Einige bizarre Rechtsfälle aus der Praxis
Fall 1:
Eine sehr große muslimische Wohltätigkeitsorganisation strengt ein Verfahren an, weil sie sich durch ein Zitat in ihrem öffentlichen Ruf und Kredit herabgesetzt sieht. Das Zitat stammt aus einer sogenannten privilegierten Quelle. Angegriffen wird die Nutzung des Zitats, nicht jedoch die personell belegte Zuordnung zur Muslimbruderschaft in dem Artikel.
Zur Glaubhaftmachung einer wahrheitswidrigen Darstellung von Mittelflüssen und Organisationstruktur wird eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers vorgelegt. Diese eidesstattliche Versicherung wird von einem Spruchkörper als nachweislich falsch erkannt. Trotzdem wird sie ein weiteres Mal einem anderen Spruchkörper vorgelegt, obwohl der Anwalt in der mündlichen Verhandlung an die Sicht der anderen Kammer erinnert wird.
Die Gerichte entscheiden wie erwartet auf privilegierte Quelle, die Verwendung des Zitats war also statthaft.
Die Wohltätigkeitsorganisation lässt danach anwaltlich verkünden, sie sei nicht an weiterem Rechtsstreit interessiert. Eine negative Feststellungsklage geht zu Lasten der Organisation aus. Die Strafbarkeit einer Handlung, mehrfach eine nachweislich falsche eidesstattliche Versicherung gerichtlich vorzulegen, wird geprüft. Im weiteren zeitlichen Kontext stellen sich zwei bislang für seriös gehaltene Organisationen, obwohl sie bestens über die Zusammenhänge informiert sind, aus einem Eigeninteresse vor den fragwürdigen Verein unter Täuschung der Öffentlichkeit (Vorgang wird demnächst aufbereitet).
Fall 2:
Eine Person wird sachlich zutreffend und belegt öffentlich als der Muslimbruderschaft nahestehend bezeichnet. Im Rahmen einer zeitlich versetzten Aktion will diese Person dies doch rechtlich ahnden lassen, obwohl die Antragsfrist eigentlich vorbei und die Zuordnung völlig korrekt ist. Er beauftragt einen ihm bekannten und nahestehenden, ebenfalls der Muslimbruderschaft zuzuordnenden Anwalt, der für seine denkwürdigen und fachunüblich drastischen Schriftsätze bei öffentlich beschäftigten Juristen einen gewissen Ruf genießt. Der Muslimbruder lässt über diesen Anwalt Strafanzeige erstatten. Da die beiden miteinander bekannt sind, unterbleibt über diesen Weg eine amtliche Personalienfeststellung (der Anwalt steht für seinen Mandanten). Nachfolgende Recherchen ergeben nicht nur eine noch sehr viel sicherere Zuordnung als Muslimbruder, sondern decken auch noch auf, dass der Mann mit zwei verschiedenen Namen aktiv ist. Durch die Erstattung der Anzeige unter seinem einen Namen, während er mit dem anderen in einem Vereinsregister auftaucht, wird deutlich, dass beide Identitäten auch in behördlichen Zusammenhängen benutzt werden. Dem Anwalt muss sowohl die zutreffende Zuordnung als auch die Nutzung mehrerer Identitäten bekannt gewesen sein. Eine Prüfung des § 164 StGB wird angeregt.
Zusätzlich sollen die Identitäten geklärt werden.
Fall 3:
Eine islamische Wohltätigkeitsorganisation stellt einen teilweise irreführenden Geschäftsbericht ins Netz. In diesem wird behauptet, man kooperiere mit verschiedenen seriösen Akteuren, die teilweise bekannte Namen aus dem Wirtschaftsleben darstellen. Dies wird nach Kontakt mit einigen dieser Partner, die dies zurückweisen, öffentlich klar gestellt. Zudem werden Veranstaltungen mit Salafisten und Kontakte zu Muslimbrüdern angemahnt. Dies will die Organisation nicht hinnehmen. Behauptet wird anwaltlich, der Mandant könne lückenlos nachweisen und sei nicht in Kontakt mit Salafisten und Muslimbrüdern. Zum Beleg wird eine alte, aus einem anderen Geschäftsjahr stammende Korrespondenz und eine Altquittung ebenfalls aus diesem anderen Jahr beigefügt und weiterhin eine eidesstattliche Versicherung angekündigt. Der Beleg von einem deutschen Partner, der zur Glaubhaftmachung des (deutschen) Geschäftskontakts vorgelegt wird, zeigt jedoch auch eine Kooperation mit einer Hilfsorganisation auf, die im Verdacht steht, Kontakte zu Al Qaida zu haben. Die als seriöse Partnerorganisation dargestellte Institution erweist sich als die Organisation zu 1. Die Zugehörigkeit zur salafistischen Szene wird – so stellt sich dann heraus – nicht einmal vom Veranstalter selber rechtlich bestritten. Nach Schreiben an die Vertretung und Hinterlegung von Schutzschriften erfolgen keine weiteren Maßnahmen.
Fall 4:
Eine Zeugenvorladung zu einer Hauptverhandlung zu einem Fall aus dem Jahr 2012 wird ausgesprochen. Da der im Hauptverfahren Angeklagte nach eigenen Kenntnissen in Syrien verstorben ist (es gab Medienecho), wird nachgefragt. Es stellt sich heraus, dass auch 9 Monate nach der Meldung in den Medien keine Todeserklärung bei Gericht vorlag. Die Meldungen aus den Medien nebst Bild wurden eingereicht. Warum ein Vorgang, bei dem die Verjährung eigentlich schon hätte greifen müssen, angesetzt wurde, war nicht zu klären. Vielleicht war auch nur gehemmt. Neue Erkenntnisse, die zum Wiedereröffnen des Falles geführt haben könnten, wurden nicht mitgeteilt. Der Angeklagte wurde nicht gesichtet, was auch verwunderlich gewesen wäre.
Fall 5:
Ein muslimischer Verein, dessen Verantwortliche von der lokal zuständigen Integrationsbehörde sehr protegiert werden, ist nachweislich personell der Muslimbruderschaft zuzuordnen. Insbesondere eine Person in dieser Behörde macht den Weg eben auch zu einer öffentlichen Förderung. Nachdem diese Zusammenhänge öffentlich dargestellt wurden, wird dies nach einiger Zeit rechtlich angemahnt. Der Vertreter des Vereins ist in einer Kanzlei, die schon im Jahr 2012 in einem mittlerweile geschlossenen Extremistenforum als gute Adresse für die Beschuldigten (Bonn, Solingen) herumgereicht wird. Der konkret zeichnende Anwalt scheint das Schreiben – der Diktion nach – nicht selber abgefasst zu haben. Die Art und Weise des anwaltlichen Schreibens ist mehr dem unter 2 schon genannten Anwalt zuzuordnen, da auch rechtlich nicht zu beanstandende Sachverhalte in einer fachunüblich drastischen Sprache beklagt werden. Dem Schreiben ist weiterhin entnehmbar, dass die Behördenvertreterin sich wohl im angemahnten Artikel erkannte und den Verein bzw. ihrer Klientel auch in diesem rechtlichen Graubereich mit einer persönlichen Stellungnahme zur Verfügung stand. Auf Schreiben an den offiziell befassten Anwalt, in dem neben dem Zurückweisen der Vorhalte auch darauf verwiesen wird, dass Anwälte auch Organe der Rechtspflege sind, also selber nicht im rechtsfreien Raum agieren, erfolgen keine weiteren Schritte. Ein weiterer Beitrag, aus dem die Zusammenhänge zwischen dem Verein und dem Anwalt zu 2 konkret und korrekt hervorgehen, wird rechtlich nicht angefochten.
Rechtsgrundlagen:
Nach ständiger Rechtsprechung ist die öffentliche Darstellung und Weiterverbreitung erweislich wahrer Tatsachenbehauptungen hinzunehmen. Öffentliche Register z.B. müssen nicht eigenständig auf Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben geprüft werden oder Stellungnahmen der so behördlich Erfassten eingeholt werden. Auch Agenturmeldungen oder Stellungnahmen öffentlicher Stellen sind sogenannte privilegierte Quellen, deren Richtigkeit nur bei erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit überprüft werden muss. Die Zusammenschau verschiedener dieser Quellen hat daher grundsätzlich einen eher dokumentarischen Charakter, Rückschlüsse hinsichtlich der Aussagekraft dieser Zusammenschau unterliegen regelhaft der Meinungsfreiheit. Auch eigene Stellungnahmen, insbesondere solche, die gerade für einen unbeschränkten Empfängerkreis gedacht sind („Öffentlichkeit“), können ohne weitere Rückfrage weiterverbreitet und kommentiert werden. Dies steht explizit nach Rechtsprechung unter dem Schutz des Art. 5 (1) GG. Dies betrifft z.B. Geschäftsberichte oder Unternehmens- oder Vereinsnachrichten, die gerade für die Öffentlichkeit gedacht sind. Das selektive Anmahnen einer Weiterverbreitung, die im einen Fall explizit gutgeheißen wird, im anderen Fall jedoch juristisch angemahnt wird, ist rechtlich ohne Aussicht. Es gibt schlicht keinen Rechtsanspruch darauf, nur von „seiner“ Community und nur unkritisch wahrgenommen zu werden. Jeder öffentlich auftretende Akteur muss dies im Rahmen der Gesetze hinnehmen.