Mit der DITIB-Moschee auf seinem neuen Auswärtstrikot hat sich der 1. FC Köln jetzt faktisch in die Debatte um den umstrittenen Moschee-Dachverband eingemischt. Dass sich der Fußball-Bundesligist dabei auf Toleranz beruft und politische Absichten bestreitet, mutet bizarr und zynisch an. Viel schlimmer als der Vorgang selber dürfte jedoch die Gedankenlosigkeit sein, die der 1. FC mit seinen Antworten an die Kritiker unfreiwillig offenbart.

Die DITIB-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)
Dass der Fußball-Bundesligist 1. FC Köln am vergangenen Wochenende Trikots vorstellte, die auch die Umrisse des Doms sowie der DITIB-Zentralmoschee zeigten, rief in der deutschen Presse anfänglich nur wenig Interesse hervor. Zu Beginn der Woche war es lediglich die türkische Presse, die ausführlich darüber berichtete. Die deutschen Medien griffen das Thema erst auf, als ein offenbar islamfeindlicher Fan deswegen aus dem Verein austrat, worin die Journalisten Rassismus erblickten.
Wie auf der Twitter-Seite des 1. FC Köln unschwer nachgelesen werden kann, entzündete sich die massive Kritik überwiegend jedoch nicht daran, dass auf dem Trikot eine Moschee abgebildet wird. Sondern explizit daran, dass es sich dabei um eine DITIB-Moschee handelt. Den Twitter-Nutzern, die den Bundesliga-Verein damit konfrontierten, warum der über seine Satzung mit der türkischen Religionsbehörde Diyanet verknüpfte Moschee-Dachverband so kritisch gesehen wird, antwortete der 1. FC jedoch nur lapidar: „Die Moschee steht symbolisch für die große türkische Community in Köln, in der es sehr viele eingefleischte FC-Fans gibt. Sie ist ein Teil der Kölner Skyline geworden. Das gilt unabhängig davon, wie man politisch zum Betreiber der Moschee steht.“ Damit war die Sache für den Verein, der Toleranz in seiner Charta als einen seiner wichtigsten Werte nennt, offenbar wieder erledigt.
Keine Einmischung in die Politik?
Wie tief die Gräben in dieser Auseinandersetzung inzwischen sind, zeigte sich am Donnerstag bei einem Streitgespräch der Bild-Zeitung zwischen Klub-Legende Toni Schumacher und Ünsal Arik. Dabei nahm der deutsch-türkische Boxer kein Blatt vor den Mund: „Man arbeitet nicht mit Terroristen zusammen, man unterstützt keinen Diktator, indem man auch noch Werbung für ihn macht, ich find’s einfach sch… die Aktion.“ Schumacher aber entgegnete lachend: „Wir mischen uns ja mit diesem Statement nicht in die Politik ein. Das ist, wo der 1. FC Köln sich heraushält.“ Danach verweist der Ex-Torwart ebenfalls auf die Charta des 1. FC.
Eine Aussage, die erneut unterstreicht, dass die Verantwortlichen des 1. FC Köln gar nicht verstanden haben, worum es überhaupt geht. Denn mit solchen Darstellungen betreibt der Klub faktisch die Entpolitisierung der DITIB. Und die wiederum ist eine massive Einmischung in die politischen Debatten über den Verband. Natürlich wäre es eine gute Sache, wenn ein Fußball-Klub seine muslimischen Fans ebenso miteinbeziehen will wie seine christlichen, jüdischen oder atheistischen Anhänger. Aber mit der Wahl ausgerechnet dieser Moschee als Symbol und mit seiner Begründung dafür irrt der Verein gleich mehrfach. Zum einen gibt es viele Türkeistämmige, die dieser Glaubensrichtung gar nicht angehören, wie etwa Aleviten, Kurden oder Anhänger anderer Strömungen. Nicht zu vergessen die vielen säkularen Türkeistämmigen, die mit Religion herzlich wenig am Hut haben. Aber der 1. FC sieht sie alle pauschal als DITIB-Fans, er macht sie dazu.
Wer die einen anspricht, schließt die anderen aus
Da werden sich viele Türkeistämmige schon deshalb ärgern, weil sie über einen Kamm geschoren werden. Diese sunnitische Moschee abzubilden stößt auch die nicht türkischstämmigen Muslime sowie andere Menschen mit Migrationsgeschichte vor den Kopf. Der Fußball-Verein will damit wohl bestimmte Fangruppen gezielt ansprechen. Das geht allerdings so völlig nach hinten los, denn wer die einen gezielt anspricht, schließt andere damit aus. Das vermeintliche Zeichen der Inklusion spaltet also die Fans ohne Sinn und Not in Gruppen auf.
Auch kann sich der Verein eben nicht damit herausreden, seine Handlung sei unpolitisch. Ein Bekenntnis zur DITIB soll „unpolitisch“ sein? Die DITIB ist untrennbar mit der Diyanet verbunden und die untersteht direkt dem türkischen Staatspräsidenten. Die Diyanet ist eine politische Religionsbehörde, keine Religionsgemeinschaft. Wohl schon aus diesem Grund hat die DITIB selbst gar nicht erst versucht, in Deutschland als Religionsgemeinschaft formell anerkannt zu werden. Aber der 1. FC Köln weiß es natürlich besser als die DITIB selber. In der Türkei lachen sich derweil Erdogan-Anhänger einen Ast und freuen sich über das politische Statement: Sofern die Botschaft nicht beabsichtigt war, so wurde sie jedoch genau so verstanden.
Symbol für Abgrenzung, Herrschaftsanspruch und Intoleranz
In genau dieser Moschee, deren Marketing der 1. FC nun so begierig für bare Münze nimmt, wurde einem toleranten, einem unpolitischen Islam vor über einem Jahr bei einer großen Konferenz islamischer und islamistischer Funktionäre eine klare Absage erteilt. Dabei waren auch hochrangige Muslimbrüder mit von der Partie. Wiederholt wurden genau jene ausgeschlossen, die sich für die Errichtung dieser Moschee stark gemacht hatten und die Köln repräsentieren. Die Reden zur Eröffnung hielten nicht etwa der ehemalige Oberbürgermeister Fritz Schramma, der sich für diese Moschee stark gemacht hatte, oder die amtierende Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Sondern der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Und der Erdogan-Islam hat sich als fundamentalistisch, repressiv, intolerant und aggressiv erwiesen. Klarer kann man Abgrenzung, Herrschaftsanspruch und Intoleranz nicht zum Ausdruck bringen. Für all das steht diese Moschee.
Wie politisch heikel und umstritten der Umgang mit der DITIB ist, zeigte sich erst Ende Mai, als der neue Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, davon sprach, die Verflechtungen der DITIB mit der türkischen Regierung seien „keine religiöse Sichtweise“. Seine in Mainz getätigte Aussage wurde als Rückhalt für die Gespräche der rheinland-pfälzischen Landesregierung mit der DITIB verstanden und zog sofort die Kritik anderer Islamismus-Experten nach sich. Vor einem solchen Hintergrund wäre es besser, wenn sich Fußball-Klubs aus solchen Debatten heraushalten würden. Fußball-Klubs sollen ihre Fans mit Toren begeistern. Und zwar alle Fans. Da muss man nicht erst separieren, um dann vermeintlich wieder zusammenzuführen. Andere Dinge sollten Fußball-Vereine aber der Politik und dem Verfassungsschutz überlassen. Wie schnell ein Scherbenhaufen entsteht, wenn gutmeinende, aber unkundige und gedankenlose Fußball-Manager sich gesellschaftspolitisch betätigen, hat diese Woche der 1. FC Köln gezeigt. Zur Nachahmung ist dieses Beispiel sicher nicht empfohlen.
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