Kairoer Konferenz zur Jerusalem-Frage
Am 17. und 18. Januar fand in Kairo eine Konferenz statt, zu der die Al Azhar Universität und das „Muslim Councils of Elders“ geladen hatten. Das letztere Gremium wurde 2014 gegründet und hat als eine der Zielvorgaben die „Wiedervereinigung der islamischen Nation“:
„Council will endeavour to reunite Islamic nation, extinguish fires sweeping region
The announcement was made at a press conference on the eve of a meeting attended by a group of scholars and thinkers from the Islamic world headed by Grand Imam of Al Azhar Dr Shaikh Ahmad Al Tayyeb and Shaikh Abdullah Bin Bayyah, Chairman of the forum.“
http://gulfnews.com/news/uae/government/muslim-council-of-elders-set-up-in-abu-dhabi-1.1361897
Damit waren – im Marketing wurde durchaus mit der Assoziation gespielt, es handele sich auch um interreligiöse „Feuer“ – eigentlich nur die Bruderzwiste in der Gemeinschaft der Muslime gemeint, aus obigem Artikel zur Gründung:
„The move follows the recommendations of the Forum for Promoting Peace in Muslim Societies, held here in early March.“
Wenn es gegen einen gemeinsamen Feind geht, ist man sich ja rasch einig.
Ahmad Al Tayyb, seines Zeichens Leiter der Al Azhar, hat nunmehr 2018 zum „Jerusalem-Jahr“ ausgerufen. Man erinnere sich: Das ist der Herr, der auf den letzten evangelischen Kirchentag geladen war, nette Bilder mit Politikern machte und dort so sprach:
„Der Islam trage keine Schuld an Anschlägen und Terror. Das hat der Großscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo, Ahmad al-Tayyeb bei seinem Vortrag auf dem Kirchentag betont. Terror müsse ein gemeinsamer Feind sein. […] Al-Tayyeb wandte sich besonders an die jungen Menschen. Sie müssten eine Friedensbotschaft aussenden, die Kultur des Hasses beenden, die trennenden Mauern zwischen Kulturen zu überwinden und Brücken bauen, damit die Menschen so leben können, wie es dem 21. Jahrhunderts angemessen sei. Er äußerte die Hoffnung, dass ein Leben in Frieden und Brüderlichkeit zwischen Religion möglich sei. Es sei ein Anliegen seiner Institution, den Ruf des Islams zu retten und eine Botschaft des Friedens zu lehren. Dazu wolle die Al-Azhar auch Muslime aufklären, dass sich Extremisten nicht auf den Koran berufen könnten.“
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/terror-ist-des-teufels/
Diese Sichten muss man verstehen und einordnen: Es ist eine ausschließlich egozentrische Sicht nach der man weder persönlich noch als Teil des von ihm definierten Kollektivs schuld sein kann an Terror. Sofern Terror irgendwie als eine Art Verteidigungskrieg auf eine „Provokation“ hin definiert werden kann – die Schwellen sind da niedrig – ist Terror kein Terror mehr, sondern legitim. Terror wird einfach passend umdefiniert. Wenn die Kirchen – und andere – meinen, Al Tayyib irgendwie bei seinen Worten nehmen zu können und ihn dazu zu bewegen zu können, allgemein zum Frieden aufzurufen, so irren sie. Das sind Erzählungen, wie er sie für die hiesige Öffentlichkeit und die Personen für geeignet hält, die seiner Sache nützlich sein können. In Kairo werden nämlich ganz andere Töne angestimmt:
„A major conference held in support of Jerusalem warned Thursday evening that US President Donald Trump’s decision recognising the holy city as Israel’s capital will fuel militancy in the world.
“This decision, unless immediately withdrawn, will feed violent extremism and spread it all over the world,” according to the conference that Al Azhar, Sunni Islam’s influential centre of learning, hosted in Cairo for two days.[…] Scholars and clerics from 86 countries attended the conference, which Al Azhar held in conjunction with the Muslim Council of Elders based in the UAE.“
Dass diese Stellungnahme, als nüchterne Bestandsaufnahme getarnt, genau das ist, nämlich eine verdeckte Aufforderung an die Personen, die die Autorität der Al Azhar und des Muslim Council of Elder anerkennen, wird Al Tayyib wiederum in Abrede stellen – hierzulande.
„According to the conference participants, the Arab character of Al-Quds has been a historical fact for thousands of years and „global Zionism“ will not be able to falsify the facts since, the statement claimed, the Jebusites built the city in the fourth millennium BCE, long before the advent of Judaism.
In addition, the conference expressed full support for the steadfastness of the „Palestinian people“ and the Intifada against the decisions of the American administration and the Israeli government regarding Jerusalem.“
https://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/240890
Aus einem CNN-Interview:
„Tayyeb is one of several officials who have refused to host Pence during the vice president’s Mideast tour, which is set to start Friday. Tawadros II, the head of Egypt’s Coptic Orthodox Church, and Palestinian Authority President Mahmoud Abbas also scrapped their meetings with the vice president after Trump’s Jerusalem announcement.“
http://edition.cnn.com/2018/01/18/middleeast/sunni-imam-pence-visit-egypt-intl/index.html
Welche Gründe Tawadros II wohl haben mag, an diesem Punkt gleich zu handeln? Vielleicht hofft er auf Schonung und die Erhaltung eines falschen Dialoges, zumal er auf die interklerikale Solidarität, wenn es um Fragen der Verfolgung von Christen durch fanatisierte Muslime kaum verläßlich und mit dem nötigen Nachdruck hoffen darf.
Beim Treffen Al Tayyebs mit dem Papst letztes Jahr:
„Ausgangspunkt dafür ist die Rede des Großimams von Al-Azhar, Ahmad Al-Tayyib. Die auf arabisch gehaltene Rede wurde offiziell auch in englischer Sprache veröffentlicht.
Nicht Islam, sondern Waffenhandel und „moderne Zivilisation“ an Gewalt schuld
Am 28. April fand in Kairo an der Al-Azhar, der bedeutendsten Rechtsschule des sunnitischen Islams, eine „Friedenskonferenz“ statt. Sie war der eigentliche Grund für den Ägyptenbesuch von Papst Franziskus. Der Papst führte in seiner Rede, ohne dabei den Islam namentlich zu nennen, die im Namen der Religion verübte Gewalt auf eine „götzendienerische Verfälschung Gottes“ zurück.
Anders der Großimam, der als eigentliche Gründe „den Waffenhandel“ ausmachte und das Vergessen, das die „moderne Zivilisation“ über die „göttlichen Religionen und ihre unveränderlich festgelegten Ethiken“ gelegt habe.
Damit leugnete der Großimam jeden ursächlichen Zusammenhang zwischen Islam und Gewalt, auch zwischen der ausdrücklich im Namen des Islam begangenen Gewalt. Vielmehr kehrte er den Vorwurf um, denn dann könne man denselben Vorwurf, so Al-Tayyib, auch dem Christentum und dem Judentum machen. Auch diese hätten Anhänger, die Gewalt verüben im Namen des Kreuzes oder der Lehren des Moses.
Auf die blutige Christenverfolgung durch zahlreiche islamische Dschihad-Milizen und Terrororganisationen ging der Großimam nicht ein. […] Auch Papst Franziskus weigert sich, wie Al-Tayyib, jeden ursächlichen Zusammenhang zwischen dem islamischen Terrorismus und dem Islam herzustellen. Mehrfach sprach er vielmehr vom „Waffenhandel“ als Hauptursache dahinter. Genau diesen Waffenhandel nannte Al-Tayyib nun als ersten Grund für die Gewalt im Namen der Religion.“
So lange die Kirchen – insbesondere ihre Oberhäupter – im eigenen Machtausbau und der Abwehr der Moderne wichtigere Handlungsmaximen sehen als auch die Bearbeitung der eigenen Geschichte und deshalb es für wichtiger halten, Religion an sich unbefleckt von ihren Auswirkungen zu halten, werden sie mitwirken an den Verdrängungsnarrativen fundamentalistischer Muslime.** Man wird sie allerorten in die Position bringen, auch gegenüber säkularen Akteuren eigenständig sprachfähig zu werden. So kommt man nicht voran und dem Frieden ist damit langfristig auch nicht gedient. Die Interessen Israels werden da- so scheint es – als Kollateralschaden hingenommen.
In dem CNN-Interview noch besonders bemerkenswert:
„Tayyeb said the decision would „feed terrorism in the region“ but said the Muslim world was not „in a position for confrontation.“
Man kann sich vorstellen, was das heißt.
Derweil wird intensiv daran gearbeitet, eben jene Position nach Kräften zu verbessern. Mit den Mitteln und Werkzeugen, die man eben hat. Das ist im „Westen“ das Ideologie-Marketing u.a. betrieben durch eben jene Herren Al Tayyib und bin Bayyah, in der „eigenen Comnunity“ wird die tatsächliche Ideologie propagiert und im „Westen“ über die muslimisch-identitäre Abgrenzung an die Jugend gegeben. Da möchte man Einigkeit und Geduld für das Empowerment.
Israel ist das Exempel. Daraus sollten westliche Gesprächspartner lernen.
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Man macht auch vor den eigenen Verwandten nicht halt – sofern sie auf der „falschen Seite“ stehen:
„A Gazan family said on Friday it had killed one of its relatives, claiming he had helped Israel track down and kill three senior Hamas terrorists, including one of the man’s own kinsmen.“
https://www.israelnationalnews.com/News/Flash.aspx/408987
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„Der Weltkirchenrat begrüßt muslimische „Erklärung von Marrakesch“ zu Religionsfreiheit“
https://www.ekd.de/news_2016_02_02_1_weltkirchenrat_religionsfreiheit.htm
Entweder hat man auch beim Weltkirchenrat das Kleingedruckte nicht gelesen oder nimmt diese Marketingstrategie mit, um den eigenen Narrativ, dass Religion in ihren Wirkungen stets friedlich sei, zu stützen. Das ist jedoch entweder intellektuell unredlich oder töricht:
https://vunv1863.wordpress.com/2017/06/03/die-marrakesch-deklaration/