Kalifatstaat: Dependancen weiter aktiv

Als die islamistische Gruppierung „Kalifatstaat“ 2001 verboten wurde, waren die Razzien, die zeitgleich durchgeführt wurden, eine der größten Aktionen, die jemals durchgeführt wurden.

An der Razzia vom Donnerstagmorgen waren mehr als 5500 Polizisten beteiligt. Sie durchsuchten Wohnungen in sämtlichen Bundesländern. Nur in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt kam es zu keinem Einsatz.

Nach Angaben des Innenministeriums wird gegen insgesamt 1000 Beschuldigte ermittelt.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/grossrazzia-beim-kalifatstaat-1000-kaplan-anhaenger-unter-verdacht-a-277820.html

Man mag sich gar nicht ausmalen, was das gekostet haben mag – neben den 23 Verwaltungsgerichtsverfahren, die alleine Metin Kaplan selber und nur vor dem VG Köln bis dahin verursacht hatte.

Man war aber übernational aktiv. Ab Seite 63 zur damaligen Lage 2003 in Österreich:

Klicke, um auf verfassungsschutzbericht_2004.pdf zuzugreifen

In den Niederlanden stand wohl eine Stiftung nahe. Mehr dazu:

https://de.wikipedia.org/wiki/Kalifatstaat#Organisation

Metin Kaplan konnte nach einigem Tauziehen 2004 in die Türkei abgeschoben werden.* Dort wurde er zunächst zu einer lebenslangen, dann auf 17 Jahre verkürzten Haft verurteilt. Frau und 3 Kinder sollen in Deutschland geblieben sein. Ein Sohn vor zwei Jahren:

http://www.express.de/koeln/pakete-unterschlagen-kaplan-sohn-vorm-kadi-5837422

Was aus den vielen Ermittlungsverfahren wohl wurde?

Hessische Anhänger widersprechen ihrer Ausweisung, 2006 und 2007:

https://openjur.de/u/297401.html

https://openjur.de/u/299734.html

Die etwa insgesamt zur Hochzeit 4000 Anhänger wurden sehr tüchtig zur Kasse gebeten:

Die Geldquellen sind laut Polizei dieselben geblieben: Die Anhänger müssen zwölf Prozent ihres Einkommens abführen, auf dem Gelände werden die Lebensmittel zu überhöhten Preisen verkauft; zudem müssen die Kaplan-Jünger Beiträge für das verbandseigene Fernsehen HAKK TV und die Zeitung „Beklenen Asr-I-Saadet“ (AS) abführen.

http://www.ksta.de/14143434 ©2017

Bei einer Durchsuchung 1998 hatte Kaplan 2 Mio. Mark und kiloweise Gold gehortet.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kalifatstaat#Organisation

Möglicherweise hatte er seine Geldeintreiberei danach nicht gestoppt, es vielleicht nur anders „angelegt“. Von weiteren Geld- oder Goldfunden wird nämlich nicht berichtet.

In den Jahren seiner Haft in der Türkei waren seine Anhänger weiterhin in Deutschland und stellenweise sieht man sie noch oder wieder.

Ein bereits verbotener Verein in Ingolstadt versuchte Anfang letzten Jahres, gegen das Verbot vor dem VGH Bayern eine Aufhebung zu erwirken:

https://www.welt.de/regionales/bayern/article151651051/Islamistischer-Verein-bleibt-verboten.html

Aus dem Urteil, voll unfair:

Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte über V-Leute des Verfassungsschutzes jedes Vereinsmitglied kenne, während den Kläger die Verbotsverfügung unvorbereitet treffe, sei es rechtswidrig, die geschuldete Anhörung zu unterlassen. Damit würden der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, das Rechtsstaatsprinzip, der Anspruch auf rechtliches Gehör und Art. 6 EMRK verletzt.

Touché.

http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2016-N-41754?hl=true&AspxAutoDetectCookieSupport=1

[Das Urteil ist in Gänze sehr lesenswert.]

Man ist auch in Hannover aktiv, von Anfang Dezember 2016, über eine Niqab-Trägerin, die die Schulbehörden herausfordert:

Erst kürzlich war bekannt geworden, dass der Verfassungsschutz die Familie der 16-Jährigen beobachtet. Ihr Vater und ihr Bruder sollen der in Deutschland verbotenen islamistischen Organisation „Kalifatstaat“ angehören.

http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Niedersachsen/Nikab-in-der-Schule-CDU-will-Ministerin-verklagen

Oder in Göttingen letztes Jahr:

Ausgangspunkt in Göttingen sei die Anhängerschaft des früheren sogenannten „Kalifatstaat“ um Metin Kaplan, den sogenannten „Kalifen von Köln“. […] Dass die verbotene ehemalige Kaplan-Moschee im Untergrund weiterhin aktiv ist, will die Polizei nicht bestätigen.

Seit 2015, erklärt die Polizei, hätten sich in Göttingen Gruppierungen entwickelt, „die dem Neo-Salafismus zuzurechnen sind. Unter Hinzurechnung sympathisierenden Umfeldes dürfte diese Szene über eine Klientel im mittleren zweistelligen Bereich verfügen.“ Gemeinsamer Nenner sei die bedingungslose Bejahung der Ideen des Salafismus. Dazu zählt auch die Errichtung eines Kalifats als einziger glaubenskonformer Staats- und Gesellschaftsform.

http://www.goettinger-tageblatt.de/Goettingen/Uebersicht/Sicherheitsbehoerden-Goettingen-salafistischer-Brennpunkt

Über Sontra war hier schon mehrfach berichtet worden:

https://vunv1863.wordpress.com/?s=sontra

Mittlerweile ist der Herr Kalif seit Mitte November 2016 wieder auf freiem Fuss:

http://www.express.de/koeln/-kalif-von-koeln–metin-kaplan–64–auf-freiem-fuss—prozess-wird-neu-aufgerollt–25108102

Er muss aber wohl, weil sein Verfahren noch einmal aufgerollt wird, in der Türkei verbleiben. Mit einem hiesigen Besuch bei den Anhängern wird es also schwer. Aber vielleicht pilgern die Herrschaften ja in die Türkei?

Einige seiner Anhänger machten es sich auf jeden Fall die Tage mit Bernhard Falk gemütlich:

 

Der junge Mann aus Göttingen (hat er jetzt die 60 Stunden Training hinter sich, dass er wieder mit Klarnamen unterwegs ist?)  beschwert sich derweil über manche Waffenlieferungen, während seine Fans meinen, dass man Waffen schon brauchen könne, wenn „die Zeit reif ist“:

kokacaplan-sontra-170103

 

Eine stille Truppe im Hintergrund, mögliche Gelder, salafistische Vernetzungen hier und da und dann noch der Herr Falk mit seinen einschlägigen Erfahrungen – das ist schon eine besonders beachtenswerte Mischung.

Vielleicht ist eher die Zeit reif, auch in Hessen mal stärker gegen die Gruppierung vorzugehen.

.

 

* Schon im Jahr 2004 wurde im Spiegel geklagt, man werde gefährliche Extremisten einfach nicht los:

1992 aber erweisen sich Metin Kaplans radikale Träume vom Islamisten-Paradies sogar noch als ausgesprochen nützlich für ihn: Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge muss ihm damals Asyl gewähren. Denn das Kölner Verwaltungsgericht zwingt das Amt dazu – mit der Begründung, wegen seiner „extrem exponierten Position innerhalb der fundamentalistischen Bewegung“ drohe Kaplan in der Türkei eine strafrechtliche Verfolgung.
Ein Hetzer wird geschützt, gerade weil er gefährlich ist? Eine bittere Logik ist das. Eine Logik, die Deutschland wie andere europäische Demokratien nicht nur – wie gewollt – zum sicheren Hafen für politisch Verfolgte macht, sondern auch zum Gastgeber für gewaltbereite Islamisten und Hassprediger aus aller Welt, wenn denen in ihrer Heimat Folter oder Tod droht. Und die damals auch noch einhergeht mit einer schläfrigen Gleichgültigkeit gegenüber dem, was diese Männer in ihrer neuen Fluchtburg so treiben.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-31105827.html

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