Eine kurze Betrachtung zu der Vorstellung des genenellen Friedensauftrags von Religionen: Was Religion ist – und was nicht*
Auf einer Konferenz der katholischen Laien-Gemeinschaft Sant’ Egidio trafen vor etwa drei Wochen Personen, im Wesentlichen geistliche Würdenträger und Anführer, in Münster zusammen. Die Gemeinschaft veranstaltet seit Jahren immer wieder solche Zusammenkünfte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinschaft_Sant%E2%80%99Egidio
Auch Bundeskanzlerin Merkel war anwesend und leistete einen Redebeitrag, der auf der Seite der Regierung so überschrieben wurde:
„Religionen haben den Auftrag zum Frieden“
Der hier vorsichtig blickende Herr rechts neben Frau Merkel ist der Herr Dr. Al Tayeb, der Großscheich der Al Azhar-Unversität in Ägypten. Üblicherweise – d.h. wenn es nicht nützlich für ihn ist – hält er nichts davon, dass Männer und Frauen nebeneinander sitzen, beten oder sonst einen in Mitteleuropa üblichen Umgang pflegen. Unter anderem deswegen hat u.a. er eine Fatwa gegen die neue Moschee von Seyran Ates zu verantworten:
https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/standard/Imame-verurteilen-liberale-Moschee/story/21120478
Nur wenige Monate zuvor gab es eine ähnlich konzipierte Tagung im Auswärtigen Amt, zu der ebenfalls spirituelle Vordenker und Würdenträger (Eigen- und Fremdzuschreibung) eingeladen waren. Wie bei der Gemeinschaft Sant’ Egidio waren auch dort Personen eingeladen, die von Frieden ein ganz eigenes Verständnis haben:
http://www.bild.de/politik/ausland/headlines/aa-vertuscht-besuch-52147804.bild.html
https://vunv1863.wordpress.com/2017/06/02/nachgehakt-aa-wir-sind-papst/
Auch dort wurde von der „Friedensverantwortung der Religionen“ geredet:
„Das zeigt auch, dass unsere Idee richtig ist, nämlich sich bei aller Vielfalt dieser Religionen und Religionsgemeinschaften und ihren unterschiedlichen Traditionen, Herkünften und Kulturen auf eins zu konzentrieren, was zumindest den Buchstaben aller Religionen nach ein gemeinsames Ziel ist: Frieden zu schaffen. Ich zumindest kenne keine Religionsgemeinschaft, die in ihren geschriebenen oder überlieferten Ideen sich nicht genau das zum Ziel macht, nämlich Frieden zwischen Menschen und vor allen Dingen mit Gott zu schaffen.“
Das stimmt schlicht so nicht. Die alten Schriften sind voller unfriedlicher Beschreibungen gerade jenen gegenüber, die „anders“ waren, einem anderen Stamm, einer anderen Weltanschauung angehörten.
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es auf Anfrage zu dieser Veranstaltung:
„Ziel der deutschen Außenpolitik ist es, zu Frieden und Stabilität in der Welt beizutragen. Der enge und organisierte Austausch mit Repräsentanten von Religionsgemeinschaften aus einer Vielzahl von Ländern und Regionen ist Teil einer Außenpolitik der Gesellschaften als ergänzendes Mittel der klassischen Diplomatie. Bei der Veranstaltung ging es nicht um eine „Friedenskonferenz“ bzw. eine wissenschaftliche Auseinandersetzung, sondern um Dialog und Austausch.“
Religion als diplomatisches Werkzeug, als politisches tool?
Vertreter asiatischer Religionen wurden dem Anschein nach nicht eingebunden, weiter aus dem Auswärtigen Amt:
„Das Auswärtige Amt hat ca. 100 Religionsvertreter des Judentums, des Christentums und des Islam sowie Vertreter kleinerer Religionen aus über 50 Ländern (Naher und Mittlerer Osten, Nord- und Westafrika, Europa) eingeladen, um an der Konferenz „Friedensverantwortung der Religionen“ teilzunehmen und in Workshops themenbezogen zu diskutieren.“
Eine Friedensverantwortung ist etwas anderes als ein in einer Religion angelegter Friede, nur nebenbei.
Leider haben sowohl Frau Merkel als auch Herr Gabriel (bzw. einige Berater und Referenten) den Charakter von Religionen bzw. ihre Anhänger als Akteure eher weniger durchdrungen**. Um Weiterlesen