In den letzten Tagen wurde im Zusammenhang mit den Vorkommnissen rund um das Violence Prevention Network (VPN) häufiger der Name Abdallah bin Bayya genannt.
Wie in den Beiträgen Friede auf Erden Teil I-III dargelegt,
https://vunv1863.wordpress.com/2016/12/26/friede-auf-erden/
https://vunv1863.wordpress.com/2016/12/27/friede-auf-erden-2/
https://vunv1863.wordpress.com/2017/03/02/friede-auf-erden-3/
handelt es sich bei dem Herrn bin Bayyah keineswegs um die freundlich scheinende und harmlose Figur, als die er von seinen Befürwortern seit einigen Jahren vor allem einem „westlichen“ Publikum verkauft wird. Hinter das werbetaugliche Bild zu schauen, scheint manchem nicht einfach. Viele der Texte und Aussagen stehen einer eigenen Prüfung jedoch zur Verfügung, wenn man weiß, wo man suchen muss.
Auf den Seiten des hier auch schon häufiger erwähnten Projekts „safer spaces“ des Zentralrats der Muslime Deutschlands (ZMD) z.B. fand sich bis vor einiger Zeit eine kleine Texte-Sammlung des bin Bayyah.
Diese Texte wurden mittlerweile gelöscht. Mehr noch, die Seite wurde aktiv gegen Crawler geschützt. Diese Vorgehensweise dient dazu, keine automatisierten web-Kopien mehr erstellen zu lassen, also das webarchiv hinsichtlich dieser Seite nutzlos zu machen. Das dient z.B. dazu, dass man Dinge einstellen und auch wieder entfernen kann, ohne dass hinterher im webarchiv Belege zu finden wären. Dann kann man munter (z.B. anwaltlich) behaupten, eigentlich habe das nie existiert. Solche Manöver, die klar gegen Transparenz, gegen Verlässlichkeit und Nachprüfbarkeit gerichtet sind, muss auch die journalistische Zunft schon aus Eigenschutz in Zukunft beachten.
Deswegen hier erst einmal jene Texte bin Bayyahs, die man zur öffentlichen Kenntnisnahme empfehlen kann und die ein Bild abgeben über die kürzlich noch propagierte Linie des ZMD. Dieses Bild kann man sich selber machen, denn die Texte wurden vom ZMD* auf deutsch eingestellt. Darin wird eigentlich – verborgen in viel Text – so ziemlich alles abgelehnt, was freie, westliche Gesellschaften ausmacht. Die folgenden Punkte sind grob sinngemäß zusammengefasst, man lese das besser im Original. Die Frau hat mindere Rechte (S. 21, er meint z.B., sie brauche einen wali, einen Vormund). Identität wahren, Frieden gilt im Prinzip nur, wenn Mission erfolgen kann, „westliche“ Länder sind NICHT das „Haus des Friedens“, sondern des Friedensvertrages, d.h. widerruflich und an Bedingungen geknüpft (17 ff., Krieg als letzter Ausweg). Straftaten vermeiden, nicht weil die Gesetze gut wären und mögliche Taten allgemein schlecht, sondern als Mindestansatz um zu vermeiden, dass man so in den demütigenden Zustand kommen kann, von einem Nichtmuslim eingesperrt zu werden (man beachte welche Wertigkeit, S. 21). Wählen und Nichtwählen in einem nichtmuslimischen Land seien gleich schlimm. Man solle als Muslime sich vereinen und politische Blöcke bilden (S. 24 f). Hier die Quelle, eine webkopie für Dokumentationszwecke:
Die Vorgehensweise, eigene Inhalte zu löschen, ist prinzipiell nicht untypisch für Organisationen, die eben nicht langfristig verläßlich arbeiten und Transparenz herstellen wollen (bei nachweislich falschen Inhalten durchaus statthaft, mit Hinweis ist das ja auch kein Problem, dann ändert man halt oder macht einen Zusatz). Die Pseudo-Transparenz endet bei so einigen Akteuren und Organisationen nämlich genau da, wo es um problematische Inhalte geht, selbst wenn sie völlig korrekt dargestellt werden bzw. Eigenauskünften entstammen. Wahr soll nur sein, was nützlich ist und der eigenen Legende nebst Agenda dient, könnte man den Eindruck haben.
Schon diese Aussagen oben bin Bayyahs werfen n.m.M. ein deutliches Licht darauf, was bin Bayyah-Anhänger anstreben: Die Vereinigung als Muslime, eine Ummah, eine identitäre Strömung, die über vordergründige Freundlichkeit politische Macht anvisiert und der natürlich rote Linien, die vom Verfassungsschutz gezogen werden, der ultimative Dorn im Auge sind. So versucht man, über politisches Handeln, das religiös daherkommt, rote Linien zu verschieben, indem man die rote Linie – zunächst – nur zwischen sich und allenfalls den Jihadisten einräumt. Alles andere soll gut und statthaft sein. Man versucht, das eigene Problem, das oft genug kein inhaltliches, sondern nur eines von außen ist oder eines von Strömungen, zu dem der Politik zu machen. Die soll eine rote Linie dort ziehen, wo es den Anhängern und Unterstützern u.a. der bin Bayyah-Propaganda nützlich ist: Zwischen politischen Akteuren und dem Verfassungsschutz also (das gelang schon mancherorts). Die aktuell nächste Eskalationsstufe dieser Strategie zeichnet sich schon deutlich ab und ist auch bereits organisiert.
Um so wichtiger ist es deshalb, die langfristige Linie zu erkennen. Über bin Bayyah aus amerikanischen Recherche-Portalen, dort sind jeweils die Originalzitate oder Quellen angegeben:
http://www.investigativeproject.org/4082/bin-bayyah-statements-underscore-support-for
https://counterjihadreport.com/tag/sheikh-abdullah-bin-bayyah/
Mit Qaradawi sitzt bin Bayyah übrigens auch noch in diesem Gremium, die getrennten Wege sind so getrennt nicht:
http://www.e-cfr.org/%D9%85%D9%86-%D9%86%D8%AD%D9%86/
[Dort findet sich dann auch der Frankfurter Dr. Khaled Hanafy. Höchst aktiv.]
Über Yusuf Hamza, einen US-Prediger, der bin Bayyah Schüler ist. Nach neutralen Angaben soll sein „College“ aus 4 Personen/Lehrkräften bestehen. Warum er sich mit seiner Lehre nicht an bestehende seriöse Institutionen andocken kann jenseits kleinerer Kooperationen wohl, wäre auch noch einmal zu hinterfragen. Es könnte daran liegen, dass er als Extremist eingestuft wird:
Zaytuna College Gains Accreditation Despite Islamist Ties
Klicke, um auf 634.pdf zuzugreifen
Dann klappt so etwas schon mal nicht, man muss seinen eigenen Laden aufmachen. In Europa kann man das natürlich dann ganz anders verkaufen.
Für alle, die bin Bayyah immer noch für einen friedlichen Erneuerer im Sinne europäischer Modernitätsbestrebungen halten, die also den vielen bunten Poesiealbum-Sprüchen Glauben schenken, sei vielleicht dieses Zitat von bin Bayyah selber einmal zur besonderen Kenntnisnahme empfohlen. Unter Erneuerung, Reform wird etwas ganz, ganz anderes verfolgt als im westlichen Kontext darunter verstanden wird. Es wird eine Rückwendung empfohlen und langfristig angestrebt, die zu den Wurzeln des Islam zurückführt:
„Our notion of reform is quite different from the Western model of religious reform. For us, reform is Shari`ah-based and covers such Shar`i sciences as the Qur’an interpretation, Hadith, Fundamentals of jurisprudence, Arabic grammar and linguistics, and logic (which was considered the master of all sciences). Yet, Shar`i sciences are so comprehensive that they cannot be reformed unless using a strategy that tightly links basics of Shari`ah to the lived reality. That link is what I call “renewal”.
http://binbayyah.net/english/2012/02/03/significance-of-educational-reform/
So eine Art „Erneuerung“ wollen die Wahabiten auch. bin Bayyah verkauft sie nur gegenwärtig in der Dalai-Lama-Maske im „Westen“ wesentlich markttauglicher. Wunderschöne Zitate von Liebe, Frieden und alles so schön bunt da, das ist die Marketing-Seite:
https://www.facebook.com/BinBayyahDeutschland/?fref=ts
Man beachte das aktuelle Hauptbild dieser deutschsprachigen Seite:
Etwa mittig, der größere in dunkler Jacke, der Herr Taskinsoy vom Violence Prevention Network Hessen, das Bild ist von der Konferenz in Abu Dhabi im letzten Dezember.
Das „Schariah ist Reform“-Marketing geht also sogar so gut, dass bin Bayyah-Marketing-Leute in dem einen oder anderen Präventionsprojekt identitäre Inhalte auf Staatskosten verbreiten können. Das sollte man wahrnehmen und prüfen, sofern man sich darüber kundig machen will.
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* Hier gilt ein ganz überwiegendes öffentliches Interesse an diesen Texten. Deswegen waren sie ja auch – auch beim ZMD teilte man zunächst diese Sicht – zurerst hochgeladen worden.
** Aktuell, wenige Wochen alt, Muslimbruderschaft trauert um Terroristen und entfernt das rasch wieder nach Kritik:
http://www.investigativeproject.org/5802/moderate-muslim-brotherhood-mourns-terrorist-death
Hier ein Archivbild der arabischen Bruderschaft-Seite dazu: