Der falsche Freund

Über einen von mehreren Wegen zur weiblichen Radikalisierung

Konkrete Zahlen dazu, wie viele Personen zum Islam konvertieren, gibt es nicht. Relativ häufig ist jedoch die Konstellation, dass die Konversion einem Partner zuliebe erfolgt, dass z.B. Frauen einen Mann kennenlernen und dann konvertieren. In dieser Richtung ist das zwar nicht unabdingbar. Muslimische Männer dürfen nach ihren religiösen Regeln auch Jüdinnen oder Christinnen heiraten. Bei einem Konkubinat ist diese Vorgabe noch weiter gefasst. Bei Frauen jedoch gibt es das Konkubinat nicht. Die praktizierende Muslima darf nur einen Muslim heiraten und nur in einer solchen Ehe ist Sexualität für sie statthaft.

Ist der Mann eine Person, die den Glauben fundamentalistisch auslebt, wird es heikel für die konvertierte Frau. Sie hat nach fundamentalistischer Lesart weniger Rechte, der Mann ist ihr klar übergeordnet, sie ist zu Gehorsam verpflichtet. Er hat ein Züchtigungsrecht. Teilt sie schon vor der Ehe oder nach einiger Zeit die fundamentalistischen Inhalte, ist das zwar etwas, was persönlich bedauerlich ist, das die Gesellschaft weniger angeht. Der freiwillige Gang in Unfreiheit und Unterordnung unter einen Mann steht einer Frau frei, das ist deren Privatsache. Nur ist dies meist eine Einbahnstrasse und bewirkt häufig, dass bisherige soziale Umfelder abrupt gewechselt werden. Oft genug steht die eigene Familie sprach- und fassungslos vor der Wandlung der Schwester oder Tochter. Auch wenn die Tochter oder Schwester schon über 18 ist, ist für viele Familien jedoch der Versuch, die Angehörige aus dieser Szene wieder herauszulösen, alternativlos.

Manche fundamentalistische Muslime täuschen auch über die wahren Absichten, sogar Konvertitinnen gegenüber. Immerhin scheint das Problem so virulent, dass der Prediger Brahim Belkaid alias Abu Abdullah dies aufgreift. Das Video ist weiterhin ein Beispiel für seine Vorstellungen hinsichtlich der Ehe und Eheschließung:

[Man beachte die Denkweise, dass die „Sünde“ des Vaters sich darüber „räche“, dass seine Töchter sich „falsch“ entwickelten.]

Wie zeigt sich das nun konkret, so in der eigenen Familie? Brahim Belkaids eigene Frau tritt nicht in die Öffentlichkeit (er führt nur seinen ältesten Sohn, Adam, an LIES-Ständen in GB vor). Aber der Bruder Mohamed Belkaid zeigt sich mit seiner Frau. Interessant ist hiebei, dass Mohamed Belkaid auf seiner Seite seine Frau anders vorführt als diese auf ihrer eigenen Seite.

 

 

Oben von der Seite der Gattin, recht freizügig bekleidet, ein zurückliegendes Foto. Die beiden sind aktiv für „Medizin mit Herz“, einen Hilfsverein. Dieser Verein geriet vor etwa einem Jahr in die Schlagzeile, nachdem bekannt geworden war, dass man gleich zwei Busse mit Flüchtlingsfamilien von einer Unterkunft abgeholt und zu einem Event gefahren hatte. Im Raum stand damals die salafistische Anwerbung durch solche Aktionen.

Mohamed Belkaid bemüht sich darum, vom Image des Bruders abzulenken. Das erscheint jedoch wenig überzeugend. Auf seiner eigenen Seite wird die Gattin verschleiert vorgeführt:

 

In diesem Fall scheint das – bislang – relativ freiwillig und nicht mit Leid verbunden. Es scheint eine Art doppelter Buchführung zu geben, vielleicht einmal für diese, einmal für jene Familie. Sicherlich billigt Brahim Belkaid die Aufmachung der Schwägerin nicht auf deren Facebook-Seite.

Noch anders liegen die Fälle, in denen Frauen sich komplett von der eigenen Familie abwenden, regelrecht isoliert werden von den nicht im gleichen Maße gläubigen oder gar ungläubigen Eltern. Dort findet eine noch weitergehende Verwandlung der Tochter oder Schwester statt, der Zugang ist erschwert oder unmöglich. Das kann dann – nur als Beispielbild, da die jungen Frauen Muslimas waren und jahrelang Koranunterricht (der nicht feite!) besuchten – so aussehen:

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[Die beiden jungen Frauen gelten übrigens mittlerweile als tot.]

Eltern berichten von wachsender Entfremdung, die zunächst manchmal als normaler Loslösungsprozess von den Eltern missgedeutet wurde. Manchmal wurde auch wenig bemerkt. Im Extrem führt dies dazu, dass die Tochter einen Mann kennenlernt, ihn islamisch heiratet und mit diesem dann nach Syrien verschwindet. In der letzten Ausreisewelle, wie sie im Bericht des GTAZ vom letzten Dezember aufbereitet wurde, waren Konvertitinnen deutlich überrepräsentiert. Der falsche Freund, dann der Mann, kann zum falschen Prediger führen oder dieser kann selbst suggerieren oder einfach vorgeben. Der Fall einer jungen Frankfurterin aus Akademikerfamilie, einzige Tochter und anderen Glaubens bevor sie den salafistischen Mann kennenlernte, ging letztes Jahr durch die Medien. Die junge Frau war vom einen auf den anderen Tag verschwunden. Es gibt eigene Kontaktbörsen für ein islamisch fundamentalistisches Kennenlernen mit dem Ziel der Eheschließung.

Eltern und Lehrer sollten sich bewußt sein, dass es nahezu jede junge Frau treffen kann. Es gibt keine Blaupause, allenfalls unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten, Risiko- und Schutzfaktoren. Studentinnen sind ebenso betroffen wie Schülerinnen oder Mädchen schon in der beruflichen Ausbildung. Religiöse Vorbildung scheint definitiv KEIN Schutzfaktor. Oftmals erscheint der eine falsche Kontakt schicksalhaft, der die Wende bringt. Wie bei den Sektenumtrieben der 80er Jahre werden die jungen Frauen durch diesen falschen Kontakt (auch virtuell!) in eine Szene hineingezogen, die sie sozial vom bisherigen Umfeld isoliert und sie durch viel Lob für erwünschtes und heftige Kritik bei unerwünschtem Verhalten zu steuern trachtet. Dieses Maß an Vorgaben und Feedback von Partner, ggf. Partnerfamilie und dessen sozialem Umfeld sind viele nicht gewohnt. Gängiger Umdeutungs-Narrativ ist, dass man das mache, weil Frauen besonders wertvoll seien und sie deshalb besonders beschützt werden müssten. Die Einschränkung wird also als besondere Wertschätzung verkauft. Das wirkt bei manchen mit geringem Selbstbewußtsein. Andere fühlen sich von dem Gedanken, einer Elite anzugehören geschmeichelt und angezogen. Die Manipulationsversuche sind vielgestaltig. Wichtig ist für das Umfeld, dass es sich bei ersten Anzeichen zeitnah professionellen Rat und Hilfe holt. Umgekehrt, wenn es „falscher Alarm“ ist, kann ein solcher Rat auch beruhigen und dann unnötige Ängste nehmen. Das kann helfen, mit einer vielleicht befremdlichen und ungewohnten, aber noch in der Bandbreite nichtextremistischen Verhaltens befindlichen Lebensweise umzugehen.

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