Von der „Osmanischen Generation“ zur Generation Islam

Die „Osmanische Generation“ und die Ummahgenese

In Teil I war die Zusammenarbeit der türkischstämmigen Jugendlichen der großen Verbände thematisiert worden, die u.a. bei einer hochrangig besetzten und groß angelegten Veranstaltung in Hannover abseits der Aufmerksamkeit der Mehrheitsgesellschaft eingeschworen worden waren.

https://vunv1863.wordpress.com/2016/08/05/die-osmanische-generation-formiert-sich/

Von der wichtigen Veranstaltung fehlen noch weitere Bild- und Ton-Dokumente. Es liegen jedoch einige Eindrücke vor aus dem riesigen Kuppelsaal des Hannoverschen Kongresszentrums.

Ein örtlicher Imam:

Bei der gleichen Veranstaltung am 10.04.2016: Weiterlesen

Seltene Einsichten in die Ahmadiyya-Gruppierung

Die Ahmadiyya sind eine ursprünglich aus Pakistan, der Provinz Punjab, stammende missionarische islamische Gruppierung. Mitglieder sind nahezu weltweit vorzufinden. Es gibt eine „Zukunftssicht“ vom Gründer, der von den Anhängern als Erneuerer des Glaubens, als Messias verehrt wird. Das Oberhaupt ist ein Khalif, der zwar „gewählt“ wird; die Wahl kann man jedoch schwerlich demokratisch nennen, auch wenn die Mitglieder der Gruppierung das gerne verkünden. Seit sie 1974 quasi aus der Gemeinschaft der Sunniten ausgeschlossen wurden, wird diese religiöse und machtpolitische Differenz in einigen Ländern auch mit Repressionen und Gewalt von Seiten der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft ausgetragen.

Weitere Erst-Infos zur Gruppierung:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ahmadiyya

Zur Lehre allgemein:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ahmadiyya-Lehre

Wegen der nach Ländern durchaus unterschiedlich intensiven Benachteiligung und Verfolgung wird i.A. den Mitgliedern in der EU, insbesondere aber in Deutschland politisches Asyl gewährt. In diesem Zusammenhang gab es einige kritische Medienberichte und Insider-Aussagen. In Hessen wurde auf Grundlage einer modifizierten Vereinssatzung aus 2012 im Jahr 2013 der Körperschaftsstatus gewährt. Diese Satzung kann man hier einsehen:

Ahmadiyya Satzung 2012

Wohl aktueller Vorstand (abgerufen vor ca. einem Jahr):

Ahmadiyya Vorstand 150417

Man kann einige Passagen der Satzung für ungewöhnlich und befremdlich halten und liegt damit nicht ganz falsch: Es ist nicht sehr üblich, dass in einem deutschen Verein die Mitgliederversammlung nicht das höchste Organ darstellt bzw. ihre Entscheidungen unter Genehmigungsvorbehalt stehen. Das ist zwar wegen einer Ausnahmeregelung im BGB noch statthaft, wird aber meist nicht thematisiert. Die deutsche Sektion kann weder ihren Vorsitzenden selber verbindlich bestimmen noch absetzen, sondern ist abhängig vom Hauptsitz der Gruppierung, mag man den nun in Pakistan oder London (dort residiert wohl der gegenwärtige Khalif) verorten. Auch muss man sich fragen, was so wichtig ist am Transfer dieses deutschen Vereins von Geld ins Ausland, das dies sogar Niederschlag in der Vereinssatzung fand.

In der Außendarstellung agiert man überaus geschlossen und man kann sagen, dass allermeist nur das nach außen dringt, was einer positiven Selbstdarstellung dient. Für diese Art Religions-Marketing ist u.a. Khola Maryam Hübsch verantwortlich, die quasi bundesweit als Pressesprecherin bzw. Mediengesicht fungiert.

Als im Januar eine junge pakistanischstämmige Frau in Darmstadt tot aufgefunden wurde, geriet sehr bald das familiäre Umfeld in den Fokus. Es stellte sich heraus, dass die Familie den Ahmadiyya angehört und der Dissens, der letztendlich wohl in den gewaltsamen Tod der jungen Frau führte, durchaus auch der Gemeinde bekannt war. Sogar der Khalif war eingebunden worden. Bei dem familiären Zwist handelte es sich schlicht darum, ob die junge Frau einer persönlichen Zuneigung zu einem jungen Mann nachgeben und diesen heiraten (!) dürfe. Der junge Mann ist ebenfalls Ahmadi. Schon das mag schockieren: Eine höchstpersönliche Frage nach unseren Wertmaßstäben wird zu einem internen, aber durchaus internationalen Politikum.

Die Eltern, die das Mädchen schließlich töteten, haben dies wohl getan, da sie zumindest Vorbereitungshandlungen für vorehelichen Sex traf (sie wurde wohl beim Diebstahl von Kondomen erwischt) und nicht von ihrem Wunsch abliess.

 

Ahmadiyya

Its a mans world… Ahmadiyya Treffen in Alton 2011 Bild: http://www.bbc.co.uk/news/uk-england-hampshire-14273476

 

Das Verfahren gegen die Eltern läuft noch und während der Verhandlung sind nun Einblicke in eine Gesellschaft zu gewinnen, in der entgegen der Außendarstellung völlig andere Normen gelten. Dankenswerterweise hat der Verein peri e.V. es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Prozeß intensiv meist durch eine juristisch geschulte Person begleiten zu lassen. Aus diesen Protokollen wird nachfolgend zitiert.

Zu den Weisungen innerhalb der Gruppierung, auch bei persönlichen Fragen wie die Eheschließung, sagte der Darmstädter Imam aus:

Auf die entsprechende Frage der Staatsanwältin erklärte der Zeuge, dass der Rat des Kalifen bindend, also eine Anweisung sei,

Nochmals wurde nach den Strafen gefragt: Wer bestimmt die Strafen? 
Antwort: der Kalif in England. 
Die Staatsanwältin zeigte sich erstaunt: Der Kalif in England bestimmt weltweit die Strafen? 
Antwort: „Wir schicken den Bericht, der Kalif entscheidet.

http://www.peri-ev.de/news-presse/fall-lareeb-khan/3-bericht-lareeb/

Da die Gemeinde weltweit geschätzt mindestens 10 Mio. Anhänger hat, ist davon auszugehen, dass solche Streitigkeiten selten vorkommen, sich also die Kinder in der Regel dem Elternwillen beugen. Der Treueid wird also todernst genommen.

Der Zeuge Abdulla Wagishauser ist der Deutschland-Emir der Gruppierung. Er ist Konvertit und leitet die deutsche Sektion seit vielen Jahren. Vor Gericht nahm er seine Kappe nicht ab. Er gab – nach dem Bericht von peri e.V. – an, dass er dies aus „religiösen Gründen“ tue. Da eine Kopfbedeckung für Männer nicht vorgeschrieben ist und nur Sunna, der bedeckte Bereich auch nicht der Aura zugehört, also dem Bereich bei einem Mann, der verpflichtend auch vor anderen Männern bedeckt bleiben muss, bleibt da nur wenig Interpretationsspielraum. Die „religiösen Gründe“ liegen n.m.M. wohl in einer grundsätzlichen Nichtanerkennung der gerichtlichen Autorität. Wagishauser weiß im Gegensatz zum manchem pakistanischstämmigen Zeugen, dass die Abnahme der Kopfbedeckung hier üblich ist und Respekt vor dem Gericht bezeugt. Den verweigert er und der vorsitzende Richter Wagner nimmt das hin, da er die Hintergründe nicht kennt.

Auch Wagishauser spricht von einer Anordnung

und der Kalif hätte dann angeordnet, dass die beiden verheiratet werden sollten.

und stellt klar, dass es völlig normal für ihn ist, sich um die sexuellen Betätigungen seiner Gemeindemitglieder zu kümmern und auch Sanktionen zu verdeutlichen:

bestätigt dann, dass in dem Fall, in dem außerehelicher Verkehr bekannt wird, die Gemeinde aktiv wird und das Paar ausgeschlossen wird. Ob die Eltern auch betroffen seien? Der Zeuge: „Nicht immer, nur wenn sie die Beziehung gutheißen. Sie müssen ihre Tochter dann verstoßen, als Tochter musst Du wählen zwischen der Beziehung oder der Familie“.“

Befragt zur Konfrontation der unterschiedlichen Normensysteme meinte er:

Der Zeuge meinte daraufhin, man müsse ja nicht deshalb die religiösen Gesetze an die Welt anpassen. Die Regeln sind im Koran festgelegt und bindend;…

http://www.peri-ev.de/news-presse/fall-lareeb-khan/4-bericht-lareeb/

[Man beachte auch die stark unterschiedlichen Verhaltensweisen der Mutter des Opfers hinsichtlich der von ihr beabsichtigten Wirkung.]

Am 5. Prozesstag sind die beiden psychiatrischen Gutachten besonders interessant. Sie zeigen Personen auf, die Form über Inhalt stellen und deren Emotionaltät wohl nur über eine religiöse Bindung abrufbar ist. Sogar die nächsten Menschen erscheinen in dieses formale Gerüst eingeordnet.

http://www.peri-ev.de/news-presse/fall-lareeb-khan/5-bericht-lareeb/

Frau Hübsch, die im Frühjahr bei den Römerberg-Gesprächen schon durch die Darstellung auffiel, die Scharia sei am weitestgehenden in Neuseeland durchgesetzt, da dort ein Maximum an Transparenz und Menschenrechtsumsetzung herrsche, preist immer wieder die arrangierte Ehe.

http://www.kreiszeitung-wochenblatt.de/buxtehude/panorama/diskussion-ueber-liebe-und-partnerschaft-im-islam-d36997.html

Eine arrangierte Ehe habe nichts, aber auch gar nichts mit Zwangsheirat zu tun.

Nun ist eine Ehe, die auf Wunsch der Eltern oder sogar des Khalifen geschlossen wird, bei der Sanktionen drohen bei mangelndem Gehorsam und bei der eine Frau (!) sich entscheiden muss zwischen Gehorsam und sozialem Tod und Eltern zwischen dem Kind, Subordination und sozialem Tod (die Außenkontakte sind ja oft – wie auch hier – überschaubar) sicherlich so frei wie in Neuseeland die Scharia maximal umgesetzt ist. Der Khalif noch im Bett des geringsten seiner Untertanen sozusagen dabei. Der Umstand, dass man den Lebenspartner erst BEI der Eheschließung sieht, also nach Vertragsschluss sozusagen, was Herr Wagishauser völlig normal findet:

Im Islam ist das anders, da ist das gleich.“ Im Islam sei es nicht erlaubt, dass sich Mann und Frau vor der Ehe treffen.

trägt dazu bei, dass eine menschliche Bindung/Beziehung von Sex und Unterordnung abgetrennt wird. Die innigste Intimität, die Menschen aufbauen können, der Kontakt von Körper und Geist in Selbstbestimmung und freiem Willen, wird so sehr erschwert. Liebe zwischen Mann und Frau soll keine Rolle spielen und soll keine Geborgenheit spenden. Das kontrolliert das Individuum maximal und wenn sich zwei Eheleute physisch abstoßend finden, so haben sie nach Binnensicht nicht einmal den Trost, dass wenigstens der Tod scheiden mag. Eine beständige Quelle persönlichen Unglücks, die das Begehren minimiert, im Grunde nur die reine physische Ausübung ohne psychische Beteiligung zulässt. Und selbst wenn man sich – was dem Zufall überlassen bleibt – mögen oder doch wenigstens ertragen lernt, so ist dies fragil, denn es gibt weitere Erschwernis.

Der Treueid zerrüttet eigentlich jegliche menschliche Beziehung, sofern man sie so aufgewachsen überhaupt in der Lage ist aufzubauen, denn die menschliche Beziehung bleibt immer unter Vorbehalt: Du darfst dein Kind lieben – wenn der Khalif es nicht verstösst. Du darfst deinen Mann lieben – wenn der Khalif ihn auch liebt. Ausgenommen von diesen Vorbehalten sind nur der Khalif und Gott. Mit Liebe können aber wohl beide nicht so arg viel anfangen (nimmt man mal das Imaginäre weg), sondern sie wollen vor allem eines: Unterwerfung unter den Willen, der sich im artikulierten Willen des Khalifen sublimiert

Man kann das berechtigt totalitär finden.

Einen schlanken Fuss macht so etwas natürlich nicht – trotz Körperschaftsanerkennung, die wohl auf formal korrekte Weise, aber doch kenntnislos zustande kam. Die Ahmadiyya versuchen insofern schlicht eine Umdefinition von Begriffen. Zwang ist keiner, sondern Wunscherfüllung (den der Eltern oder des Khalifen, wer wird denn da an eigene Wünsche denken…), Unterwerfung ist in Wirklichkeit Liebe und überhaupt:

„Liebe für alle und Hass für keinen“

Wer allerdings Liebe so definiert, braucht gar keinen Hass mehr, er wurde wegdefiniert. Ein geschicktes Marketing.

Danke fürs Gespräch.

Der Kampf um die Deutungshoheit in der Schule

Die Gruppierung, die hinter dem Internetauftritt „Generation Islam“ steht, zieht aktuell gegen die Bundeszentrale politische Bildung zu Felde.

 

 

 

Dies ist Teil einer Strategie, v.a. muslimische Jugendliche auch in der Schule gegen neutrale Medienberichte, Aufklärungsbroschüren und demokratisches Weltbild geradezu zu immunisieren. Die Jugendlichen sollen schon in ihrer Wahrnehmung dergestalt beeinflusst werden, dass sie für den von „Generation Islam“ propagierten Opferdiskurs anfällig werden. „Denen da“ – gemeint sind Lehrer und allgemein die Gesellschaft – soll buchstäblich kein Wort mehr geglaubt werden. Dieser Ansatz – nicht nur von „Generation Islam“ vertreten – fruchtet leider bei vielen (es ist ein mittlerweile erschreckend verbreitetes Muster bei jungen Muslimen). Es ist eine starke spaltende Tendenz erkennbar, die die Jugendlichen aus der Gesellschaft heraus lösen soll: Wir und die da. Die da sind die Täter, „wir“ reagieren nur oder sind Opfer.

Wohin die Jugendlichen sollen, zeigt in erschreckender Deutlichkeit die Vortragsreihe „Die Notwendigkeit des Kalifats“ der Gruppierung. Im ersten Teil wird wörtlich gesagt: „Die Notwendigkeit des Kalifats, die Notwendigkeit des islamischen Staates“.

 

Der Vortragende, Ibn Yakub, spricht davon, dass „sie auch eine Führung haben wollen“. Er ist schon völlig losgelöst aus der Gesellschaft, sieht klar gegeneinander gerichtete Interessen. Er sieht alle Muslime ausgegrenzt, gibt vor, wie man mit Nicht-Muslimen zu diskutieren habe:

 

 

 

Der Islam ist weltweit im Vormarsch und die jungen Muslime in Deutschland wollen Teil dieser globalen Bewegung sein, bis Allah (t) dem Islam zum Sieg verhilft.

http://generation-islam.de/ueber_uns/

In die politische Sprache übersetzt heißt dies, dass man eine weltweite Agenda hat. Die Agenda, eine Ummah zu formen und ihr zum Sieg zu verhelfen, weltweites Kalifat. Bei diesen ambitionierten Plänen zur Bildung einer Großmacht globalen Einheitsummah stehen vielleicht dennoch nicht nur Andersgläubige und Demokraten im Wege, sondern v.a. auch andere muslimische Gruppierungen. Die wollen ihrerseits nämlich auch an die jungen Muslime ran und diese sollen wiederum ihnen zum gewünschten Endsieg verhelfen. Das ist Stoff für Tragödien, wie wir sie in anderen Ländern aus der Ferne mit ansehen müssen.

Wer solche Pläne verfolgt, braucht – so lange er in der Minderheit ist – den Opferdiskurs, denn sonst würden seine politischen Absichten auch von anderen klarer erkannt und benannt als das, was sie sind: Eine weitere Keimzelle eines globalen Totalitarismus, der sich ein wenig spirituell anhaucht, um den Faschismus in demokratischen und pluralistischen Gesellschaften mit Religionsfreiheit gerade noch so gesellschaftsfähig zu halten. Zumindest so weit, dass man neben der Opferkarte auch die Toleranzkarte spielen kann. Gerade so weit also, um unter dem Schutz des Grundgesetzes irgendwie noch als Religion gelten zu können. Das ist eine knappe Sache, wenn man ein Kalifat möchte, das explizit nicht nur spirituell angelegt ist. Das ist nur deshalb noch knapp, weil viele mit dem Begriff wenig anfangen können und eine andere Gruppierung dieses Kalifat als nur spirituell aktuell noch umdeutet, obwohl sie schon einen (Erb-)Kalifen haben.

Sicher darf man das Kalifat wollen, den Einzelnen kann man nicht daran hindern. Sobald sich da jedoch mehrere zusammenfinden, die dies wollen, fällt das unter verfassungsfeindliche Gruppierung.

Mit welcher Selbstverständlichkeit der totalitäre Führungsanspruch hergeleitet wird, zeigt ein jüngerer Facebook-Eintrag der Gruppierung „Generation Islam“:

„Wenn wir die Talkshows, Zeitungen, Nachrichten und Aussagen von Politikern betrachten, sehen wir wie versucht wird, vehement die #Identität der Muslime zu zerstören; aus lauter Angst, dass die wahrhaftige und damit überlegene Lebensweise die degenerative #Lebensweise des Westens den Rang abläuft. […] „Er ist es, Der Seinen #Gesandten mit der Führung und der wahren Lebensordnung geschickt hat, auf daß Er sie über alle Lebensordnungen siegen lasse, auch wenn die #Götzendiener es verwünschen.“ (#Quran 61:9)“

 

Wer so vorgeprägt in die Schule kommt, wird nichts mehr annehmen von „Ungläubigen“. Diese Jugendlichen werden sich (nicht nur jüdischen) Lehrern gegenüber wie Herrenmenschen aufführen. Sie werden sich ähnlich verhalten, wie sich Hitlerjungen gegenüber jüdischen Lehrern vor 80 Jahren verhielten. Partiell ungehemmter, denn vor 80 Jahren waren Lehrer an sich noch Autoritätspersonen, partiell gehemmter, weil bei allem Opferdiskurs doch der Rechtsstaat hinter den Lehrern steht. Diese Hemmschwelle ist niedriger, weil diese autoritär strukturierten Jugendlichen auf mehrheitlich nicht mehr autoritär, sondern freundschaftlich auftretende Lehrer treffen. Sie werden als unterlegen betrachtet, weil autoritär strukturierte Personen fast nur auf ostentative Stärkedemonstration reagieren, nicht mehr auf ein Argument. Sie treffen auf Lehrer, die auch oft mit dem Thema überfordert sind, weil gleichzeitig die Opferkarte gespielt wird. Einen Jung-Fascho kann man so kaum einen Jung-Fascho nennen, auch wenn es von der Zuordnung her stimmig ist. Das eine oder andere Mal wird da sicher vermieden werden, kritische Themen überhaupt anzuschneiden, weil dies zu Unruhe führen könnte. Es ist wünschenswert, dass die Lehrer es dennoch versuchen. Sie haben die Deutungshoheit in der Schule und müssen diese auch evtl. ähnlich strukturierten Eltern gegenüber durchsetzen. Das wird kein leichter Weg und er wird aktuell mit jedem Tag schwerer.

Galoppierender Totalitarismus

Anjem Choudary 1507030

Anjem Choudary Bild: http://www.anorak.co.uk

zuerst auf fb veröffentlicht am 29.10.2014

Salafisten, Islamisten, wie sie uns als Anhänger der „Islamischen Staates“ (IS) entgegentreten, wollen mit aller Macht zurück in die Zukunft. Sie imponieren als fleischgewordener Anachronismus, alles erscheint ihnen bereits vorgegeben und geschrieben, man muss die ideale Lebensweise nur dem Koran und der Sunna entnehmen. Ihr Utopia ist der Staat des 7. Jahrhunderts wie er von dem kleinen lokalen Herrscher Mohammed* mit eiserner Faust vorgelebt wurde. Autokratische Führung von Gottes Gnaden ist ihnen Vorbild und Ziel.

Wer dies nur als Religion sah, beging einen folgenschweren Fehler: Das sind im Kern politische Ambitionen und nur wer in den letzten Jahren sich ständig mit dem Hinweis beruhigte, es handele sich ja „nur“ um Religion, verkannte, dass es eine Säkularisierung im Islam nicht gab. Daraus ergibt sich auch die Schwierigkeit vieler sehr konservativer Muslime, sich nun abzugrenzen von den Handlungen des IS, auch wenn man vielleicht die Brutalität im Einzelnen abscheulich findet und ablehnen mag. Von den Haltungen des IS, auch wenn man den Exzess und die Steigerung ins Extreme nicht teilen mag, sich zu distanzieren, fällt schwer, auch weil es eine große Schnittmenge in den Einstellungen (der Islamwissenschaftler Abou Taam spricht von 90 %) gibt: Einen Eindruck verschafft der Blick in die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam, 1990 unterschrieben von 56 Mitgliedsstaaten, die die Menschenrechte unter den Vorbehalt von Koran und Sunna stellt.

Die Virulenz in der modernen Gesellschaft, bei manchen jungen Menschen, mag erstaunen. Man bietet Gleichwertigkeit, Gleichberechtigung und Gleichbehandlung. Das ist jedoch manchem nicht genug. Er möchte gerne ein besserer Mensch sein. Selbstempfunden und in der Wahrnehmung durch sein Umfeld. In der modernen Gesellschaft muss man sich dafür anstrengen, muss lernen und sich bemühen. Das Angebot des fundamentalistischen Islam ist ein anderes: Man ist Teil einer selbstempfundenen Elite, wenn man bestimmte Dinge schon nur unterlässt, bestimmte Dinge meidet und einige Rituale einhält. Man kann schon mehr gelten, wenn man sich nur mehr an der als heilig empfundenen Handlungsweise und Person des Vorbildes orientiert.

Da es sich um einen Menschen aus dem 7. Jahrhundert handelt, sind die Vorgaben notwendigerweise sehr schlicht. Da es sich um einen im späteren Leben autokratisch herrschenden Menschen handelte, sind seine Vorgaben oftmals brutal und mit modernen Vorstellungen kaum vereinbar. Eine Änderung dieser Vorgaben wird von fundamentalistischen Anhängern als „Bid´a“ gesehen, als unerlaubte Neuerung.

Hielt man das bislang vielleicht nur für eine bizarre Parallelwelt, so schwappt diese nun über in die Gesellschaft. Das ist alles keine Folklore, sondern zunehmend unverholen der Griff nach politischer Macht. Macht, auch dem Andersdenkenden vorzuschreiben, wie er zu leben hat. In dieser Parallelgesellschaft ist einiges möglich, die Biographien der Wortführer erinnern an Personen aus der Geschichte anderer gesellschaftlicher Bewegungen, die die Maßstäbe der Gesellschaft veränderten oder in Frage stellten. Abdellatif Rouali beispielsweise, der Chef des verbotenen Netzwerkes Dawaffm, ist im richtigen Leben Hausmeister und war u.a. Besitzer eines kleinen Ladens. Er gibt Unterrichte im Islam, versteht aber nicht einmal einfachste Behördenschreiben, wie er im Netz selbstentblössend darlegt. Von seinen Anhängern wird er aber als Lehrer für die letzten Wahrheiten gesehen, ist also in seiner Parallelwelt eine Größe. Agieren diese Anhänger zunehmend in der realen Welt, tragen ihre Vorstellungen aus dem Hinterhof in die Fußgängerzone und in die Vorstadt, so muss man auch dozierende Hausmeister ernst nehmen.

Will man wissen, wie ein Anhänger dieser politischen Strömung denkt, so muss man nur zuhören wollen, was die Vordenker der Bewegung wie der Extremist und bekannte pakistanischstämmige britische Prediger Anjem Choudary von sich geben. Sie tun dies oftmals ganz offen verfügbar im Internet, nutzen die Meinungsfreiheit dafür, der Demokratie den Kampf anzusagen:

Wir haben lange genug unter der Tyrannei von Demokratie und Freiheit gelebt!

Anjem Choudary in der Dokumentation „Das Kalifat des Schreckens“ vom 28.10.2014.

Das ist „1984“ in Reinkultur.
Krieg ist Frieden
Liebe ist Hass
Freiheit ist Tyrannei
Demokratie ist Tyrannei
usw.

Es gibt Gedankenverbrechen, es gibt Neusprech, es gibt fast alles, was in „1984“ beschrieben wurde, nebst der Entfremdung der Menschen voneinander.
Im IS wird dieses totalitäre Denken auch an den Universitäten umgesetzt:
Diese haben erfahren, dass sie verpflichtet seien, ihrer Arbeit nachzugehen, dass aber folgende Fakultäten und Abteilungen aufgelöst werden, weil sie angeblich „gegen die Scharia“ verstießen. Die Fakultäten für Jura, Politologie, Kunst, Archäologie, Sportwissenschaft und Philosophie werden aufgezählt, außerdem die Tourismusschule und die Hotelfachschule.
http://www.faz.net/…/der-islamische-staat-macht-die-univers…

Das nächste Opfer wird wohl die Lehre von der Geschichte sein. Dann würde es so sein, als ob die unerlaubten Neuerungen nie geschehen wären, die Historie nur an das flüchtige Gedächtnis der Überlebenden geknüpft. Das ist ein Utopia nach Orwellscher Prägung, der galoppierende Totalitarismus.

Will man dieser totalen Abkehr von der Moderne, diesem totalitären Gegenentwurf begegnen, will man von einer ggf. auch brutalen Umsetzung nicht überrollt werden in einigen Bereichen, muss man weg von verharmlosenden Begriffen wie „Jugendkultur“ oder „Popkultur“. Die Jugendlichen sind nur die, die man sieht und wahrnimmt. Die, die sie klammheimlich oder offener zumindest weitgehend ideologisch unterstützen, die, die sie auch lenken und anregen, sind weniger im Licht. Es wird nicht der Untergang des Abendlandes sein, dazu ist die Macht, wenn man sich auf sie besinnt, zu ungleich verteilt, der Wille, wenn man ihn denn aufbringt, zu deutlich. Aber die Probleme werden unnötig größer und schwerer in der Handhabung, wenn man eine politische Strömung nicht ernst genug nimmt. Das zeigt die Geschichte. Man sollte immer aus ihr lernen, sonst wiederholt sie sich.

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* Wer jetzt meint, ja, aber das ist doch ein Religionsgründer usw.:
Ja, ist er, wenn es ihn als Person gab, wovon alle konservativ gläubigen Muslime ausgehen. Und friedliebende Muslime sehen in ihm auch etwas anderes bzw. reduzieren auf die Anteile, die auch erkennbar sind aus den Schriften, die friedlich und freundlich daher kommen und eher aus der frühen Zeit seines Lebens stammen. Die Person, die zentriert wird, ist dem säkularen, dem friedliebenden Muslim eine andere als den IS-Anhängern, es werden unterschiedliche Haltungen und Handlungen als Vorbild genommen. Worauf jemand seine Friedlichkeit stützt, weswegen jemand ein guter Demokrat ist, ist für die Gesellschaft sekundär. Das ist privat. Die privat gelebte Religion und die private Frömmigkeit sind nicht Gegenstand dieser kurzen Betrachtung.
Es ist jedoch notwendig, den islamistischen Totalitarismus politisch zu betrachten, weil er politisch auftritt, und er muss als islamisch betrachtet werden, weil er islamisch begründet wird. Politischen Extremismus als kulturelle Besonderheit dastehen zu lassen, ihr nicht politisch zu widersprechen, ist verantwortungslos und geschichtsvergessen.
Man kann weder den politischen noch den religiösen Aspekt hinwegdenken, will man das Problem in der Breite, in seiner Tiefe und in seiner potentiellen Wucht erfassen. Vor die Problemlösung ist jedoch die Analyse gesetzt, die hiermit grob und ganz kurz versucht wird.
http://de.wikipedia.org/wiki/1984_%28Roman%29
Der Extremist Choudary live:
https://twitter.com/anjemchoudary