Schreiben sie Herrn Musharbash! Bitte!

Teil 3 einer Einordnung zu dem dritten Teil eines „Ermittlungsblogs“ ohne Ermittlungen

Zu dem „Ermittlungsblog“ des Autors Yassin Musharbash war bereits in zwei Episoden Gegenrede gehalten worden:

https://vunv1863.wordpress.com/2017/12/06/abu-adam-gescheiterte-ermittlungen/

https://vunv1863.wordpress.com/2017/12/08/werbung-fuer-ein-damen-doppel/

Teil 3 seiner Reihe wurde heute wieder auf dem ZEIT-Portal veröffentlicht:

Was bedeutet „um sie zu beruhigen“?

Menschenhandel, Terrorfinanzierung, Propaganda: Die Vorwürfe spanischer Ermittler gegen den Leipziger Imam Abu Adam sind heftig. Und die Recherche ist kompliziert. Folge 3 unseres Ermittlungsblogs

http://blog.zeit.de/radikale-ansichten/

Yassin Musharbash hatte ja in Teil 1 „work in progress“ angekündigt. Dass er das Zeile für Zeile (bitter für die Leser) wahr machen würde, habe selbst ich nicht für möglich gehalten:

Nimmt nicht ab.

Nummer nicht vergeben.

Nimmt nicht ab.

Zur Zeit nicht erreichbar.

E-Mail unbeantwortet.

Nimmt nicht ab.

Nimmt nicht ab.

„No one is available to answer your call right now.

Ist das nun das Spannungsmoment im „Ermittlungsblog“? Oha! Oder greift der Herr Musharbash da auf stilistische Mittel zurück, wie man sie in einem Roman zwar für aufblähend, aber noch hinnehmbar halten mag?

Ein Lichtblick deshalb, dass die Kollegin Lea Frehse aus dem Politik-Ressort der ZEIT sich letzte Woche einen halben Tag Zeit genommen hat, um mit mir die zentralen Passagen der spanischen Ermittlungsakten noch einmal genau durchzugehen.

Hilfe bei der „komplizierten Recherche“? Immerhin einen halben Tag! Doch so lange?
Na, das muss ja gut werden! Man fragt sich ernsthaft, wie viel Zeit sich der Herr Musharbash für weniger komplizierte Recherchen nehmen mag.

(Ich muss ansonsten mit Latinum, Google Transite, einem Volkshochschulsemester Spanisch und Nachfragen bei Spanisch sprechenden Bekannten zurechtkommen.)

Wen interessiert das? Ermittelt werden soll doch zu Herrn Shashaa und nicht zu den Vorbildungen und Einschränkungen von Herrn Musharbash. Vielleicht ist erstaunlicherweise noch nicht durchgedrungen: Im Berufsleben gibt es keine Fleißkärtchen alleine dafür, dass man sich Mühe gab (und auch an der mangelt es hier ersichtlich). Da hat man entweder eine runde Geschichte oder hat keine.

Es folgt der übliche Aufbau: Rückblick, Wertung, Ausschau. Das füllt erheblich.

Ob die Unterlagen vollständig und aktuell sind, weiß ich nicht. Das weiß auch der deutsche Anwalt von Abu Adam nicht, weil er mangels Zulassung in Spanien gegenüber den Behörden dort kein Recht auf Akteneinsicht geltend machen kann. In Spanien hat Abu Adam erst seit Kurzem überhaupt einen Anwalt, der sich aber noch einarbeitet.

Klug und journalistisch durchaus erwägenswert wäre es, dessen Einarbeitung abzuwarten, da Musharbash ja wohl Zugang zu den Akten von Shashaa erhält, sobald diese seiner Rechtsvertretung vorliegen. Wie ist er noch mal an dessen Anwalt gekommen? Aber Warten geht wohl nicht. Warum greift er aktuell noch mal die Geschichte auf?

Ich glaube, es ist am sinnvollsten, die Vorwürfe in zwei Gruppen zu teilen: solche, die offensichtlich schwerwiegend und recherchenwürdig sind; und andere, die eher Missverständnissen geschuldet sein dürften, nicht schlüssig sind oder angesichts der übrigen Verdächtigungen so wenig ins Gewicht fallen, dass es nicht lohnt, sie zeitraubend zu untersuchen.

Ja, ein „Ermittlungsblog“ zwischen Tür und Angel, eilig zusammengeschustert, so erscheint mir das auch. Wie schön, dass der Herr Musharbash da wenigstens ehrlich ist. Aber: Wen interessiert das eigentlich?

Die folgenden Vorwürfe werde ich in kommenden Folgen einzeln durchgehen:

Kontakte zu mutmaßlichen IS-Mitgliedern und mutmaßliche Mitgliedschaft beim IS
Geldflüsse und angebliche Terrorfinanzierung
Terrorpropaganda und soziale Medien
Auf einige andere Vorwürfe werde ich keine eigenen Blogposts verwenden, weil die Beweislage meiner Meinung nach dürftig ist. Diese werde ich an dieser Stelle kurz betrachten.

Wurde schon gesagt, wieder Ausblick. Zeilenschinden bei Musharbash. Durchsichtig dazu.
Zwischendurch notiert: Belangloses, sozusagen laut denken vor Publikum wird als „ermitteln“ verkauft. Das sagt mehr über die Art, wie Musharbash ermittelt aus, als ihm eigentlich lieb sein kann. Da schwankt man zwischen Fremdscham und Mitleid: Kann ihn nicht mal ein erfahrener investigativer Kollege an die Hand nehmen? Das ist ja fast schon ein Schrei nach Hilfe.

Es erscheint mir auch etwas weit hergeholt, Abu Adam die Unterstützung von (beziehungsweise Mitgliedschaft bei) IS, Al-Kaida und Dschabhat al-Nusra zugleich vorzuwerfen. Die drei Terrorgruppen sind untereinander verfeindet. Zum Teil haben sie gegeneinander gekämpft oder tun das noch.

Der Gedanke ist zwar legitim (und mir auch eingängig als Kritikpunkt in der Anklageschrift), aber das kann man erst durch den spanischen Anwalt (oder Behördenkontakte) erschließen. Frei flottierendes Herumdenken hilft auf jeden Fall nicht weiter. Und wenn man es tut, so sind eine zeitliche Abfolge oder alternativ eine Eigensicht als eine Art Reisevermittler denkbar.

Sehen wir uns die Begründung der Ermittler an. Woher kommt der Vorwurf, Abu Adam „arbeite für Al-Kaida„? Auch er ergibt sich den Akten zufolge aus einem abgehörten Telefonat. Im Januar 2016 hat Abu Adam demnach zu einem Mann namens Saad gesagt:

„Ich habe einen Job, einen sehr sehr speziellen Job, der an vielen Orten stattfindet (…) Ich arbeite für („para„) Al-Kaida, Injes und Najda, arbeite daran („para„), sie zu beruhigen.“

Die Ermittler notieren dazu, dass sie den Begriff „sie zu beruhigen“ (im spanischen Original „para tranquilizarlos„) folgendermaßen interpretieren: Aufgaben ausführen, die es ihnen ermöglichen, Ressourcen zu dem Zweck zu erhalten, ihre gegenwärtigen oder künftigen Aktivitäten weiterzuentwickeln (…) .

Auch das finde ich nicht zwingend. Warum soll „beruhigen“ nicht einfach genau das bedeuten: beruhigen?

Ja, manchmal ist eine Zigarre auch nur eine Zigarre. Manchmal nicht. Kommt halt auf den Kontext an. Je nachdem, ob die telefonierenden Personen Humidor-Händler sind, Psychologen oder sie über das Oval Office reden. Da sie sich kennen, müssen sie einander nicht mehr vorstellen: Der Kontext ist für sie klar, für Dritte nur bedingt.

Auch hier wird wieder nichts ermittelt. Musharbash äußert sich über ein transkribiertes Telefonat, das er dann noch in seiner Bedeutung zweitübersetzt mit obigen Einschränkungen (wohl arabisch => spanisch nach Behörden-Übersetzer, dann spanisch => Musharbashs Eigenleistung). Und das bei einer wohl schwammigen Formulierung. Es kommt dann folgerichtig auch kein Schluß, sondern nur öffentliches Nachdenken.

Und woher rührt der Vorwurf, Abu Adam habe eine Verbindung zu Dschabhat al-Nusra?{…]

Es erschließt sich zwar nicht, was Abu Adam gemeint hat, der Kommentar bleibt kryptisch. Aber das Wort Dschabhat al-Nusra taucht darin gar nicht auf. Es sind die spanischen Ermittler, die das „wir“ in dem Kommentar so interpretieren und den Namen der Gruppe ergänzt haben. Warum, das erklären sie nicht.“

Ich plädiere dafür, den Verdacht, Abu Adam sei Mitglied von Al-Kaida und Dschabhat al-Nusra, einstweilen zur Seite zu legen: Die Belege der spanischen Ermittler ist mir zu dünn. (Ob Teile von Abu Adams Gedankenwelt sich mit den Ideologen solcher Gruppen überschneiden, ist eine andere Frage, auf die ich auch noch eingehen werden.)

Es ist „sein“ blog* – gegenüber wem plädiert er da? Führt Herr Musharbash Selbstgespräche? Und wenn ja, warum? Der imaginierten Gruppe gegenüber, dem „wir“? Er entscheidet, welchem Vorhalt er nachgeht. Vielleicht sollte er eine Selbsthilfegruppe gründen. Ermittelt wird wieder mal genau nichts.

Es fehlen alle ermittelbaren Hinweise auf Hassprediger-Kontakte, wie sie (nur in Auswahl) hier dargelegt sind:

https://vunv1863.wordpress.com/2017/09/13/hesham-shashaa-der-janus-imam/

Da sind schon Leute mit Al Qaida-Affinität dabei. Muss halt sehen (wollen). Seinen Lesern wird dies aber erspart. Warum auch ermitteln, wenn ein wenig Nabelschau und Meinung genügen. Macht ja Arbeit, ist ja „zeitraubend“, wirklich selber zu recherchieren. Dann raubt man die Lebenszeit lieber beim Leser. Der kann sich nicht wehren.

Als nächstes werde ich mich am Mittwoch in der vierten Folge einem Verdacht zuwenden, für den es substanziellere Belege gibt: Abu Adams angebliche Kontakte zu IS-Mitgliedern.

Der geneigte Leser kann dies sicher kaum erwarten.

Man kann aber jetzt schon wissen, dass das Elend dieser fortgesetzten öffentlichen Selbstentblößung bald ein Ende haben wird. Eine daily soap ist also (vorläufig) nicht geplant. Woher man das wissen kann?

Es gibt bereits Eingeweihte:

Quelle: fb-Seite von Hesham Shashaa, Abruf 11.12.2017

 

Der Account von Shashaa wird in seiner Abwesenheit „betreut“.
Hesham Shashaa zumindest nahestehende Personen wissen also bereits, wohin der „Ermittlungsblog“ denn so treibt und wie lange es dauert, bis der Herr Musharbash seine Leser entweder so weit gelangweilt hat, dass sie aufgeben, oder er seine pädagogische Pflicht (oder welche Pflicht auch immer) für erfüllt hält. 7 Folgen soll es geben. Das zeigt auf, dass der Herr Musharbash dem Umfeld von Shashaa schon mitteilte, wohin die Reise geht. Und die teilen es dann der „Gemeinde“ mit. Auch der Herr Muhamad Mansour, der mit Frau Prass in Leipzig wohl immer noch zusammenarbeitet, nimmt dies wohlwollend zur Kenntnis:

Quelle: fb-Seite von Hesham Shashaa, Abruf 11.12.2017

 

Mitlesenden investigativen Kollegen aber, die ein weiches Herz haben, möchte ich ausdrücklich noch  einmal die Aufforderung von Herrn Musharbash an selbiges legen. Denn dieses steht unter jedem seiner Blogbeiträge und da könnte man doch mal kollegial sein:

Haben Sie Hinweise oder Informationen, die für diese Recherche hilfreich sein könnten? Schreiben Sie an yassin.musharbash@zeit.de“

Hinweise sind bitter nötig. Und es geht doch auf Weihnachten zu.

 

 

*
Die aktuellen Blogbeiträge erscheinen so frei von redaktioneller Zweitsicht, dass man das nicht anders beurteilen kann.

Nachtrag, 11.12.2017, 18:55 Uhr:

Herr Musharbash weist auf Nachfrage in dem Kommentarbereich seines blogs darauf hin, dass er bereits seit Wochen in der Sache recherchiere:

Quelle: Screenshot ZEIT-blog, Abruf 11.12.2017

Der guten Ordnung halber weise ich auch einmal darauf hin, dass alle (Flüchtigkeis-)fehler in den kursiv gesetzten Zitaten so belassen wurden.

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