Einem Mädchen misstrauen, einem Arzt?
Über die Schwierigkeiten des Umgangs mit der Ambivalenz
Heute fielen zwei Überschriften ins Auge: Eine 15-jährige, die wohl aus islamistischer Motivation einen Polizisten niederstach und ein Arzt, der einen geistig eingeschränkten Mann dazu brachte, nach Syrien zu gehen. Der Mann endete als Selbstmordattentäter und riss 12 Menschen in den Tod.
Neben der islamistischen Haltung der beiden mutmaßlichen Täter eint beide das Vertrauen, das man normalerweise einem jungen Mädchen, fast noch Kind, und einem Arzt entgegenbringt. Beide sehen auf den Bildern, die es von ihnen gibt, weich und freundlich aus.

Nach BILD aus einem youtube-Video http://www.bild.de/news/inland/mordversuch/hannover-messer-attacke-44791200.bild.html
Die Beschreibung des Verhaltens des Mädchens passt jedoch nicht zu diesem Vorurteil: „Was den Beamten auffiel: „Die Täterin wirkte eiskalt, ihre einzige Sorge war, dass ihr Kopftuch verrutscht, sie wollte nach der Festnahme unbedingt das Kopftuch wieder richtig aufsetzen. Ob der Beamte überlebt, war ihr egal.“
Das sind die Reaktionen eines Roboters, nicht eines Menschen. Einer dressierten Person, die panisch versucht, in einer Grenzsituation das irre Programm ihrer angeblichen Rechtleitung herunterzuspulen. Angebliche Gottgefälligkeit, Gottes angebliche Gebote als das Erste und das Letzte, was man zu erfüllen trachtet. Nur die eigene Heils- und Jenseitshoffnung ist noch relevant – oder die Furcht vor der Höllenstrafe.
Auch von dem jungen Arzt gibt es Bilder, die ihn in entspannter Atmosphäre zeigen. Er wirkt freundlich und etliche seiner Patienten, vor allem aber die Kollegen werden sich jetzt wundern, welches andere Leben der nette Arzt, der Kollege führte zwischen Berlin und Mannheim. Bei dem Darmstädter Doktoranden war dies nicht anders und auch von anderen Personen, die islamistisch indoktriniert sind, darf man im Alltagsleben nicht zwangsläufig erwarten, dass die Mr. Hyde-Seite auch zum Vorschein kommt. Es gibt eine Seite, die dem normalem Umgang, dem Funktionieren in der Gesellschaft dient, die ja meist nicht muslimisch dominiert ist. Die andere Seite kommt allenfalls zum Vorschein, wenn über die Religion einmal und vor allem, wenn über sie kontrovers diskutiert wird. Dann zeigt sich häufig in den vehement vertretenen Haltungen der Fanatismus. Gute Hinweise geben Haltungen zu Juden und Homosexuellen.
Beide Personen sind vom Äußeren her unauffällig und das ist das Fatale, was das Ganze zusätzlich erschütternd macht. Alle Alarmglocken sind bei einem jungen Mädchen und einem Arzt erst mal still. Beim dem Mädchen hat man das positive Vorurteil, sie sei jung und naiv und deshalb ungefährlich. Bei einem Arzt imaginiert man allgemeine Menschenfreundlichkeit. Dass sich diese aber nur auf bestimmte Personen richten könnte, damit rechnet man nicht. Erst recht nicht – das wird noch zu klären sein – nimmt man an, dass er seine berufliche Stellung ausgenutzt haben könnte, um nicht nur an den toten jungen Mann zu gelangen, sondern seine Suggestibilität zu erkennen. Dass ein Arzt so völlig gegen die Ethik seines Berufs oder hiesige Werte verstoßen könnte, ist nur vorstellbar, wenn er einer übergeordneten Ethik oder Instanz folgte. Einer politischen Ideologie, einem Glauben.
Die Unscheinbarkeit der beiden Personen, die positiven Vorurteile bedingen auch, dass sich mancher jetzt fragt, ob Herkunft oder Religion nicht doch ein pauschales Problem darstellen. Das ist natürlich zurückzuweisen, auch wenn die Herkunft aus dem islamischen Kulturkreis leider die Anfälligkeit zu steigern scheint. sich auf die Konflikte der Herkunftsregion zurückzubesinnen und der Hang zum Fundamentalismus in manchen Familien salonfähig ist.
Solche potentiellen Tätertypen machen die Sache sehr schwer. Sie zeigen auf, dass es keine Blaupause gibt, dass Fanatismus nicht vor der Jugend Halt macht, nicht vor dem Geschlecht, nicht vor Bildung und vermuteter wenigstens antrainierter professioneller Empathie. Totalitärismus, die Seuche des Fundamentalismus kann anstecken, wenn der eine falsche Prediger in einer suggestiblen Phase angehört wurde, wenn ein Freund hineinzog, wenn mitgerissen wurde. Das ist wie bei Sekten. Auch bei denen kann oder konnte es fast jeden aus unserer Mitte treffen, wenn es auch vermehrt Junge und psychisch Labile traf.
Diese Ambivalenz werden wir aushalten müssen, denn leider verbreitet sich das Phänomen nicht nur in Form des Jihadismus, sondern auch als die unterstützende Form, der Islamismus. Ersteren muss man unter Kontrolle bringen, was eine Aufgabe auf lange Sicht bleibt, beim zweiten muss man über Inhalte sprechen. Es bleibt also als Herausforderung: Nicht pauschal misstrauisch sein, aber auch ein wenig Vorsicht walten lassen, wenn es Anzeichen gibt.
Hat dies auf AKTUELLE TÜRKEI RUNDSCHAU rebloggt.
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„An den zwei hannoverschen Gymnasien, die die 15-Jährige bisher besucht hat, kann man sich Letzteres nur schwer vorstellen. Das Mädchen verhielt sich in der Schule offenbar vollkommen unauffällig, wirkte zurückhaltend. Auch, dass sie schon in der fünften Klasse ein Kopftuch trug, kam hier niemandem befremdlich vor – schließlich war sie nicht die einzige. […] m realen Leben bezeichnen Schüler des hannoverschen Gymnasiums, das sie derzeit besucht, sie hingegen als schüchtern, unscheinbar. Fremd, auffällig, habe sie nicht deshalb gewirkt, weil sie ein Kopftuch trug, hieß es gestern. Das täten mehrere Mitschüler. Befremdlich sei höchstens gewesen, wie sehr sie sich abgeschottet habe: “
http://m.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Wer-ist-das-Maedchen-das-einen-Polizisten-in-Hannover-niedergestochen-hat#GalerieSie
Man muss hier – auch der Bruder hat sich radikalisiert – zu Recht die Frage stellen, wie die Eltern die Kinder erzogen haben. Die Eltern waren offenkundig Pierre Vogel-Fans. Eine radikale Familie.
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