Berlin: Al-Nur-Chef arbeitet mit Geflüchteten

„Integra Integrative Sozialarbeit e.V.“ hat Vorstandsvorsitzenden des Al Nur Trägervereins im Team

Berlin hat ein erhebliches Problem mit Salafisten und den Orten, an denen sie sich treffen. Nicht erst aus dem aktuellen Lagebild geht hervor, dass die Szene wächst:

Der Verfassungsschutz rechnet zurzeit 950 Berliner zur Salafisten-Szene.

https://www.morgenpost.de/berlin/article213143905/Das-weiss-der-Verfassungsschutz-ueber-Berlins-Salafisten.html

Die Berliner Al Nur Moschee ist bundesweit bekannt als ein relevanter Veranstaltungsort, ebd.:

Die salafistische Ideologie mit ihrem rigiden und antidemokratischen Koranverständnis entstand aber nicht in der Türkei, sondern in arabischen Ländern – als Spielart des Wahhabismus, der sich ab dem 18. Jahrhundert in Saudi-Arabien etablierte. Auch in Berlin wird die salafistische Ideologie daher meist in arabischen Moscheen gepredigt – etwa in der Al-Nur-Moschee.

Die Gebetsstätte im Neuköllner Gewerbegebiet ist eine der größten Moscheen Berlins und seit Jahren wichtiger Anlaufpunkt für Salafisten. Laut Studie sind mindestens gut 200 der vom Verfassungsschutz als Salafisten eingestuften Berliner regelmäßige Besucher der Al-Nur-Moschee.

Die Moscheen sind meist so organisiert, dass Trägervereine hinter den Einrichtungen stehen (so auch in Berlin und bei dieser Moschee). Der Einschätzung, dass diese Vereine die Strukturen sind, die die Ausrichtung bestimmen, kann nur beigepflichtet werden

Die Trägervereine der Gotteshäuser seien „das Rückgrat der salafistischen Infrastruktur in Berlin“, heißt es in der Analyse.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-01/verfassungsschutz-studie-salafisten-szene-berlin/seite-2

Diese Infrastruktur der Gegengesellschaft, seien es nun Muslimbrüder oder Salafisten, ist auch bereits relevant in andere städtische Strukturen eingeflochten. Das ist u.a. darauf zurückzuführen, dass die Personen, die hinter den Problemvereinen stehen, zu wenig öffentlich bekannt sind. Schaut man z.B. bei der Al Nur Moschee nach, so finden sich diese Herren:

Beim Vorstandsvorsitzenden der Al Nur, mit der Funktion benannt, bestünde sicher Konsens, dass er nicht mit Geflüchteten arbeiten sollte. Zu groß wäre die Gefahr, dass jene, die sich integrieren sollen, von einem solchen Funktionsträger in seine Gegengesellschaft, nicht jedoch in die Mehrheitsgesellschaft integriert werden. Aber natürlich wird bei derart ideologisch positionierten Personen dennoch die Ambition bestehen, weiteres Publikum, Anhänger und Gefolgschaft zu finden. Was liegt da näher, als sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren? Nicht als Al Nur Vorstandsvorsitzender, aber als Dr. Izeldin Hamad, Soziologe und Arabist?

Der Berliner Verein Integra ist ein Integrationsverein, der sich nach eigener Angabe den Hilfebedürftigen zuwendet:

Der Verein wurde im März 2005 von Sozialarbeitern und Sozialpädagogen verschiedener kultureller Herkunft gegründet, die in Hilfeberufen langjährige Erfahrungen besitzen. Die Zielgruppe des Vereins wird wahrscheinlich überwiegend aus Menschen mit Migrationshintergrund bestehen. Hier wird besonderer Wert darauf gelegt, den Hilfedürftigen insbesondere ihren kulturspezifischen und sprachlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Dementsprechend beabsichtigt Integra e.V. die Kinder, die Jugendlichen und die Familien aus afrikanischen Ländern, dem arabischen Raum, Osteuropa, der Türkei und Kurdistan als Zielgruppe der Angebote zu definieren. U.a. wird der Verein im Besondern Angebote für gewaltbereite, delinquente und schuldistanzierte Kinder und Jugendliche bereitstellen.

Der Verein ist mehrheitlich von Türkischstämmigen getragen.

Die Berliner Morgenpost stellt den Verein 2010 lobend heraus:

Ein beachtlicher Erfolg, der nicht zuletzt den knapp 3700 Vereinen in der Stadt zu verdanken sein dürfte, die sich um soziale Belange kümmern. Viele haben speziell die Probleme von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Blick, so wie Integra. Der Verein für Integrative Sozialarbeit wurde 2005 von dem türkischstämmigen Sozialpädagogen Kazim Yildirim gegründet. […}Die meisten der 30 Mitglieder des Vereins arbeiteten gemeinsam mit dem Gründer schon jahrelang als Familienberater in dem von den Jugendämtern angebotenen Programm „Hilfe zur Erziehung“. Es sind Pädagogen, Therapeuten, Lehrer. Das Besondere: Beinahe alle haben selbst einen Migrationshintergrund, das Integra-Team spricht 17 verschiedene Sprachen, unter anderem Arabisch, Türkisch, Polnisch, Vietnamesisch und Rumänisch.

https://www.morgenpost.de/printarchiv/berlin/article104073749/Hilfe-fuer-Kinder-und-Jugendliche-in-17-Sprachen.html

In diesem Verein ist nun – nach eigenen Angaben dieses Vereins – unter seinem Namen, aber ohne Benennung seines „ehrenamtlichen Engagements“ der Vorstandsvorsitzende der Al Nur tätig: Weiterlesen

Ummahgenese II

Hinsichtlich der Integration gibt es verschiedene Vorstellungen und Modelle. Im Allgemeinen wird darunter aber verstanden, dass sich mit der Zeit immer weniger sozioökonomische Unterschiede bei den betrachteten Gruppen feststellen lassen und – bei Migranten – sich auch die individuellen Eigenarten der aufnehmenden Gruppe anpassen und manchmal auch umgekehrt. Gruppe und Neumitglieder verändern sich in dem Maße, wie die Mengenverhältnisse und damit oft auch die Machtverhältnisse sind.

Das ist bei sehr vielen Bevölkerungsgruppen so und auch in vielen Gesellschaften nachvollziehbar. Nach ein paar Generationen sind oftmals die Unterschiede völlig verwischt: Die Integration hat zu einer neuen Gruppe geführt, in der die Herkunft nicht mehr die Rolle spielt und alle sozioökonomischen Schichten gleichermaßen durchsetzt sind.

Etwas anders liegen die Dinge, wenn in den Gruppen Integrationshindernisse bestehen, etwa Heiratsschranken. Dann bleiben die Unterschiede lange bzw. länger bestehen und der Übergang ist auf einzelne Individuen beschränkt.

Hindernisse können nun auf einer oder beiden Seiten bestehen. Manchmal lösen sich Individuen auch wieder aus den Zielgruppen und wechseln in die Ursprungsgruppe zurück, es findet also eine persönliche Desintegration aus der Mehrheits- in die Minderheitsgruppe statt.

Je ausgeprägter die Unterschiede sind, desto schwerer wird die Überwindung und damit die Integration. Steht im Hintergrund ein nicht nur sozioökonomischer, sondern auch weltanschaulicher Unterschied, wird es doppelt schwer.

Gegenwärtig ist zu beobachten, dass manche Maßnahme, die als Integrationshandlung betrachtet wird, faktisch nach meiner Einschätzung genau das Gegenteil bewirken wird.

Die gesonderten Angebote, die von den konservativen muslimischen Verbänden eingefordert werden, werden dazu führen, dass auch diejenigen, denen Religion eigentlich zweitrangig und eher herzlich egal ist, nun ständig damit konfrontiert sind. Es wird eine soziale Kontrolle aufgebaut, sogar schon dann, wenn das Angebot nicht im Kulturverein offeriert wird (dort aber erst recht). Da dies in Bereichen, die multikulturell angelegt sind, aber vom miteinander wechselwirkenden Kreis her überschaubar, wie der Schule, Jugendarbeit oder in Gefängnissen, besonders intensiv erfolgt, wird dies dort besonders wirksam werden. Dort wird sie auch zuerst sichtbar werden: „Es gibt doch jetzt halal-Essen, warum isst Du Schwein, du bist doch auch Muslim…“, „deine Tochter läuft ohne Kopftuch herum, was sollen die anderen denken…“, „du bist nicht beim Freitagsgebet dabei gewesen, bist dir wohl zu fein dafür, wirst schon sehen, was du davon hast…“, „du hältst das Fasten nicht ein, was soll das, du bist doch auch Muslim…“, „warum gehst du nicht in den Religionsunterricht…“. Es entsteht eine ständige Rechtfertigungshaltung desjenigen, der Muslim ist, aber keine Lust auf die Einhaltung aller Regeln hat. Der vielleicht mehr Neigung zu anderen Gewohnheiten hatte, aber die Herkunftsweltanschauung oft genug nur noch auf dem Papier teilt. Seine persönliche Lebensführung geht niemanden etwas an, aber diejenigen, die sich an Regeln halten, werden es oft nicht auf der eigenen Zuordnung beruhen lassen. Auch der andere muss sich bekennen, wenn es denn diese Wahlmöglichkeit gibt. Die Person muss sich entscheiden, wird zur Entscheidung getrieben. So funktionieren Gruppen und so funktioniert Gruppendruck. Und so wird aus dem bosnischen Kind und dem türkischstämmigen Kind und dem pakistanischstämmigen Kind, die vielleicht sonst in der Chemie-Ag wären als vorrangiges gemeinsames Merkmal, eine Gruppe junger Muslime, die der Verzicht auf bestimmte Dinge eint und das nicht nur in der Freizeit. Deswegen ist es ja eigentlich so wichtig, dass es Räume gibt, in der nicht nur die Herkunft, sondern auch die Weltanschauung keine Rolle spielt: Damit jedes Kind die Chance hat, sich als Individuum zu erfahren in einem geschützten Raum, auch und gerade, wenn es aus einer eher kollektivistischen Kultur stammt.

So schafft die Gesellschaft, indem sie den Wünschen konservativer Verbände nachgibt, erst den Raum, in dem die Ummah (in ihrer unguten Form) wächst und ein Binnendruck entsteht. Anstatt das vielleicht vorhandene Selbstbild „vorrangig Muslim“ aufzulösen in „vorrangig Mensch“, indem alle Kinder gleich behandelt werden, wird durch die Summe der separaten Angebote und durch die Formung der gesellschaftlichen Wahrnehmung das Fremdbild erst befestigt oder gar geschaffen. Die Lehrerin, die vorher nur Schüler verschiedenen Geschlechts sah, vielleicht auch die ethnische Zuordnung wahrnahm, sortiert nun plötzlich auch nach Religionszugehörigkeit, auch wenn sie das bewußt gar nicht wollte. Das schlägt beim Selbstbild dann in dieselbe Kerbe, die bei manchen durch eine Diskriminierungserfahrung geschlagen ist. Auch persönlich positive Integration ist mit solcher Exklusion nicht voran zu bringen, sondern wirft zurück. Wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, Separation wirke Segregation entgegen, muss erst mal hergeleitet werden. Das wird nur so hingenommen, weil Wunscherfüllung mittlerweile bei manchen höher im Kurs steht als Weitsicht oder auch nur ein wenig Rückgrat. Nein sagen ist erst mal unschön, aber langfristig notwendig und es kostet wahrscheinlich weniger Wähler als man so denkt.

Wenn als Ziel nicht die Integration, sondern die Prävention von Radikalisierung anvisiert ist, so ist auch dieses zumindest fragwürdig. Es fehlt nämlich bei all den Sondermaßnahmen an einer Erfolgskontrolle. Man vermutet nur, dass sie wirken könnten. Oder glaubt den Eigenbekundungen der konservativen muslimischen Verbände, die zwar nur Personen im niedrigen Prozentbereich vertreten, aber das Gespräch mit der Politik sehr offensiv führen. Einen Erfolg überhaupt zu definieren, schon das mag schwer fallen. Rückzug aus dem salafistischen Milieu? In welchem Zeitraum? Weniger radikale Schüler/Studenten/Häftlinge als in der Vergleichsgruppe? Die persönliche Entscheidung ist so individuell, die Standortfaktoren und auch Zufälle so unterschiedlich, dass schon die Formulierung einer Zielerfüllung schwer fällt und all das schlecht vergleichbar macht.

Natürlich wollen die konservativen Verbände und auch einzelne Akteure ihre Interessen voran treiben. Die des Gemeinwesens müssen das nicht sein und sind sie auch oft nicht. Gegen win-win wäre ja nichts einzuwenden, das ist aber nicht sicher. Sicher ist jedoch: Die öffentlichen Töpfe und die Köpfe der Menschen sind Begehrlichkeiten ausgesetzt.

Die konservativen Verbände sollten nicht die Marschrichtung vorgeben dürfen, der sich dann auch die weniger strengen Glaubensgeschwister beugen müssen durch schlichte Gruppendynamik. Denn dann hätten wir unseren Teil – nolens volens – mit geleistet. Ob aus gutem Willen oder aus Unkenntnis bleibt in der Zukunft unerheblich. Dann hätten wir aus falsch verstandener Toleranz der Segregation Vorschub geleistet. Das aber schadet uns allen.

Ummahgenese

Ein Debattenbeitrag, zuerst auf fb 23.01.2015

Identitätsfindung kann ein schwieriger Prozess sein. Insbesondere in freien Gesellschaften, in denen es dem Individuum letztlich selbst überlassen ist, wer und wie er sein möchte im Rahmen der Gesetze, kann das ein lebenslanger Vorgang sein. Rollen werden kaum noch vorgegeben und der Platz in der Gesellschaft ist auch nicht vorherbestimmt, auch wenn es Wahrscheinlichkeiten und Weichenstellungen gibt.

 

 

In muslimischen Familien ist das oft noch anders: Es gibt eine Männerrolle, es gibt eine Frauenrolle. Bei beiden Vorgaben ist auch Unterwerfung ein Punkt: Bei Jungen unter den älteren, stärkeren Mann, bei Frauen unter Männer und ein oft von der Familie vorausgesetztes Ehrgefühl, das an ihre Sexualität geknüpft ist. Sexuell restriktiv ist es zwar bei beiden Geschlechtern, doch vornehmlich bei der Frau wird die Einhaltung durchgesetzt.
In der Beobachtung von Altersgenossen, die in dem Alter ihre Sexualität entdecken dürfen, stellen Jugendliche aus traditionellen muslimischen Familien fest, dass sie eingeschränkt sind: Der Umgang mit dem anderen Geschlecht wird als etwas Unschickliches angesehen, das bei Jungen mit Argwohn, bei Mädchen mit strikten Verboten belegt ist. Man trifft sich also vornehmlich mit Altersgenossen des eigenen Geschlechts. Da dies der natürlichen Neigung nicht nur in diesem Alter widerspricht, kommt dies einem Verzicht gleich. Verzicht und Entsagung sind unangenehme Empfindungen, die einen Gegenpol haben müssen, um in der Summe subjektiv positiv bewertet zu bleiben. Dieser Gegenpol kann sein, dass man das Verhalten der anderen abwertet und das eigene überhöht, sich also durch den Verzicht als besserer, „reinerer“ Mensch fühlt. Das ist etwas, was Religion suggeriert und auch von manchen Familien so positiv verstärkt wird.

Da diese Linie im Grunde nur noch – Ausnahmen gibt es – von muslimischen Familien so gehalten wird, eint muslimische Jugendliche das Leid im Verzicht, der gemeinsam überhöht werden kann: Man weiß, wovon man spricht. Um das zu ändern, wären auch die Familien gefordert, Rollenvorgaben und ihre Durchsetzung zu hinterfragen. Das ist jedoch oft noch nicht der Fall.

Flankiert wird diese gesonderte Eigenwahrnehmung wegen dieser Einschränkungen durch die vermehrte Fokussierung der Umwelt auf genau die Religionszugehörigkeit ; vielleicht verbindet noch die Ethnie und auch nachfolgend so manche Diskriminierungserfahrung. Es gäbe aber so viele andere Punkte und Eigenschaften, an denen man die Identität eines jungen Menschen festmachen könnte und so viele Merkmale, an denen man sie ansprechen kann. Menschen aus Kulturkreisen, in denen „man“ meist muslimischen Glaubens ist, sind auch nicht immer einverstanden, wenn man sie als Muslime wahrnimmt und anspricht. Genau dies geschieht jedoch zur Zeit wieder vermehrt. Andere entwickeln daraus auch ohne stärkere Außeneinwirkung einen übermäßig starken Anteil ihrer Identität. Durch einen kollektiven Ansatz und – bei genügender Segregation – entsprechender sozialer Kontrolle kann das eine Eigendynamik entwickeln. Man ist zunächst Muslim und danach kommen die anderen Identitätsaspekte. Das übergreift dann Ethnien und soziale Schicht: Die Ummah formiert sich.

Letzteres wird durch die Gesellschaft unterstützt, indem sie religiösen Vorstellungen und Wünschen oft der Eltern auch in im Grunde religionsneutralen gesellschaftlichen Bereichen entgegenkommt und Kinder verschiedener Herkunft unter dem primär religiösen Identitätsaspekt fasst. Ist es wirklich sinnvoll, allen möglichen, nicht medizinisch, sondern nur rituell begründeten Essenswünschen Einzelner zu folgen? Ist es wirklich sinnvoll, die Schule nicht als religionsneutralen Ort anzubieten, an dem eine gemeinsame Ethik im Unterricht nicht nur entwickelt, sondern auch gelebt werden kann?

In dem Spannungsfeld sexueller Frustration und gesonderter Eigenwahrnehmung entwickeln Ideen, die dies aufgreifen, zusammen mit oft vorhandenen antiwestlichen Ressentiments eine eigene Kraft. Die Ummah formiert sich auch als weltanschaulich-politisches Gegenmodell, als Gegenbewegung, die nicht mal mehr gesteigerter Religiosität bedarf.

Vielleicht sind diese Aspekte bislang nicht ausreichend diskutiert worden. Zusammen mit vielen weiteren Gesichtspunkten mögen sie auf der Suche nach der Erklärung, warum sich nicht wenige, zu viele, muslimische Jugendliche abkehren nützlich sein.
Genau die Islamisten greifen dieses „Ummah-Gefühl“ auf und unterfüttern es mit Ideologie.

Was tun bei oft autoritär erzogenen Jugendlichen, die Freiheit für Wertelosigkeit halten und oft einen vorgegeben Sinn wollen? Vielleicht hilft klarere Wertevermittlung als Gegenansatz. Weniger Kulturrelativismus und mehr Universalismus.

Wir sollten dem also Bürgersinn, Bekenntnis zur freien Gesellschaft und die vielen schönen Dinge wie Bildung, die man in diesem Leben entdecken kann, entgegensetzen. Als Werte die Menschenrechte, als Sinn, ein gutes Leben zu führen, zum eigenen Nutzen und dem des Nachbarn. Das sind positive Erfahrungen, an denen jeder teilnehmen kann, wenn er will. Die Gesellschaft muss dafür sorgen, dass er das kann, wenn er will. Das stiftet Identität, Wir-Gefühl und Sinn. Einen Sinn, der auf die eigene Zukunft im Diesseits gerichtet ist, nicht im Jenseits.

Diskriminierung, warum?

Ein Debattenbeitrag aus dem letzten Jahr, am 23.10.2014 zuerst auf fb veröffentlicht.

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In der Diskussion um die islamistischen Radikalisierungen ist häufiger die Rede davon, dass man „andere Narrative“ bieten müsse und andere Identitätsangebote religiöser Art.
Mir stellt sich die Frage, inwiefern insbesondere männliche muslimische Jugendliche ANDERE Identitätsangebote brauchen sollten als alle anderen gleichaltrigen Personen. Wie kann es dazu kommen? Ist nur die religiöse Eigenzuordnung etwas, worauf man da rekurrieren kann? Ist da nichts anderes? Zuordnung als Mensch, Bürger, Mann Fehlanzeige? Reichte das nicht? Was macht den Unterschied, dass das nicht reichen könnte, man religiöse Identitätsangebote ZUSÄTZLICH überhaupt braucht?

Braucht es nicht generell wieder mehr und und auch (!) darauf strukturiertere Jugendarbeit, um das anzugehen und zwar für alle gemeinsam, denn die tatsächlichen Radikalisierungen betreffen nicht nur Kinder aus muslimischen Familien?
Ist nicht alleine diese Forderung schon ein Eingeständnis, dass es Unterschiede gibt, die man aber nicht konkret benennen mag oder kann? Ist nicht ein Teil des Problems auch in den Familien zu sehen, die Kinder schon abgrenzen, vielleicht weil sie einen zu starken Einfluss der „westlichen“ Gesellschaft* befürchten? Ist nicht Teil des Problems, dass Religion überwertig ist? Bei den Eltern, wenn sie Religion als etwas per se Gutes transportieren, bei denen, die sich professionell damit beschäftigen, wenn sie diese Überwertigkeit nicht reflektieren oder als Basis für gesonderte Überlegungen nehmen, anstatt diese Überwertigkeit auch als Problem zu erkennen und zu benennen?

Die Familien sind sich womöglich keiner Schuld bewusst, wenn sie Kinder zunächst als gute Gläubige erziehen. Das hat auch mit Traditionen zu tun und damit, dass das in der Herkunftsgesellschaft keine Probleme verursachte, denn man war eines Glaubens in seiner Umgebung. Gelebt in den Traditionen gab es da weniger Reibungspunkte.
Die Profis jedoch sollten diese Mechanismen durchschauen. Und wenn sie sie nicht erkennen, so sei ihnen anempfohlen, sich in die Fußgängerzonen zu begeben, wo man häufiger nach Glauben schon vorsortierte Kindergruppen vorfindet, die sich auch schon über ihren Glauben zu definieren wissen (verbunden teilweise auch schon mit einer deutlichen Abwertung des „anderen“). Das sind jedoch Abgrenzungen, die nicht von ungefähr kommen. 10 Jährige reflektieren eher wenig. Sie wissen jedoch oder nehmen wahr, dass die Eltern es nicht gerne sehen, wenn sie mit bestimmten Kindern Umgang haben. Wir leben jedoch jetzt alle zusammen und da sind Abgrenzungen fatal. Da schon muss man einsteigen.

Da sind Studien erforderlich, inwieweit diese Autoseparation eine Rolle spielt.
Es sollte üblich sein, dass alle Kinder z.B. an Klassenfahrten teilnehmen und gegenseitig sich zu den Geburtstagen besuchen, auch wenn manche diese nicht feiern. Man muss da z.B. muslimische Eltern deutlicher ermuntern, ihre Kinder auch zu Geburtstagsfeiern gehen zu lassen. Und alle anderen, sie einzuladen. Was absondert nach Religion ist falsch, diese Diskriminierung sollte man nicht tolerieren.

Vielleicht bräuchte man insofern weniger Gegennarrative religiöser Art, denn dann besteht immer die Gefahr, dass alte Texte wörtlich genommen werden.

Vielleicht bräuchte es eher für ALLE Jugendlichen mehr Bekenntnis zum Menschsein, Bürgersein, Mann-(oder Frau-)Sein und als Identitätsangebot ein guter Mensch, ein guter Bürger, ein guter Mann (oder Frau) sein. Die Definition, was „gut“ und „böse“ ist, darf man nicht der Religion überlassen und nicht ihren Vertretern. Ob die Person dann darüber hinaus noch ein guter Christ, Jude, Muslim oder Atheist ist, ist nachrangig und hat im Privaten genügend Raum.

Wir als Gesellschaft bräuchten mehr Zutrauen in uns selber, das zu definieren und nicht alles gleichwertig stehen zu lassen. Kulturrelativismus ist eine klare Absage zu erteilen. Mehr Ehrlichkeit, ehrlich gesagt, denn „wir“ haben ja schon eine Vorstellung, wie ein guter Mensch, ein guter Bürger, ein guter Mann (oder Frau) hier sein sollte, kurz, mehr Mut zur selbstdefinierten Ethik, Den Narrativ vom WIR. Dann klappts auch mit dem Nachbarn, egal wo der herkommt. Und das gilt für alle.
* Eine ähnliche Geisteshaltung gibt es übrigens auch bei fundamentalistischen Christen, die z.T. sogar Home Schooling betreiben, um den Außeneinfluß zu minimieren. Da ist aber die kritische Masse für eine nennenswerte Segregation meist nicht vorhanden.

Ummah Inc.: Pierre Vogel als Streetworker

Neues vom Ummah-Konzern

In einem neuen Video stellt Pierre Vogel eine weitere Handlungsschiene vor: Die Abteilung „Jugendsozialarbeit“ wird nun breiter aufgestellt. Man will alle muslimischen Jugendlichen in Deutschland erreichen. Alle sollen auf den eigenen Weg geführt werden:

 

Parallel werden auch Einblicke gegeben in die Gesprächsstrategie, die von Marcel Krass entwickelt wurde. Nach dem, was man so erahnen kann, erinnert das ein wenig an Neurolinguistisches Programmieren, eine fragwürdige, psychologisch inspirierte Methode, aber auch an andere Überrumpelungsverfahren, die von Sekten (und Call-Center-Agenten) verwendet werden. Eine einfache strukturierte Vorgehensweise mit einfachen Antworten, die auswendig zu lernen sind. Man möchte Massenbewegung werden und sieht nun in dieser Vorgehensweise eine Möglichkeit.

Aber man will nicht nur gewinnen, sondern gleich auch schon erziehen. Zu dem einen Weg erziehen und nichts anderes gelten lassen. All diejenigen Muslime, die freier sind, sind fast schon Ungläubige.

Man will auch vermitteln, dass dieser Islam glücklich mache. Glück durch Verbote, durch Unfreiheit? Oder auch dadurch, dass man den anderen diesen Weg auch vorschreiben will?

Das ist dann wohl Totalitarismus mit Happyness-Faktor: Dawa in the streets.

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Am Rande: Auf Khorchide und Kaddor wird im Video das Takfir gesprochen (sie werden zu Ungläubigen erklärt).