
Mustafa Cimsit ist derzeit bei den Medien ein gefragter Mann. In Hessen und Rheinland Pfalz bietet er „muslimische Gefängsnisseelsorge“ an. Er wird häufiger gefragt, wie es um die Radikalisierungen in den Gefängnissen bestellt ist. Doch was setzt Cimsit dagegen, welchen Islam lehrt er als „Gefängnis-Imam“? Das ist auch deshalb relevant, weil er als Vorsitzender der „Schura Rheinland-Pfalz“ mit am Tisch sitzt, um den Islamunterricht in Rheinland-Pfalz zu gestalten.
Zunächst: Auch wenn sich Cimsit aktuell auf seiner fb-Seite als „Theologe“ bezeichnet, ist nicht ganz klar, weswegen er diese (nicht geschützte!) Bezeichnung führt: Er ist wohl Pädagoge. Ich lasse mich da gerne informieren.
Cimsit scheint an die Funktion eines Gefängnis-Imams eher zufällig gekommen zu sein über ein Engagement in der Notfallseelsorge.
https://www.tagesschau.de/inland/interview-cimsit-islamismus-101.html
Um Imam, also Vorbeter, zu werden, bedarf es weder einer Ausbildung noch einer Ernennung. So darf sich im Prinzip jeder männliche Muslim nennen (die eigentlich vorgegebenen anderen Bedingungen werden unterschiedlich bewertet, aber oft nicht weiter beachtet), der halt das macht: vorbeten.
Herr Cimsit arbeitet also mit Menschen, denen er religiösen Beistand anbietet. Das ist eine ökonomische Nische, die er da auftat, eine Marktlücke, da die Justizvollzugsanstalten das anbieten wollen. Ob die Forderung von den Gefangenen selber kam oder ob das nur von den Verbänden propagiert wurde und die einzelne JVA dann eilfertig meinte anbieten zu müssen, ist unklar. Sicher ist, dass in Gefängnissen Radikalisierungen stattfanden und -finden und dass insbesondere die Islamisten da sehr aktiv sind in der Mission. Einer der ersten, der im Gefängnis einen spirituellen Weg fand, seine Ablehnung alles Westlichen zu überhöhen, dürfte Bernhard Falk gewesen sein. Der war zwar schon vorher (links-)radikal, aber jetzt fühlt er sich darin von dem muslimischen Gott bestärkt. Diese Wandlung und diese Konversion wären sicher nicht durch einen Gefängnis-Imam abzuwenden gewesen. Schließlich kann man doch so seinen Menschenhass verbrämen und sich damit subjektiv ganz prächtig fühlen.
Cimsit nun wird als jemand gehandelt, der von Radikalisierungen abbringe, und er bringt sich auch selber als eine solche Option ein. Eine Evaluation fehlt natürlich*. Er ist in Interviews und Talkshows. Das Islambild, das er vermittelt, wird selten hinterfragt. Cimsit geht mit seinem Islambild auch nicht hausieren, seine Lehre zeigt sich mehr in den Nebensätzen.

So wird von ihm beispielsweise der Begriff „Islamismus“ abgelehnt (SWR-Podiumsdiskussion, HR „Horizonte“ z.B.). Damit lehnt Cimsit einen Begriff ab, der dringend für die Differenzierung benötigt wird und auf dessen Verwendung auch Staats- und Verfassungsschutz zu recht großen Wert legen: Er ist ein Diskussionsangebot an beide Seiten. An die, die alle Muslime unter Generalverdacht stellen wollen, und die, die Terror, Gewalt und problematische Inhalte am liebsten gar nicht im Kontext des Islams diskutieren wollen. Jemand, der den Begriff Islamismus ablehnt, möchte keine Differenzierung zwischen Islamisten und Muslimen. Für ihn sind Islamisten normale Muslime. Er stellt also Islamisten in den Schutz auch der hiesigen Ummah. Damit soll eine Diskussion der Probleme als auch religionsbedingt verunmöglicht werden. Das machen eigentlich nur Personen, die selber Islamisten sind, sich aber als normalen Muslim bezeichnet sehen wollen: Die Norm ist da, wo ich bin.
Cimsit bekennt sich nicht offen zu einer der türkischen islamistischen Gruppierungen. Auch da ist ein wenig Versteckspielen angesagt. Zumindest kann man jedoch einige seiner Positionen erkennen.
So findet er geschlechtergetrennten Sportunterricht aus religiösen Gründen mindestens diskussionswürdig und führt als Grund eine „religiöse Identität“ der Kinder an, die es auch in der Schule zu beachten gelte. So lässt er sich gegenüber der „Jungen Freiheit“ wie folgt ein:
„Auch der Vorsitzende des Rates der islamischen Gemeinden in Rheinland-Pfalz, Mustafa Cimsit, bekräftigte die Forderung nach getrenntem Schwimmunterricht: „In der muslimischen Kultur haben wir es mit anderen Schamgrenzen und einer anderen Körperkultur zu tun“, betonte er.“
http://www.schneider-breitenbrunn.de/2015-08/schwimmunterricht-moslems-fordern-geschlechtertrennung/
Dass Kinder erst mal sie selber werden müssen, bevor sie selber entscheiden, was sie sein möchten, scheint Cimsit fremd: Bei einem Kind muslimischer Eltern soll auch in der Schule darauf geachtet werden, dass das Kind unter religiöser Kontrolle bleibt und nicht etwa im Sportunterricht einen freien und ungezwungenen Umgang der Geschlechter miteinander lernen könnte. Nein, alles kleine Männer und Frauen und der Shaytan ist immer und überall. Das ist ein anti-aufklärerischer, ja nahezu totalitärer Anspruch. Integrativ ist es klar nicht. Integration, Inklusion findet nicht mal zwischen Jungen und Mädchen statt und bei diesem Denkansatz wird es n icht beim Sportunterricht bleiben. Das ist ein erster Claim, mehr nicht. Denn die „muslimische Kultur“ wie der Herr Cimsit sie wahrscheinlich versteht, nämlich rückwärtsgewandt, ist von Geschlechtertrennung in sehr vielen Bereichen durchsetzt.
Der Herr Cimsit möchte demzufolge die „muslimische Kultur“ an deutschen Schulen implementieren.
Ganz absurd wird es beim Konzept des Dschihad. Herr Cimsit sah sich aktuell zu einer Richtigstellung veranlasst, die folgenden Text hatte:
„Richtigstellung
Dschihad bedeutet Frieden stiften, den inneren (großer Dschihad) und den äußeren (kleiner Dschihad) Frieden. Der Dschihad ist einer der wichtigsten Pflichten der Muslime und auch theologisch fest verankert. Als muslimischer Seelsorger bin ich folgerichtig nicht gegen, sondern für den Dschihad, weil ich für den Frieden und gegen Terror und Krieg bin.
In der TAZ Reportage vom 01.08.2015, in der auch über meine Arbeit berichtet wird, wird der Titel „Drei gegen den Dschihad“ verwendet. Hier wird der Begriff Dschihad als Synonym für Krieg und Terror verwendet. Ich lehne diese Begriffsverschiebung vehement ab und plädiere für einen fachlich richtigen Ausdruck. Der falsche Gebrauch führt leider zu Repressionen und Vorurteilen gegenüber Muslimen als Personen und gegenüber Islam als Weltreligion.„
https://www.facebook.com/mustafa.cimsit.72?fref=ts
Das ist nun eine sehr steile These. Cimsit bekundet auf Nachfrage, er sei nach umfangreichem Quellenstudium, aber auch aus den Originalquellen Koran und Sunna „knapp“ zu diesem Ergebnis gekommen, weswegen er den Dschihad befürworte. Da darf man gespannt sein, wie viele seiner Schäfchen nach eigenem Koranlesen, der ja nach üblicher Lesart „klar und deutlich“ sein soll, da nicht ganz so knapp zu einem anderen Ergebnis kommen.
Cimsit versucht es nun also mit einer orwellsch anmutenden Begriffsumdeutung, für deren Glaubhaftmachung er anführt, „muslimischer Theologe“ zu sein. Dafür jedoch gibt es jenseits des Umstandes, „Generalsekretär“ einer „Union muslimischer Theologen und Islamwissenschaftler in Deutschland (UMTI) e.V.“ zu sein, wenig Hinweis. Wo dieser Verein sein soll, der nur 8 (in Worten acht, wenn ich mich da vergoogelt haben sollte, bitte ich um Korrektur: Ich konnte es selbst kaum glauben) Google-Treffer hat bei Seiten, auf denen es um ihn geht, bleibt im Dunklen. umti.de führt nicht auf eine Vereinsseite, obwohl eine „info@umti.de“ mal als Kontakt angegeben wird. Das ist genau so intransparent wie die Zusammensetzung der von ihm zur rheinland-pfälzischen Landesregierung hin vertretenen „Schura Rheinland-Pfalz, Landesverband der Muslime“. Seit Monaten findet der geneigte Interessent dieses Bild vor, wenn er sich über Zusammensetzung oder Aktivitäten informieren will:
Schura Rheinland-Pfalz » Seite zur Zeit Gesperrt, Wartungsarbeiten laufen! 150811
Nachfragen vor einigen Monaten blieben ergebnislos**, es wurde auf die knappe Zeit verwiesen. Das wiederum geht so ganz nicht ein, denn alleine am 09.08.2015 postete Cimsit auf seiner fb Seite 23 links und Beiträge (ohne Kommentare, nur eigene Beiträge!). Ein freundlicher Hinweis, es gehe auch als fb-Seite, es müsse doch irgendwelche Informationen geben zur Zusammensetzung, blieb auch fruchtlos. Statt dessen wird darauf verwiesen, man habe das unter Ägide der rheinland-pfälzischen Regierung ins Leben gerufen. Das ist ein wenig stichhaltiges Argument, denn manche Kinder bleiben Waisen. Das entbindet sie nicht von der Ausweispflicht.(1) Mustafa Cimşit 4
Das ist also alles recht undurchsichtig. Klar erscheint nur: Der Islam, der im „Knast“ dagegen gesetzt wird, ist wahrscheinlich nicht modern und liberal, sondern näher an Gruppierungen wie Milli Görus oder ähnlichem. Ob das den Freunden, Förderern und Auftraggebern von Cimsit so klar ist, darf bezweifelt werden. Jemand mit randloser Brille muss doch Intellektueller und somit per se guter Demokrat westlichen Zuschnitts sein, klare Sache. Da hat man sich schon manches Mal getäuscht, meine ich. Da schickt man einen „großen Bruder“ in den Knast zur psychosozialen Betreuung und um Schlimmeres abzuwenden, und dann ist es – jetzt einmal überspitzt – DER Große Bruder, der Personen unter muslimisch-kulturelle Vollüberwachung stellen möchte, wie es scheint. So ganz wohl kann einem damit nicht sein.
Da dreht jemand ein großes Rad. Es fragt sich nur, um welche Achse..
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* In diesem Zusammenhang wäre einmal interessant, die Effizienz christlicher Gefängnisseeelsorge im Hinblick auf die Rückfallquote und anderes zu betrachten. Da sollten ja schon genügend Rohdaten vorliegen.
** Herr Cimsit wurde mehrfach, auch öffentlich, befragt. Wenn man mit den genannten „Organisationen“ der eigenen Person mehr Gewicht zuordnen möchte, dann sollte auch klar sein, welche anderen Personen noch dahinter stehen. Ein-Mann-Orchester zählen nicht. 🙂