Fötus war am Kopf beschädigt, sie meinte, die Mutter sei erschossen worden. Auf den ersten Blick schien mir das Bild eher eine Darstellung eines Präparats einer Spätabtreibung (die Wunden waren für Schussverletzungen zu glatt). Aber um das sicher sagen zu können, hätter es mehr bedurft als eines wackeligen Handy-Bilds, das man kurz unter die Nase gehalten bekommt. Warum ich nicht gegen dieses „Opfer Israels“ protestiere?

In letzter Zeit auf der Strasse zunehmend schiebt man sich sehr übergriffig dazwischen. Es ist kaum mit einzelnen Passanten zu sprechen, was Absicht zu sein scheint. Man versucht durch reindrängen und aggressives Gespräch-Übernehmen zu verhindern, dass man mit normalen Passanten spricht oder überhaupt zu einem vernünftigen Satz kommt.

Eine jüngere Muslima – verschleiert – lies sich den Anlass der Demo erläutern. Sie verstand das Anliegen und teilte die Sicht, dass den Straßenverteilungen etwas entgegengesetzt werden sollte.

Eine größere Frauengruppe mit Kindern blieb bis zuletzt, rückte dicht auf, keifte auf enervierende Art. Alle waren „westlich“ gekleidet, teilweise sehr stark geschminkt. Auch mit ihnen war eine Sachdebatte nicht möglich, alles endete immer in aggressiven Zuschreibungen und rabulistischen Versuchen. Eine Kindergruppe, vielleicht 8-9 jährige, die ihnen zuzuordnen war, ging zuletzt auf uns und eine Polizeigruppe zu und versuchte, auch dort aufmüpfig zu sein. Dort blieb es allerdings beim Versuch.

Man sah mir heute sicher meine Betroffenheit an. Da man mir dies ansah, wurde es häufiger thematisiert, es diente mehrfach der Erheiterung bzw. wurde höhnisch kommentiert.

Das war klassisches Bullbaiting als Sport in der Fußgängerzone.

Die muslimischen Passanten, die heute bei uns waren, schienen irgendwie, es ist schrecklich diese Empfindung zu schreiben, aggressiv und mehrheitlich – voller Genugtuung. Gewalt muss nicht immer physisch ausgeübt werden – sie kann auch psychischer Natur sein. Männer, Frauen, Kinder – ein Reizwort, das sie nicht verstehen oder missverstehen wollen und schon tritt diese spontane Affektentladung auf. Es ist erschreckend, dass auch Attentate wie in Paris nichts an der Art des Herangehens ändern. Ich hätte mir heute wenigstens bei einigen ein anderes Verhalten gewünscht als das gezeigte.

Die Hoffnung, sagt man, stirbt zuletzt. Heute ist bei mir ein Stückchen zu Grabe getragen worden.