Guter Muslim, schlechter Muslim

Über antimuslimischen Rassismus beim deutschen Islamforum

Am 17.04.2018 fand zum wiederholten Male das „Deutsche Islamforum“ statt. Das „Deutsche Islamforum“ ist eine seit etlichen Jahren stattfindende Konferenz, die die Veranstalter als gemeinsames „Projekt der Groeben-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Interkulturellen Rat und dem Rat der Türkeistämmigen Staatsbürger in Deutschland“ bezeichnen.

Hier aus der Eigenbeschreibung:

Warum wir den Dialog brauchen
Spätestens seit den gewaltsamen Anschlägen in New York und Washington am 11. September 2001 und nochmals verschärft durch die Attentate in Madrid im März 2004 und in London im Juli 2005 zieht sich eine, das friedliche Zusammenleben gefährdende Trennlinie durch die bundesdeutsche Gesellschaft. Sie verläuft zwischen dem muslimischen und nichtmuslimischen Teil der Bevölkerung. In der Mehrheitsgesellschaft verfestigen sich – begünstigt durch oftmals undifferenzierte und verkürzte Berichte in den Medien sowie latent vorhandene Ängste und Vorurteile – ablehnende Einstellungen gegenüber Muslimen.

http://www.interkultureller-rat.de/projekte/deutsches-islamforum-und-islamforen-in-den-laendern/

Bei der letzten Veranstaltung am 17.04.2018 gab es nun einen Vorgang, den die Gülen-nahe „Stiftung Dialog und Bildung“ so schildert:

Wer gehört zum Islam in Deutschland?
Erdogan-Kritiker aus Islamforum rausgeworfen
Hamidiye-Moschee in Frankfurt erweist sich als
Handlanger des türkischen Präsidenten und sät Zwietracht
Berlin. Türkische Politik auf deutschem Boden? Islamexperten, Muslimische Verbände, Vertreter des Innenministeriums von NRW, der Katholischen Kirche, der Evangelischen Kirche Deutschland und der Universität Frankfurt sowie viele weitere Anwesende wurden gestern Zeugen, wie ausgerechnet beim Deutschen Islamforum plötzlich feindselige Stimmung verbreitet wurde:

DITIB-Vertreter Bekir Alboga erfuhr, dass der Vorsitzende der Gülen-nahen Stiftung Dialog und Bildung, Ercan Karakoyun, anwesend war und weigerte sich, an der Veranstaltung teilzunehmen. Daraufhin forderte der Gastgeber, die Hamidiye-Moschee in Frankfurt Herrn Karakoyun dazu auf, die Moschee zu verlassen. Auch Hüseyin Kurt, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Türkischer Moscheevereine in Frankfurt, störte sich offenbar an der Teilnahme von Mitgliedern der deutschen Hizmet-Bewegung. Daraufhin verließ auch Kadir Boyaci, der Koordinator des Gülen nahen Bund Deutscher Dialog Institutionen die Moschee

Karakoyun und Boyaci wollten als geladene und angemeldete Gäste an dem zivilgesellschaftlichen Austausch partizipieren, verließen dann aber die Veranstaltung, um Konflikte zu vermeiden. […] Das Deutsche Islamforum fand zum 34. Mal statt und soll eigentlich dem zivilgesellschaftlichen Austausch zwischen Muslimen und anderen gesellschaftlichen Gruppen dienen. Das Islamforum ist ein Projekt des Abrahamischen Forum und wird von Dr. Jürgen Micksch organisiert.

weiter hier:

http://sdub.de/pm-islamforum/m/‘

Man kann die Gülen-Bewegung berechtigt kritisch sehen*** und es ist fraglich, ob sie bei umgekehrten Vorzeichen evtl. ähnlich gehandelt hätte, also wenn sie 2013 im Machtkampf mit Erdogan, den sie viele Jahre unterstützte, nicht unterlegen wäre. Das jedoch ist Spekulation, und an der Schilderung des Vorgangs gibt es keinen tiefergehenden Zweifel. Dies ist deshalb so, weil andere Teilnehmer, Personen, die der Gülen-Bewegung nicht nahe, ja nicht einmal besonders lobend gegenüberstehen, den Ablauf in ganz ähnlichen Worten schildern. Wenn der geschilderte Vorgang also im Wesentlichen korrekt wiedergegeben ist, so stellen sich die Fragen:

Wie kann es auf einer Konferenz, die sich explizit dem Anprangern und Vorgehen gegen antimuslimischen Rassismus verschrieben hat, zu antimuslimischem Rassismus (nach deren eigenen Kriterien) kommen? Warum nehmen das die Teilnehmer hin?

Ein Anlass, sich den Hintergrund dieses Vorgangs und die Veranstalter näher anzusehen.

Zu den Mitgliedern des langjährig veranstaltenden „Interkulturellen Rats“:

http://www.interkultureller-rat.de/wir-ueber-uns/mitglieder/
[hier sei auf die Mitgliedschaft von Dr. Nadeem Elyas aufmerksam gemacht*]

Ein Bericht von 2012 zum Thema „10 Jahre Deutsches Islamforum“:

 

Auf den Seiten des „Interkulturellen Rats“ ergibt sich jedoch, dass dieser mittlerweile in Insolvenz ist:

http://www.interkultureller-rat.de/

Stattdessen wurden zwei jüngere Organisationen angeführt, das „Abrahamische Forum e.V.“ und die „Stiftung gegen Rassismus“, die als Projekte nunmehr rechtlich eigenständig seien. Beide haben ihren Sitz wie der „Interkulturelle Rat“ i.L. in der Göbelstr. 21 Weiterlesen

Graue Zukunft

Teil II zu außerdeutschen Betätigungen türkischstämmiger Funktionäre und ihren Planungen mit muslimbrudernahen Akteuren

Das vorgestrige Gleichnis von der Unbestimmtheit der Betätigungen der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Deutschland hat aber natürlich auch Grenzen. Manchmal kann man den Impuls und den Ort ganz gut bestimmen. Das ist oftmals in der Türkei selber der Fall, wo man sich nicht unter Wahrnehmung deutscher Behörden und der deutschen Öffentlichkeit wähnt. Da kann man dann gemeinsame Aktivitäten von hiesigen Funktionären finden, die in Deutschland getrennt marschieren. Gelegentlich nicht nur von DITIB-/Diyanet-Funktionären, sondern auch noch von einigen anderen, inkl. einiger Überraschungen. In dem Beitrag „Graue Eminenzen“

https://vunv1863.wordpress.com/2017/10/27/graue-eminenzen/

war über einige weniger öffentlich zentrierte Betätigungen auf dem eher geistlichen, rechtlichen und Bildungssektor berichtet worden.

Heute soll es um ein Treffen und Absprachen der Personen gehen, die mehr in der praktischen Umsetzung stehen. In der Türkei gibt es eine Art strategischen Think Tank, der wohl beim Ministerpräsidentenbüro angesiedelt ist (wie die Diyanet und der Geheimdienst MIT auch):

http://birsam.org/

http://birsam.org/haberler/analizler

http://birsam.org/enstituler

http://birsam.org/dokumanlar/kurumsal-dokumanlar

[Einige Dokumente sind dort trotz Ankündigung  nicht verfügbar.]

Vorgestern und gestern fand dort ein interessantes Treffen statt, wie dem zugehörenden Twitter-Kanal zu entnehmen ist:

Quelle: Screenshot Twitterkanal Birsam, Abruf 28.10.2017 https://mobile.twitter.com/birsamorg

 

Die Logos unten noch mal in groß:

 

Bei diesem Treffen waren also eine Menge deutsche Akteure dabei. Das Programm mit den Akteuren:

http://birsam.org/haber/insani-diplomasinin-gonulluleri-gaziantepte-bir-araya-geliyor

Da Twitter in der Türkei wesentlich stärker genutzt wird, war das explizit für einen größeren Rezipientenkreis und keine abgeschlossene Öffentlichkeit gedacht. In der englischen Google-Übersetzung: Weiterlesen

DITIB LJV Rheinland Pfalz: Unbunte Seminarreihe

Die DITIB Landesjugendverbände stellen sich selber als relativ selbständige Jugendorganisationen dar. In Hessen sind sie beispielsweise seit einigen Monaten als Träger der freien Jugendhilfe angemeldet. In Rheinland-Pfalz ist der Vorsitzende Ibrahim Alboga, der Sohn von Dr. Bekir Alboga, dem Beauftragten für interreligiösen Dialog des DITIB Bundesverbandes.

In der Jugendarbeit ist es besonders wichtig, welche Art von Selbstverständnis vermittelt wird. Schließlich sind manche Haltungen noch in der Findungsphase und auch die Lernbereitschaft ist oft auf einem besonders hohen Niveau. Im Grunde segregative Jugendangebote, unabhängig von welcher Seite, erscheinen gerade im Hinblick auf ein gutes Miteinander als Erwachsene wenig hilfreich, nehmen aber zu. Die Kontakte gerade in der Freizeit sind eigentlich wichtig, um Freundschaften entstehen und gedeihen zu lassen. Zusätzliche Konzepte wie Geschlechtertrennung erscheinen nur in wenigen Fällen wirklich nützlich und förderlich (z.B. wenn eine gesonderte Mädchen- oder Jungenförderung notwendig ist). Bei größeren Events, wie z.B. hier bei einer Jugendleitertagung der DITIB Jugend in Hessen, geht es zumindest auch hinsichtlich der geladenen Gäste noch relativ „bunt“ zu:

 

Bei eher internen Veranstaltungen ist das meist anders.

Der DITIB Landesjugendverband Rheinland-Pfalz plant aktuell eine Seminarreihe. In der Folge dieser Veranstaltungen tritt nicht nur der bereits erwähnte Landesvorsitzende auf, sondern es sind weitere Referenten eingeplant:

 

Mehmet Alparslan Celebi ist seit fast einem Jahr stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Weiterlesen

DITIB: Tango mit Verfassungsfeinden II

Vor einigen Wochen war auf die aufscheinenden Kooperationen zwischen der DITIB und der Muslimbruderschaft hingewiesen worden. Der „Landeskoordinator Hessen“ war immer wieder zu Besuch bei verschiedenen Muslimbrudereinrichtungen in Hessen und demonstrierte Solidarität mit der Muslimbruderschaft. Auch auf die Bildung gemeinsamer Gremien in Deutschland war schon hingewiesen worden:

https://vunv1863.wordpress.com/2016/12/17/ditib-tango-mit-verfassungsfeinden/

Nun kann man auch Gegenbesuche verzeichnen. Sogar welche auf höchster Ebene und bei der Dyanet. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mayzyek war wohl wie Dr. Bekir Alboga – bei diesen Veranstaltungen des „Rats der Eurasischen Islamischen Einheit gegen Missbrauch von Religion, Solidarität und Zukunftsperspektiven“; dieses Jahr Anfang Oktober in Istanbul:

http://www.diyanetvakfi.org.tr/tr-TR/site/haberler/-9–avrasya-islam-s-rasi–istanbul-da-yapiliyor—-2942

Übersetzt:

https://translate.google.de/translate?hl=de&sl=tr&u=http://www.diyanetvakfi.org.tr/tr-TR/site/haberler/-9–avrasya-islam-s-rasi–istanbul-da-yapiliyor—-2942&prev=search

Ganz rechts am Bildrand, das ist der Herr Mazyek, hier mal nicht mitten drin, sondern eher nur dabei (wenn auch nur 2m vom Machtzentrum entfernt, das kann er besser meiner Ansicht nach):

BASBAKAN RECEP TAYYIP ERDOGAN, HILTON OTELI'NDE DUZENLENEN ''8. AVRASYA ISLAM SURASI''NA KATILARAK KONUSMA YAPTI. BASBAKAN ERDOGAN SURANIN ARDINDAN AILE FOTOGRAFI CEKTIRDI. (ANADOLU AJANSI / ERHAN ELALDI) (20121119)

BASBAKAN RECEP TAYYIP ERDOGAN, HILTON OTELI’NDE DUZENLENEN “8. AVRASYA ISLAM SURASI“NA KATILARAK KONUSMA YAPTI. BASBAKAN ERDOGAN SURANIN ARDINDAN AILE FOTOGRAFI CEKTIRDI. (ANADOLU AJANSI / ERHAN ELALDI) (20121119)

[Das Bild ist von der vorhergehenden Veranstaltung, der 8. Zusammenkunft dieser Art 2012. Da ging es wohl auch um Israel. Wie man sich zum Bild zusammenstellte ab 0:40:

http://beyazgazete.com/video/anahaber/tvnet-75/2012/11/20/8-avrasya-islam-surasi-346159.html ]

Auch hier ein Gruppenbild mit dem Herr Erdogan, mittig wohl der Herr Alboga drei Reihen Weiterlesen

Family Business

Über eine deutsch-türkische generationenübergreifende familiäre Arbeitsteilung

Die Avrupa Türk-İslam Birliği (ATIB), eine Organisation aus dem Spektrum der türkischen Grauen Wölfe, gewinnt derzeit an Gewicht und Bedeutung. Bei der Gruppierung, die in einigen Bundesländern unter Beobachtung der Landesämter für Verfassungsschutz steht, werden ihre Verflechtungen nun auch öffentlich sichtbarer. Die ATIB ist unter anderem Gründungsmitglied des Zentralrats der Muslime Deutschlands (ZMD). Wenig bekannt war, dass die Imame der ATIB-Moscheen zum Teil vom türkischen Staat bezahlt werden 1, was auch durch Eigendarstellung verschleiert wurde.2

Die Türkei unterhielt demnach nach den Verfassungsschutzberichten über die Jahre eine Art Lobby-Organisation, die hinsichtlich ihrer Ausrichtung einen klareren Abgrenzungskurs zur deutschen Gesellschaft und auch zur verfassungsmäßigen Ordnung betrieb, wenn auch nicht nach öffentlicher Eigenbekundung. Darüber mag sich mancher, der die DITIB als Verhandlungspartner für Schulunterricht sah, getäuscht haben: Es bestand dem Anschein nach eine Art Arbeitsteilung, hier mehr der religiös konnotierte Bildungssektor, dort mehr die religiös konnotierte, kulturell verbrämte Politik. Diese Arbeitsteilung, die geeignet war, die Öffentlichkeit und auch die politischen Entscheider zu täuschen, wird strukturell (s. gestriger Beitrag) zunehmend aufgehoben. Die DITIB wurde als einem liberalerem Islamverständnis angehörend verortet (was auch zeitweise und örtlich unterschiedlich der Fall gewesen sein mag) und als relativ unabhängig von türkischen Vorgaben ausgegeben. Dies entsprach – wie aktuell immer deutlicher wird – nicht umfänglich der Realität. Im Zuge der stärkeren Betonung des Nationalen und Religiösen unter Recep Tayyip Erdogan nähert sich die DITIB öffentlich den Haltungen der ATIB an während die ATIB versucht, sich in Deutschland als religiöser Kulturverein zu positionieren, der wenig politisch sei. Zugleich wird massiv versucht, die Geschichte der ATIB und insbesondere wohl auch ihres Gründers Musa Serdar Celebi vergessen zu machen.

https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%B6deration_der_T%C3%BCrkisch-Demokratischen_Idealistenvereine_in_Deutschland

Bewirkt wurde dieses, indem sich der Gründer offiziell von der Leitung der ATIB zurückzog und vor Jahren ein öffentlich weniger vorbelasteter Weggefährte Celebis, Ihsan Öner, den Vorsitz übernahm. Auf diese Weise wurde versucht, der ATIB ein besseres Image zu verschaffen.
Der Sohn des Gründers, Mehmet Alparslan Celebi, ist seit Mai 2016 als Stellvertreter Aiman Mazyeks im ZMD benannt. Celebi jun. soll als Vertreter einer neuen Generation das darstellen, was sich Deutschland als Einwanderungsgesellschaft idealtypisch unter einer integrierten Person vorstellt. Hier geboren und aufgewachsen, formal gebildet, soll und will er dem Anschein nach jedoch die Tradition fortführen ohne dass dies allzu offensichtlich ist:

https://vunv1863.wordpress.com/2016/06/01/next-generation/

Dies wird ermöglicht, indem der Celebi sen. in Deutschland weniger stark im Fokus der Öffentlichkeit ist. In der Türkei bietet sich jedoch ein anderes Bild. Celebi sen. ist Weiterlesen