Ein Herz für Hassprediger

Saudischer König Salman schützt persönlich Zakir Naik?

Vor einigen Tagen war der indische Hassprediger Zakir Naik von indischen Behörden Interpol mit einer Such- und Haftaufforderung gemeldet worden. Hintergrund sind Ermittlungsergebnisse indischer Behörden, die Naik als Graue Eminenz hinter etlichen Attentätern sehen:

The NIA sources told Mumbai Mirror that the agency questioned more than 80 people arrested or detained from across the country. Some of the arrests date back to 2005, of alleged members of the SIMI, the Indian Mujahideen, and Lashkar-e-Toiba.
„We have identified at least 50 people who admitted to have been inspired by Naik+ . However, it is too early to say whether Naik can be directly linked to terrorist activities,“ an NIA officer said. On Tuesday, Hansraj Ahir, the minister of state for Home, told the Lok Sabha that there have been reports of „some known terrorists reportedly inspired by Naik“.“

http://timesofindia.indiatimes.com/city/mumbai/Zakir-Naik-inspired-more-than-50-terror-suspects-says-NIA/articleshow/53551081.cms

Der Artikel ist vom letzten August. Offensichtlich hat man nunmehr größere Sicherheit und Einblicke gewonnen. Die „red corner notice“ geheißene Aufforderung bedeutet für alle angeschlossenen Staaten des Interpol-Netzwerks, diese Person nach Möglichkeit aufzugreifen und auszuliefern.

 

Saudi-Arabien ist Mitglied bei Interpol:

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Mitgliedstaaten_von_Interpol

Naik hat einen Fernsehkanal mit erheblicher Reichweite, „Peace TV“. Naik ist Al Qaida-nah.

Peace TV, his television channel, has also been banned in Bangladesh, Canada and in the United Kingdom. However, it recently came to light that he was given Permanent Resident (PR) status in Malaysia five years ago.

http://www.thestar.com.my/news/nation/2017/05/20/zakir-naik-granted-saudi-citizenship/#tTKBOT0fcFcqxEeI.99

Malaysia hatte nach der Interpol-Meldung bekundet, Naik sei derzeit nicht im Land.

A few days ago, Deputy Prime Minister Ahmad Zahid Hamidi assured the Malaysian Associated Indian Chamber of Commerce and Industry (Maicci) that Malaysia would not give sanctuary to any fugitive, even if the fugitive happened to be Zakir Naik.“

https://www.malaysiakini.com/news/382467#ixzz4hhn6a2sn

Indian Islamic preacher, Dr Zakir Naik, who is wanted by authorities in Delhi for alleged terrorist offences, has been granted citizenship by Saudi Arabia. Arab sources reported that King Salman had intervened to grant Naik Saudi citizenship to protect him from arrest by the International Police Organisation, Interpol.Weiterlesen

Nur die „Salafisten“?

Einlassungen von Bundesnachrichtendienst und Bundesamt für Verfassungsschutz erscheinen ergänzungswürdig

In den letzten Tagen gab es Artikel zu einem Zwischenbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes. Gegenstand war die Besorgnis, verschiedene Staaten unterstützten hiesige salafistische Netzwerke:

http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/DEUTSCHLAND/Geheimdienste-warnen-vor-zunehmender-Hilfe-fuer-Salafisten-artikel9708922.php

Eine ähnliche Warnung war bereits im letzten Jahr veröffentlicht worden:

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte das Golfkönigreich damals davor gewarnt, religiösen Extremismus in Deutschland zu unterstützen.

Ein Regierungssprecher hatte die kritische BND-Analyse zurückgewiesen und erklärt, sie spiegele nicht die Haltung der Bundesregierung wider. Die Bundesregierung betrachte Saudi-Arabien als wichtigen Partner in einer von Krisen geschüttelten Weltregion.

Die Regierung setzt gegen die Stellungnahme und Warnungen ihrer eigenen Experten also ihre Meinung, man brauche diese „wichtigen Partner“. Nun ist dies etwas, was kein Gegenargument darstellt, die Meinung der Regierung entkräftet die Hinweise nicht. Oder um ein Bild zu benutzen: Sicher kann man ein Trojanisches Pferd auch nutzen, um von seinem Rücken aus die Stadtmauer zu reparieren. Man sollte das allerdings nur von außen tun. Macht man das von innen, hat es die bekannten Folgen: Intakte Stadtmauer, aber die Insassen sind trotzdem vor Ort.

Belege liegen wohl für Saudi-Arabien, Kuwait und Katar vor.

Saudi-Arabien lässt durch seinen Botschafter in Berlin diese Meldungen zurückweisen, man finanziere keine Moscheen. Das ist direkt auch gar nicht notwendig, denn wie die weitere Einlassung aufscheinen lässt, genügt es, wenn Struktur A in Saudi-Arabien, Katar oder Kuwait Struktur B in Deutschland unterstützt. Dann baut man nicht, sondern lässt bauen. Das ist die Hardware. Die Software liefert man hingegen wohl sehr gerne auch direkter.

Die Regierung muss sich neben dem Umstand, dass eine solche öffentliche Meinungsbekundung lediglich eine Beratungsresistenz suggeriert oder wiederspiegelt, vorhalten lassen, dass sie die Netzwerke, die eine Stufe unterhalb der gewaltbereiten Extremisten operieren, aktiv fördert. So wird Weiterlesen

Saudi-Arabien: Folgen der Massenhinrichtung

Einige Überlegungen zur Einordnung

Saudi-Arabien hat gestern 47 Todesurteile vollstreckt, eine derartige Gruppenhinrichtung gab es nur wenige Male in der Geschichte des Landes. Die Beschuldigung lautete i.d.R. „Terrorismus und Anstiftung zur Gewalt.“ Neben vier Schiiten wurden 43 andere Personen getötet, Sunniten:

http://www.welt.de/politik/ausland/article150540356/Saudi-Arabien-hat-das-Tor-zur-Hoelle-geoeffnet.html

 

 

Saudi-Arabien war bei der Absichtserklärung zur Vollstreckung an den Schiiten u.a. vom Iran gewarnt worden, das Vorhaben umzusetzen. Nach den Hinrichtungen sind verschiedene Reaktionen erfolgt. Neben den Stellungnahmen von UN, US, EU sind weitere Besorgnisse  laut geworden. Darüber hinaus gab es bereits erste öffentliche Proteste gegen die Hinrichtung nicht nur in Saudi-Arabien selber, sondern auch anderen Ländern. Im Iran wurde die saudische Botschaft gestürmt. Es besteht durchaus die Gefahr, dass eine echte Auseinandersetzung um die Vormacht im Raum ihren Anfang nahm. Ajatollah Ali Chamenei spricht aktuell von „göttlicher Rache“:

http://www.tagesschau.de/ausland/saudiarabien-hinrichtungen-107.html

Vor einem Monat allerdings schon hatten auch Al Qaida-Gruppen im Jemen gewarnt:

„Al-Qaeda’s affiliate in Yemen has threatened the Saudi government over its plan to carry out a mass execution of prisoners, including al-Qaeda members, the militant group announced in a statement posted on social media.“

http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/al-qaeda-threatens-mass-bloodshed-in-saudi-arabia-over-planned-mass-execution-a6755346.html

Die Massenhinrichtung ist also ungewöhnlich. Der Zeitpunkt dieser saudischen Maßnahme (etliche Personen sind seit längerem verurteilt) ist daher auch interessant und das Ausmaß bemerkenswert.

Guido Steinberg meinte in der SZ:

Für Guido Steinberg, Golf-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, kommt die Hinrichtung Al-Nimrs überraschend, weil mit dem Geistlichen jemand umgebracht worden sei, von dem keine Gewalt ausging: „Da geht die saudi-arabische Regierung doch ein gutes Stück weiter, als in den letzten Jahren.“ Für die Schiiten im ölreichen Osten, von denen sich bislang keine militante Gruppe gegen Riad wende, sei das Urteil „eine Provokation“.

Nach Ansicht Steinbergs ist die Massenhinrichtung vor allem eine Reaktion König Salmans auf die Bedrohung durch die Terrormiliz IS. Diese ist auf irakischem Gebiet bis an die Staatsgrenze der Monarchie herangerückt. Auch in Saudi-Arabien, das sich international gegen die Extremisten engagiert, sind IS-Anhänger aktiv. Die Terrormiliz hatte 2015 die Verantwortung für mehrere blutige Anschläge auf schiitische Moscheen übernommen.

http://www.sueddeutsche.de/politik/saudi-arabien-die-gefaehrliche-strategie-des-saudischen-koenigshauses-1.2803633

Vielleicht ist die Hinrichtung Al-Nimrs und dreier weiterer Schiiten jedoch nur „Beiwerk“ (sofern man das schaurig so nennen kann).

Es könnte auch eine Reaktion auf die Zusammenschlüsse der letzten Tage sein. Etliche Gruppierungen hatten Kampf-Allianzen gebildet: Al Qaida-nahe Gruppen und IS-Unterstützer gegen den gemeinsamen Feind von außen, die Ungläubigen. Gleichzeitig ist für den IS Saudi-Arabien nicht fern. In Saudi-Arabien sind relevante Netzwerke von Al Qaida aktiv. Ob z.B der Bin-Laden-Clan politisch aktiv ist, ist nicht bekannt. Eine Vermischung schlichter Machtinteressen mit politischem Vorgehen ist bei Clanstrukturen allerdings nicht allzu selten. Wenn eine Allianz von außen herannaht, könnten Clans, die groß und finanzstark sind, ihre Stunde gekommen sehen, einige Claims mehr abzustecken, sofern wesentliche Mitglieder die Al Qaida bevorzugen oder protegierten oder dies einfach als politische Chance betrachteten. Verschiedene Familien könnten also differierende Interessen haben. Das Herrscherhaus könnte meinen, ein gemeinsamer Feind im Inneren sollte da entweder einen oder dem Herrscherhaus ermöglichen, weitere unliebsame Personen der „Kollaboration“ zu zeihen. Hier eine vollständige Liste der getöteten Personen:

„Below is a full list provided by SPA of people who were executed today:

1- Ameen Mohammed Abdullah Al Aqala – Saudi nationality.
2- Anwar Abdulrahman Khalil Al-Najjar – Saudi nationality.
3- Badr bin Mohammed bin Abdullah Al-Badr- Saudi nationality.
4- Bandar Mohammed bin Abdulrahman Al-Ghaith – Saudi nationality.
5- Hassan Hadi bin Shuja’a Al-Masareer – Saudi nationality.
6- Hamad bin Abdullah bin Ibrahim Al-Humaidi- Saudi nationality
7- Khalid Mohammed Ibrahim Al-Jarallah – Saudi nationality
8- Ridha Abdulrahman Khalil Al-Najjar- Saudi nationality
9- Saad Salamah Hameer – Saudi nationality
10- Salah bin Saeed bin Abdulraheem Al-Najjar – Saudi nationality
11- Salah bin Abdulrahman bin Mohammed Al Hussain -Saudi nationality
12- Saleh bin Abdulrahman bin Ibrahim Al-Shamsan – Saudi nationality
13- Saleh bin Ali bin Saleh Al-Juma’ah – Saudi nationality
14- Adel bin Saad bin Jaza‘ Al-Dhubaiti – Saudi nationality
15- Adel Mohammed Salem Abdullah Yamani – Saudi nationality
16- Abduljabbar bin Homood bin Abdulaziz Al-Tuwaijri – Saudi nationality
17- Abdulrahman Dhakheel Faleh Al-Faleh – Saudi nationality
18- Abdullah Sayer Moawadh Massad Al-Mohammadi – Saudi nationality
19- Abdullah bin Saad bin Mozher Shareef – Saudi nationality
20- Abdullah Saleh Abdulaziz Al-Ansari – Saudi nationality
21- Abdullah Abdulaziz Ahmed Al-Muqrin – Saudi nationality
22- Abdullah Musalem Hameed Al-Raheef – Saudi nationality
23- Abdullah bin Mua’ala bin A’li – Saudi nationality
24- Abdulaziz Rasheed bin Hamdan Al-Toaili’e – Saudi nationality
25- Abdulmohsen Hamad bin Abdullah Al-Yahya – Saudi nationality
26- Isam Khalaf Mohammed Al-Mothri’e – Saudi nationality
27- Ali Saeed Abdullah Al Ribeh – Saudi nationality
28- Ghazi Mohaisen Rashed – Saudi nationality
29- Faris Ahmed Jama’an Al Showail – Saudi nationality
30- Fikri Ali bin Yahya Faqih – Saudi nationality
31- Fahd bin Ahmed bin Hanash Al Zamel – Saudi nationality
32- Fahd Abdulrahman Ahmed Al-Buraidi – Saudi nationality
33- Fahd Ali Ayedh Al Jubran – Saudi nationality
34- Majed Ibrahim Ali Al-Mughainem – Saudi nationality
35- Majed Moeedh Rashed – Saudi nationality
36- Mishaal bin Homood bin Juwair Al-Farraj – Saudi nationality
37- Mohammed Abdulaziz Mohammed Al-Muharib – Saudi nationality
38- Mohammed Ali Abdulkarim Suwaymil – Saudi nationality
39- Mohammed Fathi Abula’ti Al-Sayed – Egyptian nationality
40- Mohammed bin Faisal bin Mohammed Al-Shioukh – Saudi nationality
41- Mostafa Mohammed Altaher Abkar – Chadian nationality
42- Moaidh Mufreh Ali Al Shokr- Saudi nationality
43- Nasser Ali Ayedh Al Jubran – Saudi nationality
44- Naif Saad Abdullah Al-Buraidi – Saudi nationality
45- Najeeb bin abdulaziz bin Abdullah Al-Bohaiji – Saudi nationality
46- Nimr Baqer Ameen Al-Nimr- Saudi nationality
47- Nimr Sehaj Zeid Al-Kraizi – Saudi nationality“

Quelle: http://english.alarabiya.net/en/News/middle-east/2016/01/02/Saudi-interior-ministry.html

Daraus:
„But most of the 47 executed in the kingdom’s biggest mass execution for decades were Sunnis convicted of al Qaeda attacks in Saudi Arabia a decade ago. Four, including Nimr, were Shi’ites accused of shooting policemen.“

Der Zeitpunkt hätte dann – die Gruppen trauern um unterschiedliche Opfer – den Sinn aus Sicht des Herrscherhauses gehabt, diese Allianz wieder etwas aufzulösen (greift man evtl. Saudi-Arabien an oder nicht?) und auch ein deutliches Zeichen an die Al Qaida im Land zu senden. Der Zeitpunkt wäre dann nicht Zufall, sondern diejenigen, die in Gefangenschaft waren, dienten als Faustpfand, das man nun einlöste.

Die jihadistschen Anführer, die z.B. Al Qaida oder dem IS zuzuordnen sind, haben bislang unterschiedlich reagiert. Unter den Getöteten waren verschiedene Personen, die als Brüder im Geiste oder Unterstützer gesehen werden. Wie sich die einzelnen Gruppen nun positionieren, dürfte interessant sein, da die jeweils zentrierten Opfer einen Rückschluß auf die Ausrichtung erlauben.

Auf einer fb-Saite von Millatu Ibrahim-Nachfolgern werden diese Opfer beklagt:

Sheikh Fars Al Schueyl, Scheikh abdulaziz Raschid adtuil3i, Hamad abdullah ibrahim al hemidi

(3) Wacht Auf 160103 SA

Ein Al Qaida-nahes Portal:

Shaykh Faris Zahrani, Hamd al Humaydi und Abdulaziz al Tuvayili

Garniert wird die Stellungnahme mit der farbigen Bekundung:

„Wir versprechen Allah: Es ist für uns verboten zu leben solange wir die Anführer der saudischen Familie nicht geköpft haben!“

http://ummahislam.com/exekutionen-in-saudi-arabien-und-aqaps-erklaerung-diesbezueglich

Man wird weitere Reaktionen abwarten müssen, kann sich aber bei solchen Einlassungen sicher sein, dass Al Qaida getroffen wurde. Dass Saudi-Arabien – das ist Spekulation – in Kauf nimmt, erhebliche außenpolitische Spannungen mit dem Iran zu bewirken, könnte ein Indiz sein, wie die Lage eingeschätzt wird. und könnte auf relevante innere Loyalitätskonflikte hindeuten. Ob manches, was man aktuell eher nur ahnen kann, eintritt, werden die nächsten Tage zeigen. Man sollte jedoch immer daran denken, dass die Binnenlogik nicht unbedingt nach außen durchscheint und das saudische Regime eine sehr andersartige Struktur hinsichtlich der Legitimation hat. Manche Handlungsansätze könnten mit europäischem Blick schwer verständlich oder nicht so einfach herleitbar sein.