Hizb ut Tahrir: Blaupause für das Kalifat

Neues aus der Gegengesellschaft

Die 2003 in Deutschland verbotene Gruppierung Hizb ut Tahrir (HuT) setzt ihre Betätigungen fort und verbleibt nach dem Verfassungsschutzbericht des Bundes 2016 hinsichtlich der Anzahl ihrer Anhänger auf gleichem Niveau, S. 202. Die aufgeführte Zahl der Anhänger mag mit 320 niedrig erscheinen. Da die HuT-Anhänger jedoch häufiger als gebildetere Personen erscheinen und sie vornehmlich auch an Uni-Städten und im Umfeld studentischer Kreise agieren, ist die Wirkung der relativ kleinen Anzahl Aktivisten jedoch nicht zu unterschätzen. Zumindest sollte man im Auge behalten, bei welchen Moschee-Gemeinden und bei welchen Studenten-Gruppen sie Aktivitäten entfalten und wo sie ideologisch hineinwirken mögen.

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Der ehemalige Kopf der Bewegung in Deutschland agiert seit Jahren von Wien aus in den deutschsprachigen Raum hinein. Auch auf diesem blog war die Gruppierung bereits mehrfach Thema, hier z.B.:

https://vunv1863.wordpress.com/2017/02/08/alte-neue-plaene-fuer-den-westen-von-hizb-ut-tahrir/

Vor einigen Wochen hat die Gruppierung ihre Vorstellungen hinsichtlich der Ausgestaltung ihres Gesellschaftsentwurfs noch einmal konkretisiert. Auf 664 Seiten wird ausgebreitet (das ist nur Teil 1), wie man sich ein Gemeinwesen vorstellt.

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Der Text ist nicht nur lang, sondern auch im Grunde wirr: Immer wieder werden schon den Überschriften eigentlich sachfremde Einschübe gemacht, die aber wegen der Herleitung moderner komplexer Strukturen aus den alten Überlieferungen den Verfassern wohl notwendig erschienen, s.u. Auch gibt es insbesondere im Abschnitt zu den Frauen Doppelungen – da wollte man wohl auf Nummer sicher gehen.

Das Original wurde in arabischer Sprache verfasst. Der Übersetzer ins Deutsche stellt voran:

VORWORT DES ÜBERSETZERS

Gepriesen sei Allah, der Herr der Welten. Friede und Segen auf den Führer der Erlauchten, den Herrn der Gesandten, unseren geliebten Propheten Muḥammad (s). Dieses Buch – und das sei ohne Übertreibung gesagt – ist ein wahres Meisterwerk islamischer Rechtsliteratur. Für
mich als Übersetzer war es immer wieder faszinierend zu erleben, wie präzise islamische Rechtssprüche und juristische Erkenntnisse aus den Offenbarungstexten abgeleitet
wurden. Manchmal war es nur ein Wort – oder gar nur der Teil eines Wortes – aus dem ein wichtiges, für den Rechtsspruch relevantes Detail herausgelesen wurde. Gleichzeitig hat man die juristische Gesamtbetrachtung der Texte nie aus den Augen verloren und dem Leser damit ein umfassendes Verständnis der Rechtsproblematik vermittelt. Zweifellos ist dieses Buch ein Beweis dafür, dass es unter Ausschluss rein rationaler Urteile und des leidigen Nutzendenkens möglich ist, allein auf die Offenbarungstexte gestützt für jedes Problem die richtige islamische Lösung zu finden. Und so wurde in bestechender Form demonstriert, wie iğtihād – das Ableiten islamischer Rechtssprüche – korrekt abzulaufen hat. Möge der Erhabene den Verfassern des Werkes für diese herausragende Leistung
den besten Lohn bescheren!“

In den Ausführungen wird jedwede gesellschaftliche Organisation auf ihre Berechtigung aus den alten Quellen hergeleitet. In strikter Abkehr demokratischer Strukturen wird als Vorbild die Gesellschaft zu Zeiten des Religionsgründers propagiert.

Exemplarisch seien einige Highlights aufgeführt:

S. 437 ff.:

Artikel 72

Die hervorstechendsten Gefahren für die innere Sicherheit, denen das Ressort für innere Sicherheit zu begegnen hat, sind folgende: Apostasie, bewaffneter Aufruhr, Wegelagerei, Übergriffe auf privates Eigentum, Übergriffe auf Personen und ihre Familienehre, der Umgang mit zwielichtigen  Personen, die für Krieg führende Ungläubige Spionagetätigkeiten durchführen. […] Zu den Tätigkeiten des Ressorts für innere Sicherheit zählen auch der Umgang mit suspekten Personen und die Abwehr ihrer Gefahr von der Umma und vom  Staat. Dies sind die wichtigsten Handlungen, die zu einer Bedrohung der inneren Sicherheit führen. Das Ressort für innere Sicherheit hat die Aufgabe, den Staat und die Menschen vor all diesen Bedrohungen zu schützen. Deswegen wird die Todesstrafe gegen den zum Tode verurteilten Apostaten vom Ressort für innere  Sicherheit durchgeführt, wenn er von seiner Apostasie nach Aufforderung zur Reue in einem aufklärenden Gespräch nicht Abstand nimmt. Wenn es sich bei den Apostaten um eine Gruppe handelt, muss schriftlicher Kontakt mit ihnen aufgenommen und sie zur Rückkehr zum Islam aufgefordert werden. Wenn sie Reue zeigen, zum Islam zurückkehren und sich an die Gebote des islamischen Rechts halten, lässt man von ihnen ab. Sollten sie aber auf ihre Apostasie bestehen, müssen sie bekämpft werden.Weiterlesen