Die Muslimbruderschaft betreibt ihre Mission oftmals in und durch soziale Projekte. Eine Akteurin aus dem Rhein-Main-Gebiet, die mit immer neuen Organisationen im Pflege- und Seelsorgebereich auftritt, fällt bereits länger in diesem Kontext auf. Zwei Qualitätsmedien sind auf diese Strukturen offenbar bereits hereingefallen.

Symbolbild
Pflege und Seelsorge sind Bereiche, die besonders sensibel sind. Menschen, die alters- oder krankheitsbedingt geschwächt sind, haben weniger Abwehrkräfte gegen Vereinnahmungen. Insbesondere unter diesem Patientenschutz-Aspekt sollte genau hingesehen werden, wer mit solchen Aufgaben betraut wird. Das gilt für Sektenbezüge ebenso wie für andere Ideologien, die ihre Aktivitäten mit Jenseitsverheißungen flankieren.
Muslimische Seelsorge sollte also unter diesem allgemein humanitären Ansatz – nämlich den Schutz des beeinträchtigten Menschen – ebenso nicht Personen anvertraut werden, die islamistische Bezüge haben. Zu groß ist die Gefahr, dass neben der Seelsorge auch noch eine andere Agenda verfolgt wird. Dennoch passiert es immer wieder, dass Akteure mit islamistischen Bezügen sich in Krankenhäuser oder andere Einrichtungen begeben können. Am Beispiel des fundamentalistischen Imams Amen Dali aus Mannheim zeigte sich ebenso wie am Beispiel der muslimbrudernahen Organisationen Salam und Inkurs, dass derlei Umtriebe durchaus versucht werden. Die Einrichtungen, an denen solche Betätigungen stattfinden, werden natürlich über die eigene Verortung nicht informiert.
Ein noch recht junges Beispiel ist die neueste Aktivität von Rabia Bechari. Die hessische Akteurin war mit ihrem Verein Salam e.V. Mitglied des 2016 in die Beobachtung des Verfassungschutzes gekommenen „Deutsch-islamischen Vereinsverbandes“* und war dort im Vorstand in Funktion. Das kommt nicht von ungefähr und erscheint auch deutlich nicht als Versehen: Schaut man sich die „Gefällt mir“ Angaben ihres Facebook-Auftritts an, so finden sich da viele Organisationen aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft, Extremisten wie Eyad Hadrous und Neil bin Radhan oder die Aktionsbündnisse „Generation Islam“ und „Realität Islam“, die beide dem Spektrum der verbotenen Hizb ut Tahrir zuzuordnen sind. Das sind alles Strukturen, die eine Muslima, die nur ein wenig Seelsorge macht, nicht kennt. Wohl aber jemand, der im Bereich des politischen Islam an der Strukturbildung arbeitet. Unter dem Namen „Barmherzige Begleitung“ ist vor einiger Zeit nach Inkurs nunmehr die dritte Struktur in diesem Sektor von ihr oder ihrem Umfeld initiiert worden: Vorstand ist Ahmed Douiran, laut Medien ihr Ehemann. Als „Hauptsitz“ wird auf der Internetseite des Vereins Frankfurt angegeben, an der Frankenallee 331. Das ist die frühere Adresse eines „Bassera-Shops“ (nach dem Portal Cylex), der nunmehr nach Impressum in der Straße Am Eichenloh 6 in Frankfurt – wohl ein Wohnhaus – residiert.
Laut Vereinsregister ist der Verein Barmherzige Begleitung jedoch mit Sitz am Landgrafenring 83 in Offenbach am Main eingetragen, wohl ebenfalls ein Wohnhaus. Vorstand ist Ahmed Douirani. Als Nebensitz wird Offenbach angegeben; jedoch nicht die Adresse laut Vereinsregister, sondern die Waldstraße 172. Diese Adresse ist wiederum identisch mit der Adresse, die neuerdings für Inkurs angegeben wird. Inkurs bietet Kurse für künftige „Sterbe-Begleiter“ an; hier eine Bewerbung der Inkurs-Kurse auf dem Internetauftritt einer Einrichtung, die zum Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft zählt ( iisev.de ). Diese Kurse werden für 498 Euro angeboten. Inkurs ist kein Verein, kann also nach Belieben Gewinne erwirtschaften. Inkurs macht also mit den „Ausbildungen Geld, das „ehrenamtliche Engagement wird dann über die Vereine Salam und Barmherzige Begleitung vermittelt, so dass die eigenwirtschaftliche Betätigung nicht so ins Auge springt. Die Rechtsform von Inkurs geht nicht aus dem Impressum hervor, in dem weder jene Kontaktadresse benannt ist noch ein rechtlich Verantwortlicher; dort findet sich nur ein Postfach in Frankfurt. Ein weiteres Team-Mitglied von Inkurs, der jetzt als „Referent“ aufgeführte Hamid El Jazouli, ist ebenfalls als Vorstand der Barmherzigen Begleitung eingetragen. Ein ziemliches Verwirrspiel also.
FAZ und FOCUS mit unkritischen Werbeartikeln?
Die Eintragung ist von Ende Juni und damit ganz „frisch“. Als neu eingetragenem Verein wird auch dort eine Gemeinnützigkeit erst einmal angenommen. Ahmed Douirani ist auch bei Inkurs dabei. Ganz verwunderlich ist das nicht, denn nach einem FOCUS-Artikel von Najima El Hadouchi ist Douirani der Ehemann von Bechari. Auch die FAZ-Journalistin Miriam Schröder berichtete. Beide Artikel lassen Hintergründe vermissen. Bei Schröder mag das Nachlässigkeit gewesen sein, beim Hintergrund von El Hadouchi** aber erscheint Unkenntnis weniger wahrscheinlich.
Ein Eindruck aus einem Kurs:
Passend zur Ausrichtung wurde dieser Kurs beim IIB Hanau, ebenfalls im Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft, durchgeführt.
Der Verein bietet unter anderem auch Sterbebegleitung an. Da bietet sich auch dieser praktische Hinweis, dass gemeinnützige Vereine bedacht werden können, an.
Noch vor Eintragung wurde der neue Verein Mitglied im Hospiz- und PalliativVerband Hessen e.V., wo man wohl auch nicht genau hinsah.
Salam e.V. und „Barmherzige Begleitung“ erscheinen also als Vereine, die dann dem „Geschäftssektor“ Inkurs die „Kundschaft“ vermitteln, mit dem man dann die geldbringenden Ausbildungen und Seminare an den Mann und die Frau bringen kann. Die Akteure versuchen sich recht geschickt zu platzieren und so mancher Krankenhaus-Betreiber mag da nicht so genau hinsehen. Das wird leider noch wahrscheinlicher, wenn bei Qualitätsmedien Artikel „durchrutschen“, die eher als Werbeanzeigen erscheinen, von nicht näher bekannten Autoren verfasst sind oder bei denen die Redakteurinnen nicht mal ihre Gesprächspartner googeln mögen. Das ist dann natürlich beste Werbung für derlei Filz. Die Leidtragenden sind Patienten, die Seelsorge wollen und mit Personen konfrontiert werden, die als seriös verkannt werden.
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Der Verband scheint mittlerweile in Auflösung begriffen.
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Eine Dame gleichen Namens taucht hier hier beim „Tag der offenen Moschee“ auf – bei eben jenem IIS, das dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft zuzuordnen ist. Wie sie es – sie hat in Google nur ganz wenige Treffer – es mit diesem „journalistischen“ Erzeugnis in den FOCUS geschafft hat, bleibt rätselhaft. Auch die Schreibweise des Namens wird so nicht überprüft. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Neuzugänge Hamdouchi und Eren bei Inkurs. Der Name der „Journalistin“ ähnelt also sehr dem Namen von Neuzugang 1. Und eine namensgleiche Krankenschwester, die bei Inkurs im Team ist, wird wie ein Testimonial zitiert: „Das sieht auch die Krankenschwester Sümeyye Eren so: „,In diesem Fall spielt das aktive Zuhören eine besonders große Rolle.‘ Die 25-Jährige ist bereits als Krankenhausseelsorgerin tätig und möchte bald die Ausbildung zur Sterbebegleiterin machen. Auch sie ist überzeugt: ‚Der Bedarf an Seelsorge und Sterbebegleitung für Muslime ist riesig.‘ Und das nicht nur zuhause – auch im Krankenhaus bleiben die zwischenmenschlichen Gespräche zwischen Patienten und Pflegepersonal auf der Strecke. Nicht nur, weil es an Zeit fehle, sondern auch, weil die Kompetenzen nicht vorhanden seien. ‚Deshalb hat mir die Ausbildung als Seelsorgerin besonders viel gebracht.‘“ Das erscheint als etwas viele Namensähnlichkeiten, um Zufall zu sein.