Abou Nagie meldet sich mit Erklärung zurück, in Hamburg treten „Muslime im Dialog“ auf
Gesucht in Deutschland und Malaysien meldet sich Abou Nagie aktuell mit einer Erklärung zurück, deren Authentizität aber nicht überprüft werden kann. Möglicherweise stammt sie von einem Mitstreiter von Abou Nagie, veröffentlicht auf einem fb-Profil unter seinem Namen. Nach Wortwahl und Satzbau ist das eher nicht die Ausdrucksweise Abou Nagies, deshalb unter Vorbehalt. Unten der link zum Originaltext, der auch in französischer Sprache zusätzlich angehängt ist:
„Sehr geehrter Herr De Maiziére, sehr geehrte Medienvertreterinnen und -Vertreter, sehr geehrte Mitglieder des NRW Landtages, sehr geehrte Damen und Herren,
mit dem 15 November 2016, haben Sie Herr De Maiziére, im Namen des Bundesinnenministeriums, das Lies! Projekt und DieWahreReligion verboten. In Ihrer ca. 20 minütigen Pressekonferenz am Dienstag, sowie in der knapp 50-seitigen Verbotsverfügung haben Sie, mit voller Überzeugung und ohne einen Hauch von Zweifel, uns als Dschihadisten und Terrorunterstützer dargestellt und unsere Aktivitäten entsprechend verboten. Und somit findet eine, in der Geschichte der Bundesrepublik einzigartige, Vorverurteilung einen weiteren traurigen Höhepunkt.
Aus diesem Grunde wollen wir, die ehemaligen Initiatoren des Lies! Projektes, uns bewusst an Sie direkt und die Öffentlichkeit richten.
Wir haben das Lies! Projekt im Jahr 2011 begonnen, mit der Absicht, in Zeiten in der die Debatte über den Islam von außen- sowie innenpolitischen Konflikten geprägt war, die primäre Quelle des Islam sowie auch eine Dialogplattform, einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Vom mehr oder weniger ersten Tag an, hat man uns fälschlicherweise als „Extremisten“, „Salafisten“, „Islamisten“ etc. tituliert. Ungeachtet der Tatsache, dass Muslime der unterschiedlichsten Strömungen hier tätig wurden und die Verantwortlichen immer wieder betonten, dass es sich um ein Projekt von allen Muslime, für alle unsere Mitmenschen, handelt.
Vom ersten Tag des Lies! Projektes an, wurden wir als potenzielle Terroristen und Fanatiker dargestellt, ungeachtet dessen, dass wir uns zu jedem nur erdenklichen Zeitpunkt zu kompromissloser Gewaltlosigkeit und betont unpolitischem Engagement bekannt haben. In kollektiver Übereinstimmung warf man uns und insbesondere dem Initiator, Herrn Abou Nagie, vor, gegen andere Religionen oder Weltanschauungen zu hetzen. Diese Behauptung entsprach und entspricht auch heute nicht der Wahrheit. Ein entsprechendes Strafverfahren gegen Herrn Abou Nagie ist seinerzeit eingestellt worden. Haben Sie sich nie die Frage gestellt warum jemand, der die Absicht hat gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung zu agieren oder gegen die Mehrheitsbevölkerung zu hetzen, sich auf die diversen Fußgängerzonen und Plätze der Bundesrepublik stellt und optisch anspruchsvolle Übersetzungen des edlen Koran, für Damen mit einer Rose dazu, an eben jene Menschen verteilt? Das Kölner Landgericht ließ damals die Anklage noch vor dem ersten Verhandlungstag fallen. In ihrer Pressekonferenz bezichtigen Sie uns, gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu agieren. Diverse Videos im Internet, die anregende, interessante, respektvolle und freundschaftliche Gespräche mit diversen Mitmenschen unterschiedlichster Religionen, Weltanschauungen, Ethnien oder sexueller Orientierungen zeigen, belegen das Gegenteil.
Doch die Erkenntnis des Kölner Landgerichts war für die Medienlandschaft weitestgehend irrelevant. Es wurde keine Gelegenheit, keine noch so banale und belanglose Äußerung, ausgelassen um das Lies! Projekt, sowie seine Aktivisten und Initiatoren, zu diffamieren und zu dämonisieren.
In Folge dieser beispiellosen Verleumdungskampagne gegen das Lies! Projekt fanden Razzien statt. Unbescholtene Teilnehmer der Aktion haben ihre Berufe, Ausbildungsplätze, ihre Beziehungen und nicht zuletzt ihr Ansehen vollständig verloren. Existenzgrundlagen wurden Ihnen somit entrissen. Adressen, Namen, Gesichter etc. wurden ohne Rücksicht auf die möglichen Konsequenzen veröffentlicht. Schüler wurden in der Schule zum Rektor bestellt und manchmal gar von der Polizei vor versammelter Klasse befragt, weil sie an Koranverteilungen teilgenommen hatten und man meinte darin ein Anzeichen für Extremismus entdeckt zu haben. Die Medien und Sicherheitsorgane werden nicht müde zu behaupten, dass wir ISIS unterstützen würden, indem wir Jugendliche radikalisieren. Nein, wir haben niemanden radikalisiert oder gar zum Kämpfen angeregt. Dieser Umgang mit friedlichen, religiösen und unbescholtenen Bürgern, diese Erfahrung der Verleumdung und Diffamierung, diese vollständige Zerstörung des sozialen Lebens, wenn die Frau geht weil sie meint ihr Mann sei ein „Salafist“ und ein Beruf gekündigt wird, weil jemand vom LKA anruft und behauptet man habe einen potenziellen Terroristen in der Arbeiterschaft. Wenn um 05:30 maskierte Polizisten die Wohnungstür aufsprengen und die Kinder deshalb wochenlang vor Angst nachts nicht schlafen können oder die unschuldige Frau, aufgrund des Schocks, eine Fehlgeburt erleidet: Das sind die Erfahrungen, die ungefestigte Jugendliche radikalisieren. Und warum das Ganze? Wegen nichts… keine Beweise, keine Strafprozesse, keine Täter… zurückbleiben Scherbenhaufen und zerstörte Leben.
Unsere Rechte, welche in unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung garantiert sind, was die freie Berufsauswahl, Schutz der Menschenwürde, freie Entfaltung der Persönlichkeit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Recht auf Privatsphäre, Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Datenschutz), Glaubens- und Gewissensfreiheit, und nicht zuletzt Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, wurden und werden kontinuierlich missachtet. Unsere Grundrechte wurden und werden mit Füßen getreten. Wir mögen z.T. Ansichten vertreten, die Ihnen zuwider sind: Sei es die Aussage, dass der Islam die wahre Religion ist, oder das wir imperialistische Bestrebungen jedweder Couleur in islamischen Ländern ablehnen oder die Ablehnung des gegenwärtigen rassistischen Apartheid-Regimes in Israel. Aber diese Überzeugungen und Äußerungen sind nicht rechtswidrig, sondern berechtigte Kritik, die überdies durch den Artikel 4 des Grundgesetzes geschützt sind. Das muss eine lebendige Demokratie aushalten.
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