Umbenennungs-Karussell bei der Muslimbruderschaft

Die Federation of Islamic Organisations in Europe (FIOE) hat in ihrer letzten Sitzung eine Namensänderung beschlossen. Dieses Vorgehen passt zu der Strategie weiterer Strukturen aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft, die Organisationsstrukturen verschwimmen zu lassen und allenfalls noch über einzelne Personen fassbar zu sein. 

Die Federation of Islamic Organisations in Europe (FIOE) ist eine wichtige Organisation, in der sich Muslimbrüder betätigen. Die Organisation besteht namensgleich seit über 30 Jahren; in ihr finden sich nach letztem Stand über 20 Verbände aus verschiedenen europäischen Ländern. Im Laufe dieser Zeit sind von diesem Gremium auch relevante Neugründungen wie Bildungsinstitute initiiert und der Strukturaufbau vorangetrieben worden. Dazu wurden auch Finanzstiftungen begründet. Aktueller Präsident der FIOE ist der Berliner Samir Falah, ehemaliger Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD), die ihrerseits vor rund zwei Jahren ihren Namen in Deutsche Muslimische Gemeinschaft (DMG) änderte.

Hinsichtlich des Vorstandes jenseits des Vorsitzenden ist die FIOE wenig transparent. Eine Auflistung der Mitgliedsorganisationen, die Eingang in die Wikipedia gefunden hat und die vor Jahren einmal von der FIOE-Seite übernommen worden war, ist nicht mehr auffindbar. Auch andere Angaben fehlen. Man ist zwar im Internet und auf den sozialen Medien präsent, vermeldet Organisations-Neuigkeiten, aber die Organisation selber bleibt seltsam konturlos. Betrieben wurden von der FIOE etwa zwei Facebook-Seiten, eine englischsprachige und eine arabischsprachige. Nur auf letzterer finden sich aktuelle Meldungen. Zu dieser Intransparenz passt die jüngste Tarn-Aktion, wie sie im Konferenzbericht zur Umbenennung und Schwerpunkten von Ende Januar mitgeteilt wird. Nunmehr will die FIOE mit sofortiger Wirkung „Council of European Muslims” heißen.

Von der Konferenz gibt es ein etwas unscharfes Gruppenbild.

Bildbeleg: arabischsprachige Facebook-Seite der FIOE, Abruf 08.02.2020 https://www.face book.com/FIOEinArabic/ und Pressemitteilung

Mit dabei scheinen als deutsche Vertreter Samir Falah, Ibrahim El Zayat und Houaida Taraji (unter Vorbehalt – das hätte man auch schärfer einstellen können, wenn man schon gemeinsam posiert). Alle drei waren in der IGD bzw. der DMG in oberster Funktionärsverantwortung. Sollte dies tatsächlich Houaida Taraji gewesen sein, so wäre mit ihr ein Mitglied des Zentralrats der Muslime (ZMD) dabei gewesen, was nicht verwunderlich, aber erklärungsbedürftig wäre. Dies ist nämlich aktuell ihre einzige öffentlich bekannte Funktion.*

Die (wieder) zunehmende Intransparenz hat ebenfalls System. Auch die DMG macht außer dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter keine Angaben zur Zusammensetzung des Vorstandes. Der ZMD wiederum macht zwar Angaben zum Vorstand, dafür ist die aktuelle Mitgliedsliste der juristischen Personen, die Mitglieder sind, sozusagen unter Verschluss. IGD bzw. DMG sind dort Gründungsmitglieder. Auch öffentlichen Stellen gegenüber werden seit einiger Zeit keine Angaben gemacht, wie etwa durch eine Kleine Anfrage der Grünen in NRW bekannt wurde. Ein unerhörter Vorgang, wenn man bedenkt, dass der ZMD alleiniger Gesellschafter einer gGmbH ist, die öffentliche Mittel erhält.

Beim ZMD wird seit einiger Zeit ein Konzept verfolgt, das dem Anschein nach eine föderale demokratische Binnenstruktur simulieren und damit von den problematischen Mitgliedsverbänden und -vereinen ablenken soll. In manchen Bundesländern werden Landesverbände gegründet. Damit wird zwischen Zuordnung der Mitgliedsorganisation und ZMD dem Anschein nach eine weitere Verschleierungsebene eingezogen, denn es ist erst herauszufinden, welchem Verein die benannten Personen angehören und wie dieser dann einzuordnen ist.

Das alles läuft darauf hinaus, dass man einzelne Personen nach vorne schiebt, um die Mitgliedsorganisationen in den Hintergrund zu rücken. Das ist also auf allen Ebenen das nahezu selbe Spiel und erscheint als längerfristige Strategie. Diese Strategie könnte man Individualisierungs- oder Vereinzelungsstrategie nennen. Denn sowohl die Imame im neu gegründeten Council of European Imams als auch in der umbenannten FIOE stehen sozusagen einzeln: nur Imame, nur Muslime. Da die Muslimbruderschaft keine Mitgliedsausweise vergibt, erschwert dies die Zuordnung zur Strömung, da alternativ nur die Betätigung und Akzeptanz in einschlägigen Gremien zur Zuordnung bleibt.

Dass dies eher der Tarnung dient, zeigt auch eine noch recht neue Medienplattform. Auf thestatement.eu veröffentlichen Akteure wie der RIGD-Vorsitzende Taha Amer oder der Bochumer Imam Hedi Brik. Diese und weitere personelle Verflechtungen legen die Vermutung nahe, dass diese Organisationen zusammenarbeiten.

Bei all diesen Scharaden heißt es, den Überblick zu behalten. Sonst glaubt man, mit DMG, European Council of Imams und Council of European Muslims ganz neue Strukturen zu haben. Tatsächlich sind es aber die bekannten Strukturen, ähnliche und manche gleiche Akteure und die bekannte Agenda von IGD, ECFR und FIOE.

 

*Der ZMD hat vor einigen Wochen verkündet, die Mitgliedschaft der IGD/DMG ruhe. Auf den amtierenden Vorstand scheint dies jedoch keine Auswirkungen zu haben.

Update 18.02.2020:

Der Vorsitzende der DMG, Khallad Swaid, gibt bekannt, dass er und sein Stellvertreter Sabri Shiref, die DMG bei der Versammlung der FIOE zur Umbenennung vertreten haben und die DMG auch weiterhin dabei bleiben will:

Belegbild: Facebook-Seite der DMG, Abruf 18.02.2020

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