Mahnwache vom 14.11.2015

Von 16-18 Uhr vor dem „My Zeil“. Herzlichen Dank der Frankfurter Polizei für den umsichtigen Schutz.

Frankfurt Zeil, der Tag danach. Es ist kalt, windig und es nieselt. Kein Wetter, um stehen zu bleiben und zu reden. Wir sind heute nur ganz wenige. Verschiedene Mitstreiter laufen ohne Plakate herum und versuchen, die Menschen ins Gespräch zu ziehen.

Zwei kleine Jungen, vielleicht 7,8 Jahre alt, kommen auf mich zu und erzählen mir, es sei nicht gut, was ich da mache. Offenkundig wurden sie ausgeschickt. Warum ich denn da stünde? Ich will es einfach machen und sage, weil in Paris was Schlimmes passiert sei. Nein, meinen sie, Paris wäre nicht schlimm, sondern gut. Das macht mich einen Moment sprachlos, in dem sie weglaufen.

Mehrere junge Frauen, die schon vergangene Samstage da waren, sind wieder zugegen. Sie fangen wieder von vorne an mit der Frage nach Islamismus. Auf die Entgegnung, das hätte ich nun doch schon erklärt, verneinten sie vehement. Offenkundig weiden sie sich darin, dass ich das natürlich nicht nachweisen kann. Mehrere fordern aggressiv eine Erklärung, rücken immer näher. Ich weise auf Paris hin. Das interessiere sie nicht, sie hätten was gefragt und ich hätte noch nicht geantwortet. Sie formierten sich und rückten ständig näher. Wollte man Platz schaffen, kreischten sie hysterisch, man solle ihnen nicht zu nahe kommen. Bizarr und theatralisch.

Einer Mitstreiterin, die doch mal auf das Thema Paris bringen konnte, wurde aggressiv vorgehalten, SIE sei schuld an Paris.

Besuch bekamen wir heute von einem jungen Mann, der für LIES aktiv ist:

 

Rechts im Standbild.

Der junge Mann schien bemüht, mit Unterstellungen so zu arbeiten, dass ich nachfolgend meinerseits falsche Behauptungen aufstellen sollte. Er schien ständig die Behauptung rausholen zu wollen, dass ich selber eine Anwerbung am LIES-Stand mitbekommen hätte. Im Nachhinein habe ich den Verdacht, dass vielleicht ein Tonmitschnitt lief. Nun denn.

Zwei junge armenische Christen erkundigten sich. Sie hatten die Szenen eine Zeit lang beobachtet und waren bestürzt. Zwei Mal wurde zwischendrin „allahu akbar“ gerufen. Dabei blieb es glücklicherweise. Es war gespenstisch genug.

Mehrere junge Männer versammelten sich hinter meinem Rücken und sprachen bestimmt 20 Minuten halblaut Abfälliges über mich als Person. Sie besprachen nicht mal die Inhalte der Plakate, sondern äußerten rein persönlich Herabsetzendes. Jede Äußerlichkeit von mir wurde durchgehechelt. Die Masche sollte mich offenkundig reizen und aus der Fassung bringen. Kurz danach machten sich mehrere 13 Jährige den „Spaß“, so zu tun, als brächten sie einen Sprenggürtel zur Explosion. Die Gesten sollten leider genau das heißen.*bumm* machten sie, lachten und liefen weg.

Zwischendrin stürmte eine junge Frau an mir vorbei und es gab einen kleinen Schlag gegen mein Plakat. Als ich nachsah, bemerkte ich einen Aufkleber der „Antifaschistischen Aktion“. Aufkleben ist natürlich einfacher als Diskutieren und verstehen, wobei man das auch wollen muss. Es gab schon verschiedene ähnlich kenntnislose Antifa-Aktionen, bei denen auch die Erläuterung nichts brachte, da man nicht zuhörte oder verstand.

Als ich einmal zu einer stark umdrängten Mitstreiterin wollte, die in 4er Reihe umringt war und mein Plakat – es ist unhandlich – versehentlich die Schulter einer LIES-Unterstützerin streifte, machte sie keifend eine Riesengeschichte daraus. Das Plakat hatte ihr sicher nicht weh getan, aber sie beschwerte sich die ganze Zeit danach, lief mir nach. Auch dieses Verhalten ist aus anderen Ländern bekannt. Es ist bitter, dass man einige Stereotype aus Israel-Videos auch auf der Zeil erleben kann.

Mehrere junge Frauen, alle „westlich“ gekleidet, wollten mich „nach Hause schicken, damit ich dort was Sinnvolles tue“. Da lernt man doch gleich, dass „westliche“ Kleidung nichts über die Sichten aussagen muss.

Ein Mann Mitte 40, der sich später als Mitglied einer marokkanischen Gemeinde outete, stand mit seiner Frau und Tochter nahe und machte sehr abfällige Bemerkungen über mich als Frau. Was ich denn gegen den Märtyrertod hätte? Männer würden dann viele Jungfrauen bekommen. Ich solle doch auch übertreten, dann würde ich wenigstens nach dem Tod einen Mann kriegen, das wäre doch gut. Oder ob er mich heiraten solle? In diesem Tenor setzte er vor einer Runde feixender muslimischer Passanten verschiedenen Alters fort. Nachdem ich mit meinem eigentlichen Gesprächspartner geendet hatte, drängte er sich vor. Seine sehr unverschämte Art war auf diese Weise neu: Er kam sehr nah und lächelte dabei auf eine böse Art. Es wurde offenkundig, dass er beschäftigen wollte. Immer wenn ich mich abwandte, versuchte er – vor der Gruppe – erneut zu provozieren: Er hätte gewonnen. Er sei gut und ich nichts. Der marokkanischstämmige Mann versuchte somit etliche Minuten lang, in Nonsense-Gespräche zu ziehen. Der Umstand, dass man trotz seiner unverschämten Gesprächsführung ruhig blieb, schien ihn zu ermutigen. Er machte dann das selbe bei einem Mitstreiter. Seine Frau schob sich dann vor und hielt mir ein Bild eines Fötus unter die Nase. Der Fötus war am Kopf beschädigt, sie meinte, die Mutter sei erschossen worden. Auf den ersten Blick schien mir das Bild eher eine Darstellung eines Präparats einer Spätabtreibung (die Wunden waren für Schussverletzungen zu glatt). Aber um das sicher sagen zu können, hätter es mehr bedurft als eines wackeligen Handy-Bilds, das man kurz unter die Nase gehalten bekommt. Warum ich nicht gegen dieses „Opfer Israels“ protestiere?

In letzter Zeit auf der Strasse zunehmend schiebt man sich sehr übergriffig dazwischen. Es ist kaum mit einzelnen Passanten zu sprechen, was Absicht zu sein scheint. Man versucht durch reindrängen und aggressives Gespräch-Übernehmen zu verhindern, dass man mit normalen Passanten spricht oder überhaupt zu einem vernünftigen Satz kommt.

Eine jüngere Muslima – verschleiert – lies sich den Anlass der Demo erläutern. Sie verstand das Anliegen und teilte die Sicht, dass den Straßenverteilungen etwas entgegengesetzt werden sollte.

Eine größere Frauengruppe mit Kindern blieb bis zuletzt, rückte dicht auf, keifte auf enervierende Art. Alle waren „westlich“ gekleidet, teilweise sehr stark geschminkt. Auch mit ihnen war eine Sachdebatte nicht möglich, alles endete immer in aggressiven Zuschreibungen und rabulistischen Versuchen. Eine Kindergruppe, vielleicht 8-9 jährige, die ihnen zuzuordnen war, ging zuletzt auf uns und eine Polizeigruppe zu und versuchte, auch dort aufmüpfig zu sein. Dort blieb es allerdings beim Versuch.

Man sah mir heute sicher meine Betroffenheit an. Da man mir dies ansah, wurde es häufiger thematisiert, es diente mehrfach der Erheiterung bzw. wurde höhnisch kommentiert.

Das war klassisches Bullbaiting als Sport in der Fußgängerzone.

Die muslimischen Passanten, die heute bei uns waren, schienen irgendwie, es ist schrecklich diese Empfindung zu schreiben, aggressiv und mehrheitlich – voller Genugtuung. Gewalt muss nicht immer physisch ausgeübt werden – sie kann auch psychischer Natur sein. Männer, Frauen, Kinder – ein Reizwort, das sie nicht verstehen oder missverstehen wollen und schon tritt diese spontane Affektentladung auf. Es ist erschreckend, dass auch Attentate wie in Paris nichts an der Art des Herangehens ändern. Ich hätte mir heute wenigstens bei einigen ein anderes Verhalten gewünscht als das gezeigte.

Die Hoffnung, sagt man, stirbt zuletzt. Heute ist bei mir ein Stückchen zu Grabe getragen worden.

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