Von 16-18 Uhr vor dem Brockhausbrunnen. Besonderen Dank an die Frankfurter Polizei, die uns umsichtig betreute und auch mal Ansprachen hielt, wenn nötig.
Mit dabei war wieder die Kurdisch-Israelische Freundschaft (KIFA).
Vielen Dank an die Passanten, die sich zu uns stellten, und an ein Brautpaar, dessen Braut sich 2 Minuten nahm für unsere Aktion. Noch mal alles Gute für die Zukunft!
Einige Jungen versuchten, über die Frage „Was ist Salafismus?“ zu irritieren. Die Auskunft, dass das ein gängiger Begriff sei, der Missverständnisse hervorrufen könne, aber nun mal als eben allen geläufiger Begriff akzeptiert werden solle, stellte sie nicht zufrieden. Die Alternative, den Oberbegriff „Islamismus“, wollten sie gleich gar nicht akzeptieren. Sie warfen vor, man habe den Koran nicht gelesen. Auf die Frage, welche der Übersetzungen denn genehm sei, wussten sie keine Antwort. Ihnen war nicht klar, dass es verschiedene Übersetzungen gibt. Schon als ich anfing, meine Übersetzungen aufzuzählen, damit sie mir die „richtige“ nennen könnten (ich bin da ja gerne behilflich), stieß auf Ablehnung, als ich mit A wie Ahmadiyya anfing. Es folgte höhnisches Lachen. Diese Gruppe junger Muslime lehnte also die Ahmadiyya prinzipiell ab, weswegen auch ihr Text, „ihr Koran“ ganz zweifellos eine Fälschung sein müsse in ihrem Denken. All dies natürlich ohne diesen Text und die Abweichungen zu kennen, rein aus einem Vorurteil heraus. Der von den Ahmadiyya verbreitete Text ist nämlich nahezu identisch mit dem von den LIES!-Aktivisten verteilten, der Übersetzung von ibn Rassoul.
Mindestens zweimal wurde ich gestern als Rassistin beschimpft. Und dass, obwohl ich mein T-Shirt trug mit der Aufschrift „Freiheit, Gleichheit, Mitmenschlichkeit. Das Grundgesetz ist größer“ auf der Rückseite und auf der Vorderseite: „Die Menschenrechte sind stärker“. Als Schild: „Frankfurt zeigt Gesicht gegen Islamismus“. Völlig klar, dass jemand, der von Gleichheit, Mitmenschlichkeit und Menschenrechten spricht, nur ein Rassist sein kann.
Ein in einiger Hinsicht erkennbar beeinträchtigter Mitstreiter, der sich schon mehrfach dazugesellt hatte, hielt sich trotz gesundheitlicher Probleme tapfer bis zum Ende. Mehrere Akhis, gruppiert um einen Wortführer, der schon seit Beginn fast immer und immer wieder aggressiv auftritt, hatten sich diesen als „Opfer“ auserkoren, wohl weil er ihnen das leichteste schien. Als ich versuchte, dieses eigentlich recht miese Manöver zu konterkarieren und zu unterbinden, wurde mir von eben diesem Wortführer vorgeworfen, ich sei „respektlos“. Ihm gegenüber. Anscheinend hält er das für das Zauberwort, mit dem man Gegenüber ins Unrecht setzt, auch wenn sie Recht haben.
Eine Gruppe Jungs fragte nach „Islamismus“. Sie betonten nach jedem Halbsatz, dass sie das schon wüßten. Meine Gegenfrage, warum sie dann fragten, blieb unbeantwortet. Stattdessen wurde behauptet, wenn sie „so etwas“ machten, würden sie verhaftet. Ich versuchte zu vermitteln, dass das ganz falsch sei und sie natürlich jederzeit eine Demo anmelden könnten, sofern es sich im Rahmen der Gesetze halte. Während meiner Erläuterungen verhöhnte mich ständig einer der Jungen, ich sei so hübsch, er sei ganz verliebt. Das war nicht weniger abschätzig gemeint als die sonstige Herabsetzung, man sei häßlich usw., denn er lachte sich halbtot dabei.
Zwei junge Frauen, wohl Muslimas, „westlich“ in geschmackvoller Weise auftretend, fragten mich, ob ich Deutsche sei. Ich hörte das akzentfreie Deutsch und entgegnete „ja, bin ich und sie auch“. Sie betonten: „aber mit Migrationshintergrund“ (was ICH nicht gesagt hatte). Ich erwiderte, ich hätte einen pommerschen Migrationshintergrund, wollte das also leicht scherzhaft ins Gespräch umlenken. Sie winkten dann ab. Nichtmuslime sollten sich überhaupt nicht zum Islam äußern, meinten sie abfällig und gingen.
Mehrere kleine Jungen postierten sich neben einer Mitstreiterin, die das Schild „Salafisten werben – Kinder sterben“ trug. Einer von den dreien sagte halblaut „Scheiss-Juden“. Als er das zum dritten Mal rief, lauter werdend, meinte die Mitstreiterin, sie sollten mal mitkommen. Erstaunlicherweise gingen sie mit zur Polizei am Rand, wo ihnen – sie waren deutlich nicht strafmündig – ein Polizist eine ernste Ansprache hielt. Vielen Dank, das war gut und notwendig.
Ein junger Kopte gesellte sich hinzu. Neben anderem berichtete er, er habe gerade Abou-Nagie gesichtet, habe ihn aber jetzt aus den Augen verloren. Ich hielt dies zunächst für eine Verwechslung.
Eine Mädchengruppe, vielleicht 15 jährige, regten sich über die Schilder allgemein auf. Sie warfen mir nach der Eingangsfrage, was das solle, was wir da veranstalteten, schrill vor, ich solle erst einmal den Koran lesen. Auf meine Gegenfrage, welche meiner Übersetzungen, die Ahmadiyya-Version (abfälliges Abwinken), die von LIES!, die von Ali Ünal usw. ich denn noch mal lesen solle, führte zum aggressiven Vorwurf, es gäbe NUR EINEN Koran. Es war ihnen schlicht unbekannt, dass es mehrere Übersetzungen gibt. Sie wiederholten das mehrfach und meinten dann, man müsse ihn auf arabisch lesen. Sie behaupteten alle, arabisch zu können (was ich bezweifelte). Ich fragte dann nach, ob ihnen bekannt sei, dass das, was heute als DER Koran bezeichnet wird, erst von Uthman* zusammengestellt wurde, und anschließend andere Versionen vernichtet wurden. Uthman war der dritte Kalif und initiierte die Sammlung erst viele Jahre nach Mohammeds Tod. Er wurde aus mündlichen Überlieferungen und Erinnerungen von wenigen Personen zusammengeschrieben. Das verwirrte sie völlig, was aber nicht zur Reflexion führte, sie konnten mit dieser Erklärung nichts anfangen und behaupteten weiter, es gäbe nur DEN Koran. Auch der Hinweis, dass die Al Azhar Universität die heute verwendete Lesart bzw. die heute verwendete Verschriftlichung erst festgelegt hatte, führte nur zu weiterer Wiederholung ihrerseits. Sie waren es offenkundig nicht gewohnt, über den oder einen Text nachzudenken. Ich empfahl ihnen in das, man muss schon sagen, Gezeter hinein, sie sollten sich mal zur Textgeschichte belesen, schon die Wikipedia helfe. Sie gingen dann wohl zu einer Mitstreiterin. Diese trug eine Mütze, auf der auf der einen Seite „Shalom“ in hebräisch und auf der anderen Seite „Salam“ in arabisch zu lesen war. Sie berichtete später, dass einige Mädchen das Wort „Salam“ nicht hätten entziffern können. Das allerdings ist eines der ersten Worte, das man kann, wenn man arabisch lernt. An ein Lesen des Korans im Original ist also nicht entfernt zu denken.
Ein Mann mittleren Alters, er wirkte irgend wie „links“, fragte, was wir denn da machten.Nach der Erläuterung der Strassenradikalisierung entgegnete er, aber er habe dort mal einen Koran bekommen. Die Männer am Stand seien ganz freundlich gewesen. Ich erklärte ein weiteres Mal, dass der Stand als Werbeinstrument und Anlaufstelle diene, dass die Ansprache jedoch mehrheitlich im Umfeld ablaufe. Er verstand es wieder nicht. Diese Leute stünden doch da. Da sie dastünden, sei das erlaubt. Man müsse doch also gar nichts tun. Der Staat werde von alleine tätig. Ich fragte ihn, ob er jemals – er wirke auf mich links (was er bejahte) – überhaupt etwas z.B. gegen Faschos auf der Strasse gemacht habe. Z.B. so etwas kleines und ungefährliches wie ein Teelichtchen anzünden oder bei einer Demo mitlaufen. Ja, meinte er, aber das sei lang her. Und, fragte ich, warum haben sie das damals gemacht? Damals habe er gemeint, man müsse was in der Gesellschaft ändern. Sehen sie, das meine ich auch, erwiderte ich. Wir als Gesellschaft müssen über unser Zusammenleben sprechen und hier konkret über Islamismus. Noch nie habe ich einen derart unpolitischen Linken erlebt, der sich völlig darauf verliess, dass der Staat alle Probleme sofort sieht und lösen kann. Das grenzte schon an Gottvertrauen.
Ein Mann Mitte Dreissig, vielleicht Zentralafrikaner im Matrix-Morpheus-Look mit großem Rucksack, lief langsam an uns vorbei und beschimpfte uns wüst. Er war ganz außer sich, brüllte und schäumte förmlich vor Wut. „Ich bin für Todesstrafe!“ „Ich bin für 800 Jahre Gefängnis!“ „Wollt Ihr Krieg?“ „Nehmt das sofort runter!“ Ich trat von der Brunnenumrandung herunter, weil ich die Mitstreiter im Auge behalten wollte. Auch mich schrie er an: „Nimm das runter!“. Ich meinte nur: „Vergiß es!“, weil lange Reden von hochaggressiven Menschen gar nicht mehr wahrgenommen werden. Er schrie darauf „Fotze, nimms runter!“ ich wiederholte mich und dann war auch schon die Polizei da, weil er ein, zwei Schritte auf mich zu gemacht hatte. Er brüllte noch „fick dich“, dann wurde er weggeführt. Strafantrag ist gestellt, der Herr braucht eine Lektion wie es scheint.
Gegen Ende postierte sich uns gegenüber eine größere Gruppe (~20) junger Männer. Ein Teil von ihnen trug T-Shirts, auf denen ein bunter Aufdruck war, der u.a. das Wort „Liebe“ enthielt. Unkundige verwechselten sie mit Ahmadiyya, was aber eine Fehleinschätzung war, denn sie verteilten Material von Bilal Philips. Ich erkannte mehrere der Männer sofort als Aktivisten aus Karlsruhe, einer ein Saif Uddin. Saif Uddin reist seit längerer Zeit häufig mit und für Abou Nagie, war für ihn schon in Indien und der Türkei. Sie fotografierten ausgiebig und machten sich über uns lustig, standen da wie beim gemeinsamen Zoo-Besuch. Wahrscheinlich suchte man die Frankfurter Aktivisten zur Motivation auf, nachdem man da in letzter Zeit geschwächelt hatte. Die Erheiterung hatte – das ist meine Spekulation – den Grund, dass sie es mit ihren islamistischen Inhalten und ihrer Vorgabe in die Community hinein, sie seien ganz normale Muslime, schaffen, dass aus dem Stand heraus sich viele Muslime mit ihnen und nicht mit der freiheitlichen Gesellschaft solidarisieren. Dass sie bewirken können, nicht wenige Muslime als Gruppe zu ihrer Verteidigung agieren zu lassen auch ohne Auftrag. Und dass diejenigen, die sie als Gegenseite definieren, offensichtlich nicht in der Breite begriffen haben, dass man ihre freiheitlichen Grundwerte gegen sie benutzt.
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http://de.wikipedia.org/wiki/%CA%BFUthm%C4%81n_ibn_%CA%BFAff%C4%81n