Islamische Medien: konzertierte, aber kleine Aktion
An der Frage, ob die Einladung des jungen Imams der Neuköllner Begegnungsstätte, Mohamed Matar, bei der Gedenkfeier für die Opfer des Berliner Terroranschlags angemessen war, scheiden sich derzeit die Geister. Während ein jüdischer Verband sich dort klar bekennt und kritisiert, halten kirchliche Akteure aus Berlin gegen. In der Kritik steht nicht nur der Imam, der sich in problematischer Weise öffentlich präsentiert, wie die BILD-Zeitung feststellt:
http://www.bild.de/politik/inland/islamismus/experte-kritisiert-radikal-imam-54312298.bild.html
sondern auch die Neuköllner Begegungsstätte (NBS), die seit Jahren im Berliner Verfassungsschutzbericht erwähnt wird und dort als Einrichtung der Muslimbruderschaft geführt wird.
Über den Fall berichteten neben der BILD die WELT, der Spiegel, der Focus, die B.Z. sowie Schweizer Medien.
Seit heute sind jedoch auch einige Artikel aus islamischen Medien verfügbar:
„Doch, Mohamed Matar ist ein Imam des Friedens und der Toleranz“
https://www.islamische-zeitung.de/doch-mohamed-matar-ist-ein-imam-des-friedens-und-der-toleranz/
„ZMD: Mehr Demokratie für alle wagen“
„Medien hetzen gegen Imam Matar“
http://www.islamiq.de/2017/12/28/medien-hetzen-gegen-imam-matar/
Was nun nach einem breiten Strauß verschiedener Meinungen aussieht, ist meiner Ansicht nach weniger das Ergebnis eines unabhängigen Journalismus, sondern erscheint als politische, religiös konnotierte Aktion. Die Presse-Organe bzw. Publikationsorte seien daher kurz einzeln betrachtet.
Die Islamische Zeitung geht auf das „Weimar Institut“ zurück:
https://de.wikipedia.org/wiki/Islamische_Zeitung
Das Weimar Insttut steht weiterhin unter Beobachtung:
Das Weimar Institut gehört dem Islamrat an:
Klicke, um auf wd-1-004-15-pdf-data.pdf zuzugreifen
Islam.de ist als Portal eine Gründung von Aiman Mazyek:
Er wird dort, obwohl verantwortlich im Sinne des Presserechts nach Impressum Dipl. Inf. Ammar Alkassar, ist, als „Projektleiter“ geführt:
Aiman Mazyek ist der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD). Der Vorsitzende des ZMD kann also auf islam.de als Projektleiter schreiben, wie es scheint. Im Zentralrat ist die IGD ein Schwergewicht, s.u.
Islamiq wiederum ist Miligörus (IGMG)-nah. Die IGMG wird mancherorts ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtet (lokal unterschiedlich mittlerweile, zur Beachtung!). Siehe dazu auch:
Man beachte auch, dass im Islamiq-Artikel der Vorsitzende des Islamrats befragt wurde*, der wiederum IGMG-nah ist:
„Mohamed Mattar ist ein junger Imam, der Menschen bewegen kann. Extreme Ansichten sind ihm fremd. Die Kampagne zeigt wieder einmal, dass muslimische Würdenträger und Funktionäre negativ dargestellt werden“, erklärt Kesici.“
Ein reines Testimonial-Statement, das keinerlei konkreten Bezug nimmt auf die weiteren, konkreten Funde. Völlig realitätsfern, es sei denn auch Kesici findet z.B. Al Arifi und Al Qaradawi gut. Da wird – zum Vorteil Kesicis angenommen – aus einer reinen kollektiven Solidarisierung heraus gehandelt, die aber für sich genommen auch problematisch ist: Wenn der Beleg, ja er nicht einmal betrachtet werden muss vor der Solidarisierung, nichts mehr zählt, sondern nur die Meinung, dann kann der, der eigenen Gruppe angehört, nichts (mehr) falsch machen, der, der einer anderen Gruppe zugehörig erachtet wird, im Dissens nichts (mehr) richtig. Dann geht es nur nach Zugehörigkeiten. das ist im übertragenen Sinne „my country, right or wrong“.
Wie kann dies nun alles zusammenhängen?
Ein paar vereinfachte (es wurden nur größere Strukturen berücksichtigt; dies ist keine Fehldarstellung, sondern eine Konzentration) Schaubilder mögen dies verdeutlichen. Zunächst die Struktur des Koordinationsrats der Muslime (KRM) in Deutschland:
Dann der Zentralrat (Verkürzung, kleinere Strukturen sind weggelassen!)
Der letzte mir bekannt gewordene Sprecher des KRM war Aiman Mazyek, der wiederum ZMD-Vorsitzender ist. Ein aktueller Abruf ergab, dass die Seite „über uns“ in Bearbeitung sei:
Die NBS wird vom Berliner Verfassungsschutz der Muslimbruderschaft zugeordnet.
Die „Islamische Gemeinschaft in Deutschland“ (IGD) ist wiederum nach Verfassungsschutz, die größte Organisation in Deutschland, in der Muslimbrüder organisiert sind.
Der Redakteur der Islamischen Zeitung hingegen, der den heutigen Artikel verfasste, war erst neulich in der NBS und wurde dort als „Bruder“ empfangen:
All den Artikeln ist gemein, dass sie auf die gehaltvolleren und gut belegten Vorhalte zu den Haltungen Matars und den in der NBS auch stattgehabten problematischen Veranstaltungen und Verflechtungen nicht eingehen. Warum man das macht, ergibt sich aus der nützlichen Doppelstrategie, schließlich gibt es bei vielen der oben genannten Strukturen selber die eine oder andere Auseinandersetzung mit dem Verfassungsschutz.
Im einen Artikel wird der Bote im Grunde verantwortlich gemacht, im zweiten die Demokratie und der Zusammenhalt gepriesen, aber mehr allgemein und im Dritten wird der angeblich wahre Schurke in der Gemengelage vorgeführt: die Medien. Also der Inbegriff der Boten.
Auffällig ist, dass mit Hilfe weniger Testimonials und Fürsprecher eine maximale Präsenz bei google news erzeugt wird (was aber temporär ist). Gemein ist auch, dass man Herrn Matar preist (was ja unbenommen ist) und man sich gegenseitig zitiert (was auch unbenommen ist und auch im gewissen Umfang statthaft). Von den vielen weiteren Belegen soll jedoch abgelenkt werden. Es wird eine Gegenrealität von Matar und der NBS entworfen und mit der maximalen „eigenen“ Medienpräsenz und -macht präsentiert. Man hofft wohl, dass andere Medien als die, die Belege, Beweise und vielleicht auch Zeugen haben, sich einfach auf diese geballte Meinung hin anschließen.
Eine solche Hoffnung ist nicht ganz unbegründet, denn so mancher weiß, dass Meinungen einholen sehr viel weniger Arbeit bedeutet als Belege sichten und Beweise bewerten.
Es ist aber wichtig, die Fakten anzuschauen. Letzten Endes sind das ernsthafte Journalisten ihrem Beruf und auch der Gesellschaft schuldig.
*
Zur genaueren Binnenstruktur:
https://de.wikipedia.org/wiki/Islamrat_f%C3%BCr_die_Bundesrepublik_Deutschland