Graue-Wölfe-Funktionärin in der CDU und im ZMD-Vorstand

Seit 2022 ist Özlem Basöz Generalsekretärin der ATIB. Obwohl die ATIB seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet und den Grauen Wölfen zugeordnet wird, ist die Multifunktionärin auch gleichzeitig stellvertretende ZMD-Vorsitzende, CDU-Mitglied sowie stellvertretende Vorsitzende des Integrationsrats Hagen. Die Personalie belegt, dass sich der Umgang mit dieser Art von Extremisten trotz öffentlicher Kritik weder bei der NRW-CDU noch beim ZMD geändert hat.

Aufmarsch des Graue-Wölfe-Spektrums 2016 in Düsseldorf (Bild: Privat)

Im September 2022 wählte der Zentralrat der Muslime Deutschland (ZMD) seinen neuen Vorstand. Als Vorsitzender wurde Aiman Mazyek bestätigt. Zu seiner Zweiten Stellvertreterin wurde die 39-jährige Özlem Basöz gewählt. Die seit 1985 in Deutschland lebende Basöz bringt nicht wenig Erfahrung als Funktionärin eines großen Verbandes mit: Von September 2020 bis Mai 2022 amtierte sie als stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa (ATIB). Seit Mai 2022 ist sie Generalsekretärin der ATIB. Bei dieser Organisation handelt es sich um ein Gründungsmitglied des ZMD. Von den Verfassungsschutzbehörden wird die ATIB seit Jahren beobachtet und den islamistisch-rechtsextremen „Grauen Wölfen“ zugerechnet.

Der Vita von Özlem Basöz kann auch entnommen werden, dass sie sich „bereits in jungen Jahren“ in der ATIB engagiert habe. „Sie bekleidete bis dato unterschiedliche Funktionen innerhalb der ATIB, angefangen im Jugendverband bis hin zur Generalsekretärin“, heißt es dazu auf der Internet-Seite des ZMD. „Darüber hinaus ist sie politisch interessiert und aktiv im Integrationsrat der Stadt Hagen als stellvertretende Ausschussvorsitzende engagiert sowie langjähriges Mitglied der CDU Hagen.“

„Graue Wölfe“ in der NRW-CDU seit Jahren geduldet

Dass eine solche „Multifunktionärin“ eines vom Verfassungsschutz beobachteten Verbandes unbemerkt in einer großen Partei Mitglied werden kann, also ohne dass dies Funktionären dieser Partei auffällt, ist eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Beim CDU-Landesverband Nordrhein-Westfalen wäre es jedoch kaum glaubhaft, denn dieser fällt seit nunmehr 2014 medial und damit auch öffentlich immer wieder dadurch auf, Islamisten verschiedener Couleur, insbesondere „Graue Wölfe“, als Mitglieder zu dulden.

Diese Politik, die sich deutlich von der der Bundespartei unterscheidet, begann mit dem ehemaligen Landesvorsitzenden Armin Laschet. Gegenüber innerparteilichen Kritikern wie auch den Medien bestritt Laschet seit 2014 mehrfach, dass die NRW-CDU ein „Graue-Wölfe-Problem“ habe. Noch vor zwei Jahren behauptete er, dafür gäbe es „klare Regelungen“ und entsprechende Parteiausschlüsse. Der Fall Özlem Basöz aber belegt erneut, dass Laschets Darstellungen zu Grauen Wölfen in der CDU nicht der Wahrheit entsprochen haben. Gleichzeitig zeigt dieser Fall aber auch, dass Laschets (Partei-) Politik im Umgang mit legalistischen Islamisten bislang weder von seinem Nachfolger Hendrik Wüst noch von dem als „Hardliner“ geltenden Parteikollegen und Landesinnerminister Herbert Reul in Frage gestellt oder gar rückgängig gemacht wurde.

Auch stellt sich die Frage, ob es ein Zufall war, dass sich Basöz ausgerechnet in Hagen der CDU angeschlossen hat. Denn vor rund zehn Jahren war es die CDU Hagen, die als Wirkungsstätte für Laschets damalige „Ziehtochter“ Cemile Giousouf ausgewählt wurde. Giousoufs fehlende Distanz gegenüber Organisationen wie Milli Görüs, der DITIB oder eben auch der ATIB führten dann schnell zu Auseinandersetzungen in und um die Hagener CDU. Hier wäre es interessant zu wissen, wann genau Özlem Bazöz in der CDU Hagen aufgenommen wurde. Und vor allem wer derjenige – oder diejenige – war, die der Aufnahme der ATIB-Funktionärin in die CDU damals zugestimmt hat.

ZMD verteidigt die ATIB

Die Personalie Özlem Basöz belegt aber auch, dass hohe ATIB-Funktionäre trotz der Beobachtung durch den Verfassungsschutz auch weiterhin in hohe Ämter des ZMD gewählt werden. Damit bleibt der ZMD nicht nur auch weiterhin eng mit diesem Gründungsmitglied verflochten. Sondern er bekräftigt noch einmal die Haltung, die er 2020 gezeigt hatte, als die Beobachtung der ATIB durch den Verfassungsschutz sowie die Gründe dafür öffentlich publik wurden und dies dann zu einer politischen Debatte über ein mögliches Graue-Wölfe-Verbot geführt hatte.

Damals bezeichnete der ZMD die Zuordnung der ATIB zu den Grauen Wölfen als „unbewiesene Assoziationskette“ und die Vorwürfe im Ganzen als „haltlos“. Mit Vorwürfen wie dem eines „Generalverdacht“ und „Islamfeindlichkeit“ stellte sich der ZMD, der sich ansonsten gerne staatstragend präsentiert, damals faktisch offen gegen den Verfassungsschutz. Dessen Einordnung der ATIB hat sich jedoch bis heute nicht geändert. Die Haltung des ZMD aber auch nicht, denn wenn dieser der ATIB so eng verbunden bleibt, dass bei hohen Funktionären Personenidentität herrscht, bedeutet das faktisch, dass die Loyalität des ZMD auch weiterhin eher den Extremisten in den eigenen Reihen gilt als den deutschen Innen- und Sicherheitsbehörden.

Einig in Duldung und Lippenbekenntnissen

Eines allerdings eint den ZMD und die nordrhein-westfälische CDU: Selbst wenn die Betreffenden klar vom Verfassungsschutz beobachteten islamistischen Bewegungen zuzuordnen sind oder sich sogar offen dazu bekennen, werden sie trotzdem weiterhin als Mitglieder geduldet. Das von der NRW-CDU bei dieser Debatte stets vorgetragene Beispiel von Zafer Topak, der 2017 wegen Zugehörigkeit zu den Grauen Wölfen von der CDU Hamm ausgeschlossen wurde, ist bei näherer Betrachtung nichts anderes als die berühmte Ausnahme von der Regel.

Denn alle anderen, die nachweislich mit der ATIB oder sonst wie mit den Grauen Wölfen zu tun hatten, konnten bislang trotzdem weiter im ZMD oder der NRW-CDU aktiv sein. Womit es bei diesem Thema bis heute im Ergebnis immer nur bei Lippenbekenntnissen geblieben ist.