Die Kette der guten Meinungen

Meinungen und weiterer Faktencheck zur Debatte um den Imam auf der Berliner Gedenkfeier zu dem Amri-Attentat

In „NBS: Zurück in die Zukunft II“ war bereits darauf eingegangen worden, welche Bezüge Mohamed Matar selber zu sich angibt und welche Ausbildung er aufführt. Das wäre an sich ohne Belang, würden derzeit nicht vielfach Testimonial-Einstufungen, die auf persönlichen Kennverhältnissen beruhen, einer fachlichen Einschätzung, wie sie z.B. der Verfassungsschutz liefert, entgegengestellt. Insofern sind auch weitere Eigenbehauptungen, die von Testimonials nicht geprüft werden, aber als Fakten hingenommen und kolportiert werden, zu prüfen. Das ist auch deshalb notwendig, weil sich rund um das Thema eine Debatte zwischen Medien bzw. ihren Vertretern abspielt, die weniger mit den Belegen, denn dem allgemeinen Ruf dieser Medien zu tun hat.

Matar, der bei der Gedenkfeier für die Opfer des Terroranschlags am Breitscheidplatz gesprochen hatte, war in den letzten Tagen Gegenstand der Berichterstattung gewesen:

http://www.deutschlandfunk.de/breitscheidplatz-kirche-verteidigt-imam-auftritt-bei.1939.de.html?drn:news_id=830532

https://www.bz-berlin.de/berlin/neukoelln/so-islamistisch-ist-der-radikal-imam-mohamed-matar

Auch zwischen berichtenden Medien wie BILD und Spiegel bzw. befassten Journalisten entspann sich eine lebhafte Debatte auf Twitter, die nicht ganz frei von spitzen Anmerkungen auf der einen und Vertrauensbekundungen auf der anderen Seite war. In einem dieser threads fand sich die Aussage des Spiegel-Redakteurs Christoph Sydow, der einen kurzen Artikel über Matar beigesteuert hatte:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/breitscheidplatz-trat-beim-gedenken-wirklich-ein-radikaler-imam-auf-a-1184734.html

Sydow erklärte hier seine Sicht auf die like-Liste Matars:

Sydow hat Islamwissenschaften studiert. Seine like-Liste sieht gänzlich anders aus. Er sollte auch eigentlich wissen, dass das keine normale Liste ist. Sein Kollege Gathmann wiederum verteidigt ihn gegen eine spitze Anmerkung Julian Reichelts von der BILD:

Das ist nachvollziehbar, Gathmann hatte nämlich am 23.12. Sydows Artikel als ein besonders feines Stück Journalismus gepriesen:

 

Dann ergriffen einige Nutzer Partei vor allem auf der Spiegel-Seite. Keiner von ihnen hatte wohl die Belege, die bei der BILD vorlagen, auch nur angesehen oder sich weitergehend informiert. An den zum Teil recht derben Tweets war erkennbar: Sie gingen einfach von ihrer bestehenden Meinung über Weiterlesen

NBS: Zurück in die Zukunft III

Über einen „Radikal-Imam“, die NBS und ihre Testimonials

Nach der Gedenkfeier zum Jahrestag des Anschlages am Breitscheidt-Platz fanden einige erhitzte Diskussionen statt. Wie schon bei einer kleineren Feier zuvor waren Vertreter eines politischen Islams zur Andacht geladen worden. Konkret handelte es sich um Vertreter von Einrichtungen, die vom Berliner Verfassungsschutz einem muslimbrudenahen Milieu zugeordnet werden. Bei vielen Personen, die wahrnahmen, dass es sich bei hervortretenden „muslimischen Vertretern“ bei dieser Feier mitnichten um liberale Muslime, sondern vielmehr um legalistisch agierende Personen und Verantwortungsträger  von derartigen Vereinen handelte, sorgte diese Einladung für Kopfschütteln und manche Entrüstung: Wie um alles in der Welt kann man Personen, die einem islamistischen Weltbild anhängen, zu einer Trauerfeier für Opfer islamistischen Terrors laden?

Während die Medien im Allgemeinen darauf eher nicht eingingen, ging ein Artikel in der BILD etwas zeitverzögert mehr in die Tiefe. Genau der Punkt wurde betrachtet: Die anwesenden Imame wurden nicht nur in ihrer Selbstdarstellung gegenüber der Mehrheitsgesellschaft, sondern auch in ihren anderen Aktivitäten zur „eigenen Community“ hin betrachtet. Die BILD stellte einer geneigten, ziemlich paternalistischen Sicht auf die Bevölkerung und diese Muslime einen Rundumblick, wenigstens aber eine Ergänzung entgegen.

Die Aufregung war danach groß, denn schon die Überschrift reizte den Widerspruch der PRO-Fraktion aus. Der Mangel des BILD-Artikels war, dass er die Fülle der neuen Belege und Hinweise gar nicht darstellen, ja noch nicht mal erahnen lassen konnte.

Allerlei Fürsprecher für die Neuköllner Begegnungsstätte, den Imam Taha Sabri und auch den jungen Imam, Mohamed Matar, meldeten sich nun zu Wort. Weniger in einer faktenorientierten Weise, die die schon von der BILD vorgebrachten Belege würdigt, sondern sie stellten ihr Bild, das im Wesentlichen der gewünschten Selbstdarstellung der Protagonisten entsprach, einfach dagegen. Es wurde also nicht aufgelistet, dass dieser oder jener Beleg sie nicht überzeugt hätte und warum, sondern sie setzten einfach ihre Realitätswahrnehmung dagegen und meinten wohl, dass derjenige, der mehr Medienmacht aufbauen könnte, die Realität nach eigenen Wünschen konstruieren könne. Beim RBB wurde, siehe dessen Stellungnahme, ähnlich verfahren.*

Diese Methode kommt ganz ohne Sachkenntnis und ernsthafte Debatte aus. Man diskreditiert einfach denjenigen, der eine Feststellung trifft, wie den Berliner Verfassungsschutz, indem man z.B. allerlei Fragwürdigkeiten aus der Vergangenheit auflistet, die diesem noch nicht einmal direkt zuzurechen sein müssen. Diffuses Gemunkel reicht durchaus aus. Dann führt man all die schönen Dinge vor, die man zu berichten weiß. Mit diesem Verfahren findet also keine echte Sachdebatte um Kritikpunkte mehr statt, sondern es wird mehr auf Marketing und Lobbytätigkeiten gesetzt. Das Bemerkenswerte ist, dass die meisten der Lobbyisten dadurch sichtbar wurden, dass nur ein Teil der Belege zunächst angeführt wurde. Da glaubte man wohl (noch), obsiegen zu können mit ein wenig Marketing und Ablenkungen.

Es meldeten sich ein „Leadership Berlin“ Netzwerk, eine Franziskaner-Initiative mit dem Projekt „Lange Nacht der Religionen“ und der evangelische Pfarrer Germer zu Wort. Beim letzten größeren Eklat (bei Constantin Schreibers „Moschee-Report“) hatte sich ja schon das „Berliner Forum der Religionen“ mit seiner Pressesprecherin Villamor-Meyer vor die NBS gestellt. Diese Dame scheint jetzt gleich ganz zur NBS gewechselt zu sein. Hier nun einige Stellungnahmen, man macht sich die jeweiligen Sichten der anderen Teilnehmer zu Eigen:

 

und die „Lange Nacht der Religionen“: Weiterlesen