Bundesverfassungsschutzbericht vorgestellt

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundes­verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang haben am Donnerstag in Berlin den jährlichen Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) vorgestellt. Dabei waren einige neu erfasste Akteure und Organisationen ebenso bemerkenswert wie manche Trendschilderung.

Der vollständige Bericht findet sich hier:

https://www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfassungsschutzberichte/vsbericht-2018

Bundesinnenminister Horst Seehofer (Bild: Bundesinnenministerium / Quelle: Henning Schacht)

Einige wichtige Punkte seien aus dem Phänomenbereich Islamismus herausgegriffen: Die Gesamtzahl an Islamisten der verschiedenen Gruppierungen wird mit 26.560 angegeben; dazu kommen die Anhänger jener Gruppierungen, zu denen man keine Strukturdaten hat. So ist alleine die Zahl der Salafisten 2018 um weitere 500 auf 11.300 gewächsen, dazu Seite 176:

Die Zahl der Salafisten ist im Berichtszeitraum – wenn auch mit geringerer Dynamik – auf 11.300 Personen (2017: 10.800) weiter gewachsen. Der Trend innerhalb der Szene zum Rückzug in den privaten Raum hat sich fortgesetzt. Es gab kaum öffentlichkeitswirksame Aktivitäten, wie große Veranstaltungen oder ‚Straßenmissionierung‘.

Der öffentliche Druck verdrängt die Salafisten also in konspirative Räume. Nachdem die türkisch-islamistische Furkan-Bewegung Beobachtungs- und Berichtsobjekt in NRW, Hamburg und zuletzt Bayern wurde, berichtet nunmehr auch das BfV über die Strömung als ihren Beobachtungsgegenstand, ab Seite 175 f:

Zum legalistischen islamistischen Spektrum zählt auch die ‚Furkan Gemeinschaft‘, die ihren Ursprung in der Türkei hat und im Berichtszeitraum zum Beobachtungsobjekt des BfV erhoben wurde.

Der Bewegung werden 290 Personen zugerechnet. Mit fast zwei Seiten ist die Bewegung recht breit dargestellt worden, was aber dem Umstand zu verdanken sin mag, dass sich im Allgemeinen wenig Informationen zu ihr auffinden lassen. Siehe dazu auch die Beiträge auf diesem Blog.

Die Gruppierungen „Generation Islam“ und „Realität Islam“, die besonders wegen ihrer öffentlichkeitswirksamen Aktionen – online und auf der Straße – auffielen, werden auf Seite 218 der verbotenen Hizb ut Tahrir zugeordnet und damit erstmals auch in einem Verfassungsschutzbericht benannt:

Die HuT kann in Deutschland wegen des Betätigungsverbots keine öffentlichen Aktivitäten entfalten, setzt jedoch ihre Agitation und die Rekrutierung neuer Mitglieder im Untergrund fort. Insbesondere in sozialen Netzwerken lassen sich zahlreiche Gruppierungen feststellen, die eine ideologische Nähe zur HuT aufweisen. Dazu zählen die Initiativen ‚Realität Islam‘ und ‚Generation Islam‘.Weiterlesen

Berlin: Youcon mit US-Prediger Khan

Event für Jüngere mit US-Prediger

Die Youcon genannte Veranstaltung hat mittlerweile eine gewisse Tradition. Seit Jahren wird, eher um die Jahreswende, diese Veranstaltung als „junge Konferenz“ geplant, als ein Ereignis, das vor allem den Nachwuchs anziehen soll. Dies ist auch schon in dem Titel der zugehörenden Facebook-Seite erkennbar: die islamische Jugendkonferenz. Veranstaltet wird diese Zusammenkunft von Personen und Organisationen aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft. Die zugehörige Seite:

https://www.facebook.com/youconberlin/

Auch hinsichtlich der mit veranstaltenden Gemeinden in Berlin ist die Zuordnung offensichtlich. Bei den Youcons 2013 und 2016 wurde auch Islamic Relief als Unterstützer aufgeführt.

Wer tritt nun bei der aktuellen Ankündigung in Erscheinung?

Zunächst die Sponsorenleiste vergrößert:

Quelle: Facebook-Seite Youcon, Abruf 23.11.2018

Über den Hauptsponsor „Die barmherzigen Hände“ war schon hier informiert worden:

https://vunv1863.wordpress.com/2017/04/28/berlin-nil-novi-sub-sole/

Das IJB ist die Jugendorganisation der Berliner Gemeinden, die weitergehend muslimbrudernah sind. Schon im Februar hatte der IJB Khan geladen:

https://vunv1863.wordpress.com/2018/02/13/nouman-ali-khan-in-deutschland/

Hinter dem Kürzel DMG steht die „Deutsche muslimische Gemeinschaft“, die Umbenennung der IGD, also der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland. Diese ist die größte Organisation in Deutschland, in der sich Muslimbrüder organisieren. Mit dem neuen Namen war explizit keine inhaltliche Neuausrichtung verbunden:

https://vunv1863.wordpress.com/2017/11/11/igd-tabula-rasa-im-internet/

„Bayyinah“ ist die Institution von Nouman Ali Khan selber.
Über diesen Prediger und seiner Nähe zu extremistischen „Kollegen“ im Predigergeschäft war bereits Weiterlesen

Alhambra: Auf Lücke gehäkelt

Über einen jungen Verein, der sich als Ansprechpartner der Politik positioniert

Alhambra – das ist der Name einer mittelalterlichen Stadtburg in Granada, Spanien, die von manchen als Sinnbild eines friedlichen Zusammenlebens unter muslimischer Herrschaft benutzt wird. Alhambra ist auch der Name eines noch recht jungen Vereins, einer „Gesellschaft“, die von einigen jüngeren Muslimen vor etwa einem Jahr in Köln gegründet wurde.

 

Alhambra, Weltkulturerbe, Quelle: https://en.wiki pedia.org/wiki/Alhambra#/media/File:Night_view_of_Alhambra,_Granada_from_Mirador_de_San_Nicolas.jpg, Abruf 10.09.2018

 

Seit der Gründung gab es bereits einige Presseberichte (Auswahl unten) über den Verein. Das begann nahezu unmittelbar nach der Gründung. Hier im letzten Oktober, noch vor der Eintragung im Vereinsregister in der Süddeutschen Zeitung:

Debatten über ein nebensächliches Thema wie einen Feiertag bringen uns nicht weiter. Vielmehr arbeiten sich die üblichen Verdächtigen an so einem Thema künstlich ab, um ja nicht die relevanteren und brennenderen Fragen anzugehen.

https://www.sueddeutsche.de/panorama/religion-wichtiger-als-ein-feiertag-waere-mir-eine-gesicherte-rente-1.3715107-5

Im November eingetragen, im Dezember schon im Spiegel:

Die Alhambra-Gesellschaft aber will genau das fördern – engagierte Debatten und einen intellektuellen innermuslimischen Schlagabtausch. „Wenn wir einen hier verorteten und gelebten Islam praktizieren wollen, brauchen wir eine solche Plattform“, sagt Güvercin. […] Im Beirat der Alhambra-Gesellschaft sitzen zwei ehemalige Funktionäre von Ditib und Milli Görüs. „Wir arbeiten aber ausdrücklich nicht gegen die Verbände“, sagt Güvercin, „wir glauben nur, dass endlich jemand die Lücke schließen muss, die sie offen lassen.“

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/islam-in-deutschland-alhambra-gesellschaft-fuer-offene-streitkultur-a-1182272.html

Im März der Vorsitzende Ali Baş beim Deutschlandfunk:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/reaktion-auf-seehofer-aeusserungen-zum-islam-bin-ich-nicht.1008.de.html?dram:article_id=413263

Und relativ aktuell in der Welt, mehr wie ein Porträt von Eren Güvercin, aber der Journalist Stoldt ahnte wohl schon etwas:

Damit wirkt die Alhambra-Gesellschaft wie eine Blaupause für die Deutsche Islamkonferenz (DIK), die Bundesinnenminister Horst Seehofer noch 2018 ausrichten will. Deren Ziel gab Seehofers Staatssekretär jüngst bekannt: Sie solle debattieren, ob es einen deutschen Islam geben und wie er inhaltlich gefüllt werden könne. {…] Als praktizierender Muslim und Liebhaber der türkischen Kultur fühlt er sich gleichwohl durch und durch beheimatet in Deutschland. „In der schönen deutschen Sprache“, wie er sagt, in der Literatur von Goethe bis Rilke, aber auch in der bundesrepublikanischen Verfassung, auf die der studierte Jurist gerne ein Hohelied anstimmt.

https://www.welt.de/regionales/nrw/article181460194/Auf-der-Suche-nach-einem-deutschen-Islam.html

Der Verein hat eine Internetseite:

https://alhambra-gesellschaft.de/

und einen Facebook-Auftritt:

https://www.facebook.com/AlhambraGesellschaft/

Diese Selbstdarstellung, die von den jeweils beteiligten Journalisten wohl meist nicht hinterfragt wurde, und diese erhebliche Geschäftigkeit v.a. zur Mehrheitsgesellschaft hin, blieb nicht ohne Wirkung und führte (neben sicherlich anzunehmenden guten Kontakten) dazu, dass der junge Verein bereits im März – für einige überraschend – an dem „Werkstattgespräch“ zur nächsten Deutschen Islamkonferenz teilnehmen durfte, S. 7:

https://kleineanfragen.de/bundestag/19/3489-die-inhaltliche-personelle-und-strukturelle-ausrichtung-der-deutschen-islam-konferenz

http://www.deutsche-islam-konferenz.de/DIK/DE/DIK/1UeberDIK/DIKUeberblick/5dik2018-werkstattgespraech/werkstattgespraech-perspektive-dik-node.html;jsessionid=0439E9728E8341642CA085A7E90B6EBD.2_cid368

Vorstandsmitglied Eren Güvercin ist Autor bei PlaMeDi, einer vom Bundesfamilienministerium und „Demokratie leben!“ geförderten Plattform für „Medien & Diversität“:

https://plamedi.de/autoren/

Nun könnte man das, gäbe es keine weiteren Informationen, ganz nett finden und vom Ansatz her nicht übel. Ein bisschen großspurig vielleicht für die vermutlich wenigen Mitglieder. Zumindest wäre das hinsichtlich der Absichtserklärungen aber ganz passabel. Interessant ist jedoch, dass man wohl in der Community nicht in Konkurrenz treten will. Während viele andere Vereine und Verbände als eine Art Kulturverein mit religiöser Ausrichtung oder auch als Religionsverein mit anderen Zwecken (z.B. sozialen) auftreten, ist das hier ein wenig anders. Man tritt zunächst mehr an als Debatten-Plattform. Mit welchem Ziel? Der Blick in die Satzung hilft, ein Ziel aus den Zwecken des Vereins herausgegriffen:

§ 2 Zweck des Vereins

(3) Der Verein verfolgt das Ziel, anerkannter Träger der politischen Bildung zu werden.

https://alhambra-gesellschaft.de/satzung/

Wer begehrt denn nun, „anerkannter Träger der politischen Bildung“ zu werden und damit ggf. auch Nutznießer öffentlicher Mittel zu werden? Weiterlesen

IGD: Jerusalem-Jahr?

IGD-Jahreskonferenz in Hagen lädt „israelkritische“ Referenten

Die Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD) begeht jedes Jahr eine Konferenz, bei der man sich zum Austausch trifft. Die IGD ist nicht nur nach Sicht des Verfassungsschutzes die größte Organisation im Lande, in der Muslimbrüder organisiert sind. 2018 findet die Tagung an diesem Wochenende in Hagen statt. Das Motto ist „Deutschlands Muslime – Zukunftsperspektiven“:

Quelle: https://igd-onl ine.de/aktuelles/jk/, Abruf 08.09.2018

https://igd-online.de/aktuelles/jk/

Wollte man dies zuordnen, so finden sich Vertreter verschiedener Binnen-Strukturen: Frau Osman vertritt als „Mit-Gründerin des Dachverbands Deutsch-Syrischer Hilfsverbände e.V.“ die syrische Linie:

https://igd-online.de/aktuelles/bericht/jk-2018-nahla-osman/

Der Herr Ücüncü stünde wegen seiner vergangenen Funktionen bei der IGMG mehr für die türkisch-stämmigen Mitglieder:

https://igd-online.de/aktuelles/bericht/jk-2018-oguz-uecuencue/

Und Ferid Heider vertritt alle anderen, das schafft er:

https://igd-online.de/aktuelles/bericht/jk-2018-ferid-heider/

Den Herrn Baè, der nach diesen Angaben nicht mehr bei der IZ wirkt, was ein wenig verwundert, wäre auch zuzuordnen, aber er kommt vielleicht auch mehr als Medienvertreter:

https://igd-online.de/aktuelles/bericht/jk-2018-tarek-bae/

Dann gibt es jedoch noch zwei Referenten, die aufhorchen lassen:

Dr. Gerhard Fulda und

Prof. Dr. Rolf Verleger

Ein gemeinamer Nenner beider Herren ist die Funktion in der „Deutsch-arabischen Gesellschaft“. Dr. Fulda im Vorstand, Dr. Verleger im Beirat. Weiterlesen

Allianz Deutscher Demokraten in Hessen

Problematische Akteure werben zur Landftagswahl um Türkeistämmige

Die Kleinpartei „Allianz Deutscher Demokraten“ (ADD, Eigenbezeichnung wegen einer Klage der AfD AD-Demokraten) nimmt wahrscheinlich an der Wahl zum Hessischen Landtag am 28.10.2018 teil:

https://www.hessenschau.de/politik/23-parteien-wollen-in-den-landtag,listen-landtagswahl-100.html

https://wahlen.hessen.de/pressemitteilungen/23-landeslisten-zur-landtagswahl-eingereicht

Die Hürden zur Teilnahme an den Landtagswahlen sind vergleichsweise niedrig, weswegen auch kleinere und neue Parteien sich oftmals beteiligen.

Die ADD wurde 2016 in NRW u.a. in Reaktion auf die Resolution des Deutschen Bundestages zum Armenier-Genozid gegründet. Sie richtet sich vornehmlich an Türkeistämmige und Muslime:

https://de.wikipedia.org/wiki/Allianz_Deutscher_Demokraten

Der Mitgründer Remzi Aru fiel im Zusammenhang der Armenier-Debatte 2016 mit markigen Sprüchen auf:

Der türkischstämmige IT-Unternehmer Remzi Aru gab daraufhin bekannt, eine neue Partei zu gründen, die die Belange der Migranten vertritt, die „Allianz Deutscher Demokraten – ADD“. Die Gründung ist noch nicht abgeschlossen, aber dieser Schritt sei nötig geworden, sagt er, weil die etablierten Parteien auf dem Rücken von Türken Politik betreiben würden. Die Armenier-Resolution sei der endgültige Beweis für die Diskriminierung der Türken in Deutschland gewesen, sagt Aru. Es gibt in Deutschland demokratiefreie Zonen, wo Zehntausende türkischstämmige Menschen leben, von denen vielleicht 300 bis 400 wahlberechtigt sind. Das ist ja eine Art Apartheid.

https://www.deutschlandfunk.de/tuerkei-erdogans-lobbytruppe-in-deutschland.862.de.html?dram:article_id=360829

Die Ausländerbeiräte wurden wohl völlig vergessen. Zudem gibt es ein relativ einfaches Mittel zu mehr Teilhabe, um das man sich allerdings bemühen muss: die Einbürgerung.

Sein Wählerpotential sieht man schon bei einem Viertel der Bevölkerung. Munter mitgerechnet werden all jene mit Migrationshintergrund und ganz kollektiv erfasst:

Quelle: Screenshot https://ad-demokraten.de/ , Abruf 21.08.2018

Mindestens Aleviten, Armenier, Kurden etc., aber auch Inder, Japaner oder Griechen werden sich da verwundert die Augen reiben.

Schon im letzten Jahr, vor der Bundestagswahl, bemerkte die taz gazete (u.a. ein Projekt der taz):

Nur in Nordrhein-Westfalen haben die erhofften Unterschriften zur Zulassung zur Bundestagswahl am 24. September gereicht. Mit zehn Kandidat*innen treten sie an, bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai 2017 erhielten sie allerdings nur 0,1 Prozent der Stimmen. […] 

Vier Tage nach dem Aufruf des türkischen Präsidenten [die etablierten Parteien in D nicht zu unterstützen, SHM], ausgesprochen nach dem Freitagsgebet am 18. August, wirbt die AD-Demokraten mit Erdoğans Konterfei und seinem Ausspruch „Gebt den türkeifreundlichen Parteien eure Stimme“ auf ihrer Facebookseite. Unter Türkeistämmigen hat dies eine Diskussion losgetreten. Weiterlesen