Stendaler Einrichtung Al Rahman Moschee im Verfassungsschutzbericht Sachsen-Anhalt benannt
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht Sachsen-Anhalt wird eine Einrichtung in Stendal neu als Einrichtung der Muslimbruderschaft benannt:
„Islamische Gemeinde Stendal e. V. (IGS)
Die IGS wird von einer Personengruppe dominiert, die der MB-Ideologie anhängt. Mehrere einflussreiche und zum Teil im Vorstand aktive Gemeindemitglieder teilen auf ihren Facebookseiten unter anderem Inhalte mit deutlichen Bezügen zur MB sowie Aufrufe zum bewaffneten Kampf gegen Israel. Bei dieser Personengruppe erkennbare israelfeindliche und antisemitische Einstellungen wurden in der Gemeinde darüber hinaus gezielt an Kinder vermittelt. […] Öffentlich werden sie sich weiterhin als gemäßigte Muslime darstellen und als vertrauenswürdige zivilgesellschaftliche Akteure auftreten. Es gilt zu verhindern, dass dieses Bild bei Verantwortungsträgern im Land, in Kommunen, Kirchen und der Zivilgesellschaft verfängt und möglicherweise zu Fehleinschätzungen führt. “
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Dieser Sicht kann man nur beipflichten, doch die Reaktionen auf diese Benennung sind in gewisser Weise so stereotyp, dass man sich nur wundern kann. Genau die „Verantwortungsträger im Land, in Kommunen, Kirchen und der Zivilgesellschaft“ melden sich nun zu Wort. Nicht, weil sie die Sache jenseits flüchtiger persönlicher Kennverhältnisse beurteilen könnten (und manche Befragten haben nicht mal das in petto). Sondern einfach so, da man dort z.B. mal frühstücken war und natürlich jemand, mit dem man mal Brötchen und Marmelade teilte, unbedingt glaubwürdiger ist als die zuständige Fachbehörde. Natürlich erwartet man in der trauten Atmosphäre von Frühstücken auch gleich eine Generalbeichte. Ist doch normal, dass man bei Frühstücken nichts als die reine Wahrheit in Gänze zusätzlich aufgetischt bekommt. So erscheint zumindest die lokale Erwartungshaltung:
„Beschwichtigend äußerte sich dagegen Schulenburgs Parteifreund Klaus Schmotz in seiner Funktion als Oberbürgermeister von Stendal. Zu den Vorwürfen gegen die Islamische Gemeinde in seiner Stadt sagte er MDR SACHSEN-ANHALT, er habe den Verfassungsschutzbericht zur Kenntnis genommen. Es gebe seiner Ansicht nach derzeit keinen Grund zur Besorgnis. Er wolle den bisher geübten Umgang mit der Islamischen Gemeinde Stendal „auf friedliche Weise weiter pflegen“. Schmotz fügte hinzu: „Wir müssen natürlich auch mehr über den Islam erfahren, uns selber über die vielschichtigen Gedanken in dieser Religion informieren und aufmerksam auch gegenüber extremistischen Ansätzen sein. (…) Dann stelle ich mir vor, dass wir in einem offenen Disput auch solche Dinge in unserer Stadt miteinander klären.“ Ihm seien bei seinen Aufenthalten in der Stendaler Moschee keine antisemitischen oder extremistischen Bestrebungen aufgefallen, sagte der Oberbürgermeister. Er kündigte an, sich mit den Verantwortlichen der Moschee über die Inhalte des Verfassungsschutzberichtes unterhalten zu wollen.“
https://www.mdr.de/sachsen-anhalt/stendal/islamische-gemeinde-stendal-unter-druck-100.html
Man kann, man sollte sprechen. Aber gut vorbereitet.
Herr Schmotz verkennt leider völlig, dass die naive Beurteilung ohne Vorkenntnisse kaum möglich ist. Selbst wenn da problematische Schriften auslägen bei seinen Besuchen, er würde sie wohl nicht erkennen und für normale islamische Schriften halten. Was will er persönlich und selber denn beurteilen? Das Sozialverhalten von Gesprächspartnern? Besuchstermine, die er anführt, zu nennen, zeigt, mit welch unglaublicher Naivität agiert wird. Zugleich wird die Intelligenz der dort agierenden Muslime maximal unterschätzt (das ist fast schon beleidigend): Das sind Akademiker, länger hier lebend. Sie wissen im Allgemeinen, was man Bürgermeistern bei Besuchen an Artigkeiten und Bekundungen bieten muss (der Bürgermeister war wohl mal in der Moschee frühstücken). Im Allgemeinen trifft man bei Einrichtungen der Muslimbruderschaft auf geschultes „Personal“, also Personen, die um Öffentlichkeitsarbeit und -wirkung wissen. Das Gesicht zur „eigenen “ Community kann ein ganz anderes sein und im Falle der Stendaler Moschee ist das nach Sicht des Verfassungsschutzes, die Fachleute haben, so. Anscheinend überwiegt beim Bürgermeister jedoch die eigene Sicht.
Das ist ein wenig wie nach der Früherkennung beim Arzt: Der Patient hat einen Befund, der Anlass zur Sorge gibt. Das wird mit erprobten Methoden gemacht und der Fachmann (oder -frau) erkennt mit seinen Verfahren Dinge, die Laien nicht sehen, deswegen gibt es Ärzte. Der Laie meint dann dazu: „Also eigentlich sieht der Onkel Heinz doch ganz gut aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der was hat.“ Der Laie kennt weder die Methode der Befunderhebung, noch wüsste er, was der NMP22 ist. Das sagt ihm einfach nichts und selbst wenn man es ihm sagte (ohne die Fachmeinung dazu), wäre das von ihm nicht einzuordnen. Ein Beispiel von der Facebook-Seite der Gemeinde:
Und, erkannt? Welche Rückschlüsse ziehen diejenigen, denen nichts aufgefallen ist, nun aus diesem Bild?*
Ähnlich verhält es sich also hier. Um etwas ein- und zuordnen zu können, braucht man nunmal Kenntnisse. Sonst hat man nur die persönlichen Gefühle – und das, was einem präsentiert wird. Das Weiterlesen →