Einlassungen von Bundesnachrichtendienst und Bundesamt für Verfassungsschutz erscheinen ergänzungswürdig
In den letzten Tagen gab es Artikel zu einem Zwischenbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes. Gegenstand war die Besorgnis, verschiedene Staaten unterstützten hiesige salafistische Netzwerke:
Eine ähnliche Warnung war bereits im letzten Jahr veröffentlicht worden:
„Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte das Golfkönigreich damals davor gewarnt, religiösen Extremismus in Deutschland zu unterstützen.
Ein Regierungssprecher hatte die kritische BND-Analyse zurückgewiesen und erklärt, sie spiegele nicht die Haltung der Bundesregierung wider. Die Bundesregierung betrachte Saudi-Arabien als wichtigen Partner in einer von Krisen geschüttelten Weltregion.“
Die Regierung setzt gegen die Stellungnahme und Warnungen ihrer eigenen Experten also ihre Meinung, man brauche diese „wichtigen Partner“. Nun ist dies etwas, was kein Gegenargument darstellt, die Meinung der Regierung entkräftet die Hinweise nicht. Oder um ein Bild zu benutzen: Sicher kann man ein Trojanisches Pferd auch nutzen, um von seinem Rücken aus die Stadtmauer zu reparieren. Man sollte das allerdings nur von außen tun. Macht man das von innen, hat es die bekannten Folgen: Intakte Stadtmauer, aber die Insassen sind trotzdem vor Ort.
Belege liegen wohl für Saudi-Arabien, Kuwait und Katar vor.
Saudi-Arabien lässt durch seinen Botschafter in Berlin diese Meldungen zurückweisen, man finanziere keine Moscheen. Das ist direkt auch gar nicht notwendig, denn wie die weitere Einlassung aufscheinen lässt, genügt es, wenn Struktur A in Saudi-Arabien, Katar oder Kuwait Struktur B in Deutschland unterstützt. Dann baut man nicht, sondern lässt bauen. Das ist die Hardware. Die Software liefert man hingegen wohl sehr gerne auch direkter.
Die Regierung muss sich neben dem Umstand, dass eine solche öffentliche Meinungsbekundung lediglich eine Beratungsresistenz suggeriert oder wiederspiegelt, vorhalten lassen, dass sie die Netzwerke, die eine Stufe unterhalb der gewaltbereiten Extremisten operieren, aktiv fördert. So wird u.a. der Muslimbruderschaft in Deutschland selber Geld auf etliche verschiedene Arten und über klar zuzuordnende Vereine und Verbände gegeben aus öffentlichen Kassen. Die Muslimbruderschaft sitzt mit an runden Tischen, redet mit über Sicherheitsfragen, bekommt ein offenes Ohr für ihre Medien- und Markentingstrategie, wird ernst genommen, wenn sie ihre eigene Verbandsarbeit als Prävention im wahrsten Sinne des Wortes verkauft.
Ein überwiegender Nutzen für das Gemeinwesen ist nicht erkennbar. Es ist eine Mischung aus Wunschdenken, versuchter politischer Strategie (die nicht aufgehen wird), Kenntnislosigkeit und purer Suggestibilität, die das möglich macht. Die Muslimbruderschaft mag sich als Kombattand gegen den Terrorismus gerieren. Es ist hier und aktuell tatsächlich so, dass man weitgehend legalistisch agiert (andernorts und zu anderen Zeiten sieht das definitiv anders aus). Man verfolgt allem Anschein nach eine Unterwanderungsstrategie. Sie hat ihre Fürsprecher aus der Mehrheitsgesellschaft auf allen möglichen politischen und gesellschaftlichen Ebenen, s. z.B. die Marburger Verhältnisse in aktuellen Artikeln hier im blog. Oder die Berliner Vorgänge (s. z.B. Neuköllner Begegnungsstätte). Noch ein Beispiel, ein „Spitzengespräch“ der speziellen Art. 2011 in Bad Orb (also sehr verschwiegen), Treffen hochrangiger Muslimbruder-Akteure mit Aydan Özoguz:
http://zentralrat.de/18782_print.php
Auf solchen Reisen muslimbrudernaher Akteure wiederum werden dann Kontakte geknüpft oder unterhalten und wohl mindestens „Software“ übermittelt. Katar, 2011:
Im Bild u.a. Khaled Hanafy, Bilal El Zayat, Mohammed Johari, Khaled Elbakri, Ferid Heider.
Bei der gleichen Gelegenheit, Audienz beim „Großmeister“ Al Qaradawi (Mitte):
{hinten rechts, etwas gelangweilt die Decke betrachtend, Bilal El Zayat.]
Zu Al Quaradawi:
https://de.wikipedia.org/wiki/Yusuf_al-Qaradawi
Man muss sich also fragen, warum die Bundesregierung muslimbrudernahe Organisationen und Personen, die vom Verfassungsschutz zu Recht beobachtet werden, derart hofiert, einbindet und über Zwischenorganisationen auch finanziert (Belege liegen vor). Das Kalkül, auch extremistische Gruppierungen durch Einbindung und Einfluss zu befrieden, wird nicht aufgehen. Da müsste die „Umarmung“ schon sehr, sehr viel fester sein als sie es ist. Man von nutzt von der Gegenseite einfach die gebotenen Möglichkeiten, sagt höflich und in Schlips und Anzug „dankeschön“ und behält seine Langfrist-Strategie munter bei. Politische Akteure wechseln – die Ideologie weniger, die nutzt nur moderne Möglichkeiten. Um so wichtiger wäre es, eine langfristig angelegte Gegenstrategie zu entwickeln. Ein erster Schritt wäre mehr Transparenz, mehr Abgrenzung auch von Organisationen, die klar verfassungsfeindliche Ziele verfolgen.
Das, was schon bei „Wandel durch Handel“ in den letzten Jahrzehnten, wenn es um fundamentalistische Regime ging, nicht funktioniert hat, wird hier um so weniger funktionieren. Denn im Gegensatz zu „Wandel durch Handel“ hat man es hier mit Ideologien zu tun, die sehr viel fundamentaler die Selbst- und Weltsicht beeinflussen und mit hier lebenden Protagonisten, die sich unter voller Kenntnis der Eigenschaften dieser Gesellschaft von ihr abwenden oder sich – als Kinder schon indoktriniert – ihr nie wirklich zuwendeten. Doppelte Buchführung bei nach außen integriert scheinenden Personen, wohlbestallte Ärzte, Ingenieure oder Juristen. Die Vordenker sitzen mitten unter uns, nutzen alle modernen Möglichkeiten, haben im Kopf jedoch ein Gesellschafts- und Menschenbild, das aus alter Zeit stammt. Was viele Dialogbeflissene in Selbstverliebtheit zu sich und unserem Gesellschaftsmodell verkennen: Es mangelt schon daran, dass der „moderne Demokrat“, die freie Gesellschaft schlicht oft kein Vorbild ist, als Mensch und vor allem als Nichtmuslim bei Fundamentalisten sogar kein Vorbild sein kann.
All das wird verkannt, wenn man von Regierungsseite die Sicht der Experten abtut, Warnungen in den Wind schlägt. All das wird beiseite gewischt, denn jeder neue Claim wird von der Gegenseite neu als die in der aktuellen Situation bequemste Lösung angedient. Bei der Gesamttendenz fühlt sich so der einzelne Entscheider zum einen überfordert: Zu groß ist schon die Zahl derer, die vorher nachgaben. Zum anderen wird die auch von ihm verschuldete, da mitgetragene Gesamttendenz aus seiner persönlichen Verantwortungswahrnehmung ausgeklammert: Über die Eigenmarginalisierung in dieser Gemengelage, über das mangelnde Selbstbewußtsein wird die Einzelentscheidung als alternativlos wahrgenommen. Zumindest erscheinen, je länger das Spiel mitgemacht wird, die Alternativen immer mühseliger und kostspieliger (was zutrifft). Der politische Entscheidungsträger als Getriebener seiner Vorgänger, der Entwicklung und seines Selbstbildes.
So hat man dem oft genug wenig entgegenzusetzen.
Man möchte ausrufen: Bitte alle mal einen Schritt zurücktreten, das Gesamtbild betrachten und dann neu aufstellen. Die Vergangenheit ist geschrieben, die Zukunft jedoch noch nicht und jeder muss sich seines Anteils am Gelingen der Zukunft, wie wir zusammenleben wollen und werden, bewußter werden. Gegenwärtige Dinge sind niemals alternativlos, es sind keine chemischen Reaktionen, sondern soziale und politische Prozesse.
Sogar wenn man bestimmte politische Akteure als „wichtige Partner“ erhalten will, sei es auf internationaler, nationaler oder lokaler Ebene, so sollte man sich besinnen, dass die Abhängigkeit nicht selten umgekehrt größer ist. Das sollte mehr Selbstbewußtsein geben. Auf allen Ebenen.
Hallo,
haben Sie die Anschrift von Said el Emrani? Soweit ich weiss, wohnt er in Bonn. War er bei der Demo in FFM anwesend?
MfG
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