Einige aktuelle Sichten zur Muslimbruderschaft aus den Länderberichten
In den Berichten der Verfassungsschutzämter der Länder, die für den Beobachtungszeitraum 2017 erstellt wurden, finden sich auch einige Ausführungen zur Muslimbruderschaft (MB). Während in einigen Ländern die MB keine Erwähnung findet, sind die Darstellungen in anderen breiter angelegt. Eine direkte Proportionalität der Darstellungsbreite zur Zahl der Aktivitäten ist nicht feststellbar. In manchen Ländern scheinen relevante Betätigungen kaum beobachtet zu werden, zumindest aber nicht im Bericht erwähnt zu werden; das mag an der Zahl zuordnungsfähiger Anhänger oder auch an der Zuordnungsfähigkeit von Einrichtungen liegen. Teilweise scheint man sich schwer zu tun mit der Bewertung der Bewegung allgemein und manchen Aktivitäten im Besonderen bzw. es scheinen unterschiedliche politische Vorgaben von Einfluß zu sein, ob und welche Betätigung in dem Bericht auch erwähnt wird. In einem Land ist die Erwähnung sogar sehr knapp gehalten und spiegelt in ganz unzureichender Weise das Maß schon der sichtbaren Betätigungen wieder. Auch die Angabe des Personenkreises, der den MB zugeordnet wird, erscheint dort schon oberflächlich betrachtet erheblich untertrieben. Hinsichtlich der Benennung konkreter Einrichtungen tut man sich allgemein schwer mit wenigen Ausnahmen. Eher schon werden Gremien benannt, die bundesweit hinsichtlich der Entsendung von Referenten auffallen.
Aus dem niedersächsischen Bericht 2017, ab S. 108:
„Vorrangiges Ziel der MB ist es, die in Deutschland lebenden Muslime von der „wahren“, d. h. von ihrer Interpretation des Islams zu überzeugen. Verschiedene sogenannte islamische Zentren dienen diesem Ziel als organisatorische Stützpunkte. Gewalttätige Aktivitäten der MB in Deutschland wurden bisher nicht festgestellt. Die wichtigste Organisation in Deutschland, die das Gedankengut der MB vermittelt, ist die Islamische Gemeinschaft in Deutschland e. V. (IGD). Neben ihrem Hauptsitz in Köln betreibt die IGD mehrere sogenannte Islamische Zentren. Ein islamisches Zentrum stellt der Verein „Deutschsprachiger Muslimkreis Braunschweig e. V.“ in Braunschweig dar. Die IGD plant sich in „Deutsche Muslimische Gemeinschaft“ umzubenennen. Nach eigenen Angaben soll damit eine stärkere Verbundenheit zu Deutschland gezeigt werden. Die MB verfolgt auch in Niedersachsen ihren Ansatz der kulturellen und ideologischen Durchdringung. Dementsprechend übt die MB ihren Einfluss auf Moscheen in Niedersachsen in Braunschweig, Göttingen, Hannover und Osnabrück aus. Durch ihr Lehrangebot, wie z. B. in Moscheen angebotene Korankurse, verbreitet die MB ihre Ideologie. Hingegen sind öffentliche Aussagen von der Bruderschaft nahe stehenden Predigern mit antiwestlicher und/oder antijüdischer Tendenz vor dem Hintergrund verstärkter staatlicher Überwachungsmaßnahmen nicht mehr in früherer Schärfe wahrnehmbar. Die IGD führte auch im Jahr 2017 eine Reihe von überregionalen Veranstaltungen durch: Vom 06. bis 08.10.2017 fand der vierte bundesweite Koranwettbewerb in Bonn statt, an dem bis zu 400 Personen teilgenommen haben. Im Rahmen des Wettbewerbs wurde die Gründung des „Deutschen Bundes für den Edlen Koran“ bekanntgegeben. Die Veranstaltung wurde durch den arabischen Fernsehsender „Al-Jazeera“ live übertragen.“
Im neuen Bericht von NRW, S. 114 f.:
„Ziel der MB ist die Umgestaltung der Länder mit islamischer Mehrheitsbevölkerung in Staaten mit islamistischem Regierungssystem auf der Grundlage der Scharia sowie der islamischen Rechts- und Lebensordnung. Gewalt wird zur Durchsetzung dieses Ziels nicht ausgeschlossen, ist aber kein vorrangiges Mittel. Die MB lehnt säkulare demokratische Staatssysteme ab, beziehungsweise akzeptiert sie nur als Übergangslösung. […]
Die IGD ist in Deutschland bemüht, für Politik, Behörden und Sozialpartner als Ansprechpartner eines gemäßigten, weltoffenen Islam in Erscheinung zu treten. Vor dem Hintergrund der politischen Situation im Ursprungsland der MB muss die weitere Entwicklung der IGD im Blick behalten werden.“ Weiterlesen