Luxus-Konferenz ohne Beobachtung?

Vom 15. bis 20. Mai findet im türkischen Antalya die diesjährige „United Business Konferenz“ statt. Die Teilnehmer der deutschsprachigen Konferenz spiegeln ein salafistisch durchsetztes Business-Kollektiv aus NRW wider. Offenbar konferiert man in der Türkei, um die Beobachtung durch deutsche Sicherheitsbehörden zu erschweren. Aktiv ist man jedoch in Deutschland.

„Erlebe das Hand-in-Hand-Gehen von Luxus und Religion in einem islamisch konformen Fünf-Sterne-Hotelurlaub mit der Familie. Hierzu zählen unter anderem Halal-Essen und Geschlechtertrennung bei den Badeaktivitäten“, heißt es in einem YouTube-Video zur diesjährigen United Business Konferenz (UBK). Und auch die Internet-Seite der UBK macht unmissverständlich deutlich, dass bei dieser Konferenz die eher fundamentalistische Religionsausübung gemeint ist: „Schwestern sind gleichermaßen gerne gesehen, jedoch bilden wir diese aufgrund unserer islamischen Werte in unserem Marketing nicht ab“, heißt es etwa zur Teilnahme von Frauen. Damit dürfte gemeint sein, dass Frauen zwar an den Seminaren und Workshops der UBK teilnehmen dürfen, im Gegensatz zu den männlichen „Speakern“ jedoch nicht mit Namen und Bild angekündigt werden.

Grafik: Sigrid Herrmann

Wer ein Ticket ab 969 Euro erwirbt, den erwartet neben einem „Spezialvortrag“ sowie einem gemeinsamen Essen mit den Veranstaltern auch noch eine „Belohnung“. Woraus diese besteht, wird jedoch nur angedeutet: „Als Supporter und Super-Supporter erhältst du, in sha Allah, die volle Belohnung für deine Unterstützung unserer non-profit Marke, der United Business Konferenz.“ Zeilen wie „Wir unterstützen uns, teilen gleiche Werte und streben gemeinsam nach Erfolg – sowohl in dieser Welt als auch im Jenseits“ legen jedoch die Vermutung nahe, dass mit der Belohnung Punkte für das bessere Jenseits gemeint sind.

Bei der UBK geht es aber um weit mehr, als nur um einen islamisch korrekten Luxusurlaub. Die Veranstaltung richtet sich explizit an muslimische Unternehmer, Geschäftsführer, andere Führungskräfte sowie an Gründer. „Die Wirtschaft bedarf dringend einer Stärkung von Werten, Normen und Ehrlichkeit. Der Islam bietet ein solides Fundament für diese Prinzipien, jedoch empfinden viele Muslime Scham, wenn es um wirtschaftlichen Erfolg geht. Die United Business Konferenz ist ein non-profit Projekt mit der Vision muslimische Unternehmerinnen und Unternehmer zu vereinen und sie dazu zu inspirieren, eine transformative Kraft in der Wirtschaft und Gesellschaft zu entfalten. Die Mission der United Business Konferenz besteht darin, erstklassige Plattformen zu schaffen, auf denen muslimische Unternehmerinnen und Unternehmer sich vernetzen können, um sowohl finanziell als auch religiös erfolgreich zu sein“, beschreiben die Veranstalter die Konferenz selbst. Es geht also um Vernetzung, um die Verknüpfung religiöser und wirtschaftlicher Interessen, mit der dann eine „transformative Kraft in Wirtschaft und Gesellschaft“ entfaltet werden soll.

Und damit dürfte die deutsche Gesellschaft gemeint sein. Denn die Webseite der UBK ist ausschließlich in deutscher Sprache gehalten. Was auch heißen dürfte, dass sich die Organisatoren nur an deutsch-muslimische Unternehmer wenden. Auch bei den angekündigten „Speakern“ handelt es sich überwiegend um in Deutschland wohnhafte und tätige Männer. Und nicht zuletzt ist die UBK eine „Marke“ der in Gelsenkirchen (NRW) ansässigen MyEasyBusiness GbR, wie im Impressum angegeben ist. Eingetragen im Handelsregister ist eine GmbH. Deren Geschäftsführer waren zunächst Tolgahan Fistikeken und Tarek Hazzaa gemeinsam. Hazzaa schied im November 2022 aus, ist aber auch in Antalya mit von der Partie.

Doch warum findet eine „Business-Konferenz“, die aus NRW heraus organisiert wird und an der überwiegend deutsche Muslime teilnehmen, regelmäßig im Ausland statt? Bereits die erste UBK fand 2023 ebenfalls nicht in Gelsenkirchen, sondern im bosnischen Sarajevo statt.
Die Antwort auf diese Frage findet sich, wenn man sich MyEasyBusiness, deren Geschäftsführer sowie die angekündigten „Speaker“ der UBK etwas näher ansieht.

Auffällig viele einschlägig bekannte Personen

Tolgahan Fistikeken und Tarek Hazzaa etwa verbinden seit Jahren mehrere geschäftliche Aktivitäten, die auch über MyEasyBusiness hinausgehen, etwa ein gemeinsames Franchise bei einer Donuts-Filiale in Grevenbroich. Hazzaa tritt auch einzeln in Erscheinung. So wirkte er eine Zeitlang als Geschäftsführer der Whipso gUG und fiel im Zusammenhang mit Projekten wie „HalalCheck4U“, „Muslim Mindset“ oder „Islamic Tutors“ auf. Alle diese Aktivitäten wurden vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet und entsprechend berichtet. Einladungen entsprechend aufgestellter Personen und Organisatoren legen die Vermutung nahe, dass er auch an Muslimbruder-nahe Strukturen angeschlossen ist.

Aber auch die „Speaker“ der diesjährigen UBK sind überwiegend einschlägig bekannt. Allen voran Anas Filali Omari, der hier als Gründer von Ummati, einem Online-Shop für islamische Produkte, angekündigt ist. Ebenso wie Hazzaa erfreut sich auch Omari der Aufmerksamkeit und entsprechender Erwähnung des baden-württembergischen Verfassungsschutzes. Bei der Behörde hat es Omari sogar zu einer eigenen Seite geschafft, auf der seine Bezüge zu Salafisten und Muslimbrüdern sowie zu entsprechenden Vereinen in Heilbronn und Bayreuth beleuchtet werden. „Besonders deutlich positioniert sich Filali Omari gegen Frauen und sprach in diesem Zusammenhang etwa davon, dass sie immer ,gefügig zu sein haben‘, dass sie ,ohne Erlaubnis keinen Besuch empfangen dürfen‘, und dass sie ,vom Mann in gewissen Fällen geschlagen werden dürfen‘ oder sogar geschlagen werden sollen – ,als verhaltenskorrigierende Maßnahme‘. Auch zu jihadistischen Themen äußerte sich Filali Omari unterstützend“, heißt es dort unter anderem.

Das österreichische „IMAN TV“ ist in Antalya gleich mit zwei hochrangigen Personen als „Speaker“ vertreten: Einmal mit Sertac Odabac, dem Gründer und CEO von „IMAN TV“. Odabac, der bereits auf der UBK in Sarajevo aufgetreten ist, soll einen Vortrag zum Thema „Leadership: Durch prophetische Prinzipien zum Erfolg“ halten. Unterstützt wird er von Amir El-Shamy, dem Generalsekretär von „IMAN TV“, der für die UBK in Antalya als „Hauptmoderator“ angekündigt ist.

Dass „IMAN TV“ kein harmloser religiöser YouTube-Kanal ist, belegt eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ im Juli 2022. Darin heißt es: „Von länderübergreifender Bedeutung für die deutsche salafistische Szene ist die österreichische Organisation ,IMAN‘. Mehrere in Deutschland wohnhafte Personen aus dem islamistischen Personenspektrum engagieren sich bei ,IMAN‘ beziehungsweise bei ,IMAN TV.’“

Ebenfalls einschlägig bekannt ist Ibrahim Hourani, Gründer und Geschäftsführer des in Bochum angesiedelten Deutschen Instituts für Islamisches Finanzwesen (DIIF). Hourani war bereits bei der letzten UBK in Sarajevo mit von der Partie. Auf der Webseite der dem Verfassungsschutz ebenfalls bestens bekannten Föderalen Islamischen Union (FIU) wird „Scheich Hourani“ als „Vorsitzender des Gelehrtenrats“ aufgeführt. Gegründet wurde die FIU von dem bundesweit bekannten Salafisten-Prediger Marcel Krass. Damit handelt es sich bei der FIU um einen hochproblematischen Verein, bei dem es kaum anzunehmen sein dürfte, dass jemand zufällig oder gar unwissend zum Vorsitzenden dessen „Gelehrtenrats“ gemacht wird.

Auch Farouk Akhouaji, der in Antalya erstmalig bei einer UBK auftritt, fiel bereits entsprechend auf. Der Absolvent der Imam Mohammad Ibn Saud Islamic University in Riyadh steht nicht nur dem Verein „Darmstädter Muslime“ vor, sondern war auch bis 2022 an der radikalen Islam-Akademie von Neil bin Radhan neben Radhan selbst als einer der drei Dozenten aufgeführt. Bin Radhan und sein Netzwerk gelten als die radikalsten Salafisten im Südwesten Deutschlands und haben seit Jahren einen festen Platz in den Verfassungsschutzberichten. Die „Darmstädter Muslime“ treten aber auch selber immer wieder durch salafistische Aktivitäten oder Referenten in Erscheinung.

Aber auch fast alle anderen „Speaker“ haben Bezüge zu problematischen und vom Verfassungsschutz beobachteten Milieus gemein. Und dies war auch schon bei der Vorjahresveranstaltung in Sarajevo zu beobachten, bei der etwa der deutsche Staatsbürger Stef Keris alias Stefanos Kefokeris als „Speaker“ auftrat. Über ihn schreibt der baden-württembergische Verfassungsschutz in einem Beitrag über salafistische Reiseanbieter: „Der aus Griechenland stammende, in Deutschland aufgewachsene und inzwischen in Birmingham (Großbritannien) ansässige Salafist ist ein wichtiger Unterstützer der internationalen Vernetzung der deutschen salafistischen Szene.“ Der ebenso wie im letzten Jahr angekündigte Ismael Sherzad alias „Redlion“ war erst vor Wochen auf einem Salafisten-Event in Krefeld, wie Spiegel-TV berichtete. Und auch auf der Liste der „Sponsoren und Aussteller“ sind einschlägig bekannte Organisationen zu finden, etwa die Firmen der Initiatoren und Teilnehmer.

Damit dürfte auch klar sein, weshalb bis heute noch keine UBK in Deutschland stattgefunden hat, obwohl fast alle Teilnehmer dort leben und aktiv sind, davon auffällig viele in Nordrhein-Westfalen. Denn Veranstaltungen, bei denen ungewöhnlich viele Personen zusammenkommen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, erfreuen sich natürlich der besonderen Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden. Im türkischen Antalya hingegen können sich solche Personen ungestört treffen oder vernetzen, ohne sich Sorgen über eine Beobachtung durch den Gelsenkirchener Staatsschutz oder den NRW-Verfassungsschutz machen zu müssen.