Straßenkampagne Hizb ut Tahrir-naher Akteure
Das Hizb ut Tahrir nahe Portal „Realität Islam“ hatte im April eine Kampagne mit initiiert, die unter anderem eine Petition umschloß. Ursprünglich ging es darum, dagegen mobil zu machen, dass in Schulen in NRW Mädchen kein Kopftuch tragen sollten :
https://vunv1863.wordpress.com/2018/04/15/kampagne-fuer-das-kinderkopftuch-islamistische-akteure/
Die – allerdings völlig ungeprüfte – Unterschriftensammlung ergab weit über 100.000 Unterstützer bislang.
Nunmehr scheint man dies jedoch auch als Straßen-Kampagne (und als Mobilisierungs-Tool)* entdeckt zu haben. Junge Männer, Anhänger von „Realität Islam“ machen Infostände, an denen sie weitere Unterschriften sammeln
Gestern waren sie in Offenbach und versuchten dort, weitere Unterstützer anzusprechen:
Mit einem Tafel versuchten sie, Passanten aufmerksam zu machen:
Es gab jedoch weitere Aktionen, hier in Rüsselsheim:
Hier auf der Frankfurter Zeil:
Hier ein Video von der Zeil:
Ein junger Mann, der sich auf seinem Account Ahmad Arianzi nennt und angibt in Hamburg zu wohnen, schreibt in einem Kommentar auf der Seite von Arslan Ah (es sei hier einmal zitiert, weil das die Stimmung nicht weniger Personen bis in konservative Kreise hinein wiedergibt): „Wir Muslime müssen endlich zusammen rücken und uns diesem Unrecht entgegenstellen.Tagtäglich werden wir Muslime vor allem Unsere ehrenhaften Schwestern in ganz Europa diskriminiert, niemand setzt sich für unsere Belangen ein. Wir müssen selber aufstehen und unsere Stimme erheben und Politik und Medien die Stirn bieten, also sag nein zur werte Diktatur, und sage nein zum Assimilationszwang.“
Auf seiner Seite – auch er postet viel von RI und Generation Islam, einem weiteren Portal ähnlicher Ausrichtung, das vornehmlich in HH auffällt – ist dann ersichtlich, dass er für den Kalifatsstaat eintritt:
„Die fundamentale Lösung für die Probleme unter denen die Muslime leiden, ist der Kalifatstaat. Denn die Tatsache, dass die anderen es auf uns abgesehen haben, uns geringschätzen, die Entblößung unserer Frauen erzwingen, ihre Sittsamkeit nach Belieben verletzen, danach trachten, unsere kulturelle Besonderheit auszulöschen und unsere islamische Identität zu substituieren, ist auf das Fehlen des Betreuers unserer Interessen und Beschützers unserer Heiligtümer zurückzuführen; auf das Fehlen des Kalifen der Muslime und Führers der Gläubigen!“
https://www.facebook.com/profile.php?id=100005973645518&fref=ufi&rc=p
Man beachte den kollektiven Ansatz. Wer wohl alles „die anderen“ sein mögen?
Es ging bei dem NRW-Vorschlag um vorpubertäre Kinder.
Dass „die eigenen Frauen“ (alles seine, die der Ummah?) vielleicht keine Lust auf eine Verhüllung haben könnten und trotzdem praktizierende und bekennende Musliminnen sein könnten, darauf kommt er nicht. Aber vielleicht sind die ja dadurch beim anderen Kollektiv.
Nicht mal in einem gemeinsamen Sozialraum wie der Schule scheint man gewillt, Regeln, die für alle gelten würden (wie im Raum keine Kopfbedeckung zu tragen, wenn dies auch noch nicht einmal theologisch (vorpubertäre Kinder!) herleitbar und geboten ist), anzunehmen. Die Religion muss zwingend alle Lebensräume und -betätigungen der Kinder durchdringen, der totalitäre Zugriff darf nicht unterbrochen werden. Keine Freiräume für Kinder sollen bleiben. Sie sollen keine Wahl haben, alles völlig identitär.
Zudem wähnt man sich ständig angegriffen und eingeschränkt. Dass es eine Menge Entgegenkommen gab und gibt, dass allerlei Forderungen (Islamunterricht z.B.) bereits erfüllt wurden, hindert nicht. Zurückhaltend ist man nicht mit der Wortwahl; aus dem Wunsch, ein Gemeinwesen so zu gestalten, dass es vielen gerecht wird, wird schon dann eine „Diktatur“ mit „Assimilationszwang“, wenn es um solche, doch relativ kleinen Dinge geht. Dass die eigene Gruppe nicht die einzige Interessengruppe ist und man im gemeinsamen Raum Regeln für alle festlegen muss, scheint wohl inakzeptabel.
Dass „Realität Islam“ aber auch im wirklichen Leben relevant Personen mobilisieren kann, zeigte sich erst vor einigen Wochen in Darmstadt. Nach eigenen Angaben (die übertrieben sein mögen) wurden 700 Personen in eine Halle in Darmstadt geladen:
Die Welt der Anhänger von „Realität Islam“ ist völlig in schwarz/weiß geteilt.
Zurückliegend in 2016 wurden bei zwei Events in Frankfurt Personen ebenfalls in dieser Größenordnung in dieser Weltsicht unterwiesen. Ein weiteres Event in Hattersheim konnte dank ein wenig Hintergrundinformation verhindert werden (Dezember 2016).
Eltern und Lehrer sollten auf diese Straßenkampagne und auch auf diese Ideologiefragmente achten: Nicht nur, dass die Aktivisten so an Daten herankommen; sie könnten auch insbesondere Jüngere in diese Kreise hineinziehen. Im Ergebnis können insbesondere Jugendliche von diesen durchideologisierten Kreisen eingefangen und rekrutiert werden. Auch in Klassen und auf Schulhöfen sollte man diesbezüglich wachsam sein, ob solche Unterschriftenlisten oder Materialien (verbunden mit der Ideologie) herumgereicht werden. Es bietet sich da an, einmal zu verdeutlichen, was *wirklich* eine Diktatur ist und was das Land, in dem sie leben, an Freiheiten bietet. Eine „Diktatur“, in der man offen und unbeschadet über 100.000 Unterschriften sammeln kann, lautstark und offen protestieren kann, Infostände anmelden und abhalten kann – da wissen viele nicht, was sie so von sich geben. Sie versuchen, einfache Regeln für alle und auch mal andere Meinung aushalten müssen schon zur „Diktatur“ umzudeuten und mancher merkt dabei nicht, wie totalitär die eigene Haltung ist.
Am Rande: hier eine Reihe junger Männer, die für die Kampagne werben:
*
Da die Petition nur noch 3 Monate läuft etwa, ist diese Anspracheform selbstlimitierend.