Jugendeinrichtungen stellen wichtige Anlaufstellen für all diejenigen dar, die zu Hause zu wenig Platz für eigene Beschäftigung oder Betätigung oder auch zu wenig Anregung vorfinden. Oft werden Freizeitangebote gemacht und Sozialpädagogen kümmern sich um die Jugendlichen. Man hilft, eigene Ziele zu entwickeln, sich als angehender Erwachsener im eigenen Leben und den neuen Verantwortlichkeiten zurecht zu finden. Man trifft andere Jugendliche, denen es ähnlich geht.
Wegen der soziokulturellen Änderung und Schwerpunkten an bestimmten Wohnorten werden Jugendeinrichtungen in manchen Gegenden bzw. in manchen Kommunen mehrheitlich von Jugendlichen mit Migrationshintergrund besucht. Es gibt verschiedene Träger dieser Jugendarbeit. Viele sind in Dachverbänden organisiert.
In den letzten Jahren wird vermehrt eine Jugendarbeit gefordert, die muslimischen Jugendlichen spezielle Angebote macht. Auch wenn man es für wenig integretionsförderlich halten kann, muslimische Jugendliche abzusondern, wird dies gegenwärtig als Maßnahme auch gegen Radikalisierung vorangetrieben. Es ist zwar in der Breite falsch und benutzt Integrationsgelder für Segregation. Politischen Entscheidern wird von Lobbyisten jedoch erzählt, dass genau diese Art der Separation im Grunde integrationsförderlich sei und es nur im Sinne einer auch organisierten Partizipation sei, da was ganz eigenes zu machen. Die speziellen Angebote könnte man zwar auch bei anderen Trägern gestalten, aber das erschient einigen nicht angenehm. Die Forderung nach spezialisierten Angeboten, die auch eher nur von musimischen Akteuren umgesetzt werden, wird breit getragen, von Mazyek bis hin zu einzelnen Moscheegemeinden wird diese Richtung präferiert. Parallel wird beklagt, man werde mit „seinen“ Jugendlichen alleine gelassen. Eine mindestens semiprofessionelle Jugendarbeit sei schließlich von nur ehrenamtlich tätigen Personen in den Moschee-Vereinen nicht zu leisten. Verschwiegen wird dabei gerne, dass das andere Akteure durchaus schaffen.
Die Forderung nach einer speziell muslimischen Jugendarbeit ist natürlich nicht uneigennützig. Reguläre Jugendarbeit ist säkular ausgerichtet. Auch kirchliche Träger lassen üblicherweise nicht ständig die spirituelle Grundlinie hervorscheinen; mitmachen kann normalerweise jede Person im passenden Alter sofern sie sich an die Regeln hält. Religion und gar konkrete spirituelle Angebote spielen eine geringere Rolle. Jungen und Mädchen sind weniger getrennt, auch wenn es vielerorts eine spezielle Mädchenarbeit gibt. Dafür ist der Mädchenanteil in manchen Sport-Projekten, wie z.B. Boxen, geringer. Die Ausrichtung aber ist klar säkular und auf Gleichberechtigung der Geschlechter ausgelegt.
Eine stark an muslimischen Befindlichkeiten orientierte Jugendarbeit, also eine, die sich nicht nur speziell an Jugendliche mit diesem Hintergrund richtet, sondern religiöse Regeln in den Vordergrund stellte, wäre anders ausgerichtet. Es müsste geschlechtergetrennte Angebote geben, wenn man die Mädchen überhaupt im Blick hat. Auch würden die Gebetszeiten beachtet. Kurz, eine muslimische Jugendarbeit, die den Vorstellungen konservativer Vereine genügte, wäre sehr viel mehr an religiösen Inhalten orientiert als dies bei christlichen Akteuren der Fall ist. Der Schwerpunkt dieser Jugendarbeit läge weniger darin, die Eigenständigkeit junger Mitbürger zu fördern, sondern mehr darin, Jugendliche beim Glauben zu halten, sie religiöser zu machen. Es mag Organisationen geben, die separate muslimische Jugendarbeit fordern und dies nicht beabsichtigen; zumindest muss man aber genau prüfen, mit wem man sich als Partner zusammentut.

Beispielbild der brit. „Muslim youth federation“ http://myf.org.uk/about-us/
Auch wenn man dies wissen kann, wird dem Ansinnen manchmal stattgegeben, weil man muslimische Vereine mit ins Präventionsboot holen will. Prävention gegen überstarke Religiosität mit Gewaltoption durch mehr, aber dezent anders ausgerichtete Religionsförderung ist der Grundgedanke, den man für zielführend halten kann oder auch nicht. Dass dabei die jeweiligen Handlungsansätze und auch Ziele nicht aufeinander gerichtet sein mögen, mag nicht schon zu Beginn solcher Projekte auch jedem Beteiligten klar sein, weder den kommunalen noch den muslimischen Partnern. So mancher kommunale Akteur mag glauben, dass er auf diese Weise eine säkulare Jugendarbeit in die Moscheen kriegt. So mancher muslimische Akteur mag darauf spekulieren, dass die eigene, religiös motivierte Arbeit nun auch aus öffentlichen Fleischtöpfen finanziert wird. Und so kann es vorkommen, dass man aneinander vorbei redet und plant.
In Frankfurt wurde letztes Jahr ein Projekt ins Leben gerufen, das diesen Ansatz aufgreift: Säkulare Jugendarbeit in Moscheen. Ein Bericht zur Planung, in dem der Leiter des Amts für multikulturelle Aufgaben (Amka), Armin von Ungern-Sternburg sich wie folgt einlässt:
„Während säkulare Jugendarbeit in Kirchen oder anderen Jugendorganisationen die Regel sei, gebe es diese in Moscheen noch nicht. Perspektivisch betrachtet, sei aber Sozialarbeit in jeder der rund 40 muslimischen Gemeinden in Frankfurt wünschenswert.“
und
„Der Platz für eine vierte Moschee-Gemeinde mit türkischen Wurzeln werde freigehalten“
Aus dem letzten Satz kann man schließen, dass die DITIB möglicherweise gleich erkannte, dass es um „unerwünschte“ säkulare Jugendarbeit gehen sollte und Jugendarbeiter in die eigenen Moscheen entsandt werden sollten, mtnichten also eigene Leute öffentlich finanziert werden sollten. Mit der Mitarbeit hätte man sozusagen die Prozeßhoheit über die ideologische Ausrichtung der hauseigenen Jugendarbeit aus der Hand gegeben. Das mochte sicher nicht jeder Akteur riskieren. Tatsächlich teilgenommen haben dann drei Moscheevereine, die – freundlich formuliert – ideologisch besonders gefestigt sind und die das eine oder andere mal in der Vergangenheit auch schon problematische Prediger luden.
„Die Abubakr Moschee, die Tarik Ben Ziad Moschee und der Moscheeverein TUN haben nun ihre Chance genutzt und sich als erste für die Förderung durch „Demokratie leben“ beworben.“
http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/Moscheevereine-schauen-mehr-auf-die-Jungen;art675,1587172
Ein Video von der Auftaktveranstaltung in der Abu Bakr Moschee:
[Bemerkenswert ab 1:17:30 : „Demokratie leben ist nicht unser Motto – nur der Geldtopf…“]
In den letzten Monaten hörte man wenig vom Fortgang des Projekts. Das mag in der Anlaufphase verständlich sein. Nach nunmehr 7 Monaten wäre es aber durchaus angemessen, wenn zumindest die kommunalen Partner einmal einen Sachstand veröffentlichten: Wie lief es an, wie ist die Akzeptanz bei den Jugendlichen? Wie werden die säkularen Sozialarbeiter von KUBI e.V. von den Vereinen eingebunden und wie gestaltet sich die Arbeit? Ist es gelungen, gemischte Jugendgruppen aus der religiösen, an sich gegenläufigen Atmosphäre heraus zu generieren. Hat man gemeinsam etwas unternommen? Dies auch vor dem Hintergrund, dass dies weitere Jugendliche aus den Wohnumfeldern für diese Aktivitäten gewinnen könnte. Doch leider hört man davon gar nichts
Dafür liest man von zwei der drei Gemeinden aktuell, dass sie nunmehr einen eigenen Jugendverband planen:
Und man plant ein Fußball-Turnier, bei dem KUBI bzw. die Kooperation nicht auftaucht, nur ein Ehrengast:
Es kann sich beim „Jugendrat der Frankfurter Moscheen“ natürlich um eine nicht im Zusammenhang stehende Neugründung handeln. Vielleicht will man die eigene Stimme durch Organisation stärken. Vielleicht hat man auch intern erkannt, dass die eigene Jugendarbeit professionalisiert werden sollte. Es kann sich aber auch um die Absicht handeln, die eigene Jugendabeit, also die religös motivierte, stärker zu institutionaliseren, um dann darüber mögliche Fordergelder selber zu beantragen. Dann hätte man natülich die Ausrichtung stärker in der eigenen Hand. Unklar ist allerdings, ob diese Art der Jugendarbeit dann noch aus Fördermitteln wie „Demokratie leben“ förderungswürdig wäre. Denn vor die Förderung hat die öffentliche Hand hier die Hürde gestellt, dass man Demokratie auch leben muss. Geschlechtertrennung & Co gehören sicher nicht dazu. Eine im fundamentalistischen Sinne rechtgeleitete Jugend vergrößert ihren Abstand zur Demokratie nämlich eher, weil sie viele Grundaspekte unseres Zusammenlebens als verderbt und minderwertig anzusehen gelehrt wird.
Man wird also sehen, was diese Eigenaktivitäten der Vereine bedeuten. Vom kommunalen Partner allerdings kann man sich jetzt zeitnah mehr Informationen wünschen. Schließlich wurde der Beginn des Projekts breit verkündet und sicher erwarten viele den Fortgang mit Spannung, auch um ihrerseits aus den Frankfurter Erfahrungen ggf. lernen zu können.
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Projektseite bei „Demokratie leben“:
https://www.demokratie-leben.de/programmpartner/modellprojekte/modellprojekte-zur-radikalisierungspraevention/extremismuspraevention-durch-professionelle-jugendarbeit-in-moscheegemeinden.html
Projektseite bei KUBI e.V. :
http://www.egitim.de/kubi.php4@strLang=deut&SeitenNr=2&AngebotNr=200&Aktiv=Navi02sub4.html