Karlsruhe: Bauen Muslimbrüder Strukturen aus?

Die Karlsruher Annur-Moschee, die auch eine Koranschule betreibt, verfolgt seit einiger Zeit Ausbaupläne. Während jedoch bei der DITIB in Karlsruhe, bei der auch Baumaßnahmen anstehen, eine öffentliche Debatte erfolgte, wird der Ausbau der Räumlichkeiten der Annur-Moschee weniger wahrgenommen. Dabei ist die bislang wohl größte Moschee Karlsruhes langjährig dem Netzwerk der Muslimbruderschaft zuzuordnen. Vor einigen Wochen trat sogar der FIOE-Vorsitzende Samir Falah dort wieder auf.

Träger der Annur-Moschee in Karlsruhe-Daxlanden ist der Verein für Dialog und Völkerverständigung. Wie häufig bei Vereinen, die dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft zuzuordnen sind, taucht im Impressum keinerlei Name einer natürlichen Person auf. Auch Vorstand und Aufsichtsrat – der Verein hat laut seiner Satzung einen – bleiben völlig im Dunklen. Zur Mehrheitsgesellschaft hin wird mit Tag der offenen Moschee und etwa dem Bekunden von freundlichen Worthülsen ein Image von Friedlichkeit und Integrationswillen aufgebaut. Die Hoffnung ist wohl, dass dieses Image weniger Widerstände gegen Ausbreitungs- und Ausbauwünsche bewirkt als dies beispielsweise beim Ausbau der lokalen DITIB-Aktivitäten der Fall war. Hinsichtlich des finanziellen Rückhalts der Gemeinde scheint man jedoch bei den Bauplanungen auf Hilfe von außen angewiesen. Sicherlich wird die Gemeinde da aber einen Weg finden, sofern eine Baugenehmigung vorliegt. Nach einem Pressebericht zur Eröffnung 2007 bietet die Moschee auf 3800 Quadratmetern bereits Platz für 1000 Gläubige. Geplant sind 14 Seminar- und Nebenräume und eine Aufstockung um zwei Geschosse.

Die Muslimbruderschaft wurde in Baden-Württemberg in den letzten Jahren vor allem wegen der Aktivitäten der „Sächsischen Bildungsstätte“ in den Medien thematisiert. Im Verfassungsschutzbericht des Landes Baden-Württemberg wird für 2019 ein leichter Rückgang von rund 190 auf etwa 180 Personen angegeben, was auf einen Wegzug von Anhängern hindeuten könnte. Träfe dies zu, wäre die Entwicklung der Anhängerschaft im Bundesland gegen den Bundestrend. Im Bund und vor allem in Nordrhein-Westfalen werden immer mehr Personen der Muslimbruderschaft zugeordnet oder für beobachtungswürdig gehalten.

Die Karlsruher Annur-Moschee war hier schon einmal Thema. Damals ging es um die Moschee als Ort, an dem über Jahre hinweg hochrangige Referenten aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft aufgetreten sind. Dass dies fortgesetzt wird, zeigen aktuelle Referenten, wie man auf der Facebook-Seite der angeschlossenen Schule sehen kann:

Belegbild: Facebook-Seite der Schule der Annur-Moschee, Abruf 17.09.2020

Mit Taha Amer und Abou Obaida Ali sind im Mai wiederum zwei langjährig bekannte Personen für die Annur-Moschee aktiv gewesen. Beide üben herausgehobene Funktionen aus. Amer als Vorsitzender des in Frankfurt ansässigen Rats der Imame und Gelehrten (RIGD), der vom hessischen Verfassungschutz regelmäßig erwähnt wird. Ali als Studiendekan des Europäischen Instituts für Humanwissenschaften (EIHW), das vom hessischen Verfassungsschutz als „Kaderschmiede der Muslimbruderschaft“ bezeichnet wird. Der Studienbetrieb des EIHW ruht derzeit, da wohl noch ein Problem besteht, eine geeignete Räumlichkeit zu finden, nachdem die Frankfurter Einrichtung in der Ostendstraße schließen musste. Im diesjährigen Ramadan erst war Ali mehrfach für das Islamische Zentrum Aachen (IZA) als Referent aktiv geworden.

Bereits der frühere Imam, Mohamed Ibrahim, war eingebunden im Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft. Er leitet heute die mit großzügigen Spenden aus den UAE finanzierte  Moschee in Wolfsburg. Doch auch über den aktuellen Imam der Annur-Moschee Ali el-Shafey sind die Bezüge nur zu deutlich. Hier als Referent beim EIHW:

Belegbild: Facebook-Seite des EIHW, Abruf 17.09.2020

Ganz neu sind die Bestrebungen also nicht; auch 2017 hieß es wieder in einer Antwort des Landesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage: „Die Anhänger der Muslimbruderschaft in Baden-Württemberg zeigen zum Teil seit geraumer Zeit eine ausgeprägte Affinität zu salafistischen Positionen. Seit dem Sturz Mohammed Mursis im Jahr 2013 in Ägypten halten sich die Anhänger der Muslimbruderschaft mit öffentlichen Aktionen und Bekundungen zurück. Aktivitäten finden verstärkt im konspirativen Rahmen statt.“ Und konkret zur Einrichtung: „Das Islamische Zentrum Stuttgart e. V., das Islamische Zentrum Freiburg e. V. und die Annur-Moschee in Karlsruhe können der Muslimbruderschaft zugeordnet werden.“ In eben dieser Antwort hieß es aber auch: „Nach den Erkenntnissen des LfV existieren keine Strukturen der FIOE in Baden-Württemberg.“

Mit FIOE ist die Federation of Islamic Organisations in Europe gemeint, die sich vor kurzem in „Councils of European Muslims“ umbenannt hat. In Verfassungsschutzberichten wird die Organisation ebenfalls der Muslimbruderschaft zugeordnet. Deren derzeitiger Vorsitzender ist Samir Falah. Bevor er diese Funktion übernommen hatte, war er ab 2012 schon Vorsitzender des Schura-Rats der FIOE und einige Jahre Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Deutschland (IGD), die sich dann in Deutsche Muslimische Gemeinschaft (DMG) umbenannte. Auch die IGD/DMG wird in Verfassungsschutzberichten der Muslimbruderschaft zugeordnet. Falah ist Karlsruher und ehemaliger Vorsitzender des Trägervereins der Annur-Moschee. Seine Wege dorthin sind immer noch kurz, wie Auftritte von ihm dort im Mai und Juni 2020 belegen. Das legt aber auch die Vermutung nahe, dass es zumindest Aktivitäten der nunmehr umbenannten FIOE in Karlsruhe gibt. Denn ganz trennen kann man die lokalen Betätigungen von Samir Falah wohl kaum von der europaweiten Funktion, die er nunmehr ausübt.

Belegbild: Samir Falah in der Karlsruher Annur Moschee im Juni 2020, Facebook-Seite der Annur Moschee, Abruf 17.09.2020

Unter den Gesichtspunkten, dass in Karlsruhe die Räumlichkeiten ausgebaut werden sollen, dass das EIHW neue Räume sucht und einer der europaweit wichtigsten Funktionäre vor Ort ist, sollten die Vorhaben weiterhin genau beobachtet werden. Beobachten ist jedoch nicht genug. Diese Bestrebungen müssen auch in und von der Stadt wahrgenommen werden. 2017 etwa wurden arglose Gymnasiasten in die Moschee eingeladen, damit sich diese den Schülern als unproblematischer spiritueller Ort präsentieren konnte. Vor dem Hintergrund, dass bekannt ist, dass der Verfassungsschutz die Moschee der Muslimbruderschaft zuordnet, darf sich so etwas nicht wiederholen. 

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