Der Frankfurter Verein Islamische Informations- und Serviceleistungen (IIS) kann dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft zugeordnet werden. Gleichzeitig wird jedoch eine ausgeprägte und langjährig eingespielte Doppelstrategie zur Stadtgesellschaft hin verfolgt. Beim IIS trat nun vor Kurzem der emeritierte Wissenschaftler Werner Schiffauer auf. Zufällig erscheint dies nicht.

Belegbild: Veranstaltungsankündigung des IIS auf Facebook
Der IIS war einer der Vereine, wegen derer ein hessischer muslimischer Dachverband, der DIV, in dem er Mitglied war, aus der Förderung durch das Bundesfamilienministerium in die Beobachtung durch den hessischen Verfassungsschutz kam. Obwohl das in Frankfurt bekannt sein sollte, verfängt die vom Verein vorgeführte Taktik einer Doppelstrategie nicht selten bei Vertretern der Stadtgesellschaft und anderen Akteuren, die nicht genau hinsehen wollen.
Im letzten April veranstaltete der Mediendienst Integration (MI) eine Informationstour für Journalisten durch Frankfurter Moscheen. Beide vorgestellten Einrichtungen waren jedoch langjährig bekannte Einrichtungen aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft. Davon sollten die eingeladenen Journalisten offensichtlich nichts merken. Der MI stellte sie als normale Einrichtungen vor, die unproblematisch seien, obwohl nach Angaben des hessischen Verfassungsschutzes etwa „der IIS Bezüge zum Rat der Imame und Gelehrten in Deutschland (RIGD), der der islamistischen Muslimbruderschaft nahestehe“, hat. Diese Sachverhalte sind leicht zu recherchieren, doch der „Mediendienst“ wies nicht darauf hin.
Wer steht nun hinter diesem Mediendienst? Der Mediendienst Integration ist ein Projekt, dessen Träger der „Rat für Migration“ ist. In der Selbstdarstellung klingt das so: „Der Mediendienst Integration ist ein Projekt des „Rat für Migration e.V.“ (RfM), einem bundesweiten Zusammenschluss von Migrationsforscherinnen und -forschern. Er arbeitet unabhängig und will den Austausch zwischen Wissenschaft und Medien intensivieren.“ Wovon man unabhängig ist, wird nicht ganz klar, denn der Rat für Migration vertritt zuallererst seine Mitglieder und handelt in deren Interessen. Überspitzt kann man sagen, er dient dem Eigenmarketing dieser Personen und wohl dem Ziel, in Integrationsfragen Deutungshoheit zu erlangen. Deutungshoheit heißt auch Fördermittel, Forschungsgelder, Einfluss, aber auch Durchsetzen der eigenen Agenda. Und natürlich ist er abhängig von allerlei institutionellen Förderern. Der Rat für Migration wird aktuell von diesem Vorstand verantwortet. Lange Jahre wurde der RfM von Werner Schiffauer geleitet. Im letzten Mai wurde nach Eintrag im Vereinsregister Schiffauer als Vorsitzender abgelöst. Knapp einen Monat später wurde er jedoch als „Besonderer Vertreter nach § 30 BGB zur Führung der wirtschaftlichen, verwaltungsmäßigen und personellen Angelegenheiten“ eingetragen. Das ist sozusagen die Prokura des Vereinsrechts. Er besorgt also noch die wichtigsten Geschäfte des Vereins mit umfangreicher Vertretungsmacht, steht aber nicht mehr in der vordersten Linie in der Außendarstellung.
Schiffauer fällt seit vielen Jahren durch kontroverse Sichten auf, wie schon seinem Wikipedia-Eintrag zu entnehmen ist. Verharmlosende Darstellungen wie exemplarisch 2003 in der taz zu Hizb ut-Tahrir lassen den schalen Eindruck entstehen, er habe die totalitäre Wucht und die generationenüberdauernde, sich perpetuierende Indoktrination islamischer Fundamentalisten nie wirklich verstanden, sondern arbeite sich an seinen Projektionen ab.
Wer vor dem Hintergrund von Segregation und sich verfestigender fundamentalistischer Szenen dafür eintritt, islamistische Organisationen auch bei Notwendigkeit nicht zu verbieten, überschätzt die Strahlkraft und die Beispielhaftigkeit demokratischer Verortung und Prozesse. Wer sich ein Beispiel nehmen soll, muss den anderen nicht nur mühsam und temporär tolerieren, sondern das Gegenüber und die demokratische Gesellschaft mit menschengemachten Gesetzen nicht nur als Etappe, sondern als Zielgröße annehmen; wer ein Vorbild bereits hat, das selbstempfunden alles übertrifft und nicht hinterfragbar ist, nimmt jedoch kaum ein anderes her. Auch subjektiv ist das wenig attraktiv. Wer ein autoritäres und hierarchisches Weltbild mit sich an der Spitze hat, empfindet „Augenhöhe“ nicht besonders strahlend und erstrebenswert: Der Sturz vom selbstgebauten Olymp ist zu tief. Insofern irrt Schiffauer, sollte er ostentative Freundlichkeit für mehr halten als die temporäre Dankbarkeit von Funktionären, denen seine Sicht und Zuarbeit gerade gelegen kommt. Zum Beispiel, um die Deutungshoheit der Behörden zu untergraben und auszuhöhlen. Und wenn das nicht geht, der klaren Zuordnung genügend anderes aus dem bunten Katalog des Eigenmarketings entgegenzusetzen, so dass die Stimme des Verfassungsschutzes als eine von vielen erscheint, als ein vereinzelter Misston im Chor der Dialoge und Testimonials.
Damit verwundert es auch nicht mehr, dass Werner Schiffauer am 5. März bei der IIS Frankfurt einen Vortrag zum Thema „Moscheen in der Zivilgesellschaft“ hielt. Auch wenn Weiterlesen