NRW: Kein Islamismus, nirgends

Trotz der erneuten Anschläge in Frankreich ist Islamismus im NRW-Innenausschuss auch weiterhin kein Thema. Islamisten, die zur Polizei wollten, wurden bei der Tagesordnung am Donnerstag geschickt dem Themenkomplex Rechtsextremismus zugeordnet.

Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) kurz vor der Ausschuss-Sitzung (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Nur Stunden nach den Meldungen über erneute islamistische Terror-Anschläge in Frankreich kam am frühen Donnerstagnachmittag der Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags in Düsseldorf zu seiner regulären Sitzung zusammen. Das große Medieninteresse an dieser Sitzung resultierte aber nur aus der Debatte über Rechtsextremisten bei den NRW-Sicherheitsbehörden. Als dieser Tagesordnungspunkt (TOP) nach rund 80 Minuten abgehandelt war, verließen fast alle Medienvertreter den Sitzungssaal wieder. Das Thema Islamismus spielte im Ausschuss, wie schon in den Monaten zuvor, keine Rolle mehr.

Dabei hätte eigentlich im TOP 12 ein Bericht der Landesregierung erörtert werden sollen. 2019 und 2020 wurde jeweils einem Islamisten die Einstellung bei der Polizei verweigert, nachdem diese durch die Regelabfrage beim Verfassungsschutz aufgeflogen waren. „Zum einen ist dieser Bezug durch Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen und durch enge Kontakte mit teils führenden Protagonisten der salafistischen Szene gegeben, zum anderen durch eindeutige Äußerungen und die Einstellung von den Jihad verherrlichenden Postings in sozialen Netzwerken“, hieß es dazu in dem Bericht.

Zu Beginn der Sitzung kündigte der Ausschussvorsitzende Daniel Sieveke (CDU) jedoch an, diesen Weiterlesen

Erbakan-Stiftung baut Strukturen auf

Die Gruppierung „Erbakan Vakfi“ (Erbakan-Stiftung) wird in einigen Bundesländern vom Verfassungsschutz beobachtet. Sie gilt als extremistisch ausgerichteter Teil der Milli-Görüs-Bewegung. Während sich in der Türkei seit einiger Zeit eine Nachfolgeorganisation, die von Erbakans Sohn geführt wird, als neue politische Kraft formiert und auch schon eine neue Partei gründete, werden auch in Deutschland zunehmend Strukturen gebildet.

Die Milli-Görüs-Bewegung (deutsch „Nationale Sicht“) gilt heute als multinational verbreitete islamistische Bewegung. Sie stammt aus der Türkei, als ihr Gründer gilt der 2011 verstorbene ehemalige Staatspräsident Necmettin Erbakan, der auch ein Förderer Erdogans war. Auch die türkische Saadet Partisi (SP, „Partei der Glückseligkeit“, eine islamistische Partei) geht auf eine Gründung Erbakans zurück. In Deutschland wurde die Milli-Görüs-Bewegung lange Zeit von mehreren Verfassungsschutzbehörden nicht nur als antisemitisch und demokratiefeindlich, sondern auch in Gänze extremistisch eingestuft. Die Ideologie dieser Bewegung wird auch immer wieder als integrationsfeindlich kritisiert. In Deutschland gilt die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) als wichtigste Repräsentanz dieser Bewegung.

Seit 2014 gingen jedoch mehrere Landesverfassungsschutzämter dazu über, die IGMG nicht mehr oder nicht mehr in Gänze zu beobachten beziehungsweise sie nicht mehr in ihren Jahresberichten aufzuführen. Begründet wurden diese Neubewertungen zumeist damit, dass ein „Reformkurs“ dazu geführt habe, dass der Verein mit Sitz in Köln nicht mehr eindeutig dem islamistischen Spektrum zuzuordnen sei. Einzelne Vereine abseits der IGMG werden jedoch auch weiterhin als extremistisch eingestuft und beobachtet.

Die Organisation „Erbakan Vakfi“ (deutsch: Erbakan-Stiftung) wird seit einigen Jahren in verschiedenen Bundesländern vom Verfassungsschutz als Bewegung beobachtet, die aus dem Milli- Weiterlesen

Potentielle Anschlags-Ziele auf Facebook markiert?

Beim Prozess gegen Ravsan B. ging es letzte Woche auch um mehrere Beiträge von „Falk Nachrichten“. Ein Ermittler deutete die Möglichkeit an, dass damit Luftwaffen-Stützpunkte als potentielle Anschlags-Ziele markiert wurden. B.s Verteidiger widersprach sofort und bezeichnete das als „Hypothesen, die noch auf den Prüfstand gestellt werden“.

Ravsan B. auf der Anklagebank (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Der Prozess gegen Ravsan B. wurde am Donnerstag und Freitag vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) fortgesetzt. Seit 22. September wird vor dem 6. Strafsenat des OLG gegen den 30-Jährigen verhandelt. Vorgeworfen wird ihm unter anderem, spätestens im Januar 2019 in Nordrhein-Westfalen eine Zelle gegründet zu haben, um für die Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) in Deutschland Anschläge zu begehen. Bei seiner Einlassung hatte der Tadschike allen Ernstes beteuert, er habe nach dem Konsum von Alkohol, Drogen und IS-Propagandavideos über die Situation in Syrien „helfen wollen“.

Spannend wurde es am Donnerstag, als ein Ermittler des Mönchengladbacher Staatsschutzes detailliert schilderte, wie die Polizei auf Ravsan B. aufmerksam wurde. Weiterlesen

Hessischer Verfassungsschutz-Bericht vorgestellt

Mit ungewöhnlicher Verspätung wurde am Freitag in Wiesbaden der hessische Verfassungsschutzbericht für 2019 vorgestellt. Eine kurze Zusammenfassung unter dem Aspekt des Islamismus.

Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) hat am Freitag in Wiesbaden zusammen mit dem Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) Hessen, Robert Schäfer, den Bericht des Landesverfassungsschutzes für 2019 vorgestellt. Wie bei allen anderen in diesem Jahr vorgestellten Verfassungsschutzberichten, wurde auch in Hessen betont, dass der Rechtsextremismus derzeit die größte Gefahr darstellt. „Trotz der gegenwärtigen Gefahr, die vom Rechtsextremismus ausgeht, dürfen die Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus, die gezielte Unterwanderung unserer Gesellschaft durch den legalistischen Islamismus, der zunehmend gewalttätigere Linksextremismus sowie der Extremismus mit Auslandsbezug nicht vernachlässigt werden“, schränkte Innenminister Peter Beuth jedoch im Vorwort des Berichts ein.

Warum der hessische Verfassungsschutzbericht in diesem Jahr der Öffentlichkeit so spät vorgestellt wurde, ist nicht bekannt. Teile des Zahlenwerks aus dem Bereich Islamismus sind offenbar schon vor der Vorstellung des Berichts für den Bund erstellt worden. Dies legt die Vermutung nahe, dass der Bericht oder zumindest große Teile davon schon vor Monaten fertig gestellt wurde.

Beim Personenpotential des Islamismus hat sich laut des Berichts mit 4.170, davon 1.650 Salafisten, gegenüber dem Vorjahr nichts verändert. Beim Rechtsextremismus ist das Personenpotential gegenüber 2018 durch die Beobachtung weiterer Organisationen von 1.475 auf 2.200 gestiegen. Im Bereich des Linksextremismus war nur eine leichte Steigerung von 2.570 auf 2.600 zu erkennen. Damit stellt der Islamismus gemessen am Personenpotential unverändert die am stärksten vorhandene Extremismus-Form dar. Verzerrt wird diese Betrachtung jedoch durch den auslandsbezogenen Extremismus, dessen Personenpotential im Vergleich zu 2018 von 4.330 auf 4.195 leicht gesunken ist.

Wenig über die „Grauen Wölfe“

Diesem Bereich wird auch die Ülkücü-Bewegung zugeordnet, die auch als „Graue Wölfe“ bekannt ist. Obwohl eine der wichtigsten Organisationen Weiterlesen

Fatwa-Ausschuss Deutschland: Neue Aufstellung, Alte Bekannte

Der Fatwa-Ausschuss Deutschland ist die deutsche Filiale des European Council for Fatwa and Research (ECFR). Das ECFR gilt als Organisation, die von der Muslimbruderschaft dominiert wird. Vor kurzem gab der Fatwa-Ausschuss bekannt, zukünftig in einer neuen Zusammensetzung wirken zu wollen. Darunter ist nunmehr auch ein bundesweit bekannter radikaler Prediger.

Mitteilung über die Neubesetzungen des Fatwa-Ausschusses (Belegbild: Facebook-Seite Fatwa-Ausschuss Deutschland, Abruf 01.10.20)

Der Fatwa-Ausschuss Deutschland wird seit seiner Gründung sowie seinem ersten öffentlichen Auftreten in der Neuköllner Begegnungsstätte (NBS) im Jahr 2016 in verschiedenen Verfassungsschutzberichten erwähnt. Er wird dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft zugeordnet. Nach diversen Umbenennungen gibt es bei der deutschen Dependance des ECFR nunmehr auch etwas Bewegung. Auf seiner Facebook-Seite gab der Fatwa-Ausschuss Mitte September bekannt, dass man zukünftig in neuer Zusammensetzung wirken wolle. Vorangestellt wurde, man habe eine „ordentliche Mitgliederversammlung“ abgehalten. Damit wird eine formale Zusammenkunft nach deutschem Vereinsrecht suggeriert; der Fatwa-Ausschuss ist jedoch kein eingetragener Verein und erscheint auch nicht demokratisch, sondern hierarchisch strukturiert. Die Mitglieder werden wohl nicht gewählt, sondern bestimmt. Dabei gab es einige Neuerungen. Dazu heißt es auf der Facebook-Seite: Weiterlesen