Über Frankfurter Offizielle, die sich persönlich vor islamistische Strukturen stellen
Der Fall des Frankfurter Dachverbandes Deutsch-islamischer Vereinsverband Rhein-Main e.V. (DIV), der Gelder aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ bezog, obwohl er nach Landesamt für Verfassungsschutz extremistische Bezüge aufweist, war hier seit April schon mehrfach Thema. Hier ein guter, zusammenfassender Beitrag aus der Hessenschau, der erste Beitrag:
http://www.hr-online.de/website/archiv/hessenschau/hessenschau.jsp?t=20160825&type=v
Im Vorfeld hatten kirchliche Vertreter, die jahrelang mit Protagonisten eben dieses Dachverbandes im Frankfurter „Rat der Religionen“ aktiv waren, die öffentliche und realitätsnahe Erkenntnisgewinnung über eben diesen Dachverband… erschwert. Dies zeigt sich daran, wie man sich über diesen Dachverband der Presse gegenüber (und damit sicher auch intern) äußerte. Der Islambeauftragte des Bistums Limburg, Dr. Joachim Valentin, auch Chef des „Hauses am Dom“, und Frau Ilona Klemens, Pfarrerin für Interreligiösen Dialog der evangelischen Stadtkirche in Frankfurt (jetzt nicht mehr in diesem Amt), nahmen in diesem „Rat der Religionen“ Funktionen ein: Als Mitglied und als Geschäftsführerin. Für den DIV e.V. standen sie im Frühjahr sogar als Beiratsmitglieder zur Verfügung und gaben daher ihren guten Namen, ihr Amt und ihren Ruf dafür, dass der Verein Dritten gegenüber so seriös wie möglich wirkte:
update: Die Seite wurde entfernt, deshalb hier das Abbild:
Noch in der Aufdeckung der extremistischen Einbindungen hielt man maximal gegen:
„Joachim Valentin, Islambeauftragter des Bistums Limburg und Mitglied im Beirat des DIV-Präventionsprojekts, rät dem Familienministerium, „die Spannung zwischen dringend benötigten Projekten wie diesem und kritischen Rückfragen“ an die beteiligten Partner auszuhalten.“
Das ist ein „die Karawane zieht weiter“-Rat.

Anatomisches Präparat Quelle: http://www.anatomystuff.co.uk/media/catalog/product/cache/1 /image/1000x/9df78eab33525d08d6e5fb8d27136e95/i/m/img_vet1700 -canine-skeleton-mod.jpg
Auch Frau Klemens teilte auf Facebook eine gegen beteiligte Journalisten nahezu verleumderische Sicht von Mohamed Johari, einem Protagonisten des Frankfurter I.I.S. Dieses Schriftstück* ist alleine wegen seiner ablenkenden Larmoyanz als Lehrstück über ein von der Fremdbetrachtung abweichendes Eigenbild durchaus lesenswert. Öffentlich räumte sie ein:
„Auch sie sehe einige Mitglieder des DIV kritisch, verbinde aber vor allem Hoffnungen mit dem Jugendprojekt: „Wenn da ein kritischer Diskurs in Gang kommt, können auch andere Dinge in Bewegung geraten.“
http://www.fr-online.de/frankfurt/radikalisierung-islamverband-in-der-kritik,1472798,34511036.html
„In Bewegung geraten“? „Kritisch sehen“? Der I.I.S., der vom Landesamt für Verfassungsschutz als Muslimbruder-Einrichtung eingestuft wird, zählt offenkundig nicht dazu, sonst machte man sich die Johari-Sicht nicht derart über liken und teilen zu Eigen. Sie war 13 Jahre lang in verantwortlicher Position im Frankfurter interreligiösen Dialog. In Bewegung geraten ist da dem Anschein nach, dass die lokale evangelische Kirche sich jetzt vor extremistisch beeinflusste Dachverbände stellt, dass das Verständnis für Ideologen derart gewachsen ist, dass man nicht mal rote Linien zu Verfassungsfeinden mehr kennt. Warum auch. Persönlichkeit ist alles, da schaut man wohl nicht mehr so genau: „Dialog findet zwischen Menschen statt und nicht zwischen Religionen“, sagt sie im Interview unten. Oder auf das aktuelle Beispiel bezogen: Wenn die Kopfnoten stimmen, schaut man über den Rest des Zeugnisses schon mal milde hinweg oder gar nicht erst hin. Der Frankfurter „Rat der Religionen“ als Rekrutierungseinrichtung für Testimonials. Eine derartige Priorisierung des „Menschelns“, das hier die Grenze zur Kumpanei deutlich streift, wäre mit anderen Verfassungsfeinden, also rechten oder linken Radikalen oder Scientology undenkbar:
Aber auch andere Personen aus dem evangelischen Spektrum stellen sich hinter den Dachverband***:
„Wir haben außerdem eine Stellungnahme des evangelischen Stadtdekans der Stadt Frankfurt am Main, dem der DIV seit seiner Begründung bekannt ist.“
Dieser Stadtdekan ist Dr. Achim Knecht. Auch er – so kann man vermuten nach dem Sinn dieser Einlassung zur FAZ – hat sich positiv über den DIV geäußert, denn – man kennt sich ja. Der Pressesprecher der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, der Pfarrer Volker Rahn, sieht da jedoch aktuell (zumindest in der Bekundung zur Mehrheitsgesellschaft hin) noch Klärungsbedarf, sagt er:
„Rahn bestätigte, es gebe innerhalb des EKHN auf verschiedenen Ebenen Dialog und Austausch. Daran wolle man auch festhalten: „Wenn wir sie in die extremistische Ecke stellen, machen wir sie erst zu Extremisten“, so Rahn. Allerdings wolle man genauer nachfragen, welche ideologischen Hintergründe der I.I.S. hat.“
Eine im Grunde ungeheuerliche Einlassung: Extremist ist der, den man so heißt. Gilt diese milde Sicht auch für linke und rechte Radikale, für Scientologen, die man alle nur nicht mehr so nennen und einfach so als Menschen lieb haben muss, um Rechts- und Linksextremismus, um Scientology zum Verschwinden zu bringen? Sozialkonstruktivismus statt Verfassungsschutz? Sollte es so einfach sein? Dass da noch keiner drauf gekommen ist, Potzblitz!
Wen will der Herr Rahn bzw. die EKHN denn fragen? Die Einschätzung der Profis vom Landesamt für Verfassungsschutz wird offenkundig nicht ernst genommen. Die hatten ja gesagt, dass der ideologische Hintergrund die Muslimbruderschaft ist. Aber das tut es wohl nicht hinreichend, befriedigt den plötzlichen Wissensdurst nicht. Vielleicht den evangelischen Stadtdekan noch mal befragen oder Frau Klemens? Die Herren Muslimbrüder selber? Oder den Dr. Valentin?
„Valentin sieht beim Europäischen Institut für Humanwissenschaften allerdings eine Grenze erreicht. Er will dem DIV empfehlen, sich von ihm zu trennen.“
Die Grenze gilt jetzt wohl nicht mehr, denn der ganze Verband steht unter Beobachtung nebst Vorstandsmitgliedern.
Also ist man flexibel, es wird umgeschwenkt. Die aktuelle Sprachregelung ist: Das sind doch ganz normale arabische Muslime, die Herren Muslimbrüder:
„Auch fragwürdige Predigten fielen erst einmal unter die Religionsfreiheit, die Muslimbrüder seien „ein fester Bestandteil des arabischen Islam“, sagte Valentin. „Wir müssen mit den Muslimen arbeiten, die wir haben.“
Man erkenne den Fehler: Was für den arabischen Raum normal sein mag, kann es und wird es hier nicht sein. Man erinnere sich auch an die aktuellen, markigen Worte zur DITIB, die Geduld sei erschöpft. Bei den Muslimbrüdern geht da anscheinend noch was, jetzt werden sogar „fragwürdige Predigten“ vom Herrn Dr. Valentin persönlich zunächst unter Art. 4 GG gestellt.
Mit den Muslimbrüdern „arbeiten“ muss vielleicht das Bistum Limburg, weil es der eigenen strategischen Linie entspricht (?), als ideologischen Eisbrecher für reaktionäre Sichten könnte man vermuten. Die Gesellschaft hingegen muss dort erst einmal gar nichts, das Hoffähigmachen eines immer fundamentaleren Islam ist gesellschaftlich absolut kontraproduktiv, sofern man Demokratie und ein mehrheitlich säkulares Gemeinwesen unterstützt. Das Bistum hat über Herrn Dr. Valentin die Gülen-Bewegung testimonial unterstützt und die DITIB erst (sinngemäß) „in die Position eines geschätzten Gesprächspartners gebracht“, sagte er neulich. Ähnliches gilt jetzt wohl auch für die Muslimbrüder.
In gewisser Weise passend dazu könnte man einen Vorgang aus dem Jahre 2014 sehen. In diesem Jahr stelle sich „Rat der Religionen“ explizit nicht hinter die Jüdische Gemeinde Frankfurt, die Mitglied war im Rat der Religionen (die Mitgliedschaft ruht). Es gab einen Dissens zwischen Mitgliedern des Rates, weil es Positionierungen von Ratsmitgliedern aus der Abu Bakr Moschee, der DITIB und dem I.I.S. gab, die die Jüdische Gemeinde anmahnte:
In gewisser Weise ebenfalls passend war eine Teilnahme einer AmkA-Mitarbeiterin und von Frau Klemens an einer durchaus hinterfragbaren Demonstration im Jahr 2014 auf dem Römerberg „Stopp des Krieges gegen Gaza“ (Überschrift des DIV):
„An der Demonstration nahmen auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) Aiman Mazyek, der hessische ZMD-Landesvorsitzende Abdessamad El Yazidi und der Vorsitzende des DIV Abdelkarim Ahroba teil. Außerdem waren XX vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt sowie die evangelische Pfarrerin und Geschäftsführerin des Rats der Religionen Frankfurt Ilona Klemens auf den Römerplatz gekommen.“
Nach Hinweis bzw. Nachfrage an den Amtsleiter lies dieser das löschen. Dies sei eine „private Aktivität gewesen“; es handele sich um eine Falschdarstellung Dritter. Die aktuelle Fassung:
http://www.div-rm.de/frankfurter-buerger-rufen-zum-stopp-des-krieges-gegen-gaza-auf/
Da es gelöscht wurde und diese Stellungnahme so erfolgte, ist es das, was nunmehr gilt (der guten Ordnung halber). Bei Frau Klemens war das vielleicht auch eine private Aktivität?
Wie dem auch sei – die Teilnahme der genannten Personen spricht für sich.
Wenn man sich denn entscheiden muss, weiß man wohl, wen man wählt: Nicht die sich angegriffen fühlende Jüdische Gemeinde aus dem Beispiel oben. Oder jetzt, nicht die Mehrheitsgesellschaft bzw. die Einschätzung der Profis vom Landesamt für Verfassungsschutz. Neben dem Menscheln spielt dem Anschein nach Machtpolitik eine Rolle. Ob das allerdings die Christen in Frankfurt, also nicht die Funktionäre, sondern das sogenannte Kirchenvolk, das wie die Funktionäre beurteilt, sei noch dahingestellt. Das merkt ja im Regelfall gar nicht, was so in der Summe betrachtet abläuft.
Über die gemeinsamen Interessen von evangelischer Kirche, katholischer Kirche und fundamentalistischen Islamverbänden könnte man einiges schreiben. Aber vielleicht im Rahmen dieses Artikels nur einmal eine alte (2005, also knapp vor den aktuellen Ämtern) Einstufung von Dr. Valentin, weil sie so schön pointiert ist und obwohl sie – ich leiste Abbitte – etwas aus dem Zusammenhang gerissen ist:
„Um einen solchen Dialog auf breiter Basis zu eröffnen, ohne dabei der islamischen Religion ihren moderne-kritischen Stachel zu nehmen oder sie gar ihrer Auflösung im Säurebad des Laizismus zu überantworten […]“
http://www.con-spiration.de/texte/rational.html
Was für eine starke Metapher. Dieses Säurebad, einen Bedeutungsverlust und die Moderne fürchten wohl alle gemeinsam. Und Transparenz ist etwas, was man anscheinend noch mehr fürchtet, weswegen schon einmal die Sachverhalte flexibel und ambitioniert bewertet werden öffentlich, je nachdem, was aktuell gerade faktisch wird. Da passt auch ins Bild, dass vor zwei Monaten der AmkA-Amtsleiter bei einer Veranstaltung in der jüdischen Gemeinde von kritischen Nachfragen und Anmerkungen zu den Einbindungen des auf dem Podium sitzenden ZMD und DIV-Repräsentanten mit Häme und Abwertung der Frager abzulenken suchte. Er nahm lieber einen murrenden und irritierten Saal mit 300 Personen in Kauf, als ein wenig klare Sicht auf diese Einbindungen und Umtriebe stehen zu lassen. Kritik an der Zusammenarbeit des AmkA mit dem DIV und Transparenz waren missliebig, nicht die Muslimbrüder****.
Das also ist des Pudels Kern. Wie gut, dass es auch das Säurebad der medialen Aufbereitung gibt, die Transparenz herstellt, bis der Pudel nackt ist.
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* http://www.monajo.de/2016/08/ueber-die-erneute-diffamierung-frankfurter-muslime/
** https://www.facebook.com/monajode1?fref=ts
*** Da findet sich dann auch Dr. von Ungern-Sternberg, der AmkA-Leiter, als evangelischer Funktionär wieder:
**** Wunderbar akklimatisiert hat sich schon die neue Aufsicht:
„Trotz alledem soll nicht einmal der Link zum DIV von der Amka-Internetseite www.vielfalt-bewegt-frankfurt.de genommen oder um einen Hinweis auf die aktuelle Diskussion ergänzt werden. „Das ist doch nur die Angabe einer Adresse, nicht der Ausweis für absolute Seriosität“, sagt Pasternack. „Wir nehmen die Berichterstattung sehr ernst, aber wir wollen uns ein eigenes Bild machen.“ Dafür werde man die „Fachleute in unserem Amt befragen, zudem haben wir bereits einen Termin mit Vertretern der zuständigen Sicherheitsbehörden vereinbart.“ Es sei nunmal Aufgabe der Politik, deren Erkenntnisse zu bewerten. „Und dafür brauchen wir mehr Detailinformationen als wir sie den öffentlichen Verlautbarungen entnehmen konnten“, so Pasternack.“ und
„Dass eine Institution beobachtet wird, heißt ja noch nicht, dass sie tatsächlich verfassungswidrig agiert.“
Die Leute im Integrationsdezernat wollen sich also eher am AmkA orientieren anstatt am Verfassungsschutz (dessen Votum ja vorliegt). Vielleicht klärt man da mal auf, wer da wem untergeordnet ist. Die AmkA-Fachleute sahen ja bisher keinen Anlass zur Klage.