In Baden-Württemberg wurde am Donnerstag ein geradezu beispielhaft präziser und detaillierter Verfassungsschutz-Bericht vorgestellt. Aber auch darin finden sich Versuche, die religiöse Komponente des Islamismus um- oder gar wegzudeuten.
Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) und Beate Bube, Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz, stellten am Donnerstag in Stuttgart den baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 vor. Obwohl das islamistische Personenpotential in Baden-Württemberg mit rund 4.200 Personen deutlich größer ist als die Gruppe der etwa 2.800 Linksextremisten oder die der rund 1.970 Rechtsextremisten, wurde der Islamismus auch bei der Vorstellung dieses Berichts nachrangig behandelt. Der Anstieg beim islamistischen Potential um rund 100 Personen dürfte dem Anstieg bei den Salafisten auf rund 1.300 gegenüber 1.200 im Vorjahr geschuldet sein.
„Selbstverständlich haben wir auch die Gefährdung unserer Gesellschaftsordnung durch den islamistischen Extremismus und Terrorismus weiterhin fest im Blick. Die Gefahrenlage durch den Einfluss des Islamischen Staates (IS) ist trotz seines Zusammenbruchs weiterhin äußerst angespannt. Die Anschläge in jüngerer Vergangenheit, wie zuletzt etwa in Wien am 2. November 2020, beweisen dies in furchtbarer Weise. Die größte Gefahr geht weiterhin von Einzelattentätern in psychischen Ausnahmesituationen aus, die sich von einer vermeintlichen, selbst kommunizierten IS-Nähe mediale Aufmerksamkeit versprechen“, erklärte Thomas Strobl bei der Vorstellung des Berichts.
Motivation fanatisierter Mörder verkannt?
Die von Strobl benutzte Wortwahl könnte darauf hindeuten, dass er damit auf den Anschlag am 25. Juni in Würzburg anspielte. Bei diesem Anschlag stach ein somalischer Mann in der Würzburger Altstadt zuerst in einem Kaufhaus und danach auf der Straße mit einem Messer auf mehrere Frauen ein. Dabei tötete er drei Frauen und verletzte fünf weitere Personen schwer. Ob der Mann aus einem islamistischen Motiv, aufgrund einer psychischen Störung oder der Kombination von beidem gehandelt hat, ist bislang nicht abschließend geklärt.
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