Enttäuschende Islamismus-Debatte

Aus Anlass der jüngsten Anschläge stand im NRW-Landtag am Donnerstag eine Debatte zur Islamismus-Bekämpfung auf der Tagesordnung. Die von nicht wenig Selbstlob gekennzeichneten Beiträge blieben jedoch zumeist oberflächlich, insbesondere bei der Erörterung der Deradikalisierungs-Programme. Tonangebend bei der Debatte waren überwiegend Integrationspolitiker.

Bild: Sigrid Herrmann-Marschall

Unter dem Tagesordnungspunkt „Islamistische Gefährder konsequent rückführen – Aussteiger- und Präventionsprogramme intensivieren“ fand am Donnerstagvormittag im nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf eine fast 100-minütige Plenardebatte zum Thema Islamismus statt. Hintergrund der Aussprache waren die jüngsten islamistisch motivierten Anschläge in Dresden, Paris, Nizza und Wien.

Bereits die Rednerliste offenbarte, dass die meisten Fraktionen das Thema Islamismus-Bekämpfung mehr im integrationspolitischen Bereich ansiedeln als bei der Innenpolitik: So schickte die CDU als ersten Redner den Innenpolitiker Gregor Golland ins Feld. Danach aber sprachen für die CDU mit Heike Wermer und Marc Blondin nur noch Integrationspolitiker. Für SPD und FDP sprachen ausschließlich Integrationspolitiker. Und auch für die Landesregierung sprach nur Integrationsminister Joachim Stamp. Landesinnenminister Herbert Reul war zwar anwesend, ergriff jedoch nicht das Wort. Ministerpräsident Armin Laschet zeigte wenig Interesse an der Debatte und verließ den Plenarsaal bereits nach rund 45 Minuten wieder.

Breite Debatte über Abschiebung von Gefährdern

Den größten Raum in der Debatte nahm die Frage nach der Abschiebung islamistischer Gefährder ein. Dabei zeigte sich Joachim Stamp erneut entschlossen, möglichst viele ausländische Gefährder in ihre Heimatländer zurückzuführen. Er erinnerte an den Fall Sami A. und sagte, bei der Abschiebung von Gefährdern gehe die Landesregierung „bis an die Grenzen des Rechtsstaats“. Der FDP-Politiker sprach davon, ein Gutachten in Auftrag gegeben zu haben, das klären soll, ob etwa auch Abschiebungen von Gefährdern in sichere Gebiete Syriens rechtlich möglich sind. Der AfD, die zuvor kritisiert hatte, dass in diesem Jahr bislang nur sechs von 375 Gefährdern abgeschoben wurden, warf Stamp vor, es sich bei diesem Thema zu einfach zu machen. Die Grünen wiederum kritisierten Stamp für seine Abschiebepolitik.

Wie die meisten Redner an diesem Tag sparte auch der FDP-Minister nicht mit Selbstlob: So lobte er Weiterlesen

Wer braucht schon Belege?

Über einen Meinungsartikel in der aktuellen Süddeutschen Zeitung zu VPN

In der gestrigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung findet sich ein Artikel, in dem auf die Vorgänge um den hessischen Präventionsdienstleister Violence Prevention Network (VPN) vom Februar und März eingegangen wird. Wie die Journalistin Özlem Gezer, die für den Spiegel arbeitet (siehe dazu Beitrag „In eigener Sache“ auf diesem blog), gehört die für den Beitrag allein verantwortlich zeichnende Journalistin Dunja Ramadan wohl zum Netzwerk der „Neuen Deutschen Medienmacher“, was einige interessante zusätzliche Fragen aufwirft. Gemein ist beiden Beiträgen, dass die, die die Suspendierungen aussprachen, nicht breiter im Artikel zu Wort kommen zu den Ursachen der Suspendierung. Es gab eine sehr schmale Mitteilung zur Aufhebung der Suspendierung, die hier wieder bemüht wurde dem Anschein nach. Es liegen also keine neuen Statements des hessischen Innenministeriums oder des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz vor. Stattdessen wird über deren Beweggründe öffentlich spekuliert, über deren „Glauben“ sinniert. Warum fragten sie nicht einfach nach? Warum schaffen es zwei Journalistinnen nicht, von den eigentlich Handelnden Stellungnahmen zu erhalten? Wurde da überhaupt nachgefragt?

Der Beitrag:

http://www.sueddeutsche.de/politik/islamismus-grosser-bullshit-1.3616942

Leider stehen in dem Artikel einige nachweislich unwahre und verzerrende Inhalte, teilweise explizite Unwahrheiten zum Ablauf. Dieser Beitrag geht auf eine Anfrage von Frau Ramadan vom 9. März dieses Jahres (!) zurück, das ist also nichts aktuelles. Darauf wird jedoch interessanterweise nicht hingewiesen

In dem Beitrag machen im Prinzip die Dienstleister VPN, vertreten im Artikel durch die Mitarbeiter, und auch Wegweiser (Dr. Michael Kiefer) mobil gegen die Zuwendungsgeber im Allgemeinen, die berechtigte und belegte Vorbehalte oder bekannt gewordene Probleme anscheinend gar nicht mehr prüfen sollen. Deren, also die von Innenministerium und Verfassungsschutz, Handlung auf belegte Hinweise von mir, aber auch – konkret auslösend – Nachfragen vom HR, wird mit dem Beitrag grundsätzlich angegriffen. Das ist ungefähr so, als würden Hersteller die Kunden angehen, weil sie sich die Ökotest kaufen und lesen. Sowohl der Herr Kiefer, gleich mit mehreren Vereinen/Projekten (Mehrfachbezüge?) am Start in Sachen Präventionsdienstleistung, als auch VPN erhalten öffentliche Gelder in erheblicher Höhe. Öffentliche Gelder, hinsichtlich deren Verwendung und zur konkreten Umsetzung vor allem Meinung wichtig ist, denn eine Evaluation fehlt meiner Kenntnis nach sowohl bei Wegweiser als auch bei VPN im Bereich Islamismus. Kritik stört da im Allgemeinen, denn die öffentlichen Auftraggeber müssen sich für Zuwendungen rechtfertigen. Die Vereine, in denen Kiefer aktiv ist, sind in der BAG, s.u. vertreten. Die BAG vertritt nach Angabe von Herrn Mücke neulich, jeden, der öffentliche Förderung erhält. Dass darunter Strukturen sind, die der Muslimbruderschaft zuzuordnen sind, scheint da weder Kiefer noch Mücke zu stören. VPN hat bundesweit im niedrigen dreistelligen Bereich vor allem Angehörige und das soziale Umfeld von islamistisch radikalisierten Personen beraten. Die im Artikel genannte Zahl „900“ umfasst die ganzen Personen aus dem rechtsradikalen Spektrum mit, die weit überwiegt (vielleicht 750 zu 150 nach meiner Schätzung – mit konkreten Zahlen hat es VPN ja nicht so sehr), aber aufgeführt wird, um die Betätigung breiter aussehen zu lassen. Die Verdienste von VPN im Bereich Rechtsradikalismus sind hier explizit nicht Thema (da sie da auch teilweise evaluiert sind, kann man da sagen, dass das in Ordnung ist. Da das Konzept aber einfach, obwohl es so nicht übertragbar erscheint, übertragen wurde auf den neuen Geschäftsbereich, muss man da fragen dürfen).

Im hessischen Verfassungsschutz sitzen also nach SZ Leute, die keinerlei Ahnung haben, einfach im luftleeren Raum agieren und auch im hessischen Innenministerium entscheidet man nach „Glauben“? Spätestens hier, nach Kiefers Vorwurf, hätte man eine umfangreichere Stellungnahme einholen müssen als die dürre Meldung vom März. Weiterlesen