Jemenitische Akteure im Netzwerk der Muslimbruderschaft

Neben ägyptisch-, libanesisch- und syrischstämmigen Akteuren fallen im in Deutschland aktiven Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft auch jemenitischstämmige Personen auf. Eine davon ist gar im Integrationsrat der Stadt Münster aktiv.

Die Muslimbruderschaft verfolgt ihre Ziele nach eigenen Angaben in etwa 70 Ländern. Bei Gemeinschaftsaktivitäten wie internationalen Dachverbänden, Gremien oder anderen größeren Projekten sind daher gemäß dem supranationalen, panislamistischen Ansatz dieser Bewegung oftmals Funktionäre aus verschiedenen Regionen der Welt aktiv. Zeitpunkt und Gremium oder Organisationsstruktur, bei der Funktionäre einer bestimmten Herkunft eingebunden werden, geben einen Eindruck von dem inneren Machtgefüge und -Verschiebungen im Netzwerk in den europäischen Ländern. Seit einigen Jahren sind Akteure jemenitischer Herkunft in wichtigen Funktionen. Manche von ihnen sind aber auch schon in Deutschland auf dem Marsch durch die Institutionen.

Dabei zeichnen sich lokale Schwerpunkte dieser Aktivitäten ab: So sitzt die ägyptische Muslimbruderschaft in München und Marburg, die syrische in Aachen, die libanesische in Bonn oder der „palästinensiche“ Teil der Bewegung überwiegend in Berlin. In den Gremien fallen etwa Mitglieder mit einer Abstammung aus Syrien, Marokko, Tunesien oder dem Libanon auf, auch durch die jeweiligen Gründerpersönlichkeiten der entsprechend beteiligten Kulturvereine bestimmt. Von der jeweiligen Herkunft betrachtet, ist die Muslimbruderschaft also in ihrer Binnenstruktur in der Diaspora vielfältig und es werden in den Hierarchien unterschiedliche Gewichtungen und Machtströmungen sichtbar, die sich auch in personellen Besetzungen spiegeln. 

Akteure mit jemenitischem Hintergrund waren im Geflecht der Muslimbruderschaft auch in Deutschland schon verschiedentlich in Gremien und Organisationen aufgetaucht. Entscheidungen der letzten Jahre könnten jedoch als weitere Aufwertung in der Binnenstruktur der Strömung verstanden werden.

Der Fatwa-Ausschuss Deutschland gehört als deutsche Dependance des „European Council for Fatwa and Research“ (ECFR) zu den wichtigsten Gremien, in denen sich hierzulande Muslimbrüder nicht nur mit Wohnort in Deutschland organisieren. Der Fatwa-Ausschuss stellt ein Gremium für Deutschland und für andere in Deutschland wohnende Muslime dar, der mit seinen Vorgaben die Religionspraxis beeinflussen will und das Verhältnis von Muslimen untereinander sowie zu Nicht-Muslimen, aber auch zur Gesamtgesellschaft und ihren Gesetzen allgemein mit bestimmen möchte. Der Ausschuss besteht seit 2016, nach anderen Eigenangaben bereits seit 2011, was mangels organisatorischer Verfassung etwa nach deutschem Vereinsrecht jedoch nicht abschließend zu prüfen und zu klären ist. Öffentliches Auftreten bildet sich seit Frühjahr 2016 mit einer wohl konstituierenden Veranstaltung in der Neuköllner Begegnungsstätte (NBS) ab. Bei dieser Gelegenheit trafen die Vertreter der ägyptischen und nordafrikanischen Muslimbruderschaft Absprachen mit Vertretern türkischstämmiger Organisationen und Vertretern aus Katar sowie einigen weiteren Ländern. 

Belegbild: Mitglieder des Fatwa-Ausschusses 2016-2020, Internet-Seite des Fatwa-Ausschusses, Abruf 16.7.2016

Im Herbst letzten Jahres gab es dort eine Neuaufstellung hinsichtlich der Zusammensetzung; neben einigen Frauen wurden auch weitere männliche Mitglieder ernannt. Der jemenitischstämmige Talal Hadi ist wieder mit dabei, obwohl er – es soll wohl der Anschein von ernsthafter Frauenbeteiligung geschaffen werden – für Elham Ghadban seinen Stellvertreterposten räumen musste. Talal Hadi ist seit Jahren Imam in Münster, zuerst wohl in der Arrahman Moschee, danach dann in der As-Salam-Moschee. Die As-Salam-Moschee gibt sich nach außen hin dialogbereit, was aber nicht unüblich ist, Weiterlesen