Geständige Einlassung oder IS-Rückkehrerinnenlatein?

Obwohl sie einräumt, mit mehreren IS-„Kämpfern“ verheiratet gewesen zu sein, mit Zustimmung des IS eine Villa bezogen und im Namen von IS-Frauen Spenden gesammelt zu haben, will Monika K. keine Anhängerin der Terror-Organisation gewesen sein. Zumindest versucht die 28-Jährige das dem Gericht in Düsseldorf weiszumachen. Namen von potentiellen Zeugen will sie aber nicht preisgeben. Auf Zweifel an diesen Darstellungen reagieren ihre Anwälte mit Empörung.

Monika K. zwischen ihren Anwälten, rechts Johannes Pausch (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Seit 8. November muss sich Monika K. vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr vor, sich gemeinsam mit ihrem damaligen Mann 2014 in Syrien der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) angeschlossen zu haben. Die Führung des gemeinsamen Haushalts soll vom IS finanziert worden sein. 2015 soll der IS dem Paar eine Villa samt hochwertiger Einrichtung, darunter auch ein Whirlpool, zur Verfügung gestellt haben.

Nach ihrer Festnahme im März 2019 soll sie im Gefangenenlager Al-Hol ein Internet-Spendennetzwerk namens „Justice for Sisters“ zugunsten weiblicher IS-Mitglieder betrieben haben. Auch nachdem sie Ende 2019 von einem höherrangigen IS-Mitglied aus dem Lager geschleust wurde, soll sie weiterhin den Kontakt zwischen Geldbeschaffern in Deutschland und IS-Frauen in Syrien gehalten haben. Dabei wurde sie im September 2020 festgenommen. Im März 2022 wurde sie nach Deutschland ausgeflogen und unmittelbar nach ihrer Landung in Frankfurt in Untersuchungshaft genommen.

Abweichende Sitzregelung für Frauen?

Ein Blick zurück auf den Beginn des Prozesses: Als Monika K. zum ersten Mal den Gerichtssaal betritt, hält sie ihr Gesicht hinter einem Aktenordner verborgen. Üblicherweise ein Zeichen dafür, dass sich Angeklagte ihrer Taten schämen. Aber kaum haben die Fotografen den Saal wieder verlassen, ist der Aktenordner auch schon weg. Zum Vorschein kommt eine dunkelblonde, westlich, schon fast körperbetont gekleidete und eher unscheinbar wirkende kleine Frau. In der Öffentlichkeit würde ihre Erscheinung kaum Aufmerksamkeit hervorrufen, schon gar nicht den Gedanken, eine Terror-Unterstützerin vor sich zu haben.

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Verena M.: Erwartetes Strafmaß, aber inkonsistente Begründung

Am Dienstag wurde die IS-Rückkehrerin Verena M. in Düsseldorf zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Vor Gericht hatte sich die 33-Jährige abseits ihres Distanzierung vom IS als ideologisch gefestigt präsentiert. Der Strafsenat beschrieb sie in seiner Urteilsbegründung als geläuterte Rückkehrerin, ließ sich bei dieser Einordnung aber auffällig viele Hintertürchen offen.

Verena M. kurz vor der Verkündung ihres Urteils (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Wegen Mitgliedschaft in der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS), schwerer Entziehung Minderjähriger sowie des Besitzes von Kriegswaffen wurde die aus Troisdorf stammende IS-Rückkehrerin Verena M. am Dienstag vom 7. Strafsenat des Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Das Strafmaß entsprach der Forderung der Bundesanwaltschaft. Die Verteidigung hatte zwei Jahre Haft auf Bewährung sowie Entlassung aus der Haft gefordert. Der maximale mögliche Strafrahmen erstreckte sich in diesem Fall auf zehn Jahre. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die heute 33-Jährige ist im Sommer 2015 mit ihrem damals fünfjährigen Sohn gegen den Willen des Kindsvaters in das Herrschaftsgebiet des IS gegangen. Im Januar 2019 wurde sie in Syrien von kurdischen Milizen gefangen genommen. Am 7. Oktober 2021 wurde sie zusammen mit anderen IS-Rückkehrerinnen sowie deren Kindern auf Initiative des Auswärtigen Amtes (AA) nach Deutschland zurückgeholt. Bei der Ankunft am Flughafen Frankfurt wurde sie verhaftet. Seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft. Der Prozess gegen sie begann am 28. März.

Debakel für die Verteidigung

Als der Vorsitzende Richter Lars Bachler am Ende seiner Urteilsbegründung detailliert erläuterte, warum die fast drei Jahre, die Verena M. in kurdischen Lagern inhaftiert war, im Gegensatz zur Untersuchungshaft nicht als bereits verbüßter Teil der Haftstrafe angerechnet wird, geriet die Urteilsverlesung für M.s Anwältin Seda Basay-Yildiz zum Debakel. Denn deren Verteidigungsstrategie bestand fast ausschließlich aus der Forderung, die Zeit in den Lagern müsse im Verhältnis 1:3, also drei Tage weniger Haft in Deutschland für jeden Tag im Lager, auf die Strafe angerechnet werden. Basay-Yildiz begründete das mit den dort herrschenden unmenschlichen Bedingungen sowie der Möglichkeit, Verena M. sei dort auf Anordnung des AA inhaftiert gewesen. Dies hatte das AA jedoch in Stellungnahmen gegenüber dem Gericht zurückgewiesen.

Auch an Verena M. ließ der Vorsitzende Richter zu Beginn seiner Begründung kein gutes Haar: Diese habe vor ihrer Konvertierung zum Islam ein aus Sozialleistungen und Gelegenheitsjobs bestehendes „orientierungslos anmutendes Leben“ geführt. Eine „Wende“ habe es erst gegeben, als sie sich für den Islam zu interessieren und im Koran zu lesen begann. Ihre Darstellung, sie habe von der Gewalt des IS nichts gewusst, wies Lars Bachler ebenso als unglaubwürdig zurück wie ihre Behauptung, sie habe ihren kleinen Jungen im IS-Gebiet nicht im Sinne der IS-Ideologie, sondern vielmehr in dem von Nächstenliebe und Barmherzigkeit erzogen. „Wir sind davon überzeugt, dass in dieser Zeit eine Ideologisierung des Kindes stattgefunden hat“, sagte er. „Und das Bild eines bewaffneten Kindes, das noch nicht mal zehn Jahre alt ist, ist eben kein Bild von Nächstenliebe und Barmherzigkeit.“ Es sei nur dem Zufall geschuldet gewesen, dass der Junge dort nicht zu Tode gekommen sei.

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Die Ehrlichkeit der Verena M.

Bei ihrer „ergänzenden Einlassung“ präsentierte sich die IS-Rückkehrerin Verena M. am Dienstag erneut als strenggläubige Muslimin, die sich von „Dawla“ betrogen fühlt und die Terror-Organisation mit scharfen Worten verurteilt. Das Gericht reagierte versöhnlich, wertete den Vortrag als Geständnis und versicherte ihr, dass ihr Auftreten im Hijab „keine Auswirkungen“ haben werde.

Verena M. beim Prozessbeginn am 28. März (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Am Dienstagvormittag gab die IS-Rückkehrerin Verena M. vor dem 7. Strafsenat des Oberlandesgericht Düsseldorf eine sogenannte ergänzende Einlassung ab. Das von ihr handschriftlich verfasste Papier umfasste rund 50 Seiten. Verlesen wurde es von ihrer Anwältin Seda Basay-Yildiz, die dafür mehr als 100 Minuten benötigte.

Die Troisdorferin hatte bereits zu Prozessbeginn am 28. März eine längere Erklärung verlesen lassen. Darin kündigte sie selbstbewusst an, dass sie ihren Hijab vor Gericht nicht für ein milderes Urteil ablegen wird. Was sie auch entsprechend umgesetzt hat: Bis zuletzt erschien die 33-Jährige stets mit einem Khimar, einer islamischen Frauenkleidung, die Stirn und Haare bedeckt und dann weit bis unter das Knie geht, sowie großflächiger Corona-Schutzmaske im Gerichtssaal. Außerdem sagte sie sich in dieser Erklärung von der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) mit scharfen Worten los. Dabei warf sie dem IS vor, „unislamisch“ gehandelt zu haben, sagte aber fast nichts dazu, warum sie im Sommer 2015 mit ihrem damals fünfjährigen Sohn in dessen Herrschaftsgebiet ausgereist war.

Diese Erklärung führte schnell zu Diskussionen, wie ihre Lossagung zu werten sei. Als ein Journalist der Bild-Zeitung, der mehrfach in kurdischen Gefangenenlagern recherchierte und dabei auch mit Verena M. gesprochen hatte, in seiner Vernehmung aussagte, er habe den Eindruck, dass sich die Angeklagte zwar vom IS losgesagt habe, darüber hinaus aber an ihrem ideologischen Fundament festhalte, führte das zu scharfen Reaktionen von Seda Basay-Yildiz, die diese Wertung nicht gelten lassen wollte.

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Verena M. bald wieder frei?

Beim Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Verena M. beantragte deren Anwältin Seda Basay-Yildiz am Dienstag in Düsseldorf die Aufhebung des Haftbefehls. Unter anderem begründete sie dies damit, dass die kurdische Lagerhaft bei der deutschen Strafe im Verhältnis 1:3 angerechnet werden müsse. Mit dieser Sichtweise hatte Basay-Yildiz bereits beim Prozess gegen Sibel H. in München Erfolg.

Verena M. bei Prozessbeginn (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Der Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Verena M. wurde Anfang dieser Woche vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) fortgesetzt. Die Troisdorferin erscheint dabei auch weiterhin vollverschleiert sowie mit Corona-Maske vor Gericht. Damit ist ihr Gesicht für niemanden im Saal erkennbar. Beim Prozessauftakt hatte die 33-Jährige angekündigt, ihren Hijab „nicht für ein milderes Urteil ablegen“ zu wollen.

Montagnachmittag stellte sich der Islamwissenschaftler Guido Steinberg den Fragen zu seinem Gutachten. Bei der Fortsetzung am Tag darauf wurde die Verlesung eines Briefes erwartet, den Verena M. aus der Haft an ihre Mutter geschickt hatte. Da sie sich darin zu ihrer Zeit bei der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) geäußert hatte, wurde der Brief vom Vorsitzenden Richter Lars Bachler als Beweismittel anerkannt. Umso überraschender war es, dass Bachler am Dienstag verkündete, der Brief werde nicht im Gerichtssaal verlesen und stattdessen im sogenannten Selbstleseverfahren behandelt. Damit wird in einem Strafprozess, der öffentlich geführt werden soll, ein möglicherweise wichtiges Beweisstück im Ergebnis der Kenntnisnahme der Öffentlichkeit entzogen.

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„Wegen Zugehörigkeit zum IS diskriminiert“

In Düsseldorf begann am Montag der Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Verena M. Ihre Einlassung begann die Troisdorferin, die mit ihrem kleinen Jungen in das IS-Gebiet gegangen ist, mit einer Erklärung, ihren Hijab aus feministischen Gründen nicht für ein milderes Urteil ablegen zu wollen. Anschließend setzten M. und ihre Anwältin Seda Basay-Yildiz zum verstörenden Versuch einer Täter-Opfer-Umkehr an.

Bild: Sigrid Herrmann-Marschall

Vor dem 7. Strafsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts (OLG) begann am frühen Montagvormittag der Prozess gegen Verena M. Der aus dem zwischen Köln und Bonn gelegenen Troisdorf stammenden Frau wird von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, im Sommer 2015 mit ihrem damals knapp sechsjährigen Sohn ohne das Einverständnis des Kindsvaters in das Herrschaftsgebiet der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) gegangen zu sein. Dort soll sie zwei Schnellfeuergewehre, darunter eine AK-47, in ihrem Besitz gehabt und ihren kleinen Jungen der IS-Ideologie entsprechend erzogen sowie an den Gebrauch von Schusswaffen herangeführt haben. Außerdem habe sie ihrem neuen Mann, mit dem sie sich nach islamischem Ritus verheiratet fühlte, den Haushalt geführt und ihm damit sein Dasein als IS-Terrorist ermöglicht.

Verena M. wurde im Januar 2019 in Syrien gefangen genommen. Am 7. Oktober 2021 wurde sie zusammen mit anderen IS-Rückkehrerinnen sowie deren Kindern auf Initiative des Auswärtigen Amtes nach Deutschland zurückgeholt. Bei der Ankunft am Flughafen Frankfurt wurde sie verhaftet. Seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft.

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Eine versklavte Jesidin sagt aus

In ihrer Einlassung vor Gericht präsentierte sich die IS-Rückkehrerin Nurten J. am Mittwoch naiv und unwissend. Die Zeugenaussage einer versklavten Jesidin am Tag darauf zeichnete jedoch ein anderes Bild der Angeklagten und bot zugleich schwer erträgliche Einblicke in die Gräueltaten des IS.

Der Hochsicherheits-Gerichtssaal des OLG Düsseldorf (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Mit der Einlassung der Angeklagten wurde der Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Nurten J. aus Leverkusen am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) fortgesetzt. Die in Mazedonien geborene Nurten J. soll 2015 mit ihrer damals dreijährigen Tochter nach Syrien in das Herrschaftsgebiet der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) ausgereist sein. Dort soll sie als IS-Mitglied Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben. Außerdem werden ihr Kriegsverbrechen gegen das Eigentum, Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht sowie waffenrechtliche Verstöße zur Last gelegt. Die heute 35-Jährige wurde unmittelbar nach ihrer Ankunft am 24. Juli 2020 am Frankfurter Flughafen festgenommen.

Als sie am Mittwoch den Saal 2 des OLG-Hochsicherheitstraktes betrat und neben Serkan Alkan, einem ihrer Verteidiger, Platz nahm, trug Nurten J. einen kurzen Khimar, ein langes Kopftuch, das ponchoartig auch Ausschnitt, Schultern und Brust bedeckt. Bereits beim ersten Satz fing sie an zu weinen. Sie erzählte von ihren Eltern, die beide „islamisch geprägt“ seien. Ihr Vater sei „aggressiv“ gewesen, ihre Mutter liebevoll. Die Ungleichbehandlung durch ihre Eltern sei „unerträglich“ gewesen, klagte Nurten J.: „So wenig wie ich durfte, so viel durfte mein Bruder, der ein Junge war.“ Dabei weinte sie erneut, woraufhin Serkan Alkan die Verlesung ihrer Einlassung fortführte.

„Dass ich mich bedeckte, störte andere“

In ihrer Kindheit musste sie kein Kopftuch tragen, hieß es dann. Ihre erste Schwangerschaft mit 16 endete mit einer Abtreibung in Mazedonien. Nach ihrer Mittleren Reife habe sich eine weiterführende Schule als zu schwer erwiesen. Eine Ausbildung wurde wieder abgebrochen. Nach verschiedenen kurzzeitigen Jobs lernte sie 2006 den späteren Vater ihrer Tochter kennen. Dieser habe „Kontakt zu Alkohol und Drogen“ gehabt. Eine Begegnung mit einem Freund dieses Mannes führte jedoch dazu, dass sie begann, den Koran zu lesen. „Ich sah für mich die Wahrheit klar und deutlich“, hieß es. „Ich las alles über den Islam.“ Von nun an trug sie ein Kopftuch und nach der Geburt ihrer Tochter begann sie, sich weiter „zu bedecken“. Dies rief jedoch Ablehnung hervor, auch von Seiten ihrer Eltern.

Die Verlesung von Nurten J.s Einlassung dauerte fast 100 Minuten. Mehrfach wippte sie dabei minutenlang mit dem Oberkörper vor und zurück, als ob sie beten würde. Am Ende der fast romanartigen Erzählung war, in direkter Ansprache des Gerichts, von „Scham“ und „Reue“ die Rede. Das passte aber nur wenig dazu, dass sich Nurten J. zu einigen Punkten in fast epischer Breite äußerte, etwa zur Zeit ihrer Gefangenschaft in einem kurdischen Lager, zu den Anklagepunkten aber fast nichts gesagt hatte.

„Glaube, Auswandern und Heiliger Krieg“

So schilderte sie die Zeit ihrer Radikalisierung nur sehr knapp: „Ich war durch Facebook ein Teil der islamischen Gemeinschaft, auch wenn es nur virtuell war.“. Dabei war von mehreren Gruppen die Weiterlesen

Mildes Urteil für Carla S.

Trotz Kindesentzugs mit Todesfolge wurde die IS-Rückkehrerin Carla S. am Mittwoch nur zu fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Ihr sechsjähriger Sohn wurde in Syrien in ein IS-Kinderausbildungslager gesteckt. Später starb der kleine Junge bei einem Bombenangriff. Das Gericht begründete das milde Urteil damit, ihr nicht „die Zukunft verbauen zu wollen“. Außerdem nehme sie nun an einem Aussteigerprogramm teil.

Vor der Urteilsverkündung verbarg Carla S. ihr Gesicht hinter einem Aktenordner (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Die IS-Rückkehrerin Carla S. wurde am Mittwoch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) wegen einer Reihe von Straftaten, darunter Mitgliedschaft in der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS), Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sowie Kindesentzugs in drei Fällen, davon einmal mit Todesfolge, zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Damit urteilte das Gericht deutlich milder als von der Bundesanwaltschaft gefordert. Die Anklagebehörde hatte sieben Jahre Haft gefordert. Die Verteidiger hatten dreieinhalb Jahre gefordert.

Wegen des Vorwürfe, sie habe ihren sechsjährigen Sohn in ein IS-Ausbildungslager gesteckt und wegen Zweifeln an der Ideologie des IS sogar der IS-Religionspolizei gemeldet, geriet die Oberhausenerin schon vor Prozessbeginn in die Schlagzeilen. Der kleine Junge starb später bei einem Bombenangriff. Vor Gericht präsentierte sie sich in ihrer Einlassung tränenreich und beteuerte mehrfach, sie habe nur in ein islamisches Land auswandern wollen. Der IS habe zwar „großen Anreiz“ für sie gehabt, sei aber nicht ihr eigentliches Ziel gewesen. Das Gericht hatte bereits zur Prozesseröffnung deutlich gemacht, diesen Darstellungen nur wenig Glauben zu schenken.

In seiner Urteilsbegründung führte der Vorsitzende Richter Lars Bachler aus, die Beweisaufnahme Weiterlesen

Kurzer Prozess mit Carla S.?

Carla S. wird unter anderem vorgeworfen, ihren kleinen Sohn in Syrien in ein IS-Kinderausbildungslager gesteckt und bei der Religionspolizei gemeldet zu haben. Beim Prozessauftakt am 6. März bestritt sie diesen Vorwurf tränenreich. Nach der Zeugenaussage ihres Ehemannes am Dienstag könnte das Urteil gegen die IS-Rückkehrerin trotz Corona-Krise bereits im April verkündet werden.

Carla S. verbirgt ihr Gesicht hinter einem Aktenordner (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Beim Prozessauftakt am 6. März waren die Zuschauerplätze im Hochsicherheits-Gerichtssaal des Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) noch gut gefüllt. Dass das Verfahren gegen die 35-Jährige aus Oberhausen anfänglich so viel Aufmerksamkeit erregte, dürfte auch daran gelegen haben, dass ihr nicht nur vorgeworfen wird, 2015 gegen den Willen des Vaters mit ihren drei kleinen Kindern nach Syrien in das Herrschaftsgebiet der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) ausgereist zu sein. Sondern dass sie laut Anklage dort auch mit ihren Kindern eine Hinrichtung besucht und ihren damals sechsjährigen Sohn in ein IS-Kinderausbildungslager gesteckt sowie wegen Zweifeln an der IS-Ideologie bei der Religionspolizei Hisba angezeigt haben soll. Später starb der Junge bei einem Bombenangriff. Von der Bundesanwaltschaft wurde das als Kindesentziehung mit Todesfolge gewertet, hinzu kommen andere Anklagepunkte wie etwa die Mitgliedschaft im IS.

Dem ausschließlich aus Männern bestehenden 7. Strafsenat des OLG präsentierte sich Carla S. bislang stets modisch-adrett gekleidet und mit sanfter Stimme sprechend. Sie habe ihr Kopftuch abgelegt, denn ihr Glaube sei „in ihrem Herzen“. Jedes Mal, wenn das Gespräch auf ihre Kinder kam, begann sie sofort zu weinen. Kam das Gespräch danach wieder auf andere Punkte, hatte sie sich dann zumeist sofort wieder gefangen. Mit ihren Kindern nach Syrien in das IS-Gebiet gegangen zu sein, bestritt sie nicht. Sie habe den Kindern vor dem Abflug von Amsterdam in die Türkei erzählt, es gehe in den Urlaub, räumte sie auf Nachfrage ein. Sich in den Jahren davor zusammen mit ihrem Mann in der Salafisten-Szene bewegt zu haben, bestritt die Konvertitin ebenfalls nicht. Dabei konnte ihren Erklärungen entnommen werden, dass auch bekannte Salafisten-Prediger aus dem Raum Bonn offenbar zu ihrem sozialen Umfeld gehört haben.

„Wollte nur den Islam ungestört leben“

Zur Verblüffung des Gerichts bestritt sie jedoch, vorsätzlich zum IS gegangen zu sein. Sie habe lediglich in ein islamisches Land auswandern wollen, um ihren Glauben „ungestört“ zu leben. In Deutschland sei sie beschimpft und angespuckt worden, wenn sie vollverschleiert in die Öffentlichkeit gegangen ist, sagte sie zur Erklärung. Ihr sei Tunesien, wo die Familie ihres Ehemanns lebt, auch lieber gewesen als Syrien. Das aber sei an ihrem Mann gescheitert, der nicht dorthin auswandern wollte. Und im syrischen Idlib habe sie eine Freundin gehabt, also wollte sie zuerst dorthin, weil sie dort eine „Anlaufstelle“ hatte. Erst später habe sie sich dann für das syrische Rakka entschieden.

Idlib wie auch Rakka waren zum damaligen Zeitpunkt Hochburgen des IS und anderer Islamisten. Dennoch habe sie nur wegen der „Anlaufstelle“ dorthin gewollt, beteuerte Carla S. mehrfach. Dass es im IS-Gebiet gefährlich sei, habe sie nicht gewusst. Der Vorsitzende Richter reagierte auf diese Darstellungen skeptisch: „Das kann ich nicht glauben“, sagte Lars Bachler.

„In Syrien gab es keine Sprachbarriere“

Am Montag, dem zweiten Verhandlungstag, blieb Carla S. weiter bei der Darstellung, sie sei nicht vorsätzlich zum IS gegangen. Auf sie erneut gefragt wurde, warum sie nach Syrien statt nach Tunesien gegangen ist, erklärte sie plötzlich, in Tunesien hätte es ja auch eine „Sprachbarriere“ gegeben. „In Syrien spricht man aber auch kein Deutsch“, hakte der Richter sofort nach. „Aber dort gab es deutschsprachige Gruppen“, versuchte sich Carla S. weiter herauszureden. „Ja, beim IS“, entgegnete Lars Bachler und gab damit erneut zu erkennen, dass er ihren Darstellungen nur wenig Glauben schenkt.

Auch andere Punkte der Anklage bestritt Carla S.: So behauptete sie, ihre Kinder und sie selbst hätten die Hinrichtung nur deshalb gesehen, weil sie dort in diesem Moment auf dem Rückweg von einem Arztbesuch zufällig vorbeigekommen seien. Sie räumte ein, dass ihr Sohn dreimal für wenige Tage in einem IS-Kinderausbildungslager war, betonte aber unter Tränen, sie habe das nicht gewollt. Er sei nur deswegen dorthin gekommen, weil ihr gesagt wurde, es sei nicht gut für den Sechsjährigen, im IS-Frauenhaus ständig unter Mädchen zu sein. Daraufhin habe sie ihrem kleinen Jungen geraten, „Pipi ins Bett zu machen“, damit er schnell wieder zu ihr zurück komme. Dass der kleine Junge vom IS mit Stockhieben gezüchtigt wurde, erklärte sie damit, dass er einen Fußball geklaut habe.

Der Strafsenat ist hellwach

Als sie jedoch am Montagnachmittag erklärte, sie habe sich nach der Rückkehr nach Deutschland im April 2019 innerlich auch vom Salafismus gelöst, zeigte sich, dass der fünfköpfige Strafsenat hellwach und nicht bereit ist, sich ein X für ein U vormachen zu lassen: Ein Beisitzer hielt ihr sofort einen von ihr Weiterlesen

EFOMW: Feministisches Tarngewand der Muslimbruderschaft

Das „European Forum of Muslim Women“ ist eine Lobby-Organisation, die in Brüssel versucht, politische Entscheidungsprozesse zu beeinflussen. Die Organisation tritt als ein Zusammenschluss von Frauengruppierungen aus verschiedenen Ländern auf, ganz so, als habe man sich auf dem Marsch zu den und durch die Institutionen eher zufällig, rein sachlich begründet, zusammengefunden. Bei näherem Hinsehen ist die Organisation jedoch von der  Gründungsgeschichte und der Führung her der Muslimbruderschaft zuzuordnen. Das zeigt sich auch am neuen Präsidium.

Belegbild: „Claim your rights“-Video des EFOMW, Abruf 30.01.2020

In Brüssel geben sich Lobbyisten die Klinke in die Hand. Meist ist jedoch erkennbar, welche Interessenlagen und -gruppen diese Akteure vertreten. Ein Verband, der vorgibt, die Interessen muslimischer Frauen zu vertreten, muss sich allerdings fragen lassen, welchen Islam er vertritt und welche gesonderten muslimisch-weiblichen Interessen das jenseits des Anmahnens von Rassismus sein könnten. Gleiche Rechte mit Männern? Das könnte man auch in anderen Frauenorganisationen machen. Die treten aber meist für die Frauenrechte nach Allgemeiner Erklärung der Menschenrechte ein – etwas, was Musliminnen tunlichst unterlassen sollen, wenn es nach fundamentalistischen Organisationen geht. Denen geht es nicht um tatsächlich gleiche Frauenrechte, sondern um die Religion.Und die gibt Fundamentalisten vor, wie weit oder eng weibliche Rechte zu fassen sind. Unabänderlich, nur allenfalls leicht interpretierbar. Denn wer alte religiöse Vorgaben als allgültig betrachtet, kann allenfalls das Marketing verändern, nicht aber die Buchstaben. Das European Forum of Muslim Women (EFOMW) ist eine solche Lobby-Organisation und war bereits Thema auf diesem Blog. Als Lobby-Organisation sind sie gegenwärtig nicht – mehr – aufgeführt. Aber das kann leicht wieder geändert werden. Andernorts hat man auf jeden Fall im letzten Jahr einen Claim abgesteckt:

Bildbeleg: Facebook-Seite des EFOMW, Abruf 29.01.2020

„Claim your Rights“ heißt auch eine Kampagne, die das EFOMW gegenwärtig betreibt (siehe das unten verlinkte Video). Diese Kampagne richtet sich an die Mehrheitsgesellschaft, sie soll Musliminnen dazu bringen, religiöse Rechte einzufordern. Die eigene Agenda wird auf der Internetseite des EFOMW so beschrieben:  „Our mission is to address intersectional discrimination at EU level and advance Muslim women’s rights through our influential advocacy, a strong network of women’s organisations and our evidence-based expertise in Muslim women realities.“ Die minderen Rechte muslimischer Frauen in Relation zu muslimischen Männern in den Gesellschaften sind jedoch nicht Gegenstand der Sorge um „gleiche Rechte“. Die strukturelle Zweitklassigkeit von Frauen im fundamental-islamischen Gesellschaftsentwurf wird vom EFOMW nicht hinterfragt. Das ist etwas, das muslimische Frauen, die tatsächlich an gleichen Rechten interessiert sind, machen und die deshalb vor allem erst einmal mit der „eigenen“ Community und ihren patriarchalen Vorgaben in Konflikt stehen. Die „gleichen Frauenrechte“ a`la EFOMW allerdings richten sich im Wesentlichen nur darauf, diese strukturelle Zweitklassigkeit als vermeintlich individuelle religiöse Freiheit überall einfordern und ausleben zu können, wo religiöse Zurschaustellung eher unerwünscht ist oder die Ausführung religiöser Handlungen und Beharren auf religiöse Normen mit der „westlichen“ Gesellschaft in Konflikt steht. Die Frauen sollen sich identitär rückbesinnen und die Rechte der Frau nach der Kairoer Erklärung einfordern.

Das, was da mit modernen Vokabeln wie „Empowerment“ und Intersektionalität daherkommt, ist also Weiterlesen

Salafistenkinder – Katastrophe mit Ansage

Der NRW-Verfassungsschutz warnt vor 100 salafistischen Familienverbänden. Deren Kinder werden einer normalen Sozialisation, die auf ein gedeihliches Miteinander in dieser Gesellschaft gerichtet ist, entzogen. Welche Herausforderungen stellen sich dadurch?

Salafistin mit Kind (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Am zweiten Weihnachtsfeiertag veröffentlichten mehrere Medien eine Antwort des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes auf eine dpa-Anfrage zur Salafisten-Szene. Die Antwort brachte hervor, dass sich die Zahl der Salafisten alleine in NRW im letzten Jahr um rund 100 auf nunmehr etwa 3.200 erhöht habe. Der leichte Anstieg werde auch darauf zurückgeführt, „dass sich die Zahl und der Anteil der Frauen im Salafismus erhöht habe“.

Bereits deutlich wahrnehmbar sei ein Anstieg der Aktivitäten von Frauen in den sozialen Netzwerken. Ausreisende, Zurückgekehrte und in Deutschland verbliebene Salafistinnen seien zunehmend gewaltbejahend und gewaltbereit“, hieß es weiter. Dabei seien durch die Geburt von Kindern inzwischen rund 100 salafistische Familienverbände entstanden. „Die Szene schotte sich ab. Die Salafistinnen schickten ihre Kinder nicht in den Kindergarten. So wachse eine zweite Generation von Salafisten heran, die bereits im Kindesalter radikalisiert werde.

An diesem Punkt ist guter Rat teuer. Die Hoffnung, dass diese Kinder durch Kindergarten und Schule doch in diese Gesellschaft finden werden, könnte sich als illusorisch und Einzelfällen vorbehalten erweisen. Denn die Kinder sind so bis zur Schulpflicht dem Einfluss einer radikalen Weltanschauung ausgesetzt.

Etwa um das sechste Lebensjahr sind viele Weichen hinsichtlich der Sozialisation bereits gestellt; es ist schwer, gegen ein derart früh vermitteltes geschlossenes Weltbild anzukommen. Es ist besonders schwer, wenn es mit Angst verbunden ist. Wenn schon Zweifel an einer vorgegebenen Deutung Angst auslösen, sind solche Vorprägungen schwer aufzulösen. Das gilt um so mehr, als sie mit einer Selbstüberhöhung sowie Abwertung anderer einhergeht und den Kindern Imaginationen einer angeblich feindlich gesonnenen Umgebung eingeschärft werden. Die Kinder lernen teilweise bereits, so der Verfassungsschutz, das Zählen mit Waffenbildern.

Wer Kinder derart indoktriniert, hat den Wunsch, sie nicht als Kinder zu sehen, als Garanten einer Weiterlesen