Über Betätigungen der Grauen Wölfe in Offenbach
Türkischer Nationalismus inkl. Militarismus war zuletzt in den Medien wegen Kindergruppen in DITIB-Moscheen, die Soldaten mimten. Zumindest die Jungen. Mancherorts war auch den Mädchen eine Rolle zugedacht. Sie übten schon einmal Märtyrer beweinen. Doch nicht nur bei der DITIB finden sich irritierende nationalistische Inhalte. Um weitere Gruppierungen Türkeistämmiger ist es jedoch stiller. Ihre Betätigungen finden eher verdeckt statt, weil man aus früheren Jahren noch einen wenig friedlichen Ruf hat und eher vermeiden möchte, dass die Mehrheitsgesellschaft ihre Zugehörigkeit thematisiert. Zu diesen Gruppen zählt man die verschiedenen Verbände, die den „Grauen Wölfen“ zugerechnet werden.
Zugehörig zum Spektrum der türkisch-nationalistischen Grauen Wölfe sind im wesentlichen drei Dachorganisationen: Die ADÜTDF, kurz ATF, die ATIB und als kleinste Gruppierung die ADIB. Die Unterschiede sind vorhanden; geteilt wird jedoch eine stramm nationalistische Haltung, mal mehr, mal weniger stark islamistisch konnotiert. Gemeinsam träumt man von einer Großtürkei, Turan, und einer Wiederbelebung des Osmanischen Reichs. Betätigungen von Personen aus dem Spektrum werden kommunal jedoch oftmals nicht ausreichend wahrgenommen, da sich die Haltungen weniger im Verhältnis zur Mehrheitsgesellschaft, sondern mehr in den Wechselwirkungen innerhalb der Community der Türkeistämmigen zeigen. Am kommunalen Integrationstisch mag man mit anderen Gruppierungen sitzen, auch wenn ansonsten auf Abgrenzung und Abwertung gesetzt wird. Schließlich erhofft man sich Vorteile, Akzeptanz und Wertschätzung durch die Mehrheitsgesellschaft für die „kulturelle Betätigung“; über Problematisches wird in solchen Gremien kaum einmal gesprochen.
Dies trifft für viele Kommunen zu: Auch mit Akteuren, deren Haltungen eigentlich bekannt sein sollten, wird so verfahren, als nehme man ihre Ausrichtung und die vertretenen Positionen nicht wahr. Als sei genau die Betätigung, die an solchen Gremien teilhaben lässt, im Grunde weder ernst gemeint noch relevant. Dass über die vertretenen Haltungen nicht gesprochen wird, führt jedoch nicht weiter. Redet man über solche Haltungen nicht, sind bei öffentlicher Wahrnehmung dann beide Seiten überrascht (oder tun so).
Das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen gibt die grundlegende Ausrichtung so wieder, S. 194 des Berichts 2016:
„Diese Haltung kommt im „Ülkücü-Eid“ zum Ausdruck:
„Ich schwöre bei Allah, dem Koran, dem Vaterland, bei meiner Flagge. Meine Märtyrer, meine Frontkämpfer sollen sicher sein, wir die idealistische türkische Jugend, werden unseren Kampf gegen Kommunismus, Kapitalismus, Faschismus und jegliche Art von Imperialismus fortführen. Unser Kampf geht bis zum letzten Mann, bis zum letzten Atemzug, bis zum letzten Tropfen Blut. Unser Kampf geht weiter, bis die nationalistische Türkei, bis das Reich Turan erreicht ist. Wir, die idealistische Jugend, werden niemals aufgeben, nicht wanken, wir werden siegen, siegen, siegen. Möge Allah die Türken schützen und sie erhöhen“.
Klicke, um auf Verfassungsschutzbericht%202016.pdf zuzugreifen
Aus einem allgemeinen Artikel zu den Verbänden von der bpb:
„Im Zuge interner Auseinandersetzungen spalteten sich von der Türk Federasyon die ATB (Europäisch-Türkische Union) und ATIB (Türkisch Islamische Union Europa) ab, die sich mehr als islamisch orientierter Flügel der Szene der „Grauen Wölfe“ verstehen. Bundesweit unterhalten Türk Federasyon, ATIB und ATB gemeinsam ungefähr 300 lokale Vereine und Zweigstellen […] Ein Teil des Erfolgsrezepts der drei Dachverbände ist, dass sich ihre lokalen Mitgliedsvereine häufig als türkische Selbsthilfeorganisationen und Moscheegemeinden etablieren konnten. So haben Türk Federasyon, ATIB und ATB Einfluss auf zahlreiche Kultur- und Elternvereine, Unternehmerverbände, Jugendgruppen, Fußballclubs und Moscheen – und damit auf das soziale Leben vieler türkei-stämmiger Menschen in Deutschland.“
Es empfiehlt sich auch, die ZDF-Doku anzuschauen; hier die webstory dazu:
http://webstory.zdf.de/graue-woelfe/
Einer der Vereine in Offenbach, die sich dergestalt „kulturell“ betätigen, sitzt in der Offenbacher Geleitsstrasse. Der „Türkisch-Deutscher Freundschaftsverein“ ist nach Vereinsregister seit Mitte der 90er eingetragen.
Die Grauen Wölfe bzw. deren Umfeld in Offenbach haben verschiedene Accounts in den sozialen Medien, auf denen sie sich ungeniert der einschlägigen Symbolik bedienen. Oder auf denen Personen der Bewegung wie der Begründer gepriesen werden. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen. Hier ein Bezug auf den Begründer Alparslan Türkes:

Quelle: Fb-Account, https://www.facebook .com/Offenbachulkuocagiresmisayfa/ , Abruf 11.07.2018
Der Deutschland-Präsident in Offenbach:
Allerdings ist der Weg von der Frankfurter Friesstraße nicht weit.
Hier ein wenig Identitäres bezogen auf den zentralen Wolfsmythos:
Moderne Kleidung, archaisches Denken:
oder hier:
Man beachte den Namen des Accounts: Göktürkler.*
Ein Video, das auf dem anderen Account geteilt wird, wohl u.a. mit dem „Eid“:
Wer nun meint, das sei nur Männersache, also irgendetwas, das eher nur von einem archaischen Blut-, Boden- & Männerkult getragen würde, irrt. Bilder von fröhlichen jungen Frauen dokumentieren, dass das mitnichten so ist. Man bekennt sich:
So wird dann schon mal ein neuer Erdenbürger begrüßt, der auch ein Grauer Wolf werden soll:
In der Mehrheitsgesellschaft mögen die jungen Frauen als Studentinnen, Schülerinnen oder junge Berufstätige auftreten. Anscheinend wurde da die Schule durchlaufen, ohne dass auch nur Zweifel an mancher reaktionären Haltung aufkam.
Der Verein ist übrigens Mitglied im „Kompetenzteam Integration“ Offenbach:
Ebenso ist man beim „Runden Tisch Islam“ vertreten:
Die dort offerierten Erleichterungen und Hilfestellungen wird man gerne annehmen – und trotzdem nicht von dem Identitären, das auf eine türkisch-nationalistische Gegengesellschaft gerichtet ist, ablassen. Man wird trotzdem nach innen Abgrenzung und Überhöhung vertreten, denn das ist die Ideologie, religiös und kulturell verbrämt. Eigentlich geht so etwas nur mit einer klammheimlichen Verachtung der anderen Gesprächspartner am Tisch. Insofern wird man über diese Haltungen, die nach innen vertreten und gelebt werden, einmal reden müssen. Auch in Offenbach, wo man versucht, solche kognitiven Dissonanzen nicht in Erscheinung treten zu lassen, indem man Eigendarstellungen nicht oder wenig hinterfragt:
Wo die kognitiven Dissonanzen z.B. von Grauen Wölfen zu der kognitiven Dissonanz der Mehrheitsgesellschaft gemacht werden, damit es z.B. Grauen Wölfen nicht zu unbequem ist, läuft offensichtlich etwas fehl. Damit es eben keine öffentliche Diskussion gibt, lebt man überwiegend nebeneinander her. Vielleicht ist Offenbach nur „Spitze“ in der Verdrängung solcher Dissonanzen. Das allerdings ist kein Weg, der nachhaltig ist. Denn Lehrer und Sozialarbeiter werden mit den Wirkungen solcher Haltungen konfrontiert. Ihnen muss man helfen, die offene Gesellschaft zu verteidigen. Zwanzig Jahre „positiv denken“ und manch freundliches Entgegenkommen waren nicht geeignet, solche Haltungen anzugehen. Im Gegenteil hat man dadurch bewirkt, dass durch pauschale positive Zuschreibungen die Eigenüberhöhung („othering“) weder reflektiert noch bearbeitet, sondern nunmehr weiter aufgewertet wird. Auch rein Identitäres und Reaktionäres wird oftmals pauschal als „diversity“ positiv umbenannt. Mit solchen pauschalen Zuschreibungen bewirkt man jedoch, dass auch solche Vereine hinter harmlosen, friedlichen und tatsächlich bereichernden Kulturvereinen Deckung nehmen können. Solche Umschreibungen ändern jedoch nichts an Realitäten, die nicht immer gefallen können und auch müssen, aber differenziert wahrgenommen werden müssen. Man sollte sich diesen Realitäten stellen.
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