Die Freiheit der anderen und die eigene Sicherheit

BA f VfS

Bundesamt für Verfassungsschutz Bild: BA f VFS, Presssebild

Wenn auf die Gefahren relativ unkontrollierter Grenzüberschreitung hingewiesen wird, wird von Personen, die nicht damit befasst sind, gerne darauf verwiesen, es habe ja bislang in Deutschland noch keinen großen Anschlag gegeben. Hier in Deutschland sei doch alles im Griff und die aus dem syrischen Raum Zuziehenden wahrscheinlich alle eher Personen, die vor dem IS-Terror flüchteten. Mehrheitlich stimmt das. Das ist jedoch für die Beurteilung einer Gefahrenlage irrelevant. Obwohl die allermeisten Stadtplanung-Studenten friedlich sind, gab es 9/11. Dass ALLE friedlich sind, ist natürlich eine Annahme, die dem ruhigen Nachtschlaf taugt aber sonst zu nicht viel. Weit ab von Paranoia müssen Sicherheitsbehörden einen anderen Grad an Wachsamkeit an den Tag legen als Politiker, die deren Schutz selbstverständlich annehmen. Vorsicht nun Paranoia zu heißen, ist sträflicher Leichtsinn, eine infantile Haltung, die sich bitter rächt. Zu wenigen ist auch bewußt, dass sie die Weichen für die Sicherheit anderer stellen und sie da Entscheidungen treffen, die sie für sich selber so nicht treffen würden. Bei sich selber, beim Eigenschutz rational, beim Schutz anderer irrational? Vorsicht und Wachsamkeit sind rational begründet, während eine Paranoia auf Phobien oder anderen irrationalen Ängsten beruht. Oder kurz: Wachsamkeit wegen Aliens ist Paranoia, bei Attentätern oder IS-Terroristen hingegen Vorsicht.

Seit geraumer Zeit ist die Gefahrenlage in Deutschland „abstrakt erhöht“.

Um von einer vorherigen Einschätzung bzw. von der Einstufung „abstrakt“ zu „konkret“ zu kommen, also Verdachtsmomente auf bevorstehende Taten zu erhalten, braucht es entweder ein Netz verlässlicher Informanten oder anderer Hinweise. Informanten müsse jedoch selber so weit im Bilde sein, dass ihre Hinweise als relativ sicher glaubwürdig eingestuft werden können. Personen, zu denen keine Beziehung besteht oder die gar unregistriert sind – also im wahrsten Sinne des Wortes nicht wahrgenommen werden können behördlich – fliegen locker und mit Kilometer-Luft unter dem Radar der Sicherheitsbehörden durch. Rückkehrer konnten oftmals bislang nur festgenommen werden, weil sie in einem falschen Sicherheitsgefühl ein Flugzeug nahmen (bei dem natürlich kontrolliert wird).

Politiker haben meist nur eine vage Vorstellung, wie personalintensiv Sicherheit und Überwachung sind. Eigentlich hätte man mit den hier lebenden islamistischen Gefährdern schon genug Arbeit (und die anderen Extremisten binden auch Personal). Man erinnere sich: Schon alleine die in der Größe armselige Sauerlandgruppe erforderte in Spitzenzeiten 600 (!) Beamte verschiedener Einrichtungen. Das dürfte wenigen politischen Entscheidern bewußt sein:

http://www.faz.net/aktuell/politik/terrorismus-anklage-gegen-sauerland-gruppe-erhoben-1680354.html

Oder noch weiter zurück: Auch die RAF band die Ressourcen etlicher Ämter und trotzdem wurden Gesetze verändert, weil man sonst der Lage nicht Herr geworden wäre. An die weit verbreitet aushängenden Fahndungsplakate können sich Personen über 30 sicher noch erinnern. Trotzdem wurde man nicht aller Personen habhaft. Solche Fahndungsplakate wären heute schwer denkbar, muss doch der Tatverdacht hinreichend konkret sein, um die Auslassung des Datenschutzes zu rechtfertigen. Auch gibt es wohl zu viele Personen, die – unter damaligen Kriterien – heute auf die Plakate kämen. Damit könnte man einen Raum tapezieren.

Schon seit geraumer Zeit laborieren alle befassten Behörden hinsichtlich der Arbeitsbelastung am Limit. Die jetzigen Herausforderungen sprengen jedoch jeden Rahmen, zusätzlich ist zu leisten:

  1. Erfassung nicht registrierter potentieller Täter oder Gefährder
  2. Erfassung der bereits registrierten, aber an der Grenze nicht bei Rückkehr aufgefundenen Täter und potentiellen Täter oder Gefährder
  3. Beobachtung, in welche vorhandenen Netzwerke sie sich begeben
  4. Beobachtung sich neu bildender Strukturen
  5. Beobachtung der unterstützenden Strukturen

Die Aufgabe ist also gigantisch und wird mit jedem Tag der mangelnden Grenzkontrolle größer:

„… sondern Fachleute mit Ortskenntnis und Weitblick und aus der Mitte von Politik und Exekutive. Sie beurteilen die Berliner „Flüchtlingspolitik“ allenfalls noch mit medizinischen Begriffen.“

http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/kommentar-von-reinhard-mueller-zur-fluechtlingspolitik-13884964.html

Solche Erfolge wie untern verlinkt sind daher schon fast ein Wunder zu nennen angesichts der aktuellen Lage und vielleicht dem Antiterrornetzwerk zuzuschreiben:

http://m.welt.de/politik/deutschland/article148286712/BKA-ermittelt-gegen-zehn-Asylbewerber-aus-Syrien.html

Es wird jedoch viele geben, die unter diesem Radar durchfliegen.

Was also tun?

Zunächst führt, will man nicht weiteren Kontrollverlust riskieren, an einer Kontrolle und Kanalisierung des Zustroms kein Weg vorbei. Jede Person, die nicht ins Land kommt ohne Aussicht, bleiben zu können, ist eine weniger, die ausgewiesen werden muss. Eine weniger, die dagegen klagen kann und in der Zeit der Klage versorgt werden muss. Ressourcen sind endlich. Auch in Deutschland. Das ist ganz bitter für die Abgewiesenen, ja. Trotzdem wird das so sein müssen.

An einer massiven Stellenaufstockung in den vorhandenen Strukturen führt ebenfalls kein Weg vorbei. Die Arbeitsweise wird noch besser koordiniert und erheblich verschlankt werden müssen. Es wird darüber hinaus neue Strukturen und – auch juristisch – kreative Lösungsansätze erfordern, um Schritt zu halten mit der Strukturbildung der „Gegenseite“. All das wird von vielen noch gar nicht überblickt.

Die Politik erschwert, ja nahezu verunmöglicht derzeit den Behörden, im Sinne ihres Auftrages tätig zu sein. Auch das ist historisch zu nennen. Hoffen wir, dass die Zahl der Opfer nicht zu groß sein wird, bevor man das erkennt.

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