Die der Muslimbruderschaft zuzuordnenden Einrichtungen in Marburg waren die letzten Wochen mehrfach Thema. Anlass war die von der Stadt und ihren Offiziellen mit sehr viel Wohlwollen und Unterstützung begleitete Feier der Islamischen Gemeinde Marburg (IGM) ihres 30 jährigen Bestehens, obwohl Einrichtung und Organisation unter Beobachtung des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz stehen:
https://vunv1863.wordpress.com/2016/11/25/marburg-eine-stadt-liebt-die-muslimbrueder/
https://vunv1863.wordpress.com/2016/11/26/marburg-eine-stadt-liebt-die-muslimbrueder-ii/
https://vunv1863.wordpress.com/2016/11/29/marburg-mehr-verschwoerungstheorien/
In Marburg verweist man immer wieder darauf, dass die dortigen Aktiven überaus integriert seien. Was wohl in Marburg unter Integration verstanden wird? Wohl nur das Minimalprogramm: Im Gegenzug für sehr, sehr wenige Fragen der Stadtgesellschaft zur dahinterstehenden Ideologie des Vereins Orientbrücke e,V, nach außen demonstriertes Wohlverhalten.
Der Fehler bei dieser breit getragenen städtischen Linie ist, dass man sich in eine Einbahnstraße begeben hat: Wer erst einmal mit anderen vereinbart hat, dass er A, B und auch C nicht hinterfragt, ja deckt, wird es bei D, E und F zunehmend schwerer haben, weil schon bei D A, B und C mit zur Disposition stehen: Der einzelne Akteur sieht sich einer wachsenden Zahl von Personen gegenüber, die alle schon ihr eigenes Haus in diesem speziellen Potemkinschen Dorf bauten. So wird dann lieber angebaut als abgerissen, lieber auf die Marketing-Abteilung gehört als die Bauaufsicht, um in der Metapher zu bleiben.
Schon dem früheren Oberbürgermeister Vaupel (SPD) dürfte die ideologische Ausrichtung der IGM und des Vereins Orientbrücke e.V. bekannt gewesen sein. Sicher mangelte es auch dort nicht an Mahnungen und Warnungen, nicht nur von Privatpersonen sondern auch Behörden, die mit Sicherheit zu tun haben. Das Stadtmarketing war jedoch wohl wichtiger. Ein Selbstbild einer Stadt, in der die global als problematische und extremistische Organisation bekannten Muslimbrüder befriedet wurden. Marburg als Insel der Seligen. Hosiannah! Das Geheimnis dieser wundersamen Marburger Befriedung ist jedoch, dass es sie nur im Wunschdenken mancher Stadtoberer und im Stadtmarketing gibt; die Muslimbrüder verhalten sich ebenso wie anderswo. Sie machen nach außen ein bisschen Dialogarbeit mit anderen religiösen Akteuren, genau so viel, um sie mit persönlicher Wirkung als beflissene Fürsprecher zu gewinnen. Man streitet ab, Muslimbruder zu sein, um Wohlmeinende mit ihrem positiven Vorurteil zu instrumentalisieren. Wohlmeinende, die nur das strahlende Lächeln sehen und dann nicht mehr schauen, wer da lächelt, ein Schaf oder ein Wolf. Ein bisschen Eigenmarketing und eigene Verbandsarbeit, die man – ganz modern – nunmehr als Integrationsdienstleistung verkauft an jeden, der das abkauft.
Damit die Potemkin-Fassade trotz Erwähnung im Verfassungsschutzbericht hält, wird von der Stadtgesellschaft hübsch geweißelt. Man vergibt Preise (man könnte über diese Preise durchaus reden, wenn die Mädchen nicht von einem derart problematischen Verein entsandt wären. Kein Wort über die dahinter stehende Geschlechtertrennung, die klar aufscheint):
16.06.2011:
„Ganz oben auf das Siegertreppchen schaffte es die Mädchengruppe des Vereins Orientbrücke. Ihre sieben Teilnehmerinnen besuchen regelmäßig Seniorinnen und Senioren in Alten- und Pflegeheimen und lesen, reden, singen und spazieren gemeinsam.“
http://www.op-marburg.de/Lokales/Marburg/Integrationspreis-fuer-Orientbruecke
[Man beachte: Nicht nur reine Mädchengruppe, sondern auch kein Kind ohne Kopftuch.]
Oder vom 31.07.2015.
„Den Anerkennungspreis erhielt das Projekt „Mit Menschen für Menschen“ des Vereins Orientbrücke. Von Profis und Ehrenamtlichen kann dort erlernt werden, wie man Flyer erstellt oder Homepages gestaltet. Toleranz und Teamgeist werden dadurch gefördert.“
Anlässlich der 25 Jahr-Feier der Moschee 2011 war das Bild schon dasselbe. Es gab viel Freundliches, aber keinerlei Hinweise auf die ideologische Einbindung. Man verbarg die Erkenntnisse das Verfassungsschutzes nahezu vor der Stadtgesellschaft in der Hoffnung, dass keiner nachliest oder darauf beharrt. Man sprach einfach nicht drüber. Auch die Hessenschau hatte seinerzeit leider nicht näher hingesehen, ab 04:10:
http://www.hr-online.de/website/archiv/hessenschau/hessenschau.jsp?t=20110206&type=v
Offenkundig war man 2011 nicht sensibilisiert und hat sich auch von Journalistenseite nicht parallel erkundigt. Das mag dem Umstand geschuldet sein, dass von offizieller städtischer Seite kein kritisches Wort fiel. Der Herr Vaupel, seinerzeit OB, agierte da vor der Kamera ganz im Sinne des Vereins, indem er nur diffus von „Ängsten“ spricht. „Ängste“ sind etwas, das man vielleicht als Kind hat, das aber meist einer Grundlage entbehrt. Das mit der im Bericht erwähnten Auszeichnung für die Stadt war denn wohl zu schön, um da mit diesem traurigen Faktum anzufangen. Nein, es gab nicht nur irgendwelche abstrakten Befürchtungen, sondern die konkrete Benennung im Verfassungsschtzbericht 2011. Dort findet sich Marburg auf Seite 35:
„Bundesweit sind der IGD verschiedene Moscheegemeinden und sogenannte Isla – mische Zentren zuzuordnen, welche formal unabhängig sind. In Hessen finden sich solche Zentren u.a. in Frankfurt am Main, Marburg und Darmstadt.*“
Klicke, um auf lfv_bericht2011.pdf zuzugreifen
Auch im Vorbericht 2010, S. 47:
Klicke, um auf vsbericht2010.pdf zuzugreifen
Oder auf S. 49 im Bericht von 2009…:
Klicke, um auf vsbericht2009.pdf zuzugreifen
Der Herr Vaupel agierte da also wohl wider besseres Wissen. Zumindest muss man ihm dieses Wissen zurechnen. Was könnte nun der Grund sein für ein Stadtoberhaupt, die Bürger aktiv zu täuschen, ja Probleme diffus in „Ängste“ umzudeuten?
Vielleicht ist es dieses schöne Selbstbild. Vielleicht die Bequemlichkeit, bei Strukturen und Personen, die da sind und da bleiben werden und bei denen man meint (mehr ist es nicht; niemand MUSS mit dieser Einrichtung, mit diesen Personen im öffentlichen Diskurs stehen), nicht häufiger einmal nein sagen zu können, keine rote Linien ziehen zu müssen. Man könnte schlicht kein Rezept für die eigene soziale Aktion haben, wenn von dieser Seite vordergründig freundlich fordernd aufgetreten wird. Aus der sozialen Unsicherheit, die Ambivalenz auszuhalten, mit einer Gruppe zu interagieren, obwohl sie unter Beobachtung steht, wird so die Unfähigkeit, Instrumentalisierung abzuweisen. Man meint, mitfeiern, hingehen zu müssen und kann dann bei Grußwort und Photos nicht nein sagen.
Vielleicht lockte aber auch die Vorstellung, auch eine solche Gemeinde könne ja weitere, zahlende Gäste für allerlei Einrichtungen der Stadt aus dem Ausland anlocken. Vielleicht für die Klinik?
Immerhin war ja der Herr El Zayat bei diesem netten „Betriebsausflug“ 2011 mit von der Partie (hinten im Bild, der längste Mann):
[Mit im Bild sind etliche einschlägig als der Muslimbruderschaft nahestehende bekannte Akteure. Diese Reise zu Al Jazeera und Al Qaradawi diente n.m.M. nicht dem Sight seeing und mitgenommen wurden da wohl auch keine Personen, die einfach mal nur so ein wenig Ferien machen wollten.]
Wahrscheinlich hatte man in Marburg Motive, die über das Bedürfnis nach persönlicher Ruhe hinausgingen. Es kann aber auch nicht nur Wahltaktik gewesen sein, denn die Anzahl deutscher Bürger – nur die können wählen – dürfte dort nur in sehr überschaubarer Anzahl anzusprechen sein. Ob das mehr als 300 Wahlberechtigte sein mögen? Da bestehen berechtigte Zweifel, zumal andere Muslime die öffentliche Wertschätzung dieser problematischen Gemeinde wahrnehmen. Die säkularen Muslime verärgert so etwas massiv. Andere ebenfalls problematische Gruppen nehmen dies als Aufmunterung. Wenn in Marburg so viel geht bei einem unter Beobachtung stehenden Verein, ist klar, dass man in Marburg relativ frei agieren kann.
Die wie in einigen anderen Städten vorgebrachte Forderung, man müsse „Beweise“ haben, verdreht die eigene Position und Rolle: Auf Ebene der städtischen Akteure IST die Entscheidung des Landesamtes für Verfassungsschutz der notwendige, aber auch hinreichende Beweis. Die Entscheidung das Landesamtes in Frage zu stellen, nicht jedoch fragwürdige Gruppierungen in der eigenen Kommune, kehrt völlig die Art um, wie verantwortlich mit einer solchen Information umgegangen werden muss. Städtische Akteure können zwar nichtöffentlich nachfragen; sich jedoch öffentlich mit dem politischen Islam zu solidarisieren, gegen behördliches Expertenvotum, das steht weder städtischen Verantwortlichen zu noch einem einzelnen Professor an der Marburger Uni, der von dem Verein sogar für die Geldeinwerbung eingebunden wurde.
Man kann berechtigt fragen, ob die Bürger diesen Preis der Selbst- und Verfassungsverleugnung mitgingen, wüßten sie um diese Vorgänge. Man tut alles, damit die Bürger Marburgs eben nicht wahrnehmen, was da so getrieben wird, eben weil man berechtigte Zweifel an der Akzeptanz hat. Man scheint der Meinung, dass Teile der Wahrheit die Bevölkerung verunsichern könnten. Das ist weder akzeptabel noch nachhaltig. Oder um es mit Lincoln zu sagen:
„Man kann einen Teil der Menschen die ganze Zeit täuschen und alle Menschen einen Teil der Zeit. Aber man kann nicht alle Menschen die ganze Zeit täuschen.“
Man fährt besser, wenn man so etwas erst gar nicht versucht. Da das aber nun geschehen ist, ist es besser, sich dort endlich realitätsnäher aufzustellen. Die Abbruchbirne für das Potemkinsche Dorf, einen vom Verfassungsschutz beobachteten Verein städtisch nicht als solchen wahrzunehmen, kommt sowieso früher oder später. Je länger man das Marketing, die vordergründige Charme-Offensive des fragwürdigen Vereins von städtischer Seite mitmacht, um so größer wird die kollektive kognitive Dissonanz werden. Es gibt nur einen Weg, um das aufzulösen. Nur einen Weg, um der Mehrheitsgesellschaft, den anderen Muslimen, dem Landesamt für Verfassungsschutz ( unterstellte „Verschwörungstheorien“!) und nicht zuletzt auch der eigenen Verantwortung für die Zukunft Marburgs gerecht zu werden.
So nutzt das nämlich nur dem Verein, also den Falschen. Es wäre angemessen, all den Ärger über die Realität und die forcierte Realitätsverkennung dort zu verorten, wo er hingehört. Der Verursacher der kognitiven Dissonanz ist nämlich nicht das Landesamt für Verfassungsschutz, sondern der Verein.
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* Interessant in diesem Bericht auch dieser Verweis:
„Die IGD veranstaltete vom 16. bis 18. September gemeinsam mit dem Haus des Islam e.V. und dem Deutschsprachigen Muslimkreis Berlin e.V. in Bad Orb (Main-KinzigKreis) „Das Treffen der Muslime in Deutschland“. “
Und siehe da, eine interessante Gästeliste:
Schon vor 10 Jahren bekam ich Marburg an einem Dönerstand kein Bier…und damit würden sie in dieser Studentenstadt wohl paar tausend Euro mehr Umsatz machen. Nachts standen da 20-30 Leute für Döner an…
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Ja, es gibt yt-Videos einer solchen Demo aus 2009, die von einem Nutzer „Orientbrücke“ hochgeladen wurden, hatte ich gefunden:
Es ist schwierig, dies jenseits des Namens zuzuordnen.
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Gerade das letzte Dokument ist wirklich ein schöner Fund, vielen Dank. Nur durch solche hartnäckige Arbeit lässt sich die aufrechterhaltene Verbindung zu radikaleren Kreisen belegen, denn die Website ist natürlich durchgecheckt und auf Bürgermeistertauglichkeit hin geschrieben. Da gibt es sogar muslimische Pfadfinder mit Herzchenbildern und natürlich Gedichte für den Frieden. Die ganze Ästhetik ist dem Gemütsleben des durchschnittlichen deutschen Marburgers nachempfunden.
Aus dem Umfeld der Muslimbruderschaften Marburg gingen schon vor 10 Jahren teilnehmerreiche Demonstrationen gegen Israel hervor, bei denen natürlich „Kindermörder Israel“ gebrüllt wurde. Der Antizionismus ist das Element der Ideologie, das am wenigsten getarnt werden muss und wird (weil er auch in der evangelischen Kirche und in der SPD en vogue ist). Daher finden sich natürlich auch auf den Facebookseiten der ReferentInnen, z.B. einer „Friedensdichterin“, sofort gewaltverherrlichende Gedichte sobald es um den „Widerstand“ in Palästina geht.
Das übliche Auftreten entspricht dem Konzept der Immersion, das Muslimbruderschaften weltweit professionalisiert haben. Weil man ohnehin das long game spielt, kann man auf unmittelbare Gewalt verzichten, sie sogar lebhaft verabscheuen, solange sie nicht stellvertretend von Terroristen gegen Israel ausgeübt wird.
Ziel der Muslimbruderschaften ist die tiefgehende Immersion in Gesellschaft, das Teilhaben an wichtigen Ereignissen, sich unverzichtbar machen, die Heilsarmee mimen und sich als Sprachrohr aller Muslime zu geben. Und da sie ihre Frauen und Mädchen stramm unterm Hijab hält, freut das auch eine auf Kulturindustrie gebürstete Politik, die als sichtbarsten Funktionsbeweis von demokratischen Strukturen die Hijabträgerin ablichtet. So wird der säkulare Staat von oben sabotiert und Religionen noch dort hinterhergelaufen, wo diese das gar nicht nötig hätten.
Die Moschee wird weiter dafür sorgen, dass die MB den Zugriff auf muslimische Studierende und Flüchtlinge intensiviert. Wie in jeder Religion bietet man das volle Programm: Seelsorge, Kontakte, Ökonomie, Nestwärme, Ideologie, Identität.
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