Über den Artikel im aktuellen Spiegel „Ein Imam und 40 Thesen“
Der Untertitel des Artikels lautet:
„Der Berliner Senat steht in der Kritik, weil er mit einer Moschee kooperiert, die als extremistisch gilt. Fällt die deutsche Politik auf Radikale herein?“
Zentriert werden im Artikel die unterschiedlichen Haltungen zu einer Berliner Moschee, der Neuköllner Begegnungsstätte (NBS). Da ist einmal der Imam dieser Einrichtung, Taha Sabri, und dann der Freiburger Professor Abdelhakim Ourghi. Sabris Einrichtung wird im Verfassungsschutzbericht des Landes Berlin seit einigen Jahren erwähnt (s. auch Beiträge auf diesem Blog seit März 2016). Ourghi verfasst auch Bücher und Artikel und hatte vor einigen Wochen medienwirksam versucht, „40 Thesen“ an dieser Moschee anzubringen.
https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2017/10/abdel-hakim-ourghi-dar-as-salam-moschee-thesen-reform-des-islam.html
Zu Ourghi:
https://de.wikipedia.org/wiki/Abdel-Hakim_Ourghi
Der Beitrag wird, dem Titel entsprechend mehr als Streit zwischen zwei Männern, Muslimen, dargestellt, andere Akteure wie der Verfassungsschutz Berlin, bleiben eher diffus und Beiwerk.
Auf der ersten Seite heißt es:
„Der Konflikt der beiden Muslime ist eines der irritierendsten Kapitel, die es derzeit in der innerislamischen Debatte gibt – und er zeigt, welch ambivalente Figuren dort den Ton angeben.“
Den Imam (keine Bezeichnung, die eine Ausbildung erfordert) einer unter Beobachtung stehenden Einrichtung und einen Hochschullehrer auf eine Ebene zu hieven, sie beide als „ambivalente Figuren“ zu bezeichnen, schon das erfordert im einen Fall erhebliches upgraden und im anderen Fall alles beizuziehen, was evtl. ein wenig nach unten zieht. Schon diese skizzierte Ausgangslagegrenzt im einen Fall an Schönfärben, im anderen Fall an Rufschädigung. Und sei es nur über eine Kollegenmeinung, Ourghi „meide einen ernsthaften Dialog mit Fachkollegen“. Das profanisiert den angenommenen Status eines Hochschullehrers doch erheblich, isoliert ihn sozusagen selbstverschuldet von der Fachwelt. Ist das so? Parallel wissen Dialogführer und Filmemacherinnen nur Gutes über Sabri zu berichten. Auch diese letztgenannten Damen fanden nichts Gehaltvolles negatives, man wollte wohl schöne Bilder und nur das (s. Beitrag „Ein Werbefilm für Taha Sabri“ auf diesem blog).

Öffentliche Meinung Bild: Eigene Grafik
Ob man es noch Journalismus im herkömmlichen Sinne nennen kann, wenn besonders gehaltwvolle Quellen, obwohl auf sie durchaus Bezug genommen wird, nicht genannt werden, mögen Journalisten beurteilen. Hatte man das Vorhaben, die Quellen, wo sich die meisten aktuellen Informationen zur NBS finden, zu umgehen, weil sie kritisch sind? Indem man nur die Meinungen einholte, gegen die man leicht ein paar Gegenmeinungen stellen konnte? Die Eigenmeinungen Matars und Sabris, eine Islamwissenschaftlerin, die Ourghi ein „paternalistisches Verhalten“* vorhielt, Kelek und Schröter, ein „Landespfarrer für den interreligösen Dialog“, Orghii selber, zwei Filmemacherinnen (die Sabri seit 2013 nach eigenen Angaben kennen**). Alles wird gegeneinandergestellt, aufgewogen. Klare kritische Punkte werden in einem „Expertenstreit“ aufgelöst, deren eine Seite nur seine persönliche Meinung kundtut. Meinung über und noch mehr Meinung.
Die Umgehung der ergiebigsten, aber kritischen Quellen geht bis hin zur halben Falschbehauptung, Weiterlesen →