Anmerkungen zum NRW-Verfassungsschutzbericht

Mitte April wurde der Verfassungsschutzbericht NRW für das Jahr 2022 veröffentlicht. Neben interessanten Entwicklungen im Bereich der Anhängerzahlen islamistischer Strömungen gab es darin auch einige durchaus befremdliche Darstellungen. Besonders die eher euphemistische Sicht auf den Zentralrat der Muslime irritiert. Am unverständlichsten sind jedoch einige Darstellungen zum islamistischen Antisemitismus, die in Teilen als Relativierung gedeutet werden können.

Landesinnenminister Herbert Reul (Bild: Sigrid Herrmann)

Am 13. April stellte Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) in Düsseldorf den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2022 vor. Darin wird bei den Islamisten bei einigen Strömungen ein dezenter Rückgang der – beobachteten – Anhängerzahlen berichtet. Neben den Salafisten betrifft das die Unterstützer des Kalifatsstaats und der Hamas sowie der Muslimbruderschaft und der Türkischen Hizbullah. Gleich geblieben sind die Anhängerzahlen der Furkan-Gemeinschaft, der Hizbollah und dem extremistischen Teil der Milli-Görüs-Bewegung. Einen Anstieg vermeldet der NRW-Verfassungsschutz bei den Unterstützern der verbotenen Hizb ut-Tahrir.

Der Rückgang der beobachteten Salafisten von 3.200 auf 2.800 wird sowohl auf Rückgänge beim politischen wie auch beim gewaltbereiten Salafismus zurückgeführt. Ob das nun allerdings vornehmlich der temporären Schwächung des Islamischen Staats zuzuschreiben ist, also einer Schwächung des Zulaufs, oder auch durch eine Umgewichtung verfassungsschutzeigener Ressourcen, also einer Schwächung der Beobachtungsintensität, zuzuschreiben ist, geht aus dem Bericht nicht hervor. Hinsichtlich der Strategie wird auf das Wiederaufleben der – auch öffentlich sichtbaren – Missionstätigkeit (Dawa) verwiesen. Im Jahr 2022 wurde in Dortmund der Islamische Kulturverein Nuralislam als „extremistisch-jihadistisches Propagandazentrum“ verboten. Unter den salafistischen Organisationen wird insbesondere die angebliche Hilfsorganisation Blue Springs herausgestellt.

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Graue-Wölfe-Funktionär tritt aus CDU aus

Nach dem Skandal um die Hetzrede in einer Grauen-Wölfe-Moschee einigten sich die Neusser CDU und ihr Mitglied Tansel Ciftci, zukünftig getrennte Wege gehen. Ciftci konnte jahrelang gleichzeitig als kommunalpolitisch aktives CDU-Mitglied und als hochrangiger Graue-Wölfe-Funktionär agieren.

Graue Wölfe 2016 bei einem Aufmarsch in Düsseldorf (Bild: Privat)

Im Januar gab es bundesweite Empörung und Schlagzeilen, weil der türkische AKP-Politiker Mustafa Acikgöz in der Yunus-Emre-Moschee in Neuss eine Rede gehalten hatte, in der er die „Vernichtung“ von Anhängern der kurdischen PKK und der sogenannten Gülen-Bewegung gefordert hat. „Mit Allahs Erlaubnis werden wir sie überall auf der Welt aus den Löchern, in die sie sich verkrochen haben, herausziehen und vernichten“, soll er laut eines inzwischen gelöschten Twitter-Videos gesagt haben. Dem Video konnte auch entnommen werden, dass das stadtbekannte CDU-Mitglied Tansel Ciftci diese Rede mit Beifall bedacht hatte.

Das führte zu Vorwürfen der Neusser SPD gegen ihre Nachbarn von der CDU. Dabei erinnerten die Sozialdemokraten auch daran, dass der Neusser CDU-Landtagsabgeordnete Jörg Geerlings die Moschee, in der die Hetzrede gehalten wurde, erst im Landtagswahlkampf 2022 mit seinem Besuch beehrt hatte. Die Kritik wurde von der Neusser CDU empört zurückgewiesen. Pikant dabei ist: Die Yunus-Emre-Moschee gehört zur Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (ADÜTDF, auch ATF). Und die wird wegen ihrer Zugehörigkeit zum Spektrum der Grauen Wölfe vom Verfassungsschutz beobachtet. Was zum Zeitpunkt von Geerlings‘ Moschee-Besuch auch längst bekannt war. Geerlings wiederum vertritt die CDU im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtages. Dort meldet er sich zwar nur höchst selten zu Wort. Dennoch sollte ein Mitglied eines Ausschusses, der sich unter anderem mit der Bekämpfung von Extremismus befasst, nicht gleichzeitig verfassungsschutzbekannten Extremisten seine Aufwartung machen.

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Graue-Wölfe-Funktionärin in der CDU und im ZMD-Vorstand

Seit 2022 ist Özlem Basöz Generalsekretärin der ATIB. Obwohl die ATIB seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet und den Grauen Wölfen zugeordnet wird, ist die Multifunktionärin auch gleichzeitig stellvertretende ZMD-Vorsitzende, CDU-Mitglied sowie stellvertretende Vorsitzende des Integrationsrats Hagen. Die Personalie belegt, dass sich der Umgang mit dieser Art von Extremisten trotz öffentlicher Kritik weder bei der NRW-CDU noch beim ZMD geändert hat.

Aufmarsch des Graue-Wölfe-Spektrums 2016 in Düsseldorf (Bild: Privat)

Im September 2022 wählte der Zentralrat der Muslime Deutschland (ZMD) seinen neuen Vorstand. Als Vorsitzender wurde Aiman Mazyek bestätigt. Zu seiner Zweiten Stellvertreterin wurde die 39-jährige Özlem Basöz gewählt. Die seit 1985 in Deutschland lebende Basöz bringt nicht wenig Erfahrung als Funktionärin eines großen Verbandes mit: Von September 2020 bis Mai 2022 amtierte sie als stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa (ATIB). Seit Mai 2022 ist sie Generalsekretärin der ATIB. Bei dieser Organisation handelt es sich um ein Gründungsmitglied des ZMD. Von den Verfassungsschutzbehörden wird die ATIB seit Jahren beobachtet und den islamistisch-rechtsextremen „Grauen Wölfen“ zugerechnet.

Der Vita von Özlem Basöz kann auch entnommen werden, dass sie sich „bereits in jungen Jahren“ in der ATIB engagiert habe. „Sie bekleidete bis dato unterschiedliche Funktionen innerhalb der ATIB, angefangen im Jugendverband bis hin zur Generalsekretärin“, heißt es dazu auf der Internet-Seite des ZMD. „Darüber hinaus ist sie politisch interessiert und aktiv im Integrationsrat der Stadt Hagen als stellvertretende Ausschussvorsitzende engagiert sowie langjähriges Mitglied der CDU Hagen.“

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ZMD: Neuer Vorstand, alte Bekannte

Nach sechs Jahren, in denen keine Vorstandswahlen öffentlich wurden, hat der Zentralrat der Muslime am Montag bekannt gegeben, dass es durch Wahlen anlässlich einer Vollversammlung am Sonntag Veränderungen im Vorstand gegeben habe. Personell trifft das zu. Mit der Benennung von hochrangigen Funktionären der ATIB und eines mittlerweile aufgelösten hessischen Verbandes erscheint die Neuwahl jedoch nicht mehr als ein Täuschungsmanöver.

Noch vor Jahren residierte der ZMD in Köln im selben Gebäude wie die ATIB. Inzwischen gibt er als Adresse nur noch ein Postfach sowie eine Packstation an (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Der Zentralrat der Muslime (ZMD) hatte zuletzt Vorstandswahlen 2016 öffentlich gemacht. In den sechs Jahren war der Verband trotz Erfolgen bei Politikern zunehmender öffentlicher Kritik auch breiterer Kreise ausgesetzt. Diese Kritik führte zum Ausschluss der „Deutschen Muslimischen Gemeinschaft“ (DMG, früher Islamische Gemeinschaft in Deutschland, IGD) im Januar. Frühere Debatten drehten sich um einen türkischen Mitgliedsverband, der den Grauen Wölfen zugerechnet wird (ATIB), und einen angeschlossenen Dachverband in Hessen, der wegen seiner engen Verbindungen zur Muslimbruderschaft und Salafisten ins Visier der Verfassungsschützer geriet, der ehemalige Deutsch-Islamische Vereinsverband Rhein-Main (DIV).

Nachrichten über die Neuwahl werden international wahrgenommen

In der Zwischenzeit sind Nachrichten über Veränderungen auch in andere Länder gelangt.
So kursieren derzeit in ausländischen Medien allerlei Missverständnisse zu der Versammlung. In ägyptischen Medien etwa wird kolportiert, bei der jüngsten Wahl seien Organisationen, in denen Ibrahim El-Zayat, der frühere Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD, jetzt Deutsche Muslimische Gemeinschaft, DMG), eine Rolle spielt, ausgeschlossen worden. Auch habe er seinen Posten als „Generalsekretär“ eingebüßt. El-Zayat war jedoch nie Generalsekretär des ZMD, sondern nur des Vorläuferzusammenschlusses. Über einen Ausschluss von Organisationen jenseits des Dachverbandes DMG im Januar ist nichts öffentlich bekannt geworden. In den dürren Erläuterungen, die der ZMD im Januar veröffentlichte, ist nur von der DMG und von „Mitgliedern auf Landesebene“ die Rede. Nun hatte die DMG keine öffentlich bekannten Länderstrukturen. Es könnten allerdings auch bei etwas sprachlicher Unschärfe die Landesverbände des ZMD gemeint gewesen sein und ein Ausschluss der DMG aus diesen Strukturen. Da gibt es also eine Menge Interpretationsspielraum. Genauer wurde es nicht. Das ist der Nachteil von Geheimniskrämerei.

Von der Startseite des Zentralrats jedenfalls ist der Punkt „Landesverbände“ verschwunden. Die „Landesverbände“ sind aber noch über diesen Link abrufbar.

Öffentliche Kritik mit zweifelhafter Wirkung

Wenn es öffentliche Wahrnehmung von Mitgliedern des ZMD und Kritik gibt, verfolgt der ZMD seit Jahren die immer gleiche Strategie. Erst wird geleugnet, dann wird versucht, die Kritiker in eine rechtsextreme Ecke zu schieben, zur Not unter Beihilfe nahe stehender Medien. Ist die Kritik damit nicht aus der Welt zu schaffen, wird es erst mit weiterem Aussitzen versucht: Der ZMD-Vorsitzende hat in der Vergangenheit wiederholt zugesichert, die „Vorwürfe zu prüfen“. So wollte der ZMD 2016 nach kritischen Presseberichten zu seinem Mitglied „Deutsch-Islamischer Vereinsverband Rhein-Main“ den Vorhalten nachgehen. Dessen Förderung durch das Bundesfamilienministerium endete zuvor abrupt, als bekannt wurde, dass Verband und Teile des Vorstandes vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Der Verband wechselte nachfolgend erst seinen Vorstand und löste sich in der Zeit danach ganz auf. Auch bei ATIB und DMG wollte der ZMD die öffentliche Kritik „prüfen“. Bei der DMG führte dies, als die Kritik nicht verstummte, im Januar zum Ausschluss. ATIB und Funktionäre des aufgelösten DIV scheinen für den ZMD jedoch unentbehrlich.

Vollversammlung scheint dünn besucht

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Zum veröffentlichten Verfassungsschutzbericht Hessen

Im letzte Woche veröffentlichten hessischen Verfassungsschutzbericht werden Muslimbruderschafts-nahe Organisationen und Vereine erneut ausführlich abgehandelt. Solange aber oftmals nur die Städte, in denen die Vereine aktiv sind, nicht aber die Vereine selbst benannt werden, läuft die Aufklärung ins Leere. Die Dachorganisationen der Grauen Wölfe kamen im Bericht für 2020 nicht vor.

Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) und Landesverfassungsschutz-Chef Robert Schäfer stellten am Dienstag vergangener Woche in Wiesbaden den hessischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 vor. Peter Beuth richtete den Fokus dabei erwartungsgemäß auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus. Einordnungen und Stellungnahmen zum Linksextremismus sowie zum Islamismus überließ er bei der Vorstellung Robert Schäfer.

Der LfV-Präsident bezeichnete den Islamismus als weiterhin „sehr ernste Bedrohung für die öffentliche Sicherheit“. Die Gefahr eines jihadistischen Terrorangriffs sei „unvermindert hoch“. Schäfer berichtete außerdem, dass die Anziehungskraft der Salafisten-Szene infolge der Niederlagen der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) insbesondere im Hinblick auf jüngere Menschen tendenziell nachlasse. Parallel dazu zeige sich jedoch eine steigende Gewaltaffinität beim „harten Kern“ der Szene. „Aufgrund der Durchsuchungen und Festnahmen wurden Anschlagsplanungen frühzeitig erkannt und somit vereitelt“, heißt es dazu im Bericht. Auf welche ideologische Basis Salafisten Missionsmotivation und Gestaltungsanspruch beziehen, wird darin auch verdeutlicht: „Salafisten verstehen sich als Bestandteil der sogenannten erretteten bzw. auserwählten Gruppe (arab. at-ta’ifa-al-mansura und al-firqa-annajiya). Aus der Überzeugung, einer elitären Gruppe ,wahrer Muslime‘ anzugehören, resultiert das moralische Überlegenheitsgefühl der Salafisten gegenüber Andersdenkenden.“ Salafistisch eingestellte Personen mit Führungsmacht oder –anspruch konnten im Berichtszeitraum in Hessen nicht ausgemacht werden, was auch mit einem Rückzug in privatere Räume begründet wurde. IS-Rückkehrerinnen aus dem Mittleren Osten waren Gegenstand einer erwähnten Analyse.

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Verfassungsschutz NRW: Islamisten-Szene wächst weiter

Ausführungen zu den Grauen Wölfen im NRW-Verfassungsschutzbericht lassen erahnen, in welcher politischen Zwickmühle sich der dort einem CDU-geführten Innenministerium unterstehende Verfassungsschutz befindet. Bei den Einrichtungen mit Bezug zum Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft wurde der IKV Bochum erstmals genannt. Einschlägig bekannte und wichtige Moscheen in Aachen, Bonn und Wuppertal wurden jedoch nicht aufgeführt.

Das nordrhein-westfälische Innenministerium in Düsseldorf

Am Dienstag stellte Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) in Düsseldorf den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 vor. Nach der Querdenker-Bewegung sowie dem Rechts- und dem Linksextremismus nahm der Islamismus bei der Vorstellung nur den letzten Platz ein.

Bei der Vorstellung des Berichts zeigte sich gegenüber den Vorjahren auch eine Veränderung der Rhetorik des Innenministeriums: So wurde der legalistische Islamismus erneut als Gefahr bezeichnet, jedoch nicht mehr als Gefahr für die Demokratie, sondern für die „Mitte“ der Gesellschaft. „Organisationen wie der im Mai verbotene Verein Ansaar International bedienen nicht nur die Interessen von Extremisten, sondern haben Einfluss weit in ein bürgerlich-muslimisches Spektrum hinein. Auch deshalb intensiviert der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz seine Anstrengungen im Kampf gegen Islamismus. So ist das Aussteigerprogramm ,Wegweiser‘ künftig für jedwede islamistische Gesinnung offen und nicht mehr nur für Salafisten; es richtet sich auch an ausländische Extremisten wie etwa die Grauen Wölfe“, hieß es dazu wörtlich. Erst zwei Wochen zuvor hatte Herbert Reul in einem Bericht an den Innenausschuss des Landtags angekündigt, bei der Salafismus-Prävention „künftig auch Projekte im Zusammenhang mit dem legalistischen Islamismus in den Blick“ zu nehmen.

Dabei stellt alleine die gleichgebliebene hohe Anzahl an Salafisten die Behörden vor erhebliche Probleme. „Die salafistische Szene insgesamt reicht deshalb über die genannte Größenordnung von 14 Moscheen und vier Netzwerke hinaus“, heißt es dazu im Bericht. Bei 3.200 Anhängern sind drei von vier verfassungsschutzbekannten Islamisten in Nordrhein-Westfalen auch weiterhin Salafisten. Im Aussteigerprogramm Islamismus (API) sind davon laut Bericht jedoch nur wenige.

„Ausweitung des sogenannten Halal-Sektors“

Auch wird eine Verlagerung der Aktivitäten salafistischer Akteure jenseits von Straßenaktionen und Spendenvereinen wie Ansaar International oder des vermeintlichen Hilfsvereins Blue Springs LTD berichtet. „Eine bereits in der Vergangenheit beobachtete Entwicklung stellt die Ausweitung des sogenannten Halal-Sektors in der salafistischen Szene dar“, heißt es dazu. Damit sind Angebote salafistischer Akteure an Gütern und Dienstleistungen gemeint, die zunächst nicht die ideologische Ausrichtung zentrieren, sondern einen allgemeinen muslimischen Bedarf zu decken vorgeben. „Diese Aktivitäten erstrecken sich neben dem klassischen Handel mit Fleisch auch auf Bereiche und Themen wie Ernährung, Bekleidung, Fitness, Pilgerreisen (anlässlich der Hadsch und der Umrah), Finanzen, Investitionen in Immobilien im Ausland und allgemeine Lebensführung. Im Hinblick auf die allgemeine Lebensführung werden unter anderem Kurse zum Erlernen der arabischen Sprache, zur Persönlichkeitsentwicklung sowie Tutorials mit Bezug zu religiösen Fragen angeboten.“

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Steigende Islamismus-Zahlen

Bei der Vorstellung des Verfassungsschutz-Berichts wies Innenminister Horst Seehofer am vergangenen Dienstag darauf hin, dass „ein Bündel staatlicher Maßnahmen“ dazu beigetragen habe, dass die Zahl der Salafisten erstmals stagniere. Bei genauerer Betrachtung des Berichts zeigt sich jedoch, dass Islamisten anderer Couleur teilweise deutliche Zuwächse verbuchen konnten.

Belegbild: Statistik des neuen Verfassungsschutz-Berichts zum Phänomenbereich Islamismus, Hervorhebungen und prozentuale Steigerungen von der Autorin hinzugefügt

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat am Dienstag vergangener Woche zusammen mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, den Verfassungsschutzbericht des Bundes für das Jahr 2020 vorgestellt. Aufgrund des Rechtsextremismus, der von den Behörden derzeit als größte Gefahr für die Sicherheit gesehen wird, sowie der gestiegenen Gewalt des linksextremen Milieus kam dem Islamismus dabei nicht dieselbe Bedeutung zu wie in den meisten Jahren zuvor.

„Der Islamismus bleibt weiterhin eine Gefahr für unsere freie, offene und demokratische Gesellschaft“, sagte Seehofer bei der Vorstellung des Berichts. „Die zahlenmäßig bedeutendste islamistische Strömung ist der Salafismus. Ein Bündel staatlicher Maßnahmen hat dazu beigetragen, dass die Zahl der Salafisten im Jahr 2020 erstmalig bei 12.150 stagnierte. Insbesondere der sogenannte IS zeigt nach dem Untergang seines ,Kalifats‘ wieder verstärkt Aktivitäten. Ein besonderer Aspekt im Jahr 2020 waren auch die deutschen Staatsangehörigen, die sich nach der militärischen Niederlage des IS in Nordsyrien noch in Haft oder in Gewahrsam befinden.“

Damit verwundert es nicht, dass die meisten Medien in der letzten Woche dazu nur berichteten, dass die Zahl der Salafisten stagniere. Eine Berichterstattung, die von den meisten Lesern vermutlich als Entwarnung im Bereich des Islamismus aufgefasst wurde. In Wahrheit aber ist dieser Verfassungsschutz-Bericht alles andere als eine Entwarnung zum Islamismus. Denn bei genauerer Betrachtung des Berichts zeigt sich nämlich schnell, dass Islamisten anderer Couleur teilweise deutliche Zuwächse verbuchen konnten.

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Türöffner für Islamisten?

In einem in dieser Woche vorgestellten Zehn-Punkte-Papier verspricht NRW-Ministerpräsident Armin Laschet „null Toleranz bei Extremismus“. Im Umgang mit Islamisten fällt Laschet jedoch seit Jahren durch mangelnde Distanz auf. Dabei macht der CDU-Politiker selbst vor dem Verfassungsschutz gut bekannten Personen aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft nicht halt.

Armin Laschet mit Houaida Taraji (Belegbild: Facebook-Seite Houaida Taraji, Veröffentlicht am 07.08.2017, abgerufen am 07.01.2021)

„Konsequenter Vollzug: Null-Toleranz bei Kriminalität und Extremismus.“ Dieser schön zu lesende Satz findet sich unter Punkt 6 eines in dieser Woche vorgestellten Zehn-Punkte-Papiers des „#teamLaschetSpahn“. Ein paar Zeilen weiter ist von einer Stärkung der inneren Sicherheit „in allen Facetten“ die Rede. Dabei wird auch der Verfassungsschutz als Beispiel genannt. Hintergrund des Papiers sind die Ambitionen von Armin Laschet auf das Amt des CDU-Bundesvorsitzenden. Am 16. Januar wählen Delegierte der CDU auf einem digitalen Bundesparteitag ihren neuen Vorsitzenden. Neben Friedrich Merz und Norbert Röttgen kandidiert auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet für dieses Amt.

Was sich in dem Positionspapier so schön liest, hat mit Laschets Politik in Nordrhein-Westfalen jedoch nur wenig gemein. Denn tatsächlich fällt der aus Aachen stammende Politiker seit Jahren immer wieder dadurch auf, im Umgang mit verfassungsschutzbekannten Islamisten keinerlei Berührungsängste zu haben. So schreckte Armin Laschet nicht davor zurück, zusammen mit Weiterlesen

Hessischer Verfassungsschutz-Bericht vorgestellt

Mit ungewöhnlicher Verspätung wurde am Freitag in Wiesbaden der hessische Verfassungsschutzbericht für 2019 vorgestellt. Eine kurze Zusammenfassung unter dem Aspekt des Islamismus.

Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) hat am Freitag in Wiesbaden zusammen mit dem Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) Hessen, Robert Schäfer, den Bericht des Landesverfassungsschutzes für 2019 vorgestellt. Wie bei allen anderen in diesem Jahr vorgestellten Verfassungsschutzberichten, wurde auch in Hessen betont, dass der Rechtsextremismus derzeit die größte Gefahr darstellt. „Trotz der gegenwärtigen Gefahr, die vom Rechtsextremismus ausgeht, dürfen die Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus, die gezielte Unterwanderung unserer Gesellschaft durch den legalistischen Islamismus, der zunehmend gewalttätigere Linksextremismus sowie der Extremismus mit Auslandsbezug nicht vernachlässigt werden“, schränkte Innenminister Peter Beuth jedoch im Vorwort des Berichts ein.

Warum der hessische Verfassungsschutzbericht in diesem Jahr der Öffentlichkeit so spät vorgestellt wurde, ist nicht bekannt. Teile des Zahlenwerks aus dem Bereich Islamismus sind offenbar schon vor der Vorstellung des Berichts für den Bund erstellt worden. Dies legt die Vermutung nahe, dass der Bericht oder zumindest große Teile davon schon vor Monaten fertig gestellt wurde.

Beim Personenpotential des Islamismus hat sich laut des Berichts mit 4.170, davon 1.650 Salafisten, gegenüber dem Vorjahr nichts verändert. Beim Rechtsextremismus ist das Personenpotential gegenüber 2018 durch die Beobachtung weiterer Organisationen von 1.475 auf 2.200 gestiegen. Im Bereich des Linksextremismus war nur eine leichte Steigerung von 2.570 auf 2.600 zu erkennen. Damit stellt der Islamismus gemessen am Personenpotential unverändert die am stärksten vorhandene Extremismus-Form dar. Verzerrt wird diese Betrachtung jedoch durch den auslandsbezogenen Extremismus, dessen Personenpotential im Vergleich zu 2018 von 4.330 auf 4.195 leicht gesunken ist.

Wenig über die „Grauen Wölfe“

Diesem Bereich wird auch die Ülkücü-Bewegung zugeordnet, die auch als „Graue Wölfe“ bekannt ist. Obwohl eine der wichtigsten Organisationen Weiterlesen

CDU hält an Sevket Avci fest

Trotz des Medienwirbels über seine Nähe zu den rechtsextremistischen Grauen Wölfen hat die Duisburger CDU mit der Konstituierung ihrer Ratsfraktion verdeutlicht, an Sevket Avci festzuhalten. Wenn es eines finalen Beweises bedurft hätte, dass die CDU Graue Wölfe toleriert und es die angeblichen Parteiausschlussverfahren gar nicht gibt, so dürfte er damit erbracht sein. Da Forderungen nach entsprechenden Unvereinbarkeitsbeschlüssen 2014 und 2016 zurückgewiesen wurden, dürfen Graue Wölfe bis heute in der CDU politisch aktiv sein.

Graue Wölfe 2016 bei einem Aufmarsch in Düsseldorf (Bild: Privat)

Einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung der Duisburger CDU-Ratsfraktion kann entnommen werden, dass die Partei auch weiterhin an Sevket Avci festhält und er diese zukünftig auch im Stadtrat vertreten soll. Wenige Tage vor der Kommunalwahl hatten „Report Mainz“ und „Der Westen“ über Avcis Nähe zu den türkisch-rechtsextremistischen Grauen Wölfe berichtet. In seinem Wahlreis belegte der 56-Jährige daraufhin nur den dritten Platz. Über die CDU-Liste konnte Avci dennoch in den neugewählten Duisburger Stadtrat einziehen.

Die Nähe von Sevket Avci zu den Grauen Wölfen war bereits 2014 öffentlich bekannt und auch durch entsprechende Fotos belegt. Die Bilder, die Avci auf Versammlungen der Grauen Wölfe zeigen, kursierten schon damals in CDU-Kreisen. Auf Nachfrage der WAZ aber gab sich Duisburger CDU ahnungslos und beteuerte, ihr seien keine entsprechenden Äußerungen von Sevket Avci bekannt, man wolle sich aber in den nächsten Sitzungen mit dieser Thematik auseinandersetzen. Zu den belastenden Bildern sagte die Duisburger CDU jedoch nichts. Als sich der CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet auf Nachfrage von „Report Mainz“ dazu äußern musste, behauptete er, Graue Wölfe würden aus der CDU ausgeschlossen. „Da gibt es klare Regeln“, sagte er.

Forderungen nach Unvereinbarkeitsbeschlüssen zurückgewiesen

Dabei ließ Armin Laschet jedoch unerwähnt, dass Forderungen nach einem entsprechenden Weiterlesen